Kilian Wegner Strafrecht Besonderer Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit Licensed under CC-BY-4.0

§ 30: Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

Autorin: Svenja Schwartz

Notwendiges Vorwissen: Kenntnisse über abstrakte Gefährdungsdelikte sowie über andere Straßenverkehrsdelikte (§§ 315b ff. StGB), die zu § 316 StGB als leges speciales gelten, sind hilfreich.

In der Praxis hat § 316 StGB eine hohe Relevanz, da er mit einem Anteil von 40 %König, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 316 Rn. 1; Strafverfolgungsstatistik (Hrsg. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden) Tabelle 2.1, abrufbar über www.destatis.de. an den Aburteilungen und Verurteilungen wegen Straftaten im Straßenverkehr verbunden ist. Obwohl die Anzahl der abgeurteilten und verurteilten Trunkenheitsfahren in den letzten Jahren abgenommen hat, legen Dunkelfeldstudien nahe, dass das Delikt weit verbreitet ist.Vgl. Kazenwadel/Vollrath, in: Krüger, Das Unfallrisiko unter Alkohol, 1995, S. 115 (123). Obwohl § 316 StGB sämtliche Rauschmittel und Verkehrsmittel wie Bahn, Luft und Schiffe umfasst, sind in Klausuren sowie in der Praxis Trunkenheitsfahrten im Straßenverkehr, insbesondere alkoholbedingte, die Regel.

Rechtsgut und Deliktsstruktur

§ 316 StGB schützt das Recht der Allgemeinheit auf einen sicheren Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr.

Klausurhinweis: In Klausuren wird fast ausschließlich der Straßenverkehr behandelt.

Weiterführendes Wissen

Nach einer selten vertretenen Meinung schützt § 316 StGB auch die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und (fremdes) Eigentum.Wolters, in: SK-StGB, 10. Aufl. (2023), § 316 Rn. 2. Im Gegensatz zu den §§ 315 ff. StGB (→ § 27 Rn. 3 und § 28 Rn. 2) finden sich diese Rechtsgüter jedoch gerade nicht als Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit im Gesetzestext. Das BVerfG verwies zwar auf den Schutz anderer Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern,BVerfGK 13, 7 (Rn. 43). dürfte aber lediglich die praktische Wirkung der Norm beschrieben haben und nicht ein abweichendes Rechtsgut.So auch Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 1.

§ 316 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Der Eintritt eines Verletzungserfolges oder einer konkreten Gefahr ist damit nicht erforderlich, anders als zB bei §§ 315a315c StGB, die jeweils einen „Beinahe-Unfall“ erfordern (→ § 28 Rn. 16 ff.).

Weil § 316 StGB ein verhaltensgebundenes Delikt ist, ist nach der BGH-Rechtsprechung keine actio libera in causa möglich.BGHSt 42, 235.

Zuletzt stellt die Trunkenheit im Verkehr eine Dauerstraftat dar.

Objektiver Tatbestand

Das Führen eines Fahrzeugs

§ 316 StGB ist ein schlichtes Tätigkeitsdelikt. Der Gesetzgeber legt – wie auch in den §§ 315b, 316c StGB – ein bestimmtes Verhalten als Straftat fest: das Führen eines Fahrzeugs. Es handelt sich bei § 316 StGB demnach um ein Delikt, das nur durch ein eigenhändiges Führen des Fahrzeugs erfüllt werden kann.

Klausurhinweis: Die Einstufung des § 316 StGB als eigenhändiges Delikt hat zur Folge, dass es nicht in mittelbarer Täterschaft begangen werden kann.

Fahrzeug

Fahrzeuge iS der Straßenverkehrsdelikte (einschließlich § 316 StGB) sind alle am Straßenverkehr teilnehmenden Verkehrsmittel mit Ausnahme der in § 24 StVO genannten (beispielsweise Rodelschlitten, Kinderwagen oder Inline-Skates). Fahrzeug ist also nicht nur das in Praxis und Klausur dominierende Kfz, sondern etwa auch das Mofa, Fahrrad, das Pferdefuhrwerk, das Segelboot sowie das Schienenfahrzeug.Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 4. Der Wortlaut setzt voraus, dass es fahren kann. Das Reiten eines Pferdes ist damit beispielsweise kein Fall von § 316 StGB.

Klausurhinweis: Gem. § 24 Abs. 1 StVO sind auch „ähnliche nicht motorbetriebene Fortbewegungsmittel“ keine Fahrzeuge. In der Klausur kommt es bei nicht namentlich aufgezählten Fortbewegungsmitteln vor allem auf das Problembewusstsein und die Argumentation an. In einer Klausur könnte bspw. ein SegwayOLG Hamburg NZV 2017, 193 oder ein Elektroscooter vorkommen,BGH NStZ-RR 2023, 222 die beide nach der Rechtsprechung die Fahrzeugeigenschaft des § 316 StGB erfüllen.

Führen

Ein Fahrzeug führt, wer dieses unter Bedienung der dafür vorgesehenen technischen Vorrichtungen in Bewegung setzt oder in Bewegung hält.BGHSt 18, 8; 35, 390. Erforderlich ist, dass die Räder rollen. Im Stillstand wird das Fahrzeug nicht geführt. Der Einsatz von Motorkraft ist keine Voraussetzung, da die von Fahrzeugen ausgehenden Schädigungsgefahren nicht nur auf der Motorkraft beruhen.Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 316 Rn. 19.

Beispiele:

Positivbeispiele: Nach diesen Maßstäben führt ein Fahrzeug zB derjenige, der ein Kfz während der Fahrbewegung lenkt, selbst wenn der Motor nicht läuft, das Kfz aber abgeschleppt oder geschoben wirdBGHSt 35, 390; 36, 343; Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024) § 315c Rn. 3a. bzw. ein Gefälle hinab rollt.BGHSt 14, 185.

Negativbeispiele: Das Einstecken des Zündschlüssels, das Anlassen des Motors oder das Einschalten des Lichts reichen nicht aus. Gleiches gilt für das Anschieben eines Zweirads, ohne auf dem Sitz zu sitzen, sowie für den vergeblichen Versuch, ein im Sand oder Schlamm festsitzendes Auto als Fahrer loszubekommen.OLG Brandenburg NStZ-RR 2008, 23.

Weiterführendes Wissen: Ob Fahrlehrer:innen aufgrund ihrer technischen Eingriffsmöglichkeiten in das Fahrzeug als Fahrzeugführer zu qualifizieren sind, ist umstritten. Bejaht wird dies aufgrund von § 2 Abs. 15 S. 2 StVG, nach dem bei Ausbildungsfahrten die Fahrlehrer:in als Führer des Kraftfahrzeugs gilt. Andere sehen die Norm als Argument, dass Fahrlehrer:innen einem Fahrzeugführer zwar im Rahmen des StVG, aber nicht in anderen Gesetzen gleichgestellt sind.S. zum Streitstand: Wolters, in: SK-StGB, 10. Aufl. (2023), § 316 Rn. 15; Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 49a mwN.

Tathandlung im Verkehr

Durch die Trunkenheit im Verkehr werden – anders als bei den §§ 315b, 315c StGB – alle Arten des Verkehrs vor den Gefahren einer drogenbedingten Fahruntüchtigkeit geschützt. Erfasst sind Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr (s. den expliziten Verwies auf die §§ 315315e StGB). Unter § 316 StGB fallen allerdings nur Vorgänge im (faktisch) öffentlichen Verkehrsraum.

Die Öffentlichkeit einer Verkehrsfläche ergibt sich aus der faktischen Zugänglichkeit. Eigentumsverhältnisse oder Widmungen spielen hier keine Rolle. Sobald eine Fläche für jedermann zugänglich ist und von der Allgemeinheit (im Sinne eines unbestimmten Personenkreises) tatsächlich benutzt wird, gehört sie zum öffentlichen Verkehrsraum.

Beispiel: Öffentlich sind damit auch Parkplätze von Geschäften, Parkhäuser, Fußgängerbereiche oder Straßen in einem zwar abgezäunten, aber auch für Besucher zugänglichen Komplex.

Trotz Fahruntüchtigkeit

Gemäß § 316 StGB muss das Fahrzeug geführt wird, wenn der Täter „nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen“. Fahruntüchtigkeit liegt vor, wenn die Gesamtleistungsfähigkeit des Täters so weit reduziert ist, dass er ein Fahrzeug nicht mehr über eine längere Strecke sicher steuern kann und plötzlich auftretenden schwierigen Verkehrssituationen nicht gewachsen ist.BGHSt 13, 83, 90; Renzikowski, in: Matt-Renzikowski-StGB, 2. Aufl. (2020), § 316 Rn. 5; Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 315c Rn. 4. Die vorausgesetzte Leistungsfähigkeit beschreibt die biologisch-physischen, intellektuell-kognitiven und emotionalen Mindestanforderungen, um im Verkehr Rechtsgutsschädigungen zu vermeiden. Das Gesetz verlangt für die Fahrtüchtigkeit mehr als nur die Fähigkeit, ein Fahrzeug im Wesentlichen zu steuern.

Weiterführendes Wissen: Die Begriffe der Fahruntüchtigkeit und der Fahrunsicherheit werden weitgehend synonym verwendet. Der Begriff der Fahrunsicherheit setzt sich jedoch langsam durch, da für die Erfüllung von § 316 StGB nicht zwingend eine gänzliche Untüchtigkeit zum Fahren vorliegen muss.Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 25.

Alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit

Bedeutsam ist insbesondere die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit. Entscheidend für die Fahruntüchtigkeit ist hier die Blutalkoholkonzentration (BAK). Die BAK wird in Promille angegeben (Alkohol in Gramm pro 1.000 ccm Blut) und ist in aller Regel durch die Analyse einer Blutprobe festzustellen.Neben der BAK ist inzwischen – zumindest im Ordnungswidrigkeitenrecht – die Atemalkoholkonzentration (AAK) anerkannt. In § 24a StVG sind bereits neben den BAK-Grenzen eigenständige AAK-Werte normiert. Die Rechtsprechung hat den AAK-Wert für die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG anerkannt. Für die Verkehrsstraftaten sind die AAK-Werte indes mindestens in der Ausbildung noch nicht relevant. Für die Grenzwertbestimmung kommt es hierbei auf die BAK zur Tatzeit an.BGHSt 21, 157 (163).

Klausurhinweis: In der Klausur wird die BAK meist angegeben. In der Praxis wird die BAK zum Zeitpunkt der Blutprobe bestimmt und für den Tatzeitpunkt zurückgerechnet. Die Rückrechnung erfolgt mit den für den Täter günstigsten Sicherheitszuschlägen und Abbauwerten. Wissen über die einschlägigen Berechnungsmethoden wird erst in der 2. Juristischen Prüfung verlangt (näher → Rn. 64 ff.).

Unterschieden wird traditionell zwischen absoluter und relativer Fahruntüchtigkeit. Beide reichen für eine Fahruntüchtigkeit iSv § 316 StGB aus, unterliegen aber unterschiedlichen Beweisanforderungen.

Absolute Fahruntüchtigkeit

Es ist wissenschaftlich gesichert, dass Menschen ab einem bestimmten Alkoholisierungsgrad nicht mehr in der Lage sind, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen (sog. absolute Fahruntüchtigkeit). Wenn ein Fahrzeugführer eine bestimmte BAK-Schwelle erreicht, gilt er unabhängig von anderen Beweiszeichen als absolut fahruntauglich. Diese Vermutung ist unwiderlegbar, d. h. die betroffene Person hat keine Möglichkeit eines Gegenbeweises.

Gemäß einem Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 1990, das die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung des Alkohols berücksichtigt hat, gilt jeder Kraftfahrer (d. h. Autofahrer und Motorradfahrer) mit einem BAK-Wert von 1,1 Promille als absolut fahruntüchtig.Grundlegend BGHSt 37, 89 ff. Ein Gegenbeweis, beispielsweise durch eine Trinkprobe oder durch den Hinweis auf ein längeres einwandfreies Fahren, ist unzulässig. Die Promillegrenze von 1,1 Promille setzt sich aus einem Grundwert von 1,0 Promille und einem Sicherheitszuschlag von 0,1 Promille zusammen.

Gemäß der Rechtsprechung des BGH gilt für die absolute Fahruntüchtigkeit eines Radfahrers heute ein Grenzwert von 1,6 Promille.BayObLG NJW 1992, 1906; aA noch BGHSt 34, 133.

Für E-Scooter war teilweise offengelassen worden, ob die Grenze bei 1,1 oder bei 1,6 Promille liegen soll.LG Halle BeckRS 2020, 18948. Der überwiegenden Rechtsprechung, die auch hier auf den Wert von 1,1 Promille abstellte,LG Köln BeckRS 2020, 37880; BeckRS 2022, 13262; LG Kassel DAR 2022, 224 (das allerdings Ausnahmen von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB zulassen will). hat sich mittlerweile der BGH angeschlossen.BGH NStZ-RR 2023, 222.

Weiterführendes Wissen: Entscheidend ist die Blutalkoholkonzentration im Tatzeitpunkt.BGHSt 21, 157 (163). Regelmäßig erfolgt die Blutprobenentnahme aber zu einem späteren Zeitpunkt. Letzterer kann in der Anflutungsphase liegen, in der der Körper den Alkohol noch aufnimmt und in der somit der BAK-Wert höher liegt als zur Tatzeit, er kann aber auch in der Eliminationsphase liegen, in der der Körper den Alkohol bereits wieder abbaut. Erforderlich ist daher eine Rückrechnung.Ausführlich Zieschang, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 316 Rn. 40. Wird die Blutprobe in der Eliminationsphase entnommen, bedarf es der Addition des Abbauwerts („Hochrechnung“).BGHSt 25, 246. Ist aber nach Lage des Falls mit einem Ansteigen der Blutalkoholkonzentration noch zwischen Trinkende und Blutentnahme zu rechnen, so muss unter Umständen von dem in der Blutprobe festgestellten Wert ein Abzug vorgenommen werden.BGHSt 25, 246 (251). Dagegen hilft dem Betreffenden die Behauptung, es liege ein „Sturztrunk“ vor, also eine schnelle Aufnahme großen Mengen Alkohols kurz vor der Fahrt, zur Vermeidung der Annahme absoluter Fahruntüchtigkeit nicht weiter.Dazu auch Zieschang, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 316 Rn. 40. Nach dem BGHBGHSt 25, 246 (251 f). ist ausreichend, dass sich im Zeitpunkt der Tat die Alkoholmenge im Körper befindet, die dann später zu einer BAK über dem absoluten Grenzwert führt.Niehaus, in: Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. (2024), § 316 Rn. 24. Ergab die Blutprobe 1,1 ‰ oder mehr, steht die absolute Fahruntüchtigkeit zur Tatzeit jedenfalls fest. Die Alkoholwirkung hat in der Anflutungsphase die gleichen Folgen auf die Fahrsicherheit, wie eine BAK von 1,1 ‰ in der Eliminationsphase.BGHSt 25, 246 (251).

Ab einer BAK von 2,0 Promille ist § 21 StGB im Rahmen der Schuld anzusprechen (→ F.). Für Schuldunfähigkeit gem. § 20 StGB kommt als Anhaltspunkt eine BAK von 3,0 Promille in Betracht, die nicht von näheren Feststellungen entbindet (→ F.).

Relative Fahruntüchtigkeit

Auch wenn keine absolute Fahruntüchtigkeit vorliegt, kann die Alkoholkonzentration im Blut ein wichtiges Beweisanzeichen für eine relative Fahruntüchtigkeit sein. Liegt der BAK-Wert des Täters unterhalb der Grenze von 1,1 Promille, aber oberhalb einer Mindestgrenze von 0,3 Promille, kommt die relative Fahruntüchtigkeit in Betracht. Der Alkoholisierungsgrad des Fahrers ist in diesem Fall nur ein Indiz für eine mögliche Fahruntüchtigkeit. Es müssen daher weitere Beweisanzeichen vorliegen, um eine Fahruntüchtigkeit feststellen oder ausschließen zu können. Je niedriger der BAK-Wert ist, desto höher sind die Anforderungen an die zusätzlichen Beweisanzeichen. Es ist notwendig, alle objektiven und subjektiven Umstände insgesamt zu bewerten, einschließlich Faktoren wie Straßen- und Wetterbedingungen.So repräsentativ OLG Saarbrücken NStZ-RR 2000, 12. Für die Übertragung auf andere Rauschmittel BGH HRRS 2017 Nr. 357.

Beispiele: Derartige Beweisanzeichen liegen typischerweise in alkoholbedingten Ausfallerscheinungen. Beispiele hierfür sind eine auffällig sorglose und leichtsinnige Fahrweise, das Fahren in Schlangenlinien sowie das Schwanken des Fahrers.

Weiterführendes Wissen

Teilweise wird bei außergewöhnlich starken Ausfallerscheinungen eine relative Fahruntüchtigkeit auch unter 0,3 Promille angenommen.S. Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 66 mwN.

Infolge Alkoholkonsums oder anderer berauschender Mittel

Die Fahruntüchtigkeit muss auf den Konsum von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln zurückzuführen sein. Im Gegensatz dazu steht § 315c Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB, der bei geistigen oder körperlichen Mängeln greift, die nicht auf den Genuss alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel zurückzuführen sind. Fahrten unter Alkoholeinfluss (siehe auch → Rn. 19 ff.) stellen in der Praxis den häufigsten Anwendungsfall dar.

Es gibt bei diesen Drogen keine allgemein gültigen Feststellungsmaßstäbe, die unabhängig vom Einzelfall gelten (wie beispielsweise ein bestimmter Wert für die Rauschmittelkonzentration). Daher müssen konkrete Ausfallerscheinungen vorliegen, die sich auf die Fahreignung auswirken. Die Vorgehensweise ähnelt der bei der relativen Fahruntüchtigkeit bei Alkoholabusus.

Zwar hat das BVerfGBVerfG NJW 2005, 349 (351). zu § 24a StVG im Zusammenhang mit Cannabis entschieden, dass nicht jeder Nachweis von THC (wichtigstes der psychoaktiven Inhaltsstoffe von Cannabisprodukten) im Blut des Verkehrsteilnehmers für eine Verurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG ausreicht. Es müsse eine Konzentration festgestellt werden, die es als möglich erscheinen lässt, dass der Fahrzeugführer in seiner Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Als Untergrenze wird dabei eine THC-Blutkonzentration von 1,0 ng/ml angenommen.Vgl. BayObLG NJW 2003, 1681 (1682); s. dazu auch Eisenmenger, NVZ 2006, 24; Stiebig, JR 2005, 335; kritisch König, DAR 2006, 286 f.; Schreiber, NJW 2005, 1026 f. Anders als in § 24a StVG, bei dem der Nachweis der Substanz im Blut verlangt wird, knüpft § 316 StGB nicht daran, sondern an die Fahruntüchtigkeit an. Diese kann aber durchaus vorliegen, wenn sogar gar kein Nachweis (mehr) im Blut möglich ist, aber feststeht, dass der Betreffende Drogen eingenommen hat und Ausfallerscheinungen infolge des Drogenkonsums feststellbar sind.In diese Richtung auch OLG München NJW 2006, 1606; Haase/Sachs, DAR 2006, 61; König, DAR 2006, 286 f.; Nehm, DAR 2008, 1 (4); anders Dietz, NVwZ 2005, 410; Nobis, StV 2005, 386.

Klausurhinweis: Letztere Fälle spielen mangels klarer Grenzwerte in Klausuren kaum eine Rolle. Falls doch, werden klare Fahrfehler zu finden sein.

Subjektiver Tatbestand

Für § 316 Abs. 1 StGB ist vorsätzliches Handeln erforderlich. Gemäß § 316 Abs. 2 StGB ist auch die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung mit dem gleichen Strafrahmen strafbar. Die eigenhändige Beteiligung bleibt stets Voraussetzung der Tat. Die Fahrlässigkeit bezieht sich allein auf die Fahruntüchtigkeit → D.

Vorsätzlich im Sinne von § 15 StGB handelt, wer in Kenntnis der Umstände des objektiven Tatbestands handelt und deren Verwirklichung mindestens billigend in Kauf nimmt (Umkehrschluss aus § 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Dies ist der Fall, wenn der Täter sich zumindest der Möglichkeit seiner Fahrunsicherheit bewusst ist und er sich trotzdem zum Fahren entschließt. Wer sich trotz Kenntnis der Umstände (gemeint ist: trotz Kenntnis der Konsummenge und des Konsumzeitraums) dennoch für fahrsicher hält, unterliegt einem (unbeachtlichen) Subsumtionsirrtum. Es ist damit keine Kenntnis einer BAK-Grenze erforderlich, diese ist nicht Tatbestandsmerkmal.Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 44.

Da es keinen Erfahrungssatz gibt, nach dem ein Kraftfahrer ab einem bestimmten Alkoholisierungsgrad seine Fahrunsicherheit erkennt,OLG Köln DAR 1997, 499; 1999, 88; OLG Naumburg DAR 1999, 420; OLG Hamm NZV 2005, 161 (162). zumal bei fortschreitender Trunkenheit erfahrungsgemäß die Fähigkeit zur Selbstkritik abnimmt, kann aus der BAK allein noch nicht auf den Vorsatz geschlossen werden.OLG Frankfurt a. M. NJW 1996, 1358; OLG Karlsruhe NZV 1999, 301; OLG Köln DAR 1999, 88; OLG Naumburg BA 2001, 457; OLG Saarbrücken StraFo 2001, 203; OLG Hamm BA 2001, 461; OLG Zweibrücken zfs 2001, 334; OLG Hamm VRS 107 (2004), 431; OLG Stuttgart NZV 2001, 412 (412 f.). Allerdings stellt eine hohe BAK durchaus ein belastendes Indiz dar.So jetzt BGH HRRS 2015 Nr. 447. Freilich gibt es auch keine umgekehrte Regel, wonach vermindert Schuldfähige sich stets für fahrtüchtig hielten.Dazu auch Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 46. Bei der Beurteilung kommt es daher auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls an,BayObLG NZV 1994, 285; KG VRS 80, 449; OLG Jena DAR 1997, 324. insbesondere auch auf die Intelligenz und Selbstkritik des Fahrers.BayObLG VRS 59, 338; OLG Hamm DAR 1969, 302; NStZ-RR 1996, 297; OLG Köln DAR 1987, 157; BA 1987, 225; VRS 94, 214; Frankfurt a. M. zfs 1989, 141; NJW 1996, 1359; abl. zur Bestimmung allgemeiner Kriterien Blank, BA 1997, 116. Daneben sind Indizien wie ein „planvoller“ Geschehensablauf vor der Trunkenheitsfahrt, Verhalten oder Äußerungen bei der Kontrolle, Warnhinweise Dritter vor Fahrtbeginn heranzuziehen.Fischer, StGB, 71. Aufl (2024), § 316 Rn. 46. Vorsatz begründen auch dem Fahrer bewusst gewordene Ausfallerscheinungen,OLG Köln DAR 1999, 88; OLG Zweibrücken DAR 1999, 132. insbesondere auffällige Fahrfehler,Fischer, StGB, 71. Aufl (2024), § 316 Rn. 46. die allerdings vom Fahrer bemerkt worden sein müssen.OLG Hamm NZV 1999, 92; OLG Saarbrücken NJW 2008, 1369 (1397). Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass und welche Fahrfehler ein Fahrer bemerkt.OLG Karlsruhe NZV 1991, 239 (240). Besonders langsames oder vorsichtiges Fahren ist auch bei hoher BAK kein ausreichendes Indiz.OLG Köln VRS 72 (1987), 367. Die unter anderem von Fischer vertretene Gegenauffassung will dies sowie das Nutzen von Schleichwegen genügen lassen.Fischer, StGB, 71. Aufl (2024), § 316 Rn. 46. Hierbei wird verkannt, dass – ebenso wie in den Fluchtfällen – Fahrer häufig nur übertrieben normgerecht fahren dürften, um Kontrollen und eine OWi zu vermeiden. Bei Fahrtantritt wird häufig die subjektive Überzeugung von der Fahrsicherheit vorliegen. Die Sorge, dass der Konsum entdeckt wird, lässt keinen gesicherten Rückschluss auf Vorsatz vor der Fahrunsicherheit zu.Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 105.

Problematisch bei der Vorsatzbeurteilung ist, dass die Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten zu den typischen Auswirkungen von Alkohol zählt. Es wird zur Verteidigung gegenüber dem Vorwurf „Vorsatz“ nicht ausreichen, nur anzugeben, der Fahrer habe sich „fahrtüchtig gefühlt“. Denn mit dieser Begründung werden bei einer hohen BAK ernsthafte Zweifel des Gerichts an einem zumindest bedingten Vorsatz häufig nicht geweckt werden können.AG Coesfeld BA 1998, 319. Wiederholt wird das Trinken in Fahrbereitschaft, zB als Taxifahrer, als Indiz für den Vorsatz gewertet.OLG Celle NVZ 2014, 283; OLG Köln DAR 1999, 88; Fischer, StGB, 71. Aufl (2024), § 316 Rn. 47. Wenigstens bei mehr als 1,1 Promille und einer einschlägigen Vorstrafe soll dies für die Vorsatzannahme ausreichen.OLG Saarbrücken NJW 2008, 1396 (1397). Es überzeugt aber nicht, dass allein die stärkere Zurückhaltung beim Konsum und intensivere Selbstkontrolle der Wirkungen, die bei einem Konsum in Fahrbereitschaft gefordert werden mögen, bereits ausreichen sollen, um die ansonsten differenzierten Anforderungen an die Vorsatzfeststellungen dermaßen zu vereinfachen.Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 98.

Selbst bei BAK-Werten von zwei Promille kann die für den Vorsatz erforderliche Einsicht, betrunken im Straßenverkehr zu fahren, trotz der herabgesetzten Steuerungsfähigkeit infolge des Alkoholkonsums bestehen.BGHSt 60, 227. Um den Vorsatz auszuschließen, müssen weitere Indizien bzw. Angaben im Sachverhalt hinzutreten.Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 316 Rn. 23. Erst bei nachhaltiger Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit kommt der Ausschluss des Vorsatzes in Betracht.BGHSt 60, 227. Hier wird tendenziell – auch aufgrund von Beweisschwierigkeiten – eher eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit gemäß § 316 Abs. 2 StGB zu prüfen sein.

Fahrlässigkeit, § 316 Abs. 2 StGB

Gem. § 316 Abs. 2 StGB ist auch die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung mit dem gleichen Strafrahmen wie beim Vorsatzdelikt strafbar ist. Da § 316 StGB keinen Taterfolg kennt, entfallen alle Fahrlässigkeitsmerkmale, die den Erfolg und den Zurechnungszusammenhang zwischen Tathandlung und Erfolg betreffen. Die eigenhändige Beteiligung in Gestalt des „Führens“ eines Fahrzeugs bleibt Voraussetzung der Tat. Aufgrund des finalen Elements des Merkmals „führen“ ist Fahrlässigkeit bzgl. der Tathandlung kaum möglich. Das liegt daran, dass eine solche zielgerichtete Handlung nur vorsätzlich denkbar ist.Pegel, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 316 Rn. 106. Die Fahrlässigkeit bezieht sich idR allein auf die Fahruntüchtigkeit. Der Täter hält sich also bewusst oder unbewusst fahrlässig für fahrtüchtig. Aufgrund der allgemeinen Bekanntheit der Auswirkungen von Alkoholkonsum dürfte die Vorhersehbarkeit grds. gegeben sein. Ansonsten folgt die Prüfung von § 316 Abs. 2 StGB der üblichen Fahrlässigkeitsstruktur. Auch gilt dabei, dass die Fahrlässigkeitstat gegenüber der Vorsatztat (§ 316 Abs. 1 StGB) subsidiär ist.

Rechtswidrigkeit

Es gelten grundsätzlich die allgemeinen Rechtfertigungsgründe. Da das Rechtsgut von § 316 StGB – die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs – ein Kollektivrechtsgut ist, kommt eine Rechtfertigung durch Notwehr oder Einwilligung nicht in Betracht. Eine Tat nach § 316 StGB kann sich nicht gegen ein Rechtsgut eines Angreifers richten (nach ganz überwiegender Auffassung) und kann damit keine taugliche Verteidigungshandlung iSv § 32 StGB darstellen.

Eine Rechtfertigung gem. § 34 StGB kommt grundsätzlich zB bei einem Notarzteinsatz in Betracht oder bei einer (Trunkenheits-)Fahrt, um bspw. eine Entführung zu verhindern. Das Notstandsrecht setzt aber voraus, dass die Trunkenheitsfahrt das einzige Mittel zur Abwehr einer übermäßigen Gefahr war. Hieran wird § 34 StGB scheitern, wenn mildere, ebenso effektive Mittel zur Verfügung stehen (Fahrt durch andere Personen, Krankenwagen, Taxi) und die Notstandshandlung somit nicht erforderlich ist.

Schuld

Bei jedweder Art von Substanzkonsum, insb. bei Alkoholisierung, kommt naturgemäß eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit in Frage und es könnten die §§ 2021 StGB zu erörtern sein.

Bei einer hohen BAK ab 2,0 Promille kommt eine eingeschränkte Schuldfähigkeit in Betracht. Jedoch sind die Voraussetzungen des § 21 StGB in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Eine pauschale Bejahung verminderter Schuld in Verbindung mit einer bestimmten BAKSo OLG Naumburg DAR 2001, 379. wäre verfehlt.Näher Safferling, in: Matt-Renzikowski-StGB, 2. Aufl. (2020) § 21 Rn. 14.

Führt die Volltrunkenheit zur Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB,Hier kommt als Anhaltspunkt eine BAK von 3,0 Promille in Betracht, die ebenfalls nicht von näheren Feststellungen entbindet, vgl. OLG Naumburg BA 2010, 432 f. handelt der Täter schuldlos. Die Anwendung der Grundsätze der actio libera in causaDazu Safferling, in: Matt-Renzikowski-StGB, 2. Aufl. (2020) § 20 Rn. 77 ff. scheidet nach heute ghM bei § 316 StGB aus: (Vorwerfbares) Berauschen ist noch kein Führen eines Fahrzeugs.Vgl. BGHSt 42, 235 (239 ff.); OLG Celle NZV 1998, 123; LG Münster NStZ-RR 1966, 266; aA Hirsch, NStZ 1997, 230 ff.; Spendel, JR 1997, 133 ff. In solchen Fällen ist der Täter nach § 323a StGB zu bestrafen.

Täterschaft und Teilnahme; Unterlassen

Täterschaft

Da es sich bei § 316 StGB um ein eigenhändiges Delikt handelt, kann Täter nur sein, wer jedenfalls Teilfunktionen, die für die Bewegung des Fahrzeugs zuständig sind, selbst bedient. Eine mittelbare Täterschaft ist damit ausgeschlossen. Dies hat zur Konsequenz, dass auch gewichtige Tatbeiträge von Nicht-Fahrzeug-Führern höchstens eine Teilnahmestrafbarkeit begründen können.

Beispiel: A fährt betrunken, weil B ihn dazu anweist und ihm detaillierte Vorgaben zur Strecke und zum Tempo macht. Hier ist alleine eine Anstiftung möglich.

Eine Mittäterschaft kommt nur bei gemeinsamem Führen des Fahrzeugs in Betracht.Vgl. BGHSt 13, 226 (zu § 24 Abs. 2 StVG).

Beispiel: Eine Person lenkt, die andere bedient die Kupplung.

Teilnahme

Für eine Teilnahme müsste eine (in der Praxis eher seltene) vorsätzliche Haupttat vorliegen. Es müsste also sowohl einen seine Fahrunsicherheit zumindest für möglich haltenden und sich damit abfindenden Täter sowie einen ebenfalls bedingt vorsätzlich handelnden Teilnehmer geben. Denkbar ist neben dem obigen Beispiel ein Anstifter, der den fahrunsicheren Täter zur Fahrt überredet. Auch Beihilfe kommt in Betracht, zB durch Ausleihen eines Fahrzeugs. Bloßes gemeinsames Trinken stellt im Regelfall keine Beihilfe dar.

Weiterführendes Wissen

Durch Unterlassen ist mitschuldig, wer den Betrunkenen nicht von der Fahrt abhält, obwohl er aufgrund einer Garantenstellung dazu verpflichtet ist.Niehaus, in: Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. (2024), § 316 Rn. 5.

Die Verantwortlichkeit nach den §§ 222, 229 StGB für eine fahrlässige Tötung oder Körperverletzung, die der Betrunkene auf der Fahrt verursacht, kann auch Personen treffen, die zu der Fahrt beigetragen haben, ohne das Fahrzeug zu führen, insb. den Halter.BGH VRS 4, 608; 13, 470; OLG Hamm VRS 23, 107.

Die Frage, ob das Fahrzeugführen durch Unterlassen verwirklicht werden kann, ist – wie allgemein für Tätigkeitsdelikte – umstritten.König, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 316 Rn. 9a; bejahend etwa Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, 30. Aufl. (2023), § 13 Rn. 6; Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 13 Rn. 3; Rengier, in: KK-OWiG, 5. Aufl. (2018), § 8 Rn. 10. Sie wird in der Praxis schon deswegen lediglich in extremen Ausnahmekonstellationen relevant, weil das „Führen“ nur eigenhändig erfüllt werden kann.König, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 316 Rn. 9a. Ein solcher Ausnahmefall hat BayObLG JR 1979, 289 zugrunde gelegen. Das BayObLG bejaht Führen durch Unterlassen, weil sich der alkoholkranke Täter in nüchternem Zustand nicht seines Fahrzeugs entledigt hat.BayObLG JR 1979, 289, 290 f.; m. krit. Anm. Horn; s. auch Wolters, in: SK-StGB, 10. Aufl. (2023), § 316 Rn. 11. Dagegen wird aber eingewandt, dass einerseits die bloße Haltereigenschaft nicht zu einer Garantenstellung führen könne und andererseits so Täter bevorteilt würden, die im Zustand der Trunkenheit ein anderes als ihr eigenes Fahrzeug benutzen.Wolters, in: SK-StGB, 10. Aufl. (2023), § 316 Rn. 11.

Versuch

Der Versuch einer Trunkenheitsfahrt iSv § 316 StGB ist nicht strafbar.

Weiterführendes Wissen

Gesetzesentwürfe zur Einführung einer Versuchsstrafbarkeit bei § 316 StGB haben bisher keine politischen Mehrheiten gefunden. Diese fehlende Versuchsstrafbarkeit wird kritisiert. Neben einem kriminalpolitischen Strafbedürfnis wird hierzu systematisch angeführt, dass der Versuch der Gefährdung des Straßenverkehrs in gewissen Fällen, darunter § 315c Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB strafbar sei. Gegen die Einführung einer Versuchsstrafbarkeit sprechen allerdings die jetzt schon bestehenden Beweisschwierigkeiten bei der vorsätzlichen Vollendungsstrafbarkeit. Wenn bereits selten Vorsatz angenommen wird, so würde das auch für einen etwaigen Versuch gelten.König, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 316 Rn. 228.

Strafzumessung

Der Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von einem Jahr ist sowohl für das Vorsatz- als auch für das Fahrlässigkeitsdelikt derselbe.

Weiterführendes Wissen

Diese Gleichstellung von Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikt ist nicht unumstritten.König, in: LK-StGB, Bd. 17, 13. Aufl. (2021), § 316 Rn. 181.

Besondere Tatumstände iSd § 47 StGB können zB darin liegen, dass der Täter vorsätzlich mit hohem Blutalkoholgehalt gefahren ist und in Fahrbereitschaft getrunken hat.Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 53. Besondere Umstände in der Person sind vor allem dann gegeben, wenn der Täter rückfällig istVgl. dazu KG NStZ 1998, 259. und Geldstrafe bisher ohne Wirkung blieb.

Eine Tat nach § 316 StGB zieht grundsätzlich die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB)Vgl. Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 316 Rn. 29. bzw. die Anordnung einer isolierten Sperrfrist (§ 69a Abs. 1 S. 3 StGB) nach sich.Vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl. (2024), § 316 Rn. 55; s. aber LG Dresden DAR 2002, 280 (281) und LG Potsdam NZV 2001, 360.

Konkurrenzen

Gem. § 316 Abs. 1 letzter Hs. StGB ist die Trunkenheit im Verkehr formell subsidiär gegenüber §§ 315a315c StGB. Da mit „Tat“ iSd Subsidiaritätsklausel des § 316 StGB allein die Trunkenheitstat gemeint ist, wird § 316 StGB nur durch die §§ 315a Abs. 1 Nr. 1315c Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängt. Mit § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB ist Tateinheit möglich. Dasselbe gilt für andere Delikte, die während der Trunkenheitsfahrt begangen werden (etwa § 229 StGB) und auf die die Subsidiaritätsklausel von vornherein keine Anwendung findet.

Klausurhinweis: Aufgrund der formellen Subsidiarität ist § 316 StGB erst nach den anderen in Frage kommenden Straßenverkehrsdelikten und auch nur dann zu prüfen, wenn diese nicht vorliegen.

§ 316 StGB ist – von Zäsuren (zB Unfall) abgesehen – eine Dauerstraftat, die auch von kurzen Fahrunterbrechungen nicht aufgespalten wird und die bereits mit dem Anfahren vollendet und erst dann beendet ist, wenn die Fahrt endgültig abgeschlossen ist oder die Fahrunsicherheit nicht mehr besteht.

Klausurhinweis: Bei Fahrtunterbrechungen ist genau auf den Zweck und die Absicht des Täters zu schauen. So stellt eine Pause zum Tanken zum Zweck der Weiterfahrt keine Unterbrechung dar, die den Beginn einer neuen (handlungsmehrheitlich begangenen) Tat iSv § 316 StGB darstellt.

Eine neue Tat wird dagegen begangen, wenn ein neuer Tatentschluss gefasst wird.

Beispiel: Der Täter fährt zunächst betrunken und verursacht einen Unfall. Danach entscheidet er sich zu einer sog. Unfallflucht gem. § 142 StGB und fährt aus diesem Grund weiter. In einem solchen Fall liegt eine Tat nach § 316 StGB (= Fahrt vor dem Unfall) vor, die in Tatmehrheit (§ 53 StGB) zu §§ 316, 142, 52 Abs. 1 StGB (= Fahrt nach dem Unfall) steht.

Tateinheit gem. § 52 StGB ist insb. mit den §§ 315315a Abs. 1 Nr. 2315b StGB denkbar. Darüber hinaus stehen sämtliche Delikte, die innerhalb der Dauerdelikt-Phase verwirklicht, also aufgrund der Fahrt oder durch die Fahrt ermöglicht werden, in Tateinheit mit § 316 StGB. Häufig sind das die §§ 113142242323a StGB, Verletzungs- und Tötungsdelikte, § 21 StVG, Waffendelikte oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG).

Aufbauschema

  1. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

      1. Führen eines Fahrzeugs

      2. Im Verkehr (§§ 315 bis 315e StGB)

      3. Im Zustand der Fahruntüchtigkeit

      4. Infolge Alkoholkonsums/anderer berauschender Mittel

    2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz oder Fahrlässigkeit (nach h. M. rein objektiv zu bestimmen)

  2. Rechtswidrigkeit

  3. Schuld

Wissen für die Zweite Juristische Prüfung

In der Zweiten Juristischen Prüfung werden auch Berechnungsmethoden zur Rückrechnung der Blutalkoholkonzentration (BAK) sowie die dortigen Berechnungsschwierigkeiten relevant:

Liegt das Ergebnis einer BAK-Untersuchung vor, muss bei der Interpretation der Werte bedacht werden, dass zwischen Tatzeitpunkt und Blutentnahme regelmäßig Zeit vergangen ist, während der der Alkohol im Körper abgebaut worden ist. Der BAK-Wert zum Zeitpunkt der Tat muss in diesen Fällen rückgerechnet werden. Die Rückrechnung erfolgt, indem ein Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde zugrunde gelegt wird. Nicht berücksichtigt werden dabei die ersten zwei Stunden nach Trinkende, da in dieser Zeit der Alkohol noch vom Körper resorbiert wird.Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 316 Rn. 14 ff. Ist der Zeitpunkt des Trinkendes nicht bekannt, ist in dubio pro reo davon auszugehen, dass Tatzeitpunkt und Trinkende zusammenfallen. Grundsätzlich ist bei der Berechnung der BAK zu beachten, dass eine niedrigere Tatzeit-BAK günstiger für den Täter ist, es sei denn §§ 20, 21 StGB kommen in Betracht.

Beispiel: Dem Täter wird um 6:00 Uhr eine Blutprobe abgenommen, bei der ein BAK-Wert von 1,0 Promille festgestellt wird. Trinkende war um Mitternacht, Zeitpunkt der Tatbegehung 2:00 Uhr. In der Zeit von Mitternacht bis 2:00 Uhr wird wegen der Resorptionsphase nicht zurückgerechnet, sodass die vier Stunden zwischen 2:00 Uhr und 6:00 Uhr für die Rückrechnung verbleiben. Die BAK zum Tatzeitpunkt betrug demnach 1,4 Promille.

Zum Sturztrunk s. o. → Rn. 27.

Studienliteratur und Übungsfälle

Moldenhauer/Willumat, „Die Gasleitung und der E-Scooter“, JA 2024, 206

Schach, „Heimweg nach dem Stammtisch“, JA 2024, 113

Seier/Wember, Schwerpunktbereichsklausur – Verkehrsstrafrecht: Eine Trunkenheitsfahrt ohne Folgen?, JuS 2007, 361