Kilian Wegner Strafrecht AT 2: Übungsfälle Licensed under CC-BY-4.0

Einheit 6: Rücktritt – Fehlschlag

Fall 1

T will den O erschießen. In seiner Pistole hat er dazu nur eine Kugel, die er für ausreichend hält. Er legt auf O an, schießt allerdings daneben. Weil O dem T körperlich deutlich überlegen ist und ihn in der direkten Konfrontation bereits früher „besiegt“ hatte, sieht der T keine andere Chance den O zu töten.

Hat sich T wegen versuchten Totschlags strafbar gemacht?

Fall 2

T will sich an seinem Chef C rächen, der ihn bei der letzten Beförderung übergangen hat. Er legt sich im Stadtpark auf die Lauer, um C, der dort jeden Abend spazieren geht, abzufangen und ihn zu verprügeln. Als sich eine Person nähert, geht er von hinten auf sie zu und holt zum Schlag aus. Nun erkennt er jedoch, dass es sich bei dem Spaziergänger nicht um C, sondern um einen Fremden handelt. T dreht sich um und geht davon, ohne dass der Spaziergänger etwas davon bemerkt.

Hat sich T wegen einer versuchten Körperverletzung strafbar gemacht?

Fall 3

(nach BGHSt 34, 53)

A trifft in einer Gaststätte auf seine frühere Lebensgefährtin B, die sich dort mit dem D aufhielt. B lehnt das Angebot des bereits alkoholisierten A ab, sich von ihm nach Hause bringen zu lassen, und gibt ihm zu verstehen, dass sie sich lieber von D begleiten lasse. Gemeinsam mit D verlässt sie die Gaststätte. A wird darüber wütend, weil er die B noch immer für sich haben will. Er verfolgt die beiden mit seinem Wagen, fährt an ihnen vorbei, wendet und entschließt sich dann aus Eifersucht, D zu überfahren und so zu töten. Er fährt gezielt auf den vor B stehenden D zu. D wird vom Auto jedoch lediglich gestreift, weil er im letzten Moment zur Seite springen kann. Die hinter D stehende B kann nicht mehr ausweichen, wird vom Wagen erfasst und durch die Luft geschleudert. D läuft sofort zu ihr und kniet sich neben sie. In diesem Augenblick steigt A aus seinem Auto aus und erkennt, dass er den D durch das Anfahren nicht hatte töten können. A tritt von hinten an den D heran und würgt ihn mit beiden Händen, um den D nun mindestens noch zu verletzen. In seiner Todesangst gelingt es D, sich aus dem Würgegriff zu befreien. A beginnt nun, mit den Fäusten auf D einzuschlagen. D kann den A zum Aufhören überreden, damit sie sich gemeinsam um die verletzte B kümmern können.

Ist A strafbefreiend vom versuchten Totschlag zulasten des D zurückgetreten?