Kilian Wegner Strafrecht Besonderer Teil II: Eigentums- und Vermögensdelikte Licensed under CC-BY-4.0

§ 2: Besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243 StGB)

Autor: Kilian Wegner

Einführung

Rechtsnatur des § 243 StGB

§ 243 StGB enthält eine Strafzumessungsregel, die für Diebstähle, die einen gesteigerten Unrechtsgehalt aufweisen, einen erhöhtenStatt der in § 242 Abs. 1 StGB eigentlich vorgesehen Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe sieht § 243 Abs. 1 S. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor. Eine Geldstrafe kann in Fällen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB nicht verhängt werden. Strafrahmen vorsieht. Es handelt sich bei der Vorschrift also nicht um einen eigenen Straftatbestand im Sinne einer Qualifikation zum Diebstahl, wie er in §§ 244244a StGB jeweils enthalten ist, sondern um eine Modifikation der Rechtsfolgen einer Tat nach § 242 StGB. Aus der Natur des § 243 StGB als Strafzumessungsregel folgt, dass die Norm in einem juristischen Gutachten nicht im Tatbestand geprüft wird, sondern nach den Wertungsebenen „Rechtswidrigkeit“ und „Schuld“ unter der Überschrift „Strafzumessung“.

Den § 243 StGB wie einen Qualifikationstatbestand zu behandeln, zählt zu den typischen Anfängerfehlern in einer juristischen Prüfung und sollte daher unbedingt vermieden werden.

Die Regelbeispiels-Technik

Will der Gesetzgeber strafschärfende Umstände im Gesetz definieren, hat er dafür technisch betrachtet drei Möglichkeiten:

Erstens kann er einen Qualifikationstatbestand (wie zB in §§ 244, 244a StGB) schaffen, der bestimmte Erschwernisgründe abschließend umschreibt, deren Vorliegen zwingend zu einer verschärften Rechtsfolge führt. Gegen­über dem Grundtatbestand weisen sie ein weiteres Merkmal auf und verkörpern daher den spezielleren Straftatbestand.

Eine andere Möglichkeit besteht – zweitens – darin, einen unbenannten Strafzumessungsgrund in das Gesetz aufzunehmen, bei dem die strafschärfenden Umständen nicht näher umschrieben werden und es daher auch keinen Umstand gibt, der zwingend zur Strafschärfung führt. Ein Beispiel hierfür ist § 212 Abs. 2 StGB, der ohne weitere Konkretisierung festlegt, dass „in besonders schweren Fällen“ des Totschlags auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen ist. Derartige Regelungen werden mit Blick auf ihre mangelnde Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) berechtigterweise kritisiert.

Ein Mittelweg liegt – drittens – in der sog. Regelbeispiel-Technik, die der Gesetzgeber in § 243 StGB, aber auch in vielen anderen Vorschriften (etwa §§ 240 Abs. 4263 Abs. 3255 Abs. 2 StGB) verwendet. Kennzeichen dieser Technik ist, dass das Gesetz eine Reihe von strafschärfenden Umständen in Gestalt von Regelbeispielen konkret nennt. Im Fall von § 243 StGB sind diese Regelbeispiele in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB enthalten. Die Regelbeispiele haben eine Indizwirkung dafür, dass der verschärfte Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anwendbar ist. Ausnahmen sind aber in zwei Richtungen möglich:

  • Es kann sein, dass zwar ein Regelbeispiel erfüllt ist, gleichwohl aber kein besonders schwerer Fall vorliegt, wenn eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und des Täters den Diebstahl in einem so milden Licht erscheinen lässt, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels ausnahmsweise entkräftet wird. Ein Spezialfall hierfür ist in § 243 Abs. 2 StGB geregelt, der besagt, dass (obwohl ein Regelbeispiel erfüllt ist) kein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegen kann, wenn die Tat sich auf eine geringwertige Sache bezieht (näher → Rn. 42 ff.).

  • Umgekehrt ist es möglich, dass zwar kein Regelbeispiel erfüllt ist, aber trotzdem ein „unbenannter“ besonders schwerer Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB bejaht werden, wenn „das ge­samte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist“BGHSt 29, 319, 322.. Dafür müssen Unrecht und Schuld deutlich vom Normalfall des einfachen Diebstahls gem. § 242 StGB abweichen.

Gegenüber einem Qualifikationstatbestand hat die Regelbeispiels-Technik nach alledem den Vorteil größerer Flexibilität, ohne die Beliebigkeit einer Vorschrift wie § 212 Abs. 2 StGB zu erreichen, da dem Rechtsanwender immerhin für den „Normalfall“ eine klare Richtschnur vorgegeben wird. Mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG ist die Regelbeispiels-Technik gleichwohl nicht unproblematisch, da es sich (soweit auch unbenannte besondere schwere Fälle erfasst werden, die eine den Fällen des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB vergleichbare Unrechtsschwere haben) letztlich um eine gesetzlich angeordnete Form der Analogie handelt.

Die einzelnen Regelbeispiele im Überblick

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB: Einbrechen, Einsteigen, Eindringen in einen oder Sich-Verborgen-Halten in einem umschlossenen Raum

Das Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist erfüllt, wenn der Täter zur Ausführung der Tat in einen umschlossenen Raum

  • einbricht,

  • einsteigt,

  • mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder

  • sich in dem Raum verborgen hält.

Tatobjekt: Umschlossener Raum

Umschlossener Raum

Ein umschlossener Raum ist jedes umschlossene Raumgebilde, das von Menschen betreten werden kann und das durch (wenigstens teilweise künstlich geschaffene) Vorrichtungen gegen das Betreten durch Unbefugte geschützt ist.

Beispiele: Eingezäunte Grundstücke, Hütten oder der Fahrgastraum von Pkw und Lkw

Streiten kann man über die Frage, ob auch Räume dem § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB unterfallen, die ein Mensch zwar betreten kann, die aber nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.

Beispiel (angelehnt an BGH NStZ 2015, 396): T öffnet einen unverschlossenen Frachtcontainer und entnimmt daraus Waren.

Der BGH vertritt hierzu die Auffassung, dass es für eine Subsumtion unter § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB nicht auf den Aufenthalt von Menschen, sondern nur darauf ankommt, ob das räumliche Gebilde jedenfalls auch dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. Im Fall eines Frachtcontainers, der zumindest bei der Be- und Entladung von Menschen betreten werden muss, ist das zu bejahen. Mit dem Wortlaut von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist die Auffassung des BGH unproblematisch zu vereinbaren. Dagegen lässt sich in systematischer Hinsicht vorbringen, dass die im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Unterfälle des Oberbegriffs „umschlossener Raum“ (= Gebäude, Dienst- und Geschäftsräume) sämtlich solche sind, die zumindest auch und wesentlich dem (sei es auch nur vorübergehenden) Aufenthalt von Menschen dienen. Ob man die Position des BGH auch aus teleologischer Sicht angreifen kann, hängt davon ab, wie man den Unrechtskern von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB versteht: Wenn die unrechtserhöhende Wirkung des Regelbeispiels vor allem darin gesehen wird, dass der Täter Abwehrvorrichtungen (Wände, Türen, Fenster etc.) überwindet, passt die Position des BGH zu diesem Telos. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB hätte nach dieser Lesart im Wesentlichen dieselbe Stoßrichtung wie § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB, wo es auch um die Überwindung von Abwehrvorrichtungen geht (in Gestalt von Wegnahme-Sicherungen). Erblickt man den unrechtserhöhenden Charakter des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB dagegen darin, dass der Täter eine besonders schutzwürdige Sphäre derjenigen Personen verletzt, die sich typischerweise in den Räumlichkeiten aufhalten, wäre es verfehlt, Frachtcontainer oder vergleichbare begehbare Behältnisse unter den Tatbestand zu fassen.

Allgemein anerkannt ist, dass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB jedenfalls dann nicht erfüllt ist, wenn der betroffene Raum von einem Menschen überhaupt nicht betreten werden kann (zB im Falle eines Handschuhfachs in einem Pkw). In solchen Fällen kommt aber § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, wenn der Raum gewaltsam geöffnet wird (→ Rn. 25 ff.).

Ein Raum ist umschlossen, sobald es Hindernisse gibt, die dem Täter ein Eindringen nicht unerheblich erschweren (zB ein hoher Zaun, den man nicht einfach übersteigen kann).

Tathandlungen: Einbrechen, Einsteigen, Eindringen oder Sich-Verborgen-Halten

Der Täter muss zur Ausführung des Diebstahls in den umschlossenen Raum einbrechen, einsteigen, mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringen oder sich in dem Raum verborgen halten.

Einbrechen (Var. 1)

Einbrechen

Einbrechen ist das gewaltsame Öffnen von Schutzvorrichtungen, die das Eindringen von Unbefugten verhindern sollen.

Beispiel: T hebelt die Wohnungstür von O mit einem Brecheisen auf.

Der Wortlaut setzt ein gewisses Maß an körperlicher Kraftentfaltung beim Täter voraus, so dass zB das bloße Entriegeln eines ToresOLG Karlsruhe NStZ-RR 2005, 140. oder das Beiseite-Drücken eines leicht beweglichen ZaunesBGH NStZ 2000, 143. kein Einbrechen darstellt.

Anders als beim „Einsteigen“ (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB, dazu sogleich → Rn. 16 ff.) ist es für ein „Einbrechen“ nicht erforderlich, dass der Täter zur Wegnahme den Raum, in den eingebrochen wird, betritt.Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 14 mwN.

Beispiel: Nach §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB macht sich strafbar, wer das Fenster eines Hauses von außen einschlägt und hineingreift, um eine Uhr, die auf dem Fensterbrett liegt, wegzunehmen.

Einsteigen (Var. 2)

Einsteigen

Einsteigen ist das Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintreten nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung eines entgegenstehenden Hindernisses.

Beispiel: T klettert die Fassade eines Bürogebäudes hoch, öffnet von außen ein Fenster und begibt sich zum Zwecke der Wegnahme von Laptops in die Büroräume.

Nach Auffassung des BGH kann § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB durch das Betreten einer zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmten Tür nicht erfüllt werden, auch wenn der Täter die Tür auf ordnungswidrige Weise geöffnet hat.BGH NJW 2016, 1897 (1898 f.) mit ausführlicher Herleitung und zahlreichen Nachweisen.

Beispiel (nach BGH NJW 2016, 1897): T greift durch ein auf „Kipp“ stehendes Fenster eines Wohnhauses und löst die am oberen Fensterrahmen angebrachte Verriegelungsschiene. Dadurch ist es ihm möglich, das Fenster weiter nach hinten zu kippen und den Griff der danebenliegenden Terrassentür umzulegen. Durch die auf diese Weise geöffnete Tür verschafft er sich Zugang zum Gebäude, aus dem er Alkoholika stiehlt.

Die Auffassung des BGH, § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB in Konstellationen wie dem Beispielsfall nicht anzuwenden, ist richtig. Schon nach dem üblichen Sprachgebrauch setzt ein „Einsteigen“ voraus, dass der Täter seinen gesamten Körper durch „Hineinklettern“ in einen umschlossenen Raum verbringt und nicht bloß einzelne Körperteile. Ferner lässt sich die Auslegung auch durch einen Blick auf die innere Systematik von § 243 Abs. 1 S. 2 StGB absichern: Der Alternative des Eindringens (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB, → Rn. 19 ff.) ist zu entnehmen, dass das Betreten durch eine hierzu bestimmte Öffnung nur dann vom Regelbeispiel erfasst sein soll, wenn dies unter Nutzung eines falschen Schlüssels oder eines anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten, auf den Schließmechanismus einwirkenden Werkzeugs geschieht. Fälle der Überwindung sonstiger entgegenstehender Hindernisse werden wiederum (nur) dann von der Tathandlungsmodalität des Einbrechens (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB) erfasst, wenn der Täter entweder die Substanz der Umschließung verletzt oder nicht unerhebliche körperliche Kraft aufwenden muss (→ Rn. 14). Fehlt es – wie im Beispielfall – an einer dieser Voraussetzungen, kann dem nicht dadurch begegnet werden, dass das Vorgehen unter den Begriff des Einsteigens subsumiert wird.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB erst recht dann nicht erfüllt ist, wenn der Täter den umschlossenen Raum überhaupt nicht betritt. Vielmehr muss er wenigstens einen Fuß in den Raum gestellt und einen Stützpunkt gewonnen haben, der ihm die Wegnahme erlaubt.So etwa schon BGHSt 10, 132 anhand eines Falles, in dem der Täter aus einem Schuppen, dessen Lüftungsklappen zugenagelt waren, fünf bis sechs Bohlen entwendete, indem er durch ein größeres Loch, das sich etwa in Brusthöhe in einer Wand des Schuppens befand, seinen Oberkörper in den Schuppen hineinbog und mit beiden Armen die Bohlen an das Loch heran- und dann schräg durch dieses herauszog.

Beispiel: Wer durch ein halb geöffnetes Fenster greift, um eine auf der Fensterbank liegende Sache zu nehmen, verwirklicht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB nicht.

Eindringen mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug (Var. 3)

Schlüssel

Ein Schlüssel ist ein Gegenstand, mit dem ein Verschlussmechanismus ordnungsgemäß in Gang gesetzt wird.

Unter den Begriff des Schlüssels kann bei elektronisch verschlossenen Türen zB auch ein Transponder fallen. Der Schlüssel ist falsch, wenn er aus Sicht des BerechtigtenVertiefung: Bei vermieteten Wohnung ist der Mieter, nicht der Vermieter der mit Blick auf die Schlüssel Berechtigte, s. BGH NStZ 2022, 408 (im Kontext von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB). im Tatzeitpunkt nicht oder nicht mehr zur Öffnung des Verschlusses bestimmt ist. Wenn ein Schlüssel gestohlen oder gefunden wird, ohne dass der Berechtigte dies merkt, ist ein Schlüssel daher nicht falsch.BGH NStZ 2021, 167 (169). Er wird aber falsch, wenn der Berechtigte ihn entwidmet, nachdem er den Verlust bemerkt hat.Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 16 mwN. Ein entsprechender Entwidmungswille kann vermutet werden, sobald der Berechtigte den Verlust bemerkt.HM seit BGHSt 21, 189. S. zuletzt auch wieder BGH NStZ 2021, 167 (168 f.) mwN (anhand von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, der mit Blick auf das Merkmal des falschen Schlüssels aber ebenso ausgelegt wird wie § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB). Wird eine Mietwohnung an einen neuen Mieter übergeben, so wird damit konkludent zum Ausdruck gebracht, dass künftig nur die an den Mieter überreichten Schlüssel zur Öffnung bestimmt sein sollen und dass etwaige andere noch im Umlauf befindliche Schlüssel zur Wohnung entwidmet sind.BGH NStZ 2022, 408 (im Kontext von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB).

Unabhängig vom Kenntnisstand des Berechtigten liegt ein „falscher Schlüssel“ dagegen bei Schlüsselkopien vor, die der Täter unbemerkt angefertigt hat bzw. hat anfertigen lassen.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB kann auch erfüllen, wer statt mit einem falschen Schlüssel mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt. Hierunter fallen solche Werkzeuge, durch die der Mechanismus des Verschlusses ordnungswidrig in Bewegung gesetzt wird (etwa ein Dietrich), nicht aber Brechwerkzeuge, die zur gewaltsamen Öffnung eingesetzt werden sollen. Nicht erfüllt sein soll § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB laut BGH ferner, wenn der Täter mit Hilfe eines Störsenders die (ferngesteuerte) Verriegelung eines Fahrzeugs verhindert, um daraus später Gegenstände entwenden zu können.BGH NStZ 2018, 212. Allerdings soll in solchen Fällen ein unbenannter besonders schwerer Fall in Betracht kommen, was abermals illustriert, dass die in § 243 StGB verwendete Regelbeispiel-Technik letztlich Analogien zu Lasten des Beschuldigten ermöglicht.

Sich-Verborgen-Halten (Var. 4)

In Fällen von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 4 StGB hält der Täter sich in einem Raum versteckt, um dadurch die Wegnahme des Diebesguts zu ermöglichen.

Beispiel: T versteckt sich im Museum, um sich einschließen zu lassen. Nachts begibt er sich aus seinem Versteck und stiehlt eine teure Vase.

Handeln „zur Ausführung“ der Tat

Der Täter muss die in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1-4 genannten Handlungen „zur Ausführung“ der Tat, d. h. zur Ausführung eines Diebstahls begehen. Daraus folgt, dass er im Zeitpunkt des Einbrechens, Einsteigens etc. bereits einen Diebstahlsvorsatz (zumindest im Sinne eines dolus generalisEs kann dagegen nicht gefordert werden, dass der Täter schon im Zeitpunkt des Einbrechens, Einsteigens etc. die Vorstellung hat, gleichzeitig zum Diebstahl iSv § 22 StGB unmittelbar anzusetzen (so wohl auch Rengier, BT I, 26. Aufl. [2024], § 3 Rn. 20, der als Beispiel den Fall nennt, dass jemand zunächst in ein Gebäude einbricht oder sich verborgen hält und dann erst einige Stunden warten muss, bevor er die Wegnahme vollenden kann). Generell zum Zusammenhang der Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB und dem unmittelbaren Ansetzen zum Diebstahl näher → Rn. 60 ff.) gebildet haben muss. Wer in ein Gebäude einbricht, um dort zu übernachten, und erst später auf die Idee kommt, in dem Gebäude eine fremde bewegliche Sache wegzunehmen, macht sich nur nach § 242 Abs. 1 StGB strafbar.

Mit „Tat“ meint das Gesetz den gesetzlichen Tatbestand iSv § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, was den Zeitraum vom unmittelbaren Ansetzen zum Diebstahl bis zu seiner Vollendung in Gestalt der Wegnahme meint. Von der sog. BeendigungsphaseEinführend zu diesem Begriff Rönnau/Wegner, JuS 2019, 970 ff., d. h. dem Zeitraum, in dem der Dieb seine Beute sichert, ist in § 242 Abs. 1 StGB nicht die Rede, so dass diese Phase nach richtiger Auffassung nicht mehr zur „Tat“ zählt. Wer in einen Raum einbricht, um seine Beute aus einem Diebstahl zu verstecken, handelt daher nicht „zur Ausführung der Tat“.So auch Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 20; Mitsch, BT 2, 3. Aufl. (2015), Rn. 93 jew. mwN.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB: durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme gesicherte Sache

Das in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB enthaltene Regelbeispiel ist erfüllt, wenn der Täter eine Sache wegnimmt, die durch ein verschlossenes Behältnis (zB einen Tresor) oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war (etwa mit einem Kettenschloss oder – bei Fahrzeugen – Lenkrad- und Zündschloss). Hiermit will der Gesetzgeber das gesteigerte Unrecht erfassen, das in der Wegnahme einer Sache liegt, bei der der Eigentümer durch gezielte Sicherung zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm am Erhalt der Sache besonders gelegen ist.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 3 Rn. 21 mwN.

Begriff des „verschlossenen Behältnisses“ iSv § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB und sein Verhältnis zum Terminus „Raum“ iSv § 243 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB

Nach allgemeiner Auffassung steht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB in einem Exklusivitätsverhältnis zu § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB, d. h. ein umschlossener Raum iSd Nr. 1 kann nicht zugleich ein Behältnis iSv Nr. 2 sein. Abgrenzungskriterium ist die Frage, ob das Tatobjekt von einem Menschen betreten werden kann (was bei einem Raum der Fall ist,→ Rn. 9 ff. bei einem Behältnis aber nichtBGHSt 1, 158 (163).). Ungeachtet der beschriebenen Exklusivität von Nr. 1 und Nr. 2 ist denkbar, dass sich in einem umschlossenen Raum zusätzlich ein Behältnis befindet und der Täter hintereinander beide Regelbeispiele erfüllt.

Beispiel: T bricht in ein Haus ein und verwirklicht dadurch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB. In der Küche findet er eine Geldkassette, die er ebenfalls aufbricht und daraus Geld wegnimmt (= § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB).

Andere Schutzvorrichtung

Andere Schutzvorrichtung

Unter einer „anderen Schutzvorrichtung“ versteht man jede von Menschenhand geschaffene Einrichtung, die ihrer Art nach geeignet und dazu bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache erheblich zu erschweren.

Als Beispiele für eine Schutzvorrichtung können (wie schon gesagt) etwa ein Kettenschloss oder – bei Fahrzeugen – das Lenkrad- und Zündschloss genannt werden.

Besondere Sicherung gegen die Wegnahme

Die weggenommene Sache muss durch das verschlossene Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert gewesen sein.

Diese Anforderung ist mangels Sicherungsabsicht nicht erfüllt, wenn die Schutzvorrichtung nicht einmal als Nebenzweck dazu dienen sollte, die Sache gegen Wegnahme zu sichern (wie es zB bei einer Halterung für ein Smartphone im Pkw der Fall ist).

Wenn eine Schutzvorrichtung zumindest auch mit dem Ziel, die Wegnahme der Sache zu erschweren, installiert worden ist, stellt sich gleichwohl oft die Frage, ob die Sicherung ausreicht, um das von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB genannte Attribut „besonders“ zu verdienen.

Unter diesem Gesichtspunkt verneint die hM beispielsweise § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB, wenn eine Schutzvorrichtung durch einen Schlüssel, eine Zugangskarte oder einen Zugangscode überwunden werden kann und das Zugangsmittel entweder für jedermann verfügbar ist (etwa: der Schlüssel zum Behältnis steckt im Schloss) oder jedenfalls dem Täter zur Verfügung gestellt wurde.Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 26 ff. mwN.

Beispiel: A und B teilen sich den Zugang zu einem Hotelsafe, was A zur Wegnahme von Sachen des B nutzt. Hier sichert der Safe die Sache nicht vor dem Zugriff des A, sodass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB nicht greift.

Wer das Zugangsmittel dagegen stiehlt oder es unbefugt nutzt (wie etwa im Fall eines Autoschlüssels, der nur zur Verwahrung, nicht aber zur Benutzung an den Täter gegeben worden war), erfüllt § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB.BGH NJW 2010, 3175 f. (am Beispiel eines gestohlenen Tresorschlüssels).

Ebenfalls mit Blick auf das Erfordernis der „besonderen“ Sicherung gegen Wegnahme werden Fälle diskutiert, in denen die Sache zwar in einem verschlossenen Behältnis (zB einem kleinen Tresor) verstaut oder anderweitig gesichert ist (wie etwa ein Fahrrad, das an einem Fahrradständer angeschlossen ist), der Täter aber schlichtweg die Sache samt Schutzvorrichtung wegnimmt (also etwa den Tresor, um ihn später zu knacken, oder das Fahrrad samt Fahrradständer). Die hM bejaht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in diesen Fällen richtigerweise, weil die Schutzvorrichtung die Wegnahme zwar nicht unmöglich gemacht, aber doch wesentlich erschwert hat und der modus operandi des Täters den Unrechtsgehalt von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB mindestens erreicht, wenn nicht sogar nicht übertrifft.Pars pro toto BGHSt 24, 248 (am Beispiel des Abtransports eines Kaugummiautomaten, um später an das darin befindliche Geld zu gelangen).

Ob überhaupt eine Sicherung gegen die Wegnahme vorliegt, wird bei Schutzvorrichtungen diskutiert, die die Wegnahme der Sache zwar nicht physikalisch erschweren, jedoch den Gewahrsamsinhaber durch optische oder akustische Signale alarmieren, wenn er den Gewahrsam verloren hat.

Beispiel: T will eine Hose aus einem Kaufhaus stehlen. Zu diesem Zweck geht er mit der Hose in eine Umkleidekabine und reißt dort das elektronische Sicherheitsetikett aus dem Kleidungsstück. Nun kann er die Hose in seinem Rucksack verstauen und den Laden verlassen, ohne dass die am Ladenausgang platzierten Sensoren Alarm schlagen.

Die hM verneint § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in solchen Fällen zurecht, da der Wortlaut der Norm darauf abhebt, dass die gestohlene Sache „gegen Wegnahme“ (also: gegen einen Gewahrsamsentzug) besonders gesichert sein muss.BGH NStZ 2019, 212 mwN. Bei technischen Vorrichtungen, wie sie im Beispielfall beschrieben werden, kann der Täter den Gewahrsam an der Sache dagegen zumindest bei kleineren Gegenständen problemlos erlangen, indem er die Sache in eine Gewahrsamsenklave (zB einen Rucksack) überführt. Der dann bei Verlassen des Ladens potenziell durch die Schutzvorrichtung ausgelöste Alarm gibt dem alten Gewahrsamsinhaber lediglich die Chance, den bereits verlorenen Gewahrsam wieder zurückzuerlangen.

Unter § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB subsumiert werden von der hM dagegen Konstellationen, in denen die Schutzvorrichtung die Warnsignale schon gibt, bevor die Wegnahme vollendet werden kann, um so den Eigentümer oder schutzbereite Dritte auf den Plan zu rufen.AaO.

Beispiele:

– Alarmanlage an einem Gebäude oder einem Kfz;

– sog. „Sicherungsspinnen“ im Kaufhaus, die Signale geben, wenn der Täter sie zur Vorbereitung der Wegnahme vom Diebesgut abtrennt;

– Sicherungsetiketten im Kaufhaus, wenn das Diebesgut unhandlich ist und die Wegnahme erst dadurch vollendet werden kann, dass der Täter den Laden ungestört mit der Sache verlässt.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3: Gewerbsmäßigkeit

Gewerbsmäßigkeit

Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Diebstähle eine dauerhafte Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will.

Es genügt eine entsprechende Absicht, d. h. der Täter muss nicht tatsächlich schon mehrere Diebstähle begangen haben, sondern es genügt, wenn er bei der ersten Tat einen entsprechenden Plan verfolgt.

Nach hM wird die Gewerbsmäßigkeit in Analogie zu § 28 Abs. 2 StGB als persönliches strafschärfendes Merkmal behandelt, das im Falle einer Tatbeteiligung mehrerer Personen nur bei den Teilnehmern zur Anwendung kommt, die es selbst aufweisen.

Beispiel: A ist gewerbsmäßiger Dieb. Bei Diebstahl von Baumaterial hilft ihm ausnahmsweise sein Freund B, der davon keinen persönlichen Vorteil hat. In diesem Fall macht A sich gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB strafbar, während B (in einer durch § 28 Abs. 2 StGB analog bewirkten Durchbrechung der Akzessorietät der Teilnahme) nur nach § 242 Abs. 1 StGB bestraft wird.

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4-7 StGB im Überblick

Die in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4-7 StGB genannten Regelbeispiele spielen in juristischen Prüfungen keine besonders große Rolle und lassen sich zu großen Teilen durch bloße Gesetzeslektüre erfassen. Dazu nur einige wenige Hinweise:

Bei § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 StGB genügt es nicht, dass die weggenommene Sache sich in einem Sakralbau befindet (wie etwa Info-Tafeln oder Sitzgelegenheiten), sondern sie müssen unmittelbar im Gottesdienst zum Einsatz kommen (wie zB der Altar in einer Kirche, die Rahle in einer Moschee oder die Menora in einer Synagoge) oder der religiösen Verehrung dienen (bspw. Reliquien).

§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 StGB erfasst nur Kunstwerke, die öffentlich zugänglich sind, und nicht solche, die sich in der Allgemeinheit unzugänglichen Privatsammlungen befinden.

Unter Hilflosigkeit iSv § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 Var. 1 StGB werden außergewöhnliche Schwächezustände wie Blindheit, Taubheit, Fieber, Trunkenheit etc. erfasst, nicht aber hohes Alter per se und auch nicht der Schlaf. Die Begriffe „Unglücksfall“ (Var. 2) und „gemeine Gefahr“ (Var. 3) werden wie bei § 323c StGB verstanden (→ BT I § 34 Rn. 5 ff.). Die Lage eines Hilflosen wird ausgenutzt, wenn dessen Selbstschutzmöglichkeit durch seine Hilflosigkeit herabgesetzt ist (zB wenn man dem auf Grund von Alkoholintoxikation kaum bewegungsfähigen Opfer das Handy aus der Hosentasche zieht). In Unglücksfällen oder bei gemeiner Gefahr kann auch eine notfallbedingte Gewahrsamslockerung von Helfern ausgenutzt werden.

Beispiel (nach OLG Hamm NStZ 2008, 218): T greift in einer Gaststätte das hinter der Theke liegende Kellnerportemonnaie und nimmt daraus Geldscheine im Wert von 100 EUR, während der Wirt selbst und weitere in der Gaststätte befindliche Personen einem vor der Gaststätte gestürzten Fahrradfahrer, der sich nicht unerheblich verletzt hat, zu Hilfe eilen.

Für § 243 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 StGB müssen Waffe oder Sprengstoff nicht sofort einsatzbereit sein. Wer sogar eine einsatzfähige Waffe stiehlt, erfüllt § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 1 StGB (→ § 3 Rn. 6 ff.), der den § 243 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 StGB dann verdrängt (zum Konkurrenzverhältnis von § 243 StGB und § 244 StGB → Rn. 66).

Die Geringwertigkeits-Klausel in § 243 Abs. 2 StGB

Nach § 243 Abs. 2 StGB scheidet die Annahme eines besonders schweren Falls in den Fällen des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-6 StGB trotz Erfüllung eines Regelbeispiels aus, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht. Nach dem Wortlaut von § 243 Abs. 2 StGB wäre es in solchen Konstellationen gleichwohl möglich, einen unbenannten besonders schweren Fall des Diebstahls anzunehmen. Die hM interpretiert die enge Fassung des Wortlauts zurecht aber als Redaktionsversehen und hält auch einen unbenannten besonders schweren Fall des Diebstahls bei Wegnahme von geringwertigen Sachen für nicht möglich.Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 39a mwN.

Bezug der Tat auf eine geringwertige Sache

Geringwertigkeit

Gering ist der Wert einer Sache, wenn er nach allgemeiner Verkehrsauffassung für Gewinn und Verlust als unerheblich anzusehen ist.

Maßgeblich ist der objektive Verkehrswert zur Tatzeit, unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten. Unerheblich ist dagegen das lucrum ex negotio cum re, also der Wert, der sich aus dem Umgang mit der Sache ziehen lässt (zB ist die Zutrittskarte zu einem Fitness-Studio geringwertig auch wenn sich damit der Zutritt zu einem Studio erlangen lässt, das 100 EUR im Monat kostet). Als Geringwertigkeitsschwelle werden zurzeit in der Rechtsprechung zumeist 50 EUR herangezogen.So zB LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 25 September 2023 – 12 KLs 572 Js 178731/17, juris Rn. 34 oder LG Duisburg, Urt. v. 9. Januar 2023 – 33 Kls 15/22, juris Rn. 138.

Die Tat bezieht sich auf eine geringwertige Sache, wenn nicht nur Gegenstand der Wegnahme erstens eine objektiv geringwertige Sache ist, sondern sich zweitens auch der Vorsatz auf die Wegnahme einer geringwertigen Sache richtet (sog. Erfordernis der „doppelten Geringwertigkeit“).

Vorsatzwechsel

In der Praxis (und in der Folge auch in juristischen Prüfungen) tritt häufig das Problem auf, dass der Vorsatz des Täters bezüglich des von ihm anvisierten Diebesgutes im Tatverlauf wechselt.

Beispiel: T will dem O eine wertlose Puppe stehlen, um ihn zu verärgern. Als er den Schrank öffnet, in dem O die Puppe aufbewahrt, findet er zu seiner Überraschung 5000 EUR in bar. Er entscheidet spontan, neben der Puppe auch das Geld mitzunehmen.

Im Beispielfall erweitert der Täter seinen ursprünglich auf eine geringwertige Sache gerichteten Vorsatz nachträglich über die Grenzen der Geringwertigkeit hinaus. Die hM würde in diesem Fall § 243 Abs. 2 StGB nicht anwenden, weil letztlich nicht ausschließlich geringwertige Sachen weggenommen wurden.So zB Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, 30. Aufl. (2023), § 243 Rn. 6 mwN. Eine in der Literatur vertretene Gegenansicht ist der Auffassung, dass es für die Anwendung von § 243 Abs. 2 StGB auf die anfängliche Vorstellung des Täters ankommen müsse, so dass im Beispielfall kein besonders schwerer Fall des Diebstahls angenommen werden könne.In diesem Sinne etwa Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 5, 9. Aufl. (2019), § 243 Rn. 53.

Entsprechendes wird für die gegenteilige Konstellation vertreten, in der erst eine wertvolle Sache gestohlen werden soll, der Vorsatz sich dann aber auf eine wertlose Sache verengt: Die hM verneint auch hier § 243 Abs. 2 StGB,So etwa BGHSt 26, 104; OLG Hamm BeckRS 2016, 5563. während in der Literatur vertreten wird, dass ein versuchter Diebstahl in einem besonders schweren Fall (mit Blick auf die ursprünglich anvisierte wertvolle Beute) und ein „einfacher“ Diebstahl (mit Blick auf die tatsächliche, wertlose Beute) vorliegt.So zB Hoyer, in: SK-StGB, Bd. 5, 9. Aufl. (2019), § 243 Rn. 53.

Richtigerweise wird man hier mit Rengier anhand des Vorsatzes differenzieren müssen, ob noch von einer einheitlichen Tat auszugehen ist (dann ist § 243 Abs. 2 StGB nur anzuwenden, wenn der Vorsatz sich durchgehend auf eine geringwertige Sache bezog) oder ob der Wegnahmevorsatz zwischenzeitlich endgültig aufgegeben und dann neu gebildet wurde (sodass eine getrennte Beurteilung des ursprünglichen und des neuen Vorsatzes angebracht ist).Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 45 ff.   Im Beispielfall handelt es sich beim Diebstahl der Puppe und des Geldes um eine einheitliche Tat, bei der der Vorsatz des T sich nicht durchgehend auf eine geringwertige Sache bezog. Da § 243 Abs. 2 StGB folglich nicht anzuwenden ist, bleibt eine Strafbarkeit aus §§ 242 Abs. 1243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB möglich. Als Beispiel für einen Fall, in dem dagegen eine getrennte Bewertung angezeigt ist, kann mit Rengier die Konstellation genannt werden, in der jemand zur Wegnahme eines Computers einbricht und nach Scheitern dieses Planes spontan beschließt, ein Bier aus dem Kühlschrank des Opfers zu nehmen.Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 47. Hier ist mit Blick auf den versuchten Diebstahl des Computers § 243 Abs. 2 StGB zu verneinen, mit Blick auf das Bier jedoch zu bejahen. Der Schuldspruch muss daher auf §§ 24222243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB (Computer) in Tateinheit (= natürliche Handlungseinheit) mit § 242 StGB (Bier) lauten.

Besonders schwerer Fall und Versuch

Das Zusammenspiel von § 243 StGB und den Regeln über den Versuch gem. §§ 22 ff. StGB wirft Probleme auf, die vielfach in Prüfungen abgefragt werden. Es sind hier zwei Problemkreise zu unterscheiden:

  • Erstens wird diskutiert, ob die Regelungen über den Versuch zumindest dem Sinn nach auf die Regelbeispiele des § 243 StGB anzuwenden sind (→ I.).

  • Zweitens wird unterschiedlich beurteilt, ob und wie die Erfüllung eines Regelbeispiels sich auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zum versuchten Diebstahl auswirkt (→ II.).

Entfalten die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB ihre Indizwirkung auch, wenn sie nur „versucht“ sind?

Zunächst zur Frage, inwieweit die dem Wortlaut von § 22 StGB nach nur auf Straftatbestände anwendbaren Regeln des Versuchs zumindest der Sache nach auch auf die Strafzumessungsregel des § 243 StGB Anwendung finden können. Hier werden üblicherweise drei Fallkonstellationen unterschieden.

Fallkonstellation 1: Versuchter Diebstahl, „vollendetes“ Regelbeispiel

Unstreitig ist die Lösung des Falls, in dem der Diebstahl versucht wird, ein Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB aber zur Vollendung kommt.

Beispiel: A bricht in das Büro des B ein, findet aber keine Wertsachen und zieht ohne Beute davon.

Nach allgemeiner Ansicht wird A im Beispielfall wegen eines versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB) bestraft.

Fallkonstellation 2: Versuchter Diebstahl, „versuchtes“ Regelbeispiel

Umstritten (und in juristischen Prüfungen oft Thema) ist dagegen die Konstellation, in der weder der Diebstahl noch das Regelbeispiel zur Vollendung kommen.

Beispiel (nach BGHSt 33, 370): A will in eine Gaststätte einbrechen, um von dort Sachen wegzunehmen. Während er versucht, sich Zugang zu verschaffen, wird er jedoch von der Polizei gestellt.

In der Leitentscheidung BGHSt 33, 370 bejahte der BGH in einem solchen Fall die Regelwirkung des § 243 StGB.Die BGH-Rechtsprechung ist aber keinesfalls einheitlich, s. zB die gegenteilige Entscheidung BGH wistra 2007, 111, in der der Senat entschieden hat, dass der „Versuch“ eines Regelbeispiels nach § 263 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB keinen besonders schweren Fall des Betrugs indiziere. S. ferner die in Rn. 61 aufgeführte BGH-Rechtsprechung zur Konstellation „vollendetes Grunddelikt, versuchtes Regelbeispiel“, die mE ebenfalls der Entscheidung BGHSt 33, 370 widerspricht. Dies wird überzeugend zB von Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 56 herausgearbeitet. Zwar seien die Versuchsvorschriften in §§ 22 ff. eigentlich nur auf Tatbestandsmerkmale anwendbar, allerdings hätten Regelbeispiele zumindest tatbestandsähnlichen Charakter, da sie einen gegenüber dem Tatbestand erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt typisieren. Ob der Gesetzgeber bei der Regelung von Erschwernisgründen auf einen selbstständigen Qualifikationstatbestand (auf den die Versuchsregeln zweifelsohne anwendbar wären) oder auf die Regelbeispielstechnik zurückgreife, sei letztlich eine Zufälligkeit, die im Ergebnis nichts ändern dürfe. Nach der vorzugswürdigen Gegenauffassung ist hingegen ist der Eintritt der Indizwirkung des Regelbeispiels bei nur „versuchtem“ Regelbeispiel dagegen zu verneinen. Regelbeispiele stellen gerade keine Tatbestandsmerkmale dar, sodass die §§ 22 ff. StGB ihrem Wortlaut nach auf Regelbeispiele nicht angewendet werden können. Mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG (nulla poena sine lege stricta) scheidet auch eine Analogie (die hier zu Lasten des Beschuldigten wirken würde) aus. Die Indizwirkung eines Regelbeispiels kann folglich erst dann eintreten, wenn das Regelbeispiel vollständig verwirklicht ist. Ansonsten kommt allenfalls ein unbenannter besonders schwerer Fall in Betracht.

Fallkonstellation 3: Vollendeter Diebstahl, „versuchtes“ Regelbeispiel

Ebenfalls sehr umstritten ist die Fallkonstellation, in der sowohl Grunddelikt als auch Regelbeispiel „versucht“ sind.

Beispiel: T will einen Zigarettenautomaten aufbrechen. Als er mit dem Brecheisen ansetzt, stellt er jedoch fest, dass der Automat bereits kaputt und der Inhalt für jedermann zugänglich ist. Er bedient sich reichlich.

Folgt man der Logik, die die Leitentscheidung BGHSt 33, 370 in der Konstellation „Diebstahl versucht, Regelbeispiel nicht vollendet“ entwickelt hat (→ Rn. 56), müsste der Beispielfall konsequenterweise genauso gelöst werden, dass das nur „versuchte“ Regelbeispiel seine Indizwirkung entfaltet und T gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB bestraft wird. Erstaunlicherweise hat der BGH aber in den Entscheidungen, die er zu dieser Fallgruppe bisher getroffen hat, gegenteilig entschieden und (zu Recht) angenommen, dass ein nur „versuchtes“ Regelbeispiel keine Indizwirkung für einen besonders schweren Fall entfaltet.BGH NStZ 2003, 602; BGH NStZ-RR 1997, 293. Diese Entscheidungen betrafen zwar nicht § 243 StGB, sondern Regelbeispiele aus dem Sexualstrafrecht. Sie müssen aber für alle Normen, die die Regelbeispielstechnik nutzen, gleichermaßen gelten.

Klausurhinweis: In der Klausur ist es wenig zielführend (und wird auch nicht erwartet), Entwicklung und Widersprüche der BGH-Judikatur zum „versuchten“ Regelbeispiel herauszuarbeiten. Stattdessen empfehle ich, die einschlägige Fallkonstellation zunächst zu benennen und das aufgeworfene Rechtsproblem („Kann die Indizwirkung eines Regelbeispiels gegeben sein, obwohl das Regelbeispiel nicht vollendet ist?“) dann anhand der üblichen Auslegungsmethodik lösen. Dabei kann für die Fallkonstellationen 2 und 3 jeweils dieselbe Argumentation vorgetragen werden.

Auswirkungen der Erfüllung eines Regelbeispiels auf das unmittelbare Ansetzen zum Versuch des Diebstahls

Bei der Prüfung des versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall kommt es nach hM beim Prüfungspunkt „Unmittelbares Ansetzen“ auf das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme als Tathandlung von § 242 Abs. 1 StGB an und nicht darauf, ob der Täter bereits ein Regelbeispiel iSv § 243 Abs. 1 S. 2 StGB erfüllt hat. BGH NJW 2017, 1189; zu den dahinter stehenden Sachgründen prägnant Kudlich, NStZ 2020, 354 (355).

Zumindest in Fällen von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB misst der BGH dem Regelbeispiel faktisch aber trotzdem Bedeutung für die Prüfung des unmittelbaren Ansetzens zur Wegnahme bei. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Der BGH ist der Auffassung, dass ein Täter zur Wegnahme unmittelbar ansetzt, wenn aus seiner Sicht die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht.BGH NJW 2020, 2570 (2571 Rn. 6) mwN. Ist der Gewahrsam durch einen Schutzmechanismus gesichert (und hier kommen die Tathandlungen aus § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ins Spiel), so soll für den Versuchsbeginn bereits der erste Angriff auf den Schutzmechanismus (zB eine Haustür) ausreichen, wenn sich der Täter bei dessen Überwindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt.AaO. Ob der Schutzmechanismus auch erfolgreich überwunden wird, soll dabei gleichgültig sein.BGH NJW 2020, 2570 (2571 Rn. 7) mwN. Im Detail ungeklärt ist durch den BGH bisher, welche Voraussetzungen an die Vorstellungen des Täters, nach Überwindung des Schutzmechanismus ohne wesentliche Zwischenschritte auf die Beute zugreifen zu können, gestellt werden müssen. Richtig ist hier die von KudlichKudlich, NStZ 2020, 354 (355); NStZ 2020, 34. skizzierte Linie, wonach ein unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl beim Angriff auf einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus (zB eine Wohnungstür) dann angenommen werden kann, wenn die anvisierte Beute nicht mehr weiter gesichert ist bzw. sich auch in unmittelbarer Nähe der Öffnung befindet, durch welche der Täter eindringen will. Wenn dagegen in dem Haus, in das der Täter einbrechen, einsteigen etc. will, erst noch eine weitere Strecke zurückzulegen oder insbesondere noch eine weitere Sicherung zu überwinden bzw. ein konkret ins Auge gefasstes Beutestück erst aufwändig zu suchen ist, so muss ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme verneint werden. Kein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme liegt ferner vor, wenn der Täter beim Beginn des Einbrechens etc. davon ausgeht, dass es noch sehr lange dauern wird, denn Schutzmechanismus zu überwinden.Kudlich, NStZ 2020, 34.

Nach den vorstehend umrissenen Maßstäben hat der BGH in seiner zT mäanderndenKudlich, NStZ 2020, 354. Judikatur ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme für Fälle verneint, in denen

  • der Täter lediglich einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus mit einer Taschenlampe anleuchtet, um ihn zu untersuchen;BGH NJW 2017, 1189.

  • der Täter in der Nähe des Tatorts eintrifft, aber noch nicht sogleich mit der Benutzung des bereitgelegten Einbruchswerkzeugs beginnen will;BGH NStZ 1989, 473.

  • der Täter sich bisher lediglich zur Rückseite des Gebäudes begeben hat, in das eingebrochen werden soll;BGH BeckRS 2016, 6455.

  • der Täter mit Verzögerung erst noch umfangreiches Werkzeug herbeischaffen muss, um einen Bankautomaten aufbrechen zu können.BGH NStZ 2015, 207.

Der 5. BGH-Strafsenat hatte das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme einst in einem Fall verneint, in dem Täter eine Terrassentür angebohrte, den Schließmechanismus aber noch nicht aufhebeln konnte,BGH BeckRS 2019, 22265. diese Position aber später zurückgenommen.BGH NJW 2020, 2570 (2571 Rn. 7).

Bejaht wurde ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme dagegen beispielsweise in einem Fall, in dem der Täter einen Zigarettenautomaten aufbrechen wollte und diesen bereits mit einem Handtuch und einer Plane verhüllt hat, um die Geräusche seines (noch nicht zum Einsatz gebrachten, aber schon parat liegenden) Aufbruchswerkzeugs zu dämpfen.BGH NJW 2020, 2570. Dasselbe gilt für einen Fall, in dem der Täter ein Küchenfenster bereits aufgehebelt hatte, dann jedoch durch Dritte vom Eindringen in das Gebäude abgehalten wurde.BGH NStZ 2020, 353.

Konkurrenzen

Da § 243 Abs. 1 S. 1 StGB eine Strafzumessungsregel ist, die die Rechtsfolge von § 242 StGB modifiziert, besteht zwischen beiden Normen kein Konkurrenzverhältnis. Für die Frage, ob ein (§ 52 Abs. 1 StGB) oder mehrere (§ 53 Abs. 1 StGB) Diebstähle in einem besonders schweren Fall vorliegen, ist allein die Tathandlung des Diebstahls (d. h. die Wegnahme) entscheidend und nicht die Zahl der verwirklichten Regelbeispiele.

Auch § 243 StGB und § 244 StGB können niemals gemeinsam durch dieselbe Handlung verwirklicht werden. Denn wenn § 244 StGB erfüllt ist, verdrängt er im Wege der Spezialität den § 242 Abs. 1 StGB und damit automatisch auch § 243 StGB, der ja lediglich eine modifizierte Rechtsfolge von § 242 Abs. 1 StGB bereithält.

Sowohl in der Praxis als auch in juristischen Prüfungen kommen häufig Fälle vor, in denen ein Einbruchsdiebstahl (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB) in Handlungseinheit mit einer Sachbeschädigung (§ 303 StGB) begangen wird.

Beispiel: A tritt das Fenster eines Bürogebäudes ein, klettert hindurch und erbeutet einen Computer.

Der BGH hat in solchen Konstellationen lange angenommen, dass § 303 StGB durch die Verwirklichung des §§ 242 Abs. 1243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB konsumiert wird, weil ein Einbruchsdiebstahl typischerweise mit der Beschädigung fremdem Eigentums einhergehe und ein auf Einbruchsdiebstahl lautender Schuldspruch das begangene Unrecht daher hinreichend klar abbilde. Davon ist das Gericht jedoch mittlerweile abgekommenZur Entwicklung s. Rengier, BT I, 26. Aufl. (2024), § 3 Rn. 61 ff. und hat zuletzt in der Leitentscheidung BGHSt 63, 253 die Position festgehalten, dass zwischen der Verwirklichung von §§ 242 Abs. 1243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB und einem durch dieselbe Handlung verwirklichten § 303 StGB Tateinheit besteht. Dafür spreche, dass ein „Einbrechen“ immer schon dann vorliegt, wenn der Täter Schließvorrichtungen oder andere Zugangshindernisse unter Aufwendung von erheblicher Kraftentfaltung überwindet. Hierfür gebe es zahlreiche Möglichkeiten, bei denen kein Eigentum beschädigt wird (zB durch Aufdrücken eines unverschlossenen Fensters). Um das zusätzliche durch eine Sachbeschädigung verwirklichte Unrecht im Schuldspruch klarstellend abzubilden, sei daher zwischen Sachbeschädigung und dem handlungseinheitlich verwirklichten Einbruchsdiebstahl Tateinheit anzunehmen.

Mit Blick auf § 123 StGB hat der BGH bisher noch nicht denselben Rechtsprechungswechsel vollzogen, wie er in der vorstehenden Rn. für das Verhältnis von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB skizziert wurde. Hier dürfte es zumindest für § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB dabei bleiben, dass ein handlungseinheitlich mit § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB begangener Hausfriedensbruch durch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert wird, weil das im Hausfriedensbruch enthaltene Unrecht im Wesentlichen schon durch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB erfasst wird. Ein Fall des § 123 Abs. 1 Alt. 2 StGB kann wegen der zusätzlichen Verletzung des Hausrechts allerdings auch in Tateinheit zur Verwirklichung von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB stehen (zB wenn der Dieb vom Inhaber des Hausrechts erwischt wird und sich weigert, das Grundstück zu verlassen).Vgl. BGH BeckRS 2014, 3301. Zudem kann eine Verwirklichung von § 123 StGB mit anderen Regelbeispielen iSv § 243 StGB in Tateinheit stehen.

Prüfungsschema

Einleitungssatz: T könnte sich gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. [...] StGB strafbar gemacht haben, in dem er [...]

  1. Tatbestand des § 242 StGB

  2. Rechtswidrigkeit

  3. Schuld

  4. Strafzumessung: Besonders schwerer Fall des Diebstahls

    1. Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB

    2. Vorsatz (§§ 15, 16 Abs. 1 S. 1 StGB analog)

    3. Geringwertigkeits-Klausel des § 243 Abs. 2 StGB

    4. Besondere Merkmale des Einzelfalls, die die Annahme eines besonders schweren Falles ausschließen, obwohl ein Regelbeispiel erfüllt ist

    5. Besondere Merkmale des Einzelfalls, die einen besonders schweren Fall begründen, obwohl kein Regelbeispiel erfüllt ist (sog. unbenannter schwerer Fall)

Weiterführende Studienliteratur und Übungsfälle

Weiterführende Studienliteratur

Huber, Grundwissen – Strafrecht: Versuchter besonders schwerer Fall des Diebstahls?, JuS 2016, 597

Übungsfälle

Rönnau/Özcan, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: „Bruderliebe“ im kriminellen Milieu, JuS 2022, 843

Esser/Zitzelsberger, Anfängerklausur – Strafrecht: Diebstahl – Weinblätter auf Abwegen, JuS 2021, 135

Esser/Herz, Anfängerklausur – Strafrecht: Wohnungseinbruchdiebstahl – Home, sweet home, JuS 2017, 997

Schmitt-Leonardy, (Original-)Referendarexamensklausur – Strafrecht: Der „Bling-Bling-Ring“, JuS 2017, 436

Steinberg/Müller, Übungsfall: Der mutige Mitarbeiter, ZJS 2008, 807