Olivia Czerny Zivilrecht: Wissen und Methoden für die Falllösung Licensed under CC-BY-4.0

Quiz zu § 566 Abs. 1 BGB

Was ist mit Veräußerung iSd § 566 I BGB gemeint?

  • A: Kaufvertrag
  • B: Jede schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsübertragung
  • C: dingliche Veräußerung
  • D: schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsübertrag und dingliche Veräußerung

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. D: Diese Aussage ist falsch.

Was ist nach hM der Schutzzweck von § 566 I BGB?

  • A: Schutz des Mieters vor Besitzentzug
  • B: Schutz des Mieters vor Besitzentzug und Schutz der Verkehrserwartung, dass Eigentümer = Vermieter ist
  • C: Schutz des Vermieters vor Schadensersatz aus § 283 BGB
  • D: Schutz des neuen Eigentümers, auch vertraglich auf den Mieter einwirken zu können

A: Diese Aussage ist richtig. Siehe dazu ausführlicher Fall ZR 44 "Miteigentümerkündigung" vom 22.11.2019. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist falsch. D: Diese Aussage ist falsch.

Wer muss nach dem Wortlaut des Gesetzes im Rahmen der Veräußerung grds. personenidentisch sein?

  • A: Veräußerer und Vermieter
  • B: Veräußerer und Eigentümer
  • C: Veräußerer, Vermieter und Eigentümer
  • D: Niemand

A: Diese Aussage ist richtig. Nicht nötig nach Wortlaut: Identität zwischen Eigentümer und Veräußerer. Ob eine Identität zwischen Eigentümer und Veräußerer für eine direkte Anwendung der Norm nötig ist, ist str (so wohl die hM). Erforderlich ist jedenfalls eine wirksame Veräußerung. Diese kann aber auch dann vorliegen, wenn ein vom Eigentümer verschiedener Veräußerer mit Zustimmung des Eigentümers handelt (§ 185 BGB). Das spricht dafür, die Norm in einem solchen Fall direkt anzuwenden. Andernfalls muss eine Analogie in Betracht gezogen werden. --> Sind Veräußerer vom Vermieter verschieden, ist die Norm nicht direkt anwendbar. Hier kommt eine Analogie in Frage. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist falsch. D: Diese Aussage ist falsch.

Wer darf nach dem Gesetz im Rahmen der Veräußerung grds. nicht identisch sein? (nur eine richtige Antwort)

  • A: Es muss einen Veräußerer = Vermieter = Eigentümer (1) und einen davon unterschiedlichen Erwerber (2) geben
  • B: Es muss einen Veräußerer = Vermieter = Eigentümer (1) und einen davon unterschiedlichen Mieter (2) geben
  • C: Es muss einen Veräußerer = Vermieter = Eigentümer (1), einen davon unterschiedlichen Erwerber (2) und einen davon unterschiedlichen Mieter (3) geben

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig.

Bei einer GbR, die Vermieterin einer Wohnung ist, wird ein Gesellschafterwechsel vorgenommen. Ist § 566 I BGB anzuwenden? An welchem Tatbestandsmerkmal müssen Sie das Problem diskutieren?

  • A: Bestehendes Mietverhältnis
  • B: Über Wohnraum
  • C: Veräußerung an einen Dritten
  • D: Nach Überlassung an den Mieter

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. D: Diese Aussage ist falsch.

Bei einer GbR, die Vermieterin einer Wohnung ist, wird ein Gesellschafterwechsel vorgenommen. Ist § 566 I BGB anzuwenden? Liegt hier eine Veräußerung vor?

  • A: Nein
  • B: Ja

A: Diese Aussage ist richtig. --> Veräußerung iSd § 566 I BGB = dingliche Übertragung des Wohnraums von einem Rechtssubjekt auf ein anderes --> Weil die Außen-GbR rechtsfähig und damit ein eigenständiges Rechtssubjekt ist, verändert Gesellschafterwechsel aber nur Inhaberverhältnisse an der GbR --> Eigentümerverhältnisse am Grundstück verändern sich hingegen nicht: Nach wie vor Eigentum der GbR selber. B: Diese Aussage ist falsch.

Ein Wohnungsgebäude ist in tatsächlicher Hinsicht in mehrere Wohneinheiten aufgeteilt und gehört insgesamt einer Bruchteilsgemeinschaft. Das Eigentum am Wohnungsgebäude wird den tatsächlichen Wohneinheiten entsprechend in sonderrechtsfähiges Wohnungseigentum nach dem WEG aufgeteilt und jeweils auf einzelne Personen der früheren Bruchteilsgemeinschaft übertragen. Ist § 566 I BGB anzuwenden? An welchem Tatbestandsmerkmal müssen Sie das Problem diskutieren? Überlegen Sie, was konkret problematisch ist.

  • A: Bestehendes Mietverhältnis
  • B: Über Wohnraum
  • C: Veräußerung an einen Dritten
  • D: Nach Überlassung an den Mieter

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. --> wird an einen Dritten veräußert, wenn Personen der veräußernden Bruchteilsgemeinschaft die Erwerber sind? D: Diese Aussage ist falsch.

Ein Wohnungsgebäude ist in tatsächlicher Hinsicht in mehrere Wohneinheiten aufgeteilt und gehört insgesamt einer Bruchteilsgemeinschaft. Das Eigentum am Wohnungsgebäude wird den tatsächlichen Wohneinheiten entsprechend in sonderrechtsfähiges Wohnungseigentum nach dem WEG aufgeteilt und jeweils auf einzelne Personen der früheren Bruchteilsgemeinschaft übertragen. Ist § 566 I BGB anzuwenden? Wird an einen Dritten veräußert?

A: Diese Aussage ist richtig. --> Umwandlung erfolgt nach § 3 WEG durch Vertrag, in dem jedem der Miteigentümer das Sondereigentum an bestimmten Räumen eingeräumt wird --> Übertragung der einzelnen Wohnungen als sonderrechtsfähiges Alleineigentum auf ehemalige Miteigentümer ist keine Veräußerung an einen Dritten, weil die Erwerber jeweils auch auf Veräußererseite des dinglichen Vertrages stehen. B: Diese Aussage ist falsch.

Ein Wohnungsgebäude ist in tatsächlicher Hinsicht in mehrere Wohneinheiten aufgeteilt und gehört insgesamt einer Bruchteilsgemeinschaft. Das Eigentum am Wohnungsgebäude wird den tatsächlichen Wohneinheiten entsprechend in sonderrechtsfähiges Wohnungseigentum nach dem WEG aufgeteilt und jeweils auf einzelne Personen der früheren Bruchteilsgemeinschaft übertragen. § 566 I BGB ist nach eben Gesamtem nicht direkt anzuwenden. Denken Sie an den oben behandelten Schutzzweck des § 566 I BGB: Kommt eine Analogie in Betracht?

  • A: Ja
  • B: Nein

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist richtig. --> Regelungslücke ggf. noch (+) --> Vergleichbare Interessenlage (-), weil kein Schutz des Mieters vor Besitzentzug erforderlich ist: Die jetzigen Alleineigentümer sind nach wie vor an den Mietvertrag gebunden, der durch alle Miteigentümer geschlossen wurde --> Zum Nachlesen: BGH NJW 1994, 2542, 2543 und BGH NZM 2012, 150 Rn. 17

Eine Außen-GbR, die Eigentümerin eines Wohngebäudes ist, teilt dieses in Wohnungseigentumsrechte an den einzelnen Wohnungen auf und überträgt die einzelnen Wohnungen als Sondereigentum auf einzelne Gesellschafter. Ist § 566 I BGB anzuwenden? An welchem Tatbestandsmerkmal müssen Sie das Problem diskutieren?

  • A: Bestehendes Mietverhältnis
  • B: Über Wohnraum
  • C: Veräußerung an einen Dritten
  • D: Nach Überlassung an den Mieter

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. --> wird an einen Dritten veräußert, wenn Gesellschafter der veräußernden Gesellschaft die Erwerber sind D: Diese Aussage ist falsch.

Eine Außen-GbR, die Eigentümerin eines Wohngebäudes ist, teilt dieses in Wohnungseigentumsrechte an den einzelnen Wohnungen auf und überträgt die einzelnen Wohnungen als Sondereigentum auf einzelne Gesellschafter. Ist § 566 I BGB anzuwenden? Liegt hier Personenidentität vor?

  • A: Nein, deshalb Veräußerung (+)
  • B: Antwort 2: Ja, deshalb Veräußerung (-)

A: Diese Aussage ist richtig. --> Außen-GbR ist rechtsfähig und insofern unabhängig von den Gesellschaftern (s.o.) --> Übertragung von GbR auf Gesellschafter bewirkt somit Übergang des Eigentums von einem Rechtssubjekt auf ein anderes --> Und einzelner Gesellschafter als Erwerber steht auch nicht auf Veräußererseite B: Diese Aussage ist falsch.

Liegt eine Veräußerung im Sinne des § 566 I BGB vor, wenn der Mieter selber vom Vermieter erwirbt? Denken Sie an das oben erarbeitete Erfordernis/Verbot der Personenidentität im Hinblick auf die verschiedenen Parteien und den Zweck der Norm.

A: Diese Aussage ist richtig. --> Mieter und Erwerber dürfen nicht personenidentisch sein --> Der Dritte als Erwerber und der Mieter werden vom Gesetz explizit unterschiedlich benannt --> Mieter bedarf des Schutzes auch nicht, da das Mietverhältnis durch Konfusion erlischt B: Diese Aussage ist falsch.

Der Eigentümer einer vermieteten Wohnung veräußert diese an einen Dritten. Die Vermietung war zwar nicht durch den Eigentümer erfolgt, sondern durch dessen Hausverwalter, aber mit Zustimmung und im alleinigen wirtschaftlichen Interesse des Eigentümers. Der Hausverwalter hat kein eigenes Interesse an der Fortführung des Mietverhältnisses. Ist § 566 I BGB anzuwenden?

  • A: Nein, weder direkt noch analog
  • B: Ja, direkt
  • C: Zwar nicht direkt, aber analog

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. --> Wortlaut verlangt jedenfalls Personenidentität zwischen Vermieter und Veräußerer (s.o.) --> Analogie? Planwidrige Regelungslücke (+) --> Vergleichbare Interessenlage? --> Mieter hat Interesse an Schutz des § 566 I BGB, damit er von nun an ein Recht zum Besitz aus Mietvertrag gegenüber dem Eigentümer hat --> Zwar hatte er davor ein solches Recht nicht aus Mietvertrag gegenüber altem Eigentümer, so dass man argumentieren könnte, er würde nun besser stehen --> Er hatte aber immerhin ein Recht zum Besitz gegenüber dem Eigentümer aus § 986 I 1 Var. 2 BGB, weil in der gegenüber dem Vermieter erteilten Zustimmung zur Vermietung auch gleichzeitig die Einräumung von Besitz und Erlaubnis zur Übertragung dieses Besitzes auf einen Dritten liegt --> zum Nachlesen: BGH, Urt. v. 12.7.2017 – XII ZR 26/16

Wird an Mehrere veräußert, ist § 566 I BGB ganz normal anzuwenden. Wie bestimmt sich dann die Beziehung der neuen Eigentümer im Hinblick auf das Mietverhältnis gegenüber dem Mieter?

A: Diese Aussage ist falsch. B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist richtig. --> Richtig: Im Zweifel sind im Verhältnis auf schuldrechtlicher Ebene die Regeln zur Gesamtschuldnerschaft bzw. Mitgläubigerschaft einschlägig: Alle Vermieter müssen Besitzeinräumung leisten und dürfen nur zusammen die Miete verlangen --> Zwar entsteht auch Miteigentum, das sich nach den Regeln über das Miteigentum (§§ 1008 ff BGB) und die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) bestimmt. Dies hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag gegenüber dem Mieter!

In einem Wohngebäude bestehen verschiedene sondereigentumsfähige Mietwohnungen. Eine der Mietwohnungen ist zusammen mit einer sondereigentumsfähigen Garage auf demselben Grundstück durch einen einheitlichen Vertrag vermietet. Sodann wird die Garage an einen Dritten und die Mietwohnung an eine vierte Person veräußert. Wie viele Mietverträge bestehen nun?

  • A: Ein Mietvertrag
  • B: Zwei Mietverträge
  • C: Drei Mietverträge

A: Diese Aussage ist richtig.--> Die Quasi-Verdinglichung des Mietvertrages durch § 566 I BGB ändert nicht den Inhalt des Mietvertrags, sondern bewirkt alleine dessen Übergang auf den jeweiligen Eigentümer --> Es besteht deshalb nach wie vor ein einheitlicher Mietvertrag über die Wohnung und die Garage --> Folge also: Die unterschiedlichen Erwerber treten gem. § 566 I BGB in den über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen einheitlichen Mietvertrag ein --> (Hinweis: Über ein anderes Ergebnis könnte man diskutieren, wenn es so viele Erwerber gibt, dass die Rechte des Mieters faktisch vereitelt werden könnten) B: Diese Aussage ist falsch. C: Diese Aussage ist falsch.