Olivia Czerny BGB AT – Anfängerfälle Licensed under CC-BY-4.0

001_Das Rennrad vorm Geburtstag

Sachverhalt

Die 17-jährige M möchte unbedingt ein Rennrad haben. Als sie erfährt, dass ihre beste Freundin, die 18-jährige B, von ihrem Gefährt die Nase voll hat, fragt sie sie, ob sie das Rad haben könne; sie würde ihr 1000 € zahlen. 500 € sofort und den Rest von dem Geld, was sie sich zu ihrem 18. Geburtstag erhofft. B willigt ein. M gibt B fünf 100 € Scheine. Den Rest solle M bringen, sobald sie es habe. B übergibt M das Rad mit den Worten, dass es natürlich schon ab sofort M gehöre. Beide wissen, dass das Rad mehr wert ist. B ist aber froh, es loszuwerden. Fröhlich fährt M mit ihrer neuen Errungenschaft heim und ist überrascht, als ihre Eltern völlig außer sich sind. Auf gar keinen Fall soll M ein so gefährliches Hobby betreiben. Sie soll das Rad sofort zurückbringen.

Frage 1: Kann B von M weitere 500 € verlangen?

Frage 2: Kann B von M das Rennrad herausverlangen?

Frage 3: Kann M von B die 500 € zurückverlangen, die B in ihrem Schreibtisch verwahrt?

Lösungsvorschlag

Dieser Übungsfall ist ein „Grundfall“ ohne größere Probleme. Er dient dazu, Ihnen „am Normalfall“ die inhaltlichen Grundlagen, insbesondere die Voraussetzungen und den Prüfungsaufbau der einschlägigen Normen zu vermitteln.

Die folgende Darstellung zeigt Ihnen eine wichtige Unterscheidung: einerseits gibt es Gedanken, die Sie sich im Rahmen der Lösung eines Falls machen (= Prüfung im Kopf). Andererseits gibt es Inhalte, die Sie tatsächlich zu Papier bringen (= Prüfung auf dem Papier). Die Prüfung im Kopf fällt dabei oft viel umfassender aus als die Prüfung auf dem Papier.

Alles, was im Folgenden als Frage oder Aufforderung formuliert ist oder in einem Kasten dargestellt ist, sollte sich in Ihrem Kopf und evtl. auch in Ihrer Lösungsskizze abspielen. In die ausformulierte Klausurlösung sollten hingegen nur die nicht in Kästen gefassten Inhalte Eingang finden. Ein ausformuliertes Gutachten wird hier nicht abgebildet.

Frage 1

Was ist die Anspruchsgrundlage für das Verlangen der B?

B gegen M auf Zahlung von 500 €, § 433 II BGB

Was ist Voraussetzung für diese Anspruchsgrundlage?

  • Voraussetzung: Kaufvertrag

Wie kommt ein Kaufvertrag zustande?

  • Zwei korrespondierende Willenserklärungen, Antrag und Annahme, vgl. §§ 145, 147 BGB

Was kommt als Antrag in Betracht?

Antrag

  • M fragt, ob sie das Rad für 1000 € haben könnte = Antrag der M auf Abschluss Kaufvertrag, §§ 133157 BGB

M ist aber erst 17 Jahre alt. Was ist daher zu thematisieren?

  • M mit 17 Jahren = beschränkt geschäftsfähig, §§ 1062 BGB

Nach welcher Norm richtet sich, ob M selbständig handeln und Willenserklärungen abgeben kann, die zu einem wirksamen Vertrag führen?

Vorüberlegung: Welche beiden Möglichkeiten bestehen nach § 107 BGB, dass beschränkt Geschäftsfähige eine Willenserklärung abgeben können, die in einem wirksamen Vertrag mündet?

  • Rechtlich lediglich vorteilhaft

  • Einwilligung der gesetzlichen Vertreter

Rechtlich lediglich vorteilhaft

Vorüberlegung: Wann ist ein Geschäft rechtlich lediglich vorteilhaft?

  • Es droht kein rechtlicher Nachteil.

  • Entscheidend allein: rechtliche Beurteilung

  • Ein rechtlicher Nachteil: insbes. bei einer Verpflichtung oder dem Verlust von Rechten vor

  • Wirtschaftlicher Vorteil unerheblich

Ist die Erklärung der M rechtlich lediglich vorteilhaft?

Machen Sie sich dazu klar, auf welches Rechtsgeschäft sich die hier zu prüfende Erklärung der M hier bezieht.

Stichwort: Trennungs- und Abstraktionsprinzip. Wenn Sie unsicher sind, malen Sie sich eine Skizze mit den unterschiedlichen Verträgen zwischen M und B.

  • Antrag ist für die Antragende grds. verbindlich, § 145 BGB

  • Mit Zustandekommen des Kaufvertrags wäre M nach § 433 II BGB zur Kaufpreiszahlung verpflichtet = rechtlich lediglich vorteilhaft (-)

  • Wirtschaftlicher Vorteil – Rad mehr wert als Kaufpreis: unerheblich

Wie ist nun weiter zu prüfen?

Einwilligung der gesetzlichen Vertreter nötig

Wer sind die gesetzlichen Vertreter?

Was ist eine Einwilligung? Liegt diese vor?

  • Einwilligung = vorherige Zustimmung, § 183 BGB

  • Eltern sind völlig außer sich sind = nicht Einverstanden, § 133, 157 BGB

  • Einwilligung (-)

Die Voraussetzungen von § 107 BGB sind nicht erfüllt. Was ist die Rechtsfolge? Aus welcher Norm folgt diese?

  • Antrag der M kann keinen wirksamen, sondern nur einen schwebend unwirksamen Kaufvertrag zustande bringen, vgl. § 108 I BGB

Zwischenüberlegung: Wie ist nun weiter zu prüfen?

Warum sollte man noch nicht auf § 108 I BGB springen?

Tipp: Lesen Sie § 107 und § 108 BGB. Worauf beziehen sie die Normen jeweils?

  • § 107 BGB  knüpft an die Willenserklärung an, deswegen haben wir ihn beim Antrag der M geprüft

  • § 108 BGB regelt die Wirksamkeit des Vertrags! Ein Vertrag besteht aber aus zwei Willenserklärungen, weswegen wir zunächst die andere Willenserklärung prüfen müssen! Nur wenn es überhaupt zwei Willenserklärungen gibt, die inhaltlich einen Kaufvertrag begründen können, kann geprüft werden, ob dieser Vertrag wirksam ist.

Was kommt als Annahme in Betracht?

Annahme

B willigt ein = Annahme, §§ 133157 BGB

Vorüberlegungen: Da M beschränkt geschäftsfähig ist, worauf ist im Rahmen der Annahme noch einzugehen?

  • Wirksamwerden gegenüber M

Nach welcher Norm bestimmt sich das Wirksamwerden von Willenserklärungen gegenüber beschränkt Geschäftsfähigen?

Normanalyse: Was ist die Rechtsfolge von § 131 II 1 BGB?

Normanalyse: Was ist die Rechtsfolge von § 131 II 2 BGB? Achtung: Lesen Sie ganz genau.

  • Rechtsfolge § 131 II 2 BGB: Wirksamwerden im Zeitpunkt, in dem die Willenserklärung dem beschränkt Geschäftsfähigen zugeht

Normanalyse: Was sind die Voraussetzungen von § 131 II 2 BGB?

  • Achtung: § 131 II 2 BGB enthält 2 Varianten (parallel zu § 107 BGB)

  • Var. 1 – Voraussetzung: Erklärung ist rechtlich lediglich vorteilhaft

  • Var. 2 – Voraussetzung: gesetzliche Vertreter hat seine Einwilligung erteilt

  • Voraussetzung für beide Var.: Zugang beim beschränkt Geschäftsfähigen

Zugang beim gesetzlichen Vertreter scheidet offensichtlich aus und muss nicht angesprochen werden. Zu prüfen ist also § 131 II 2 BGB. Wie könnten Sie im Gutachten in die Prüfung einsteigen?

Ist die Erklärung M „zugegangen“?

Ist der „Zugang“ hier in irgendeiner Form problematisch? Wann wird eine Erklärung auf jeden Fall wirksam? Wie ist es hier?

  • Tatsächliche Kenntnisnahme durch M (+)

Subsumieren Sie weiter unter Var. 1. Verneinen Sie die „rechtlich lediglich vorteilhaft“ bei Var. 1 nicht vorschnell.

Kommt mit der Annahme HIER wirklich ein Vertrag zustande?

  • § 131 II 2 Var. 1 BGB: Annahme der B bringt wegen § 107 BGB keinen wirksamen Vertrag zustande, eröffnet nur Genehmigungsmöglichkeit, rechtlich lediglich vorteilhaft (+) oder jedenfalls neutral

  • tatsächlicher Kenntnisnahme durch M (+)

  • Wirksamwerden gegenüber M (+)

Wir haben Antrag und Annahme festgestellt. Der Antrag kann aber wegen § 107 BGB keinen wirksamen Vertrag begründen. Was könnte man als Zwischenergebnis festhalten?

Zwischenergebnis

  • Zwischen M und B ist ein schwebend unwirksamer Vertrag zustande gekommen, vgl. § 108 BGB.

Vorüberlegung: Bevor wir § 108 BGB prüfen: Wie könnte noch ein wirksamer Vertrag zustande gekommen sein? Gucken Sie nochmal in den Sachverhalt.

Tipp: M hat bereits 500 € an B übergeben und möchte mit „ihrem“ Geld bezahlen.

Wirksamkeit des Vertrags durch Bewirken der Leistung, § 110 BGB

Was ist unter bewirken zu verstehen?

  • Bewirken = Zahlung = Übereignung der Geldscheine

Woran scheitert das Bewirken recht offensichtlich?

  • 500 € statt 1000 €, also jedenfalls nicht vollständig

  • Keine Wirksamkeit des Vertrags nach § 110 BGB

Nun endlich zu § 108 BGB. Was ist die Rechtsfolge der von § 108 I BGB, die entsprechend dem Gutachtenstil der Einstieg in Ihre Prüfung ist?

Wirksamwerden des Vertrags, § 108 I BGB?

Was ist Voraussetzung der Norm? Liegt diese vor?

  • Genehmigung (= nachträgliche Zustimmung, § 184 I BGB) der gesetzlichen Vertreter, also der Eltern

Wem gegenüber kann die Genehmigung erteilt werden?

  • Kann gegenüber M und B erteilt werden, § 182 BGB

Subsumieren Sie. Kommen Sie zu einem Zwischenergebnis.

  • Eltern verweigern gegenüber M

  • Vertrag unwirksam

Bilden Sie (Zwischen)-Ergebnisse.

Ergebnis
  • Kein wirksamer Kaufvertrag

  • B gegen M auf Zahlung von 500 € aus § 433 II BGB (-)

Frage 2

Vorüberlegung: B verlangt Herausgabe des Rennrads. Welche beiden Anspruchsgrundlagen haben Sie kennengelernt, die eine Herausgabepflicht als Rechtsfolge enthalten?

Mit welcher Anspruchsgrundlage ist zu beginnen?

  • § 985 BGB​​​​​​​

  • Grund: In der Regel sind sachenrechtliche Anspruchsgrundlagen wie § 985 BGB​​​​​​​​​​​​​​ vor den bereicherungsrechtlichen, wie § 812 BGB, zu prüfen. Näheres lernen Sie im weiteren Verlaufe des Studiums. Merken Sie sich hier einfach, dass Sie mit § 985 BGB​​​​​​​ beginnen sollen, wenn beide Ansprüche in Betracht kommen.

B gegen M auf Herausgabe des Rennrads, § 985 BGB​​​​​​​

Vorüberlegung: Was sind die Voraussetzungen von § 985 BGB​​​​​​​? Woher nehmen Sie diese Voraussetzungen?

Eigentum B

Bei der Prüfung des Eigentums empfiehlt sich eine chronologische Prüfung. Was ist dann ihm Rahmen der Eigentümerstellung der B als erstes festzuhalten?

  • Ursprünglich: B Eigentümer (+)

Wie könnte B das Eigentum am Rennrad verloren haben? Nennen Sie die entscheidende Norm.

Vorüberlegung: Zerlegen Sie § 929 S. 1 BGB in Rechtsfolge und Voraussetzung.

  • Rechtsfolge: Übertragung des Eigentums (deswegen wird die Norm hier gerade geprüft, weil wir untersuchen, ob B ihr Eigentum verloren hat)

  • Voraussetzungen

    • Einigung

    • Übergabe

Welche der beiden Voraussetzungen können Sie recht knapp bejahen?

Übergabe (+)
Einigung

Vorüberlegungen: Was ist die Einigung iSd § 929 S. 1 BGB rechtstechnisch und welche Vorschriften des BGB sind daher anzuwenden? Um welchen Normenkomplex geht es hier ganz konkret?

Wenn eine Einigung ein Vertrag ist, wie kommt sie zustande?

  • Voraussetzung Einigung: zwei korrespondierende Willenserklärungen, Antrag und Annahme, vgl. §§ 145, 147 BGB

Was könnte Antrag und Annahme sein?

  • Antrag zum Eigentumserwerb durch M mit der Frage, ob sie das Rad haben könne

  • Annahme der B durch Einwilligung und / oder Aussage, es gehöre sofort ihr

Diese Interpretation ist durchaus vertretbar. Was spricht aber bei Übereignung unter Anwesenden dagegen, eine Aufspaltung in Annahme und Antrag bei der dinglichen Einigung vorzunehmen? (Das ist schon sehr spitzwindig, wird in den KG Fällen VR aber ebenso dargestellt.)

Tipp: Denken Sie an das Trennungs- und Abstraktionsprinzip. „Warum wird übereignet“? Schauen Sie in die Skizze zu den Verträgen zwischen M und B.

  • Veräußerer = Verkäufer wird aufgrund des Kaufvertrags (Verpflichtungsgeschäft) zur Übereignung verpflichtet, § 433 I 1 BGB

Diesen Gedanken zu Ende gedacht: Wenn aufgrund des Kaufvertrags übereignet wird, wann werden dann die Willenserklärung in Bezug auf die dingliche Einigung abgegeben?

  • Nach Abschluss des Kaufvertrags

  • I.d.R. konkludent im Rahmen der Übergabe

  • dabei ist meist unklar, wer Antrag und wer Annahme abgibt

Wenn man diesen Weg wählt, wie sollte man dann die Prüfung der dinglichen Einigung aufbauen?

  • Einigung nach der Übergabe prüfen

  • Keine Aufspaltung in Antrag und Annahme

  • Recht knappe Feststellung / Subsumtion

Zustandekommen einer Einigung

Stellen Sie knapp fest, wodurch eine Einigung zustande kommt (= Definition) und subsumieren Sie.

Die Einigung kommt durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande.

  • Rad wird übergeben; B meint, es solle sofort M gehören

  •  = konkludente Einigung das Eigentum am Rad auf M übergehen soll, §§ 133157 BGB

Wir haben bisher geprüft, ob auf tatsächlicher Ebene zwischen M und B eine Einigung zustande gekommen ist. Wir haben noch NICHT geprüft, ob diese Einigung wirksam ist.

Wirksamkeit der Einigung

Was ist im Folgenden erneut relevant?

  • M ist beschränkt geschäftsfähig

Vorüberlegung: Können Sie bzgl. der Wirksamkeit der Einigung auf die obige Prüfung im Rahmen von Frage 1 verweisen?

  • NEIN!

Warum nicht?

  • Trennungs- und Abstraktionsprinzip!

  • Oben wurde der Kaufvertrag (Verpflichtungsgeschäft) geprüft

  • Hier geht es um die dingliche Einigung bzgl. des Eigentumserwerbs am Rennrad seitens der M (Verfügungsgeschäft)

  • Wenn Sie unsicher sind: Schauen Sie in die  Skizze zu den Verträgen zwischen M und B

Welche beiden Punkte sind anzusprechen, wenn sich eine beschränkt geschäftsfähige Person mit einer anderen Person geeinigt hat? Nennen Sie die relevanten Normen

  • Konnte die beschränkt geschäftige Person „alleine“ handeln, § 107 BGB?

  • Ist die gegenüber der beschränkt geschäftsfähigen Person abgegebene Willenserklärung wirksam geworden, § 131 II 2 BGB?

Zunächst zu § 107 BGB: Ist die Erklärung der M rechtlich lediglich vorteilhaft?

Machen Sie sich dazu nochmals klar, auf welches Rechtsgeschäft sich die hier zu prüfende Erklärung der M bezieht. Stichwort: Trennungs- und Abstraktionsprinzip 

  • Willenserklärung der M, gerichtet auf Eigentumserwerb am Rennrad der B, führt bei Zustandekommen des Vertrags zu Eigentumserwerb seitens M

  • Eigentumserwerb ist grundsätzlich rechtlich lediglich vorteilhaft, da M nur etwas erhält und nichts abgibt oder sich verpflichtet

  • Daher: Willenserklärung der M rechtlich lediglich vorteilhaft (+)

Wie ist es mit § 131 II 2 BGB?

  • Es gilt das Gleiche: Erklärung der B zur Einigung auf Eigentumsübergang am Rad an M ist für M rechtlich lediglich vorteilhaft

Es ist in Ordnung, wenn Sie gerade am Anfang des Studiums etwas Zeit brauchen, um diese Gedanken nachzuvollziehen. Dennoch ist dieser Teil rechtlich nicht problematisch. Sie müssen daher nicht einleiten mit „Fraglich ist“ oder „problematisch ist“, sondern können sich in der Falllösung kurzfassen. Was ist daher zu § 107 BGB in unserem Fall festzuhalten?

Willenserklärung der M

  • § 107 BGB: Eigentumserwerb = rechtlich lediglich vorteilhaft

  • Keine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters nötig

Was ist zu § 131 II BGB festzuhalten? Beginnen Sie mit der Rechtsfolge.

Wirksamwerden der Erklärung der B gegenüber M

  • Willenserklärung der B führt zum Eigentumserwerb seitens M

  • Eigentumserwerb = rechtlich lediglich vorteilhaft

  • Wirksamwerden gegenüber M durch gem. § 131 II 2 Var. 1 BGB durch tatsächliche Kenntnisnahme der Erklärung der B (+)

Halten Sie ein Zwischenergebnis fest.

Dingliche Einigung (+)

Was folgt daraus für unsere Anspruchsvoraussetzungen und unseren Anspruch?

B = Eigentümerin (-)

Ergebnis: B gegen M auf Herausgabe des Rennrads aus § 985 BGB​​​​​​​ (-)

B gegen M, § 812 I 1 Var. 1 BGB

Vorüberlegung: Was sind die Voraussetzungen von § 812 I 1 Var. 1 BGB?

  • Etwas erlangt seitens des Anspruchsgegner

  • Durch Leistung des Anspruchssteller

  • Ohne Rechtsgrund

Was hat M erlangt und ist damit Anspruchsziel und sollte im Obersatz genannt werden?

Ungenau wäre: das Rennrad. Wie ist es rechtlich präzise?

  • Besitz und Eigentum

Welche Anspruchsziele sind daher im Obersatz zu nennen?

"B könnte gegen M einen Anspruch auf Herausgabe und Rückübereignung gem. § 812 I 1 Var. 1 BGB haben."

Etwas erlangt

Definieren Sie „Etwas erlangt“ und subsumieren Sie

  • = Jeder vermögenswerte Vorteil

  • M hat Besitz und Eigentum am Rad erlangt

  • (+)

Durch Leistung

Definieren Sie „durch Leistung“. Lernen Sie diese Definition auswendig. Was sich genau dahinter verbirgt, lernen Sie im Laufe des Studiums.

  • = bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens

Was ist hier die Leistung der B? Subsumieren Sie.

  • B wollte mit Übergabe und Übereignung ihre vermeintliche Verbindlichkeit aus KV erfüllen, § 433 I 1 BGB​​​​​​​

  • (+)

Ohne Rechtsgrund

Was kommt hier als Rechtsgrund in Betracht?

Denken Sie an das Trennungs- und Abstraktionsprinzip und schauen Sie ggf. in die Skizze zu den Verträgen.

  • Kaufvertrag als Rechtsgrund?

Was müssen Sie hier zum Kaufvertrag schreiben?

  • Kaufvertrag unwirksam, s.o.

Was folgt daraus für die Prüfung?

  • Ohne Rechtsgrund (+)

Ergebnis

B gegen M auf Rückgabe und Rückübereignung des Rennrads aus § 812 I 1 Var. 1 BGB (+)

Frage 3

Vorüberlegung: M verlangt Herausgabe der Geldscheine. Welche beiden Anspruchsgrundlagen haben Sie kennengelernt, die eine Herausgabepflicht als Rechtsfolge enthalten?

M gegen B, § 985 BGB​​​​​​​ auf Herausgabe der Geldscheine

Eigentum der M

Was ist hier wieder als erstes festzustellen (chronologische Prüfung)?

  • Ursprünglich (+)

Wie könnte M das Eigentum an den Scheinen verloren haben?

Übereignung an B, § 929 S. 1 BGB

Vorüberlegung: Zur Erinnerung: Welche Voraussetzung hat die Norm?

Einigung

Wie könnte die Einigung hier erfolgt sein?

Denken Sie an das Trennungs- und Abstraktionsprinzip.

  • Konkludente Einigung bei Übergabe

Kann M eine Willenserklärung abgeben, die eine wirksame Einigung herbeiführt?

Wenn Sie unsicher sind, schauen Sie sich die Skizze zu den Verträgen.

nochmal an und überlegen Sie genau, worauf sich die Einigung hier bezieht.

  • M ist beschränkt geschäftsfähig

  • Eigentumsverlust am Geld für M nicht rechtlich lediglich vorteilhaft, § 107 BGB

  • Einwilligung gesetzlicher Vertreter nötig, fehlt aber

Was ist als nächstes zu prüfen?

Subsumieren Sie.

  • Genehmigung (-)

  • Sogar Verweigerung gegenüber M (§ 182 BGB​​​​​​​)

Halten Sie Zwischenergebnisse fest.

  • Einigung unwirksam

Ergebnis
  • Keine Übereignung an B

  • M = Eigentümerin

Prüfen Sie weiter.

Besitz der B an den Geldscheinen (+)

Ohne Recht zum Besitz

Was ist nun hier zu prüfen?

  • Denkbar: Kaufvertrag als Recht zum Besitz

Wieviel müssen Sie dazu schreiben?

  • Kaufvertrag unwirksam, s.o.

Halten Sie (Zwischen-)Ergebnisse fest.

  • Recht zum Besitz (-)

Ergebnis

M gegen B, § 985 BGB​​​​​​​ auf Herausgabe der Geldscheine (+)

Überlegung: Ein Anspruch auf Herausgabe der Geldscheine besteht also aus § 985 BGB. Sind Sie nun mit Ihrer Prüfung von Frage 3 am Ende? Begründen Sie Ihre Antwort.

  • NEIN!

  • Es kommt auch ein Anspruch aus § 812 I 1 Var. 1 BGB in Frage. Sie erstellen ein Gutachten und müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen prüfen, auch wenn Sie bereits festgestellt haben, dass eine Anspruchsgrundlage den Anspruch stützt. Natürlich kann auf Grundlage des selben Sachverhalts nur einmal gefordert werden, auch wenn die Voraussetzungen mehrerer Anspruchsgrundlagen erfüllt sind.

Nun ist § 812 I 1 Var. 1 BGB zu prüfen. Worauf ist der Anspruch M gegen B gerichtet? Arbeiten Sie rechtlich präzise.

B. M gegen B, § 812 I 1 Var. 1 BGB auf Rückgabe der Geldscheine

Etwas erlangt

Subsumieren Sie.

  • B hat zwar kein Eigentum (s.o.), aber Besitz am Geld erlangt

Durch Leistung

Subsumieren Sie.

  • M wollte vermeintliche Verbindlichkeit aus KV erfüllen, § 433 II BGB​​​​​​​ = Leistung

Begründen Sie.

Ohne Rechtsgrund

Subsumieren Sie. Halten Sie ein Ergebnis fest.

  • KV als Rechtsgrund denkbar

  • Aber: unwirksam, s.o.

  • Ohne Rechtsgrund (+)

Halten Sie ein Ergebnis fest.

Ergebnis 

M gegen B, § 812 I 1 Var. 1 BGB auf Rückgabe der Geldscheine (+)

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