Kilian Wegner Strafrecht Besonderer Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit Licensed under CC-BY-4.0

§ 47: Strafvereitelung und Strafvereitelung im Amt (§§ 258 f. StGB)

Autor: Manuel Richter

Die Tatbestände der Strafvereitelung und der Strafvereitelung im Amt zählen gemeinsam mit der Begünstigung (→ BT II § 19), der Hehlerei (→ BT II § 20) und der Geldwäsche (→ BT II § 21) zu den sog. Anschlussdelikten, die sich an die Begehung einer strafrechtswidrigen Vortat anschließen (zu § 258 Abs. 2 StGB → Rn. 16 ff.). Nach § 258 StGB macht sich sowohl strafbar, wer vereitelt, dass eine Strafe oder Maßnahme (zB eine Einziehung, § 73 Abs. 1 StGB) verhängt wird (Verfolgungsvereitelung, § 258 Abs. 1 StGB), als auch, wer die Vollstreckung einer bereits verhängten Strafe oder Maßnahme vereitelt (Vollstreckungsvereitelung, § 258 Abs. 2 StGB). § 258a StGB enthält eine Qualifikation für Amtsträger, die sich auf Tatbestandsebene ansonsten nicht vom Grundtatbestand der Strafvereitelung unterscheidet.

Typische Beispiele: A hat einen Totschlag begangen. Als B davon erfährt, entsorgt sie die Leiche, um die Straftat des A zu verdecken und ihn vor Strafe zu bewahren (§ 258 Abs. 1 StGB). X wurde wegen Raubes verurteilt und befindet sich in Haft. Als ihr Hafturlaub gewährt wird, hilft Y ihr, sich zu verstecken und lässt sie in seiner abgelegenen Hütte im Wald wohnen (§ 258 Abs. 2 StGB).

Klausurtaktik: Typischerweise gehen mit den §§ 258 f. StGB die §§ 153 ff.164145d StGB einher. An diese Tatbestände sollte in der Klausursituation daher immer gedacht werden.

Rechtsgut und Deliktsnatur

Nach hM besteht der Schutzzweck der §§ 258 f. StGB im Schutz der Rechtspflege, soweit diese auf die Durchsetzung eines staatlichen Strafanspruchs bzw. eines Maßnahmenanspruchs iSv § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB abzielt.BGHSt 43, 82 (84 f.); Jahn/Palm, JuS 2009, 408. Da der Tatbestand erfordert, dass die Verhängung oder Vollstreckung einer Sanktion (teilweise) vereitelt wird, handelt es sich um ein Erfolgsdelikt.

§ 258 StGB

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Verfolgungsvereitelung

Erfasste Sanktionen

§ 258 Abs. 1 StGB erfasst die Vereitelung von Strafen oder Maßnahmen. Strafen in diesem Sinne sind insb. die Freiheitsstrafe, §§ 38 f. StGB, und die Geldstrafe, §§ 40 ff. StGB. Die Vereitelung von Maßnahmen (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) wird in Klausuren kaum vorkommen, sodass der Fokus im Folgenden auf den Strafen liegt.

Nicht vom Tatbestand erfasst sind zB Bußgelder des Ordnungswidrigkeitenrechts oder Auflagen und Weisungen nach § 153a StPO, da sie kein rechtsethisches Unwerturteil enthalten und folglich keine Strafen darstellen.

Vortat

Für die Verfolgungsvereitelung muss eine taugliche Vortat vorliegen. § 258 Abs. 1 StGB erfordert nach seinem Wortlaut zuerst einmal eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), d. h. es müssen Tatbestand und Rechtswidrigkeit vorliegen. Darüber hinaus müssen aber auch alle anderen Bestrafungsvoraussetzungen für die Vortat erfüllt sein, also etwa die Schuld, das Nichtvorliegen von endgültigen Verfolgungshindernissen, persönlichen Strafaufhebungs- bzw. Strafausschließungsgründen usw. Denn nur wenn all diese Voraussetzungen vorliegen, besteht ein durchsetzbarer staatlicher Strafanspruch und nur dann kann ebendieser Strafanspruch auch vereitelt werden.Satzger, Jura 2007, 754 (756 f.). Daraus ergibt sich iÜ, dass keine (versuchte) Verfolgungsvereitelung vorliegt, wenn jemand den Strafprozess gegen eine Person behindert, die tatsächlich oder zumindest aus Sicht der Vereitelnden (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) unschuldig ist.S. hierzu BGH NStZ-RR 2021, 175 (176 f.); vertiefend Glandien, JR 2023, 106. Wird die Verhängung einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) vereitelt, so muss die Vortat nur dann schuldhaft begangen worden sein, wenn die Verhängung der Maßnahme dies erfordert.

Klausurtaktik: In Klausuren darf nicht übersehen werden, dass § 258 Abs. 1 StGB auch als Türöffner für prozessuale Probleme fungieren kann. Es kann zB im materiell-rechtlichen Teil inzident zu klären sein, ob mit Blick auf den Vortäter ein dauerhaftes Prozesshindernis besteht, da dies eine Verfolgungsvereitelung ausschließt.

Der Wortlaut von § 258 Abs. 1 StGB setzt weiter voraus, dass die Tathandlung darauf gerichtet sein muss, zu verhindern, dass „ein anderer“ sanktioniert wird. Vereitelt jemand also ausschließlich die eigene Bestrafung, so scheidet § 258 Abs. 1 StGB tatbestandlich aus. Wenn jemand hingegen die eigene Bestrafung und gleichzeitig auch die einer anderen Person (zB eines Mittäters) vereitelt, ist § 258 Abs. 1 StGB tatbestandlich erfüllt, weil zumindest auch „ein anderer“ der Bestrafung entzogen wird (wobei dann der Strafausschließungsgrund des Abs. 5 naheliegt, dazu noch näher unter → Rn. 29 f.).

Klausurtaktik: Bevor eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB geprüft werden kann, sollte die Strafbarkeit des Vortäters wegen der Vortat geprüft werden, um unnötige und unübersichtliche Inzidentprüfungen zu vermeiden. Ist der Vortäter bereits verstorben oder nach dessen Strafbarkeit im Bearbeitungsvermerk nicht gefragt, so ist eine Inzidentprüfung allerdings unumgänglich.

Vereitelung

Bei der Verfolgungsvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) muss die Verhängung der Strafe oder Maßnahme ganz (Alt. 1) oder teilweise (Alt. 2) vereitelt werden. Vereiteln ist jede Besserstellung des Täters in Bezug auf die strafrechtliche Urteilsfällung. Die bloße Vereitelung von Ermittlungsmaßnahmen im Vorverfahren ohne Auswirkung auf den Zeitpunkt oder Inhalt des Urteils ist daher von § 258 Abs. 1 StGB nicht erfasst.KG JR 1985, 25 (25); Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (409). Teilweise vereitelt wird eine Sanktion bzw. Maßnahme dann, wenn sie durch die Strafvereitelung milder ausfällt, als eigentlich geboten. Das ist zB dann der Fall, wenn eine zu niedrige Freiheitsstrafe verhängt oder wegen Beihilfe anstatt wegen Mittäterschaft verurteilt wird. Ein vollständiges Vereiteln liegt vor, wenn die Verhängung der Strafe oder Maßnahme endgültig unmöglich wird.

Beispiel: A sagt im Strafprozess gegen B als Zeuge falsch aus oder vernichtet belastende Beweismittel, was zu einem Freispruch der B führt. Das Urteil erwächst in Rechtskraft.

Klausurtaktik: Eine Besserstellung bei der strafprozessualen Urteilsfällung liegt nicht vor, wenn zB ein Beweismittel entwendet oder zerstört wird, das einem Beweisverwertungsverbot unterliegt. Auch hier können im materiellen Recht also inzident strafprozessuale Fragen zu klären sein.Kretschmer, JA 2016, 738 (743).

Ein klassisches Klausurproblem stellt die Frage dar, ob auch die bloße Verzögerung der Bestrafung als Vereitelungserfolg ausreicht.

Beispiel: A verbirgt seinen flüchtigen Freund F, der einen Mord begangen hat, zwei Monate fernab der Zivilisation in seiner Jagdhütte. Durch Zufall wird F entdeckt und festgenommen. Hätte A ihn nicht verborgen, hätte der Prozess gegen F früher stattfinden und F zwei Monate früher verurteilt werden können.

Die zutreffende hM lässt für den Vereitelungserfolg bereits eine Verzögerung der Sanktionierung für geraume Zeit ausreichen. Die Sanktionierung muss demnach nicht endgültig unmöglich werden.BGHSt 63, 174 (Rn. 12); Satzger, Jura 2007, 754 (758). Dafür spricht, dass andernfalls mit zunehmender Vortatschwere und daher mit zunehmender Verfolgungsverjährungsfrist (§ 78 StGB) die Vollendung der Strafvereitelung später eintritt. Beim Mord würde dies sogar darin gipfeln, dass eine vollendete Verfolgungsverjährung erst mit dem Tod des Vortäters vorläge. Dieses Ergebnis wäre jedoch sinnwidrig, weil mit zunehmender Tatschwere auch die Schutzwürdigkeit der Rechtspflege bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs steigt.Satzger, Jura 2007, 754 (758). Wo genau die zeitliche Grenze verläuft, ist jedoch nicht abschließend geklärt. Die überwiegende Auffassung orientiert sich an § 229 Abs. 1 StPO und verlangt daher eine Verzögerung von mehr als drei Wochen.Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (409); Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 258 Rn. 14 mwN zu anderen Grenzziehungen. Bei Zugrundelegung dieser Ansicht hätte A im vorstehend genannten Beispiel die Strafe des F vereitelt. Achtung: Lässt man iRd § 258 Abs. 1 StGB eine Verzögerung für geraume Zeit ausreichen, so handelt es sich um eine Vereitelung iSd Alt. 1 („ganz […] vereitelt“) und nicht um eine solche nach Alt. 2 („zum Teil vereitelt“).Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (409); anders aber BGHSt 63, 174 (Rn. 12) m. abl. Anm. Mitsch, NJW 2018, 3263.

Weiterführendes Wissen: Die Anlehnung an die Frist des § 229 Abs. 1 StPO (der eine Unterbrechung des Strafprozesses für bis zu drei Wochen zulässt) wird damit begründet, dass in der Norm die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck kommt, dass eine beachtliche Gefahr für die Wahrheitsfindung im Strafprozess erst ab einer Verzögerung von drei Wochen besteht.Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (409).

Eine Minderheitenauffassung lehnt diese Auslegung hingegen ab, da sie nicht vom Wortlaut gedeckt sei. „Vereiteln“ bedeute im allgemeinen Sprachgebrauch „verhindern“ oder „abwenden“, nicht aber „verzögern“.Vormbaum, in: Hettinger u. a. (Hrsg.), FS Küper, 2007, S. 667 ff. Auch müsse nach der hM eine hypothetische Prüfung vorgenommen werden, zu welchem Zeitpunkt das Urteil bei Hinwegdenken der Vereitelungshandlung gefällt worden wäre. Gerade in komplexen Verfahren könne diese hypothetische Prüfung aber kaum präzise und nachvollziehbar erfolgen.Vormbaum, in: Hettinger u. a. (Hrsg.), FS Küper, 2007, S. 671. Nach dieser Ansicht kommt bei bloßen Verzögerungen der Straf- bzw. Maßnahmenverhängung allenfalls ein Versuch des § 258 Abs. 1 Alt. 1 StGB in Betracht.

Vollstreckungsvereitelung

Wird die Vollstreckung einer bereits rechtskräftig verhängten Strafe oder Maßnahme vereitelt, so kommt eine Vollstreckungsvereitelung nach § 258 Abs. 2 StGB in Betracht. Nach seinem eindeutigen Wortlaut ist auch § 258 Abs. 2 StGB nur einschlägig, wenn die Vereitelung einen anderen betrifft, nämlich die Vollstreckung „gegen einen anderen“ gerichteter Sanktionen vereitelt wird. Flüchtet der rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilte Täter ausschließlich, um der Vollstreckung seiner eigenen Strafe zu entgehen, ist der Tatbestand damit nicht erfüllt.

Ob die Verurteilung zu Recht oder zu Unrecht erfolgte, ist nach hM für § 258 Abs. 2 StGB irrelevant; es reicht aus, dass diese rechtskräftig verhängt wurde.Satzger, Jura 2007, 754 (761). Damit stellt § 258 Abs. 2 StGB dogmatisch kein „klassisches“ Anschlussdelikt dar, das sich an eine vorherige Straftatbegehung anschließt (wie die §§ 257 Abs. 1, 258 Abs. 1, 259 Abs. 1, 261 Abs. 1 S. 1 StGB). Vielmehr schließt sich die Vollstreckungsvereitelung an einen vorherigen Strafprozess mit rechtskräftiger Sanktionierung an.

Klausurtaktik: Die tatsächliche Strafbarkeit der von der Vereitelung begünstigten Person ist damit – anders als bei § 258 Abs. 1 StGB – im Tatbestand des § 258 Abs. 2 StGB nicht zu prüfen.

Typische Fälle der Vollstreckungsvereitelung sind zB das Absitzen der Freiheitsstrafe für eine andere Person oder die Fluchthilfe zugunsten einer zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Person vor oder nach Haftantritt (s. zu letzterem Fall auch § 120 StGB). Probleme bereitet hingegen das Bezahlen fremder Geldstrafen durch Dritte.

Beispiel: E wird wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe verurteilt. Seine Großmutter G hat Mitleid mit ihrem Enkel und schenkt ihm daher den für die Bezahlung notwendigen Geldbetrag. E überweist den Betrag an die Staatskasse.

Die hM verneint hier eine Strafbarkeit und argumentiert damit, dass die „Vollstreckung“ in dieser Konstellation letztlich nicht verhindert wird. G mag zwar den Sanktionszweck der Geldstrafe gegen E unterlaufen, „Vollstreckung“ meine aber den äußeren Vollstreckungsvorgang (hier also die Überweisung an die Staatskasse durch E) und dieser geschehe mit und ohne die Schenkung durch G gleich.BGHSt 37, 226 (230); Kranz, ZJS 2008, 471 (473). Des Weiteren seien bei anderer Auslegung zahlreiche Umgehungsstrategien denkbar (zB die Gewährung eines zinslosen Darlehens mit späterem Erlass), sodass man allenfalls die ungeschickten Täter erfasse.BGHSt 37, 226 (230 f.); Satzger, Jura 2007, 754 (761).

Die Gegenansicht bejaht bei der Übernahme von Geldstrafen für andere eine Vollstreckungsvereitelung mit der Erwägung, bei der Geldstrafe handele es sich um eine höchstpersönliche Leistungspflicht. Der staatliche Strafanspruch erschöpfe sich nicht in einem irgendwie gearteten Zahlungsanspruch, sondern die Zahlung müsse gerade aus dem Vermögen der Verurteilten stammen. Nur so würden die mit der Geldstrafe verfolgten Strafzwecke erreicht.Hillenkamp, in: Küper u. a., FS Lackner, 1987, S. 455 ff.

Objektive Zurechnung

Allgemeines

Die Strafverhängung oder -vollstreckung kann auf mannigfaltige Weise vereitelt werden. Um eine uferlose Strafbarkeit zu vermeiden, müssen über die objektive Zurechnung sozialadäquate Verhaltensweisen – zumeist berufstypisches Verhalten – vom Tatbestand ausgeschieden werden. Ist das Verhalten sozialadäquat, wird bereits keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen. Wie auch in der StPO die Wahrheitsfindung und Sanktionierung nicht um jeden Preis stattfinden darf, kann auch mit Blick auf § 258 StGB der Vortäter nicht zum „Geächteten“ werden, mit dem keinerlei Umgang gepflegt werden darf.Vgl. Satzger, JURA 2007, 754 (758 f.); ausführlich Otto, in: Eser u.  a., FS Lenckner, 1998, S. 210 ff.

Beispiel: Bäcker B verkauft X, in dem Wissen, dass dieser sich aktuell vor der Strafverfolgung verbirgt, einige Brötchen. Tankwartin T verkauft dem flüchtigen Y Benzin. Anknüpfend an das obige Jagdhütten-Beispiel muss bei der Unterkunftsgewährung zugunsten Flüchtiger zwischen der bloßen Beherbergung (sozialadäquat) und der Unterschlupfgewährung mit Versteckcharakter (nicht mehr sozialadäquat) differenziert werden.OLG Stuttgart NJW 1981, 1569 m. Anm. Frisch JuS 1983, 915.

Strafvereitelung und Strafverteidigung

Besondere Probleme wirft die Behandlung von Strafverteidiger:innen auf.Ausführlich hierzu Bosch, JURA 2012, 938 (941 ff.) Diese haben gerade die gesellschaftlich und rechtlich anerkannte Aufgabe (vgl. insb. Art. 6 Abs. 3 lit. c) EMRK), einem Beschuldigten Beistand zu leisten und dessen Interessen wahrzunehmen sowie auf ein faires Verfahren hinzuwirken. Das kann im Einzelfall eben auch bedeuten, eine eigentlich angebrachte Sanktionierung abzumildern oder abzuwenden. Allerdings kann es auch nicht sein, dass die Verteidiger:in – insb. als „unabhängiges Organ der Rechtspflege“ (§ 1 BRAO) –, völlig rechtsfrei agieren kann.

Es bietet sich daher folgende Faustregel an: Prozessual zulässiges Verhalten ist auch materiell-strafrechtlich zulässig. Die Verteidiger:in darf zwar Belastendes verschweigen, jedoch weder lügen noch Beweise verfälschen oder beiseiteschaffen.Satzger, JURA 2007, 754 (759).

Beispiel (nach BGHSt 10, 393): Die Verteidigerin V des A sucht dessen Ehefrau E auf und erläutert ihr, dass sie im gegen A gerichteten Strafverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht hat und im Interesse ihres Ehemannes im Prozess möglichst keine Aussage treffen soll. E kommt tatsächlich ein Zeugnisverweigerungsrecht zu (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Die StPO regelt zwar nicht ausdrücklich, ob Verteidiger:innen Zeugen auf bestehende Rechte hinweisen und ihnen zu deren Gebrauch raten dürfen. Solange sie nicht unzulässig (insb. durch Täuschung oder Drohung) auf die Entscheidungsfreiheit der Verfahrensbeteiligten einwirken, stellt dies jedoch eine gewöhnliche und zulässige Verteidigungshandlung im Rahmen ihrer Beistandspflicht zugunsten des Beschuldigten dar.BGHSt 10, 393 (394 f.); Preuß, Jura 2019, 660 (672). V setzt mithin kein rechtlich missbilligtes Risiko.

Weiterführendes Wissen: Die Frage, ob das Verhalten einer Verteidiger:in unter § 258 StGB fällt, kann sich auch auf das konkrete Strafverfahren gegen den Beschuldigten auswirken: Wenn die Verteidiger:in hinreichend oder dringend tatverdächtig ist, eine Strafvereitelung in Bezug auf die angeklagte Tat begangen zu haben, muss sie vom Verfahren ausgeschlossen werden, § 138a Abs. 1 Nr. 3 StPO.

Subjektiver Tatbestand

Grundsätzlich reicht dolus eventualis aus, um den subjektiven Tatbestand der Strafvereitelung zu erfüllen. Bezüglich der Tathandlung und des Taterfolges setzt der Wortlaut des § 258 StGB hingegen mindestens dolus directus 2. Grades voraus. Lässt man mit der hM eine Sanktionsverzögerung für den Taterfolg ausreichen (→ Rn. 12 ff.), so ist auch bzgl. der Verzögerungsdauer von über drei Wochen nach allgemeinen Grundsätzen Absicht bzw. Wissentlichkeit erforderlich.Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 258 Rn. 23; aA KG JR 1985, 24 (26).

Rechtswidrigkeit

Da § 258 StGB ein überindividuelles Rechtsgut schützt (→ Rn. 3), ist eine rechtfertigende Einwilligung nicht möglich.

Persönliche Strafausschließungsgründe

§ 258 StGB enthält in den Absätzen 5 und 6 zwei persönliche Strafausschließungsgründe, in denen der Gesetzgeber die besondere Zwangslage des Täters anerkennt. Da es sich um persönliche Strafausschließungsgründe handelt, bleibt eine Teilnahme an der tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Tat weiterhin möglich.

§ 258 Abs. 5 StGB

Eine Strafvereitelung ausschließlich zu eigenen Gunsten ist tatbestandslos (→ Rn. 8). § 258 Abs. 5 StGB schließt eine Bestrafung darüber hinaus auch dann aus, wenn der Vereitelungstäter zwar die Sanktionierung oder Vollstreckung zugunsten einer anderen Person vereitelt, hierdurch aber „zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will“, selbst sanktioniert oder von einer Vollstreckung betroffen zu werden.

Beispiel: A ist wegen Freiheitsberaubung angeklagt. Bislang ist unbekannt, dass B bei der Tat ihr Mittäter gewesen ist. B wird im Prozess gegen A als Zeuge gehört und sagt falsch aus, um sowohl A als auch sich selbst vor Strafe zu schützen. B verwirklicht dadurch den Tatbestand des § 258 Abs. 1 StGB, jedoch ist der Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StGB einschlägig. Dies ändert freilich nichts an der Strafbarkeit wegen § 153 StGB (s. aber § 157 StGB), da der Strafausschluss des § 258 Abs. 5 StGB sich nur auf die Strafvereitelung bezieht.BayObLG NJW 1978, 2563 (2564); Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 258 Rn. 39. Für den Fall, dass für die Strafvereitelung iSd Abs. 5 auch eine Begünstigung nach § 257 StGB notwendig ist, wird allerdings diskutiert, ob § 258 Abs. 5 StGB auch im Hinblick auf diesen Tatbestand die Bestrafung ausschließt.Vgl. hierzu Cramer, NStZ 2000, 246.

Aufgrund der subjektiven Formulierung („will“) des Tatbestandes kommt es ausschließlich auf das Vorstellungsbild des Täters an. Ob tatsächlich eine Strafverfolgung stattfindet oder droht, ist dagegen ohne Belang.BGH NStZ 2021, 236 (237); Satzger, JURA 2007, 754 (757). § 258 Abs. 5 StGB greift auch ein, wenn der Vortäter eine andere Person dazu anstiftet, zu seinen Gunsten eine Strafvereitelung zu begehen. Dies lässt sich aus einem Vergleich mit der Begünstigung schließen, bei der dieser Fall über § 257 Abs. 3 S. 2 StGB erfasst ist. Bei der Strafvereitelung existiert eine vergleichbare Regelung nicht.

§ 258 Abs. 6 StGB

Begeht jemand eine Strafvereitelung zugunsten eines Angehörigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), so kommt ihm der persönliche Strafausschließungsgrund des Abs. 6 zugute. Dasselbe gilt für Teilnehmer an der Strafvereitelung, die zugunsten eines Angehörigen handeln.

Wie bei § 157 StGB (→ § 45 Rn. 73) wird auch hier diskutiert, ob die Norm auf andere nahestehende Personen analog angewendet werden kann. Eine Änderung bleibt hier jedoch richtigerweise ebenso dem Gesetzgeber vorbehalten wie bei § 157 StGB.Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (411).

Auch im Rahmen des Abs. 6 besteht die Diskussion, ob der Strafausschließungsgrund ebenfalls für eine Begünstigung, § 257 StGB, gilt, wenn diese für die Strafvereitelung notwendig ist.Vgl. hierzu Cramer, NStZ 2000, 246.

Täterschaft und Teilnahme

Oftmals bestehen Vereitelungshandlungen in der Unterstützung des Vortäters bei dessen eigenen Verdunkelungshandlungen.

Beispiel: A verschafft dem flüchtigen Straftäter B einen gefälschten Reisepass, damit dieser sich nach Südamerika absetzen kann.

Würde man mit einer stark vertretenen AnsichtRudolphi, in: Gössel/Kauffmann, FS Kleinknecht, 1985, S. 389 ff.; Satzger, JURA 2007, 754 (760); Kretschmer, JA 2023, 469 (472). die allgemeinen Grundsätze der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme auf § 258 StGB übertragen, so wäre im obigen Beispiel nur B Täter der Strafvereitelung, da er das Fluchtgeschehen planvoll-lenkend in der Hand hält und nicht A, der folglich nur als Gehilfe in Betracht käme. Da die Flucht für B aber mangels fremder Vortat tatbestandslos ist, scheidet eine Beihilfe aus und A wäre straflos.

Dieses Ergebnis widerspräche dem Sinn und Zweck des § 258 StGB, der den Beistand eines Dritten zugunsten des Vortäters nach der Vortat erfassen soll. Eine andere Ansicht sieht in § 258 StGB daher zu Recht eine täterschaftliche Vertatbestandlichung von Konstellationen, die nach den allgemeinen Grundsätzen konstruktiv einer straflosen Teilnahme entsprechen. § 258 StGB liegt also eine eigene Beteiligungsdogmatik zugrunde, die sich von den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme unterscheidet. Diese Ansicht gibt die Differenzierung zwischen Täterschaft und Teilnahme allerdings nicht gänzlich auf: Wer lediglich den Vereitelungsentschluss beim Vortäter hervorruft oder bestärkt, leistet nur einen untergeordneten Beitrag zur Vereitelung und verwirklicht daher lediglich eine straflose Teilnahme an der Selbstbegünstigung. Geht der Vereitelungsbeitrag darüber jedoch hinaus, liegt eine täterschaftliche Strafvereitelung vor.Küper, in: Hoyer u. a., FS Schroeder, 2006, S. 558 ff.; Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 258 Rn. 35. Da A planvoll-lenkend in der Hand hält, ob und wie er B unterstützt und er über das bloße Hervorrufen oder Bestärken des Fluchtentschlusses hinausgeht, ist er nach dieser Ansicht Täter, sodass er sich nach § 258 Abs. 1 StGB strafbar macht.

Unterlassen

§ 258 StGB kann zwar auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Grundsätzlich trifft Privatpersonen jedoch keine Pflicht zum Schutz der Strafverfolgung (zu Amtsträgern → Rn. 40 ff.).

Examenswissen: Schweigt ein Zeuge im Strafprozess, ohne dass er sich auf ein Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht berufen kann, so bejaht die hM eine Strafbarkeit aus §§ 258 Abs. 1, 13 Abs. 1 StGB. Die hierfür notwendige Garantenstellung zugunsten der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs wird mit der prozessualen Aussagepflicht des Zeugen begründet.OLG Hamm BeckRS 2017, 132877 m. zust. Anm. Jahn, JuS 2018, 296; Rinio, JuS 2008, 600 (604). Eine Minderheitenauffassung lehnt die Garantenstellung dagegen zu Recht ab, da das Prozessrecht für Verstöße gegen die Aussagepflicht in § 70 Abs. 1 StPO eigene repressive Reaktionsmöglichkeiten vorsieht, wodurch diese Konstellation abschließend geregelt wird.Nestler, JURA (JK) 2018, 425; Richter, JA 2023, 529 (532 f.). Darüber hinaus trifft Zeugen keine (Garanten-)Pflicht gerade für die Rechtspflege bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs. Schließlich sind Zeugenvernehmungen nicht nur im Strafprozess möglich, sondern auch in anderen gerichtlichen Verfahren (zB im Zivilprozess). Darin zeigt sich, dass Zeugen nur eine Pflicht zukommt, die Gerichte bei der Wahrheitsermittlung zu unterstützen, damit diese – im zweiten Schritt – ihrer eigenen Aufgabe (hier also der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs) nachkommen können. Eine besondere Schutzpflicht für das von § 258 Abs. 1 StGB geschützte Rechtsgut besteht damit nicht.LG Itzehoe NStZ 2010, 10 (11); Popp, JR 2014, 418 (420 f.); Richter, JA 2023, 529 (531 f.).

§ 258a StGB

Allgemeines

Bei § 258a StGB handelt es sich um eine Qualifikation des § 258 StGB für zur Strafverfolgung oder ‑vollstreckung berufene Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Diese Täter stehen dem geschützten Rechtsgut besonders nahe, sodass durch die erhöhte Strafandrohung des § 258a StGB die Einhaltung ihrer besonderen Amtspflichten gewährleistet werden soll. Da die Amtsträgereigenschaft strafschärfend wirkt, handelt es sich um ein unechtes Amtsdelikt. Beteiligte, welche die Amtsträgereigenschaft in eigener Person nicht verwirklichen, haften über § 28 Abs. 2 StGB nur nach § 258 StGB.

Nicht alle Amtsträger sind taugliche Täter, sondern nur solche, die zur Mitwirkung am Straf- bzw. Vollstreckungsverfahren berufen sind. Dazu zählen beispielsweise Richter:innen, Staatsanwält:innen, Polizist:innen, aber auch Geschäftsstellenbeamt:innen der Strafverfolgungsbehörden.

Aus der Mitwirkungspflicht trifft diese Amtsträger iÜ eine Garantenpflicht iSd § 13 Abs. 1 StGB zugunsten der Strafverfolgung. Bei der Staatsanwaltschaft und der Polizei ergibt sich dies ausdrücklich aus dem in §§ 152 Abs. 2, 160, 163 StPO niedergelegten Legalitätsprinzip. Die Garantenpflicht kann zB dadurch verletzt werden, dass eine Staatsanwält:in es über erhebliche Zeit unterlässt, Akten zu bearbeiten und Ermittlungen zu führen.S. dazu BGHSt 62, 312 (Rn. 27) m. Anm. Wagner, ZJS 2018, 81.

Begeht ein Amtsträger eine Strafvereitelung zugunsten eines Angehörigen, so bleibt er nicht straffrei. § 258a Abs. 3 StGB schließt nämlich unter anderem § 258 Abs. 6 StGB aus.

Außerdienstliche Kenntniserlangung

Ein klassisches Problem des § 258a StGB stellt die Frage dar, ob Amtsträger bei außerdienstlicher Kenntniserlangung von Straftaten die §§ 258 Abs. 1, 258a, 13 Abs. 1 StGB erfüllen, wenn sie keine Ermittlungen aufnehmen.

Beispiel: Staatsanwalt A erfährt auf einer Geburtstagsfeier, dass sein Freund F einen Diebstahl begangen hat. Um in seinem Freundeskreis nicht als „Verräter“ dazustehen und aus Verbundenheit zu F, ermittelt A nicht gegen ihn.

Bei außerdienstlicher Kenntniserlangung eine unbeschränkte Ermittlungspflicht anzunehmen, würde einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben der Amtsträger und damit in deren Allgemeines Persönlichkeitsrecht bedeuten. Sozialkontakte und Kommunikation mit Freunden und Familie würden erheblich belastet, wenn diese befürchten müssten, dass die Amtsträger bei jedem Anfangsverdacht Ermittlungen gegen sie anstellen müssten. Eine Ermittlungspflicht in diesen Fällen daher generell abzulehnen, würde auf der anderen Seite die Interessen des Staates nicht genügend berücksichtigen und ist zu pauschal.Dafür aber Krause, JZ 1984, 548 (550); Mitsch, NStZ 1993, 384 (385). Vielmehr wird man eine Abwägung zwischen den staatlichen Sanktionsinteressen und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Amtsträgers vornehmen müssen. Teilweise wird hierfür nach der Schwere der in Rede stehenden Straftat differenziert und nur bei Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB) eine Ermittlungspflicht angenommen, bei der Kenntnisnahme von Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB) hingegen nicht.Kretschmer, JA 2023, 469 (474). Andere stellen auf den Straftatenkatalog des § 138 StGB ab und nehmen eine Ermittlungspflicht nur bei den dort genannten Delikten an.Satzger, JURA 2007, 754 (763). Die Rspr. und überwiegende Ansicht sehen die formale Einordnung in § 12 Abs. 1 und 2 StGB oder § 138 StGB hingegen nur als Indiz an und entscheiden die Frage anhand einer umfassenden Betrachtung des Einzelfalles. Dabei ist zB einzubeziehen, wie schwer die Deliktsfolgen wiegen oder wie sehr das Rechtsempfinden der Allgemeinheit gestört würde, falls eine Strafverfolgung unterbleibt.BGH NStZ 1998, 194; Hecker, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 258a Rn. 11. Einschränkend verlangt die neuere Rspr. für eine Ermittlungspflicht des Amtsträgers jedoch, dass die betroffenen Straftaten „während seiner Dienstausübung fortwirken“, was etwa bei Dauerdelikten oder auf ständige Wiederholung ausgelegten Straftaten der Fall sein soll.BGHSt 38, 388 (391 f.); BGH NStZ 2000, 147; zust. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (412). Gegen diese Einzelfallbetrachtung kann eingewendet werden, dass dann oftmals unklar ist, ob eine Verfolgungspflicht besteht oder nicht, was Friktionen mit Art. 103 Abs. 2 GG hervorruft.Seebode, JZ 2004, 305 (308); dagegen BVerfG NJW 2003, 1030.

Konkurrenzen

Wird durch eine Handlung gleichzeitig die Verfolgung oder Vollstreckung zugunsten mehrerer anderer Personen vereitelt, so ist aus Klarstellungsgründen von Tateinheit auszugehen. Wird die Sanktionierung eines Vortäters durch mehrere Handlungen vereitelt, so liegt lediglich eine einzige Tat im Rechtssinne vor.BGH NStZ 2009, 692 (693). Zwischen den §§ 153164, 257, 259 StGB auf der einen und § 258 StGB auf der anderen Seite besteht bei Tatbegehung durch dieselbe Handlung Tateinheit, da unterschiedliche Rechtsgüter angegriffen werden. § 145d StGB ist ggü. der Strafvereitelung formell subsidiär. § 258a StGB verdrängt § 258 StGB als lex specialis.

Prüfungsschema

  1. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

      1. Verfolgungsvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB)

        1. Taugliche Vortat

          1. Straftat einer anderen Person

          2. Sanktionierbarkeit der Vortat

        2. Verfolgung ganz oder zum Teil vereitelt

      2. Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB)

        1. Taugliche Sanktion

          1. Gegen eine andere Person verhängte Strafe oder Maßnahme

          2. Rechtskräftige Verhängung

        2. Vollstreckung ganz oder zum Teil vereitelt

      3. Bei § 258a StGB: Tauglicher Täter (Amtsträger)

    2. Subjektiver Tatbestand: Mindestens dolus directus 2. Grades bzgl. des Eintritts des Vereitelungserfolgs, ansonsten dolus eventualis

  2. Rechtswidrigkeit

  3. Schuld

  4. Ggf. persönliche Strafausschließungsgründe, § 258 Abs. 5 bzw. 6 StGB (letzteres nicht bei § 258a StGB)

Prozessuales

Ob eine taugliche Vortat vorliegt oder nicht, entscheidet das für die Aburteilung der Strafvereitelung zuständige Gericht bei der Verfolgungsvereitelung selbst und ohne Bindung an eine etwaige Entscheidung eines anderen Gerichtes, das sich bereits separat mit der Vortat befasst hat.Jahn/Palm, JuS 2009, 408 (408). Für die Vollstreckungsvereitelung ist die materielle Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Urteils irrelevant (→ Rn. 17).

Die Strafandrohung des § 258 StGB beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Die Verfolgung der Strafvereitelung verjährt damit grds. gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren. Eine Besonderheit besteht aber darin, dass nach § 258 Abs. 3 StGB die Strafe nicht höher sein darf als das Höchstmaß der Vortat. Diese Beschränkung ist auch bei der Fristberechnung der Verfolgungsverjährung zu beachten. So beträgt zB bei einer Strafvereitelung bzgl. einer Vortat nach § 123 Abs. 1 StGB die Verjährungsfrist lediglich drei Jahre, § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB.

Studienliteratur und Übungsfälle

Studienliteratur:

  • Jahn/Palm, Die Anschlussdelikte – Strafvereitelung (§§ 258, 258a StGB), JuS 2009, 408

  • Kretschmer, Ein Blick auf die Anschlussdelikte – Schwerpunkte: die §§ 258 und 259 StGB – Teil II, JA 2023, 469

  • Satzger, Grundprobleme der Strafvereitelung (§ 258 StGB), Jura 2007, 754

Übungsfälle:

  • Goeckenjan, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: Probleme im Straßenverkehr und vor Gericht – Der misslungene Kinoabend, JuS 2008, 702

  • Koch/Loy, Übungsfall: Der bestohlene Erpresser, ZJS 2008, 170

  • Kuhlen, Strafrecht: Der Platztausch, JuS 1990, 396