Jens Gerlach Öffentliches Baurecht (Hessen): Übungsfälle Licensed under CC-BY-4.0

Übungsfall 3: Ganz schön hoch

Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO, Anspruch auf bauordnungsbehördliches Einschreiten, Baueinstellungsverfügung, bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, Einfügen, Gebot der Rücksichtnahme

Sachverhalt

N ist Eigentümer und Bewohner einer sieben Meter hohen, zweigeschossigen Stadtvilla in Gießen. Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Es ist Teil des mittleren von drei parallel liegenden Straßenzügen, die sich von Norn nach Süden ziehen und in denen sich über jeweils 700m in offener Bauweise (das heißt mit seitlichem Grenzabstand) Wohnhaus an Wohnhaus reiht. Die einzige Ausnahme ist eine Kita, die in einem Gebäude drei Häuser von der Stadtvilla des N untergebracht ist. Die Gebäude sind allesamt zwei- bis dreigeschossig. Wohn- und Schlafzimmer des N liegen auf der Ostseite der Stadtvilla in Richtung der Straße. Im Norden und Süden der Stadtvilla steht jeweils ein ähnliches Gebäude. Auf der Westseite befindet sich eine Terrasse, die vom Arbeitszimmer des N zugänglich ist, und daran anschließend der Garten des N, an den wiederum westlich das Grundstück der B angrenzt. Dieses Grundstück liegt an der westlich parallel liegenden Straße und ist das einzige bislang unbebaute Grundstück in der näheren Umgebung.

B ist Inhaberin eines Architektenbüros und möchte dafür auf ihrem Grundstück ein neues Bürogebäude errichten. Bevor mit den Planungen beginnt, will sie erst einmal sicher wissen, dass ein Bürogebäude in der Umgebung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Daher stellt sie beim Magistrat der Stadt Gießen eine entsprechende Bauvoranfrage. Im Januar 2022 erteilt ihr der Magistrat einen schriftlichen Bauvorbescheid, in dem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Grundstücks für ein Bürogebäude festgestellt wird. Eine schriftliche Ausfertigung des Bauvorbescheids mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung wird unter anderem auch dem N am 17. Januar 2022 übersandt. N kümmert sich darum nicht weiter.

Ohne einen Bauantrag zu stellen, lässt B im September 2022 mit der Errichtung des Bürogebäudes auf ihrem Grundstück beginnen. N ist davon überrascht, weil er seit dem 17. Januar 2022 weder von B noch vom Magistrat etwas zu den Plänen der B gehört hat. Daher gibt er sich als interessierter Passant aus und lässt sich von einem der Bauarbeiter auf dem Grundstück die Pläne zeigen. Aus den Plänen wird ersichtlich, dass das Bürogebäude seitlich leicht versetzt zu der Stadtvilla des N geplant ist, über fünf Geschosse und eine Höhe von 15m verfügen wird und in jedem Geschoss eine große Fensterfront in Richtung des Gartens und der Stadtvilla des N haben soll. Die bauordnungsrechtlich vorgegebenen Abstandsflächen zum Grundstück des N wird das Bürogebäude einhalten.

N bricht in Panik aus. Er empfindet die Pläne der B als rücksichtslos und befürchtet, dass sein Garten wegen der Einsichtsmöglichkeiten aus dem Bürogebäude seine Funktion als Erholungsbereich verliert. Der Neubau nehme umgekehrt auch dem N die freie Sicht aus seinem Garten und könne daher den Wert des Grundstücks des N erheblich mindern. Durch seine Höhe – die weit und breit kein Vorbild finde – werde das geplante Bürogebäude schließlich erdrückende Wirkung entfalten.

Mit diesen Sorgen wendet sich N im Oktober 2022 an den Magistrat der Stadt Gießen mit der Bitte, dem Bau der B sofort Einhalt zu gebieten. Der Magistrat sieht sich aber nicht veranlasst, tätig zu werden. Am 2. November 2022 stellt N daher beim Verwaltungsgericht Gießen einen Antrag gegen die Stadt Gießen auf „sofortigen Rechtsschutz“.

Hat der Antrag des N Aussicht auf Erfolg?

Lösungsvorschlag

Der Antrag des N hat Aussicht auf Erfolg, soweit er zulässig und begründet ist.

Zulässigkeit

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Mangels aufdrängender Sonderzuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Der Streit um den Erlass einer Baueinstellungsverfügung richtet sich nach Normen des öffentlichen Baurechts, das ausschließlich einen Träger öffentlicher Gewalt als solchen berechtigt und verpflichtet und damit nach der Sonderrechtslehre (modifizierten Subjektstheorie) dem öffentlichen Recht angehört. Es handelt sich daher um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Da nicht Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten, ist die Streitigkeit auch nichtverfassungsrechtlicher Natur. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist nicht ersichtlich. Somit ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

Statthafte Rechtsschutzform

Die statthafte Rechtsschutzform richtet sich nach dem Begehren des Rechtsschutzsuchenden (vgl. §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO). N beantragt, „sofortigen Rechtsschutz“. Dieser Antrag ist angesichts des Wortlauts ersichtlich auf einstweiligen Rechtsschutz gerichtet. Für den einstweiligen Rechtsschutz hält die VwGO (neben dem ersichtlich nicht einschlägigen § 47 Abs. 6 VwGO) einerseits Anträge nach §§ 80, 80a VwGO sowie andererseits nach § 123 Abs. 1 VwGO bereit. Zu prüfen ist, welcher konkrete Antrag statthaft ist.

Abgrenzung der Anträge nach §§ 80, 80a und § 123 Abs. 1 VwGO

Zunächst ist das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach §§ 80, 80a VwGO von dem nach § 123 Abs. 1 VwGO abzugrenzen. Nach § 123 Abs. 5 VwGO gehen Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO einem Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO vor. Anträge nach §§ 80 Abs. 5 S. 1 und 80a Abs. 3 VwGO zeichnen sich dadurch aus, dass der gerichtliche Rechtsschutz in der Anordnung oder Aufhebung der sofortigen Vollziehbarkeit eines für einen Beteiligten belastenden Verwaltungsakts bzw. umgekehrt in der Herstellung oder Aufhebung der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs gegen diesen Verwaltungsakt besteht. In einem Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO wird also stets um die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt gestritten.

Vertiefungshinweis zur Abgrenzung der Anträge

Gängig ist die Abgrenzungsformel, wonach ein Antrag nach §§ 80, 80a VwGO dann statthaft sei, wenn in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft ist. Mehr als eine „grobe Faustformel“ ist diese Abgrenzungsformel nicht.Schoch, in: Ehlers/Schoch (Hrsg.), Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2021, § 34 Rn. 91 und § 30 Rn. 13. Denn wenn etwa in den Fällen des § 80a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO der begünstigte Adressat der Baugenehmigung einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit stellt, ist aus seiner Sicht im Hauptsacheverfahren keine Anfechtungsklage statthaft (natürlich aber aus der Sicht des belasteten Nachbarn/Dritten). Richtig und präzise ist es daher, deutlich zu machen, dass nach §§ 80, 80a VwGO um die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt gestritten wird.

Zu prüfen ist damit, ob das Rechtsschutzbegehren des N darin liegt, die aufschiebende Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs herzustellen. Das ist dann der Fall, wenn B aus einem Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 HVwVfG – namentlich einer Baugenehmigung (§§ 74 Abs. 1, 62 Abs. 1 S. 1 HBO) – ein Recht ableiten kann, das Bürogebäude zu errichten, und ein Hauptsacherechtsbehelf des N gegen diesen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung entfaltet, aufgrund deren B von dem mit dem Verwaltungsakt gewährten Recht einstweilen keinen Gebrauch machen dürfte.

B verfügt jedenfalls über einen Bauvorbescheid hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Dieser Bauvorbescheid wurde N auch am 17. Januar 2022 bekannt gegeben (§ 41 Abs. 1 HVwVfG) und ist diesem gegenüber daher wirksam (§ 43 Abs. 1 S. 1 HVwVfG). Allerdings zeigt die gesetzliche Systematik mit den unterschiedlichen Vorschriften in § 74 und § 76 HBO, dass zwischen einer Baugenehmigung und einem Bauvorbescheid zu unterscheiden ist. Namentlich macht § 75 Abs. 1 HBO deutlich, dass nur die Baugenehmigung Gestaltungswirkung entfaltet, das heißt dem Bauherrn das Recht einräumt, mit der Ausführung des Vorhabens zu beginnen. Dem Bauvorbescheid fehlt diese Wirkung. Ausdrücklich hat der Magistrat der B damit keine Baugenehmigung erteilt. Da B auch keinen Bauantrag gestellt hat, dessen Eingang die dreimonatige Frist des § 65 Abs. 2 S. 2 HBO auslösen könnte, steht vorliegend auch keine Genehmigungsfiktion nach § 65 Abs. 2 S. 3 HBO im Raum. B verfügt damit nicht über eine Baugenehmigung, gegen die sich N mit einem Hauptsacherechtsbehelf zur Wehr setzen könnte.

Der Bauvorbescheid in Abgrenzung zu anderen RechtsinstitutenZu Bauvorbescheid und Teilbaugenehmigung siehe ausführlich Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 132 ff.; Kaiser, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), BesVerwR II, 4. Aufl. 2020, § 41 Rn. 60 ff.

Der Bauvorbescheid ist ein Verwaltungsakt, mit dem die Bauaufsichtsbehörde erklärt, dass einem Vorhaben bezogen auf einzelne Fragen nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Welche öffentlich-rechtlichen Vorschriften die Bauaufsichtsbehörde prüft, legt der Bauherr in seiner Bauvoranfragen fest (§ 76 Abs. 1 S. 1 HBO); sie müssen aber zum Prüfungsprogramm des Baugenehmigungsverfahrens (§ 65 Abs. 1 S. 1 HBO bzw. § 66 S. 1 HBO) gehören. Soweit der Bauvorbescheid nicht zurückgenommen oder widerrufen wird, ist er nach § 76 Abs. 1 S. 4 HBO für das Baugenehmigungsverfahren bindend. Die Bauaufsichtsbehörde darf also bei einer Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Baugenehmigungsverfahren (§ 74 Abs. 1 HBO) nicht mehr von ihrer Auffassung im Bauvorbescheid abweichen – selbst dann nicht, wenn sich die Rechtslage mittlerweile zu Ungunsten des Bauherrn verändert hat (etwa, weil inzwischen ein anderer Bebauungsplan erlassen wurde). Der Vorbescheid dient damit vor allem dem Investitionsschutz des Bauherrn: Er verringert das Risiko des Bauherrn, dass Investitionen in das Bauvorhaben wegen einer später verweigerten Baugenehmigung verloren gehen. Diese Bindungswirkung gilt für drei Jahre (§ 76 Abs. 1 S. 2 HBO). Für den Zeitraum bis zur Erteilung der Baugenehmigung ist es also der Bauvorbescheid, der das Vorhaben legalisiert.

Der wesentliche Unterschied des Bauvorbescheids zur Baugenehmigung nach § 74 HBO liegt darin, dass dem Bauvorbescheid keine Gestaltungswirkung zukommt: Er verändert die Rechtslage nicht dahingehend, dass der Bauherr nunmehr bauen dürfte. Das zeigt § 75 Abs. 1 HBO, der ausdrücklich eine Baugenehmigung verlangt.

Von einer Zusicherung nach § 38 HVwVfG unterscheidet sich der Bauvorbescheid zum einen dadurch, dass sich aus ihm kein Anspruch auf Erlass eines weiteren Verwaltungsakts, also der Baugenehmigung ableiten lässt. Er bindet die Bauaufsichtsbehörde lediglich bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit. Zum anderen verliert die Zusicherung bei nachträglicher Änderung der Sach- und Rechtslage ihre Bindungswirkung (§ 38 Abs. 3 HVwVfG), anders als der Bauvorbescheid.

Die Teilbaugenehmigung nach § 77 HBO entfaltet schließlich wie die Baugenehmigung und anders als der Bauvorbescheid Gestaltungswirkung, gibt den Bau also frei. Der Unterschied zur Baugenehmigung liegt darin, dass sich die Teilbaugenehmigung nicht auf das gesamte Vorhaben, sondern nur auf die Baugrube oder einzelne Bauteile oder Bauabschnitte bezieht (§ 77 Abs. 1 S. 1 HBO). Für die Erteilung einer Teilbaugenehmigung bedarf es neben der baurechtlichen Zulässigkeit des in Rede stehenden Teils eines vorläufigen positiven Gesamturteils dergestalt, dass die Erteilung der endgültigen Baugenehmigung zu erwarten ist. Hinsichtlich der abschließend genehmigten Bauteile entfaltet die Teilbaugenehmigung Bindungswirkung für das weitere Baugenehmigungsverfahren.

Das Rechtsschutzbegehren des N liegt damit nicht darin, die aufschiebende Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfs herzustellen. Damit ist nicht das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach §§ 80, 80a VwGO statthaft, sondern dasjenige nach § 123 Abs. 1 VwGO.

Ermittlung des konkreten Antrags in § 123 Abs. 1 VwGO

Innerhalb des § 123 Abs. 1 VwGO ist weiter zwischen einem Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung (S. 1) und einem Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung (S. 2) zu differenzieren. Während die Sicherungsanordnung bezweckt, den gegenwärtigen Zustand zu erhalten, erweitert eine Regelungsanordnung den Rechtskreis des Begünstigten.Schoch, in: Ehlers/Schoch (Hrsg.), Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2021, § 35 Rn. 29. Zwar will N verhindern, dass B weiter baut, und begehrt insofern, den gegenwärtigen tatsächlichen Zustand zu erhalten. Rechtlich betrachtet erweitert aber eine Verpflichtung des Magistrats der Stadt Gießen, eine Regelungsanordnung zu erlassen, den Rechtskreis des N, sodass sie im Wege einer Regelungsanordnung ergeht.

Vertiefungshinweis: Andere Auffassung gut vertretbar

Die Abgrenzung zwischen Sicherungs- und Regelungsanordnung erscheint in einigen Fällen – wie auch hier – nicht eindeutig. In der Klausursituation ist hier nicht das Ergebnis entscheidend, sondern die Begründung. Mit Blick auf die Begründetheit ergeben sich (nur) insoweit Unterschiede, als sich die Anforderungen des Gesetzes an den sog. Anordnungsgrund beim Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung aus § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ableiten lassen („wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte“), beim Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung aus § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO („wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint“).

Zwischenergebnis

Statthaft ist damit ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO.

Antragsbefugnis

Eilrechtsschutz soll nur derjenige beantragen können, der auch ein Hauptsacheverfahren einleiten kann. Analog § 42 Abs. 2 VwGO muss N folglich geltend machen, durch die Ablehnung des Erlasses einer Baueinstellungsverfügung in seinen Rechten verletzt zu sein. Das ist der Fall, wenn es möglich, das heißt nicht offenkundig ausgeschlossen ist, dass N einen Anspruch auf Erlass einer solchen Baueinstellungsverfügung gegen die Antragsgegnerin, die Stadt Gießen hat. Nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt. Daher kann sich N jedenfalls nicht ohne weiteres verfassungsunmittelbar auf Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG berufen.Vgl. Kaiser, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht II, 4. Aufl. 2020, § 41 Rn. 173. Stattdessen ist im einfachen Gesetzesrecht auf Vorschriften zurückzugreifen, die ein subjektiv-öffentliches Recht begründen. Ein subjektiv-öffentliches Recht gewähren solche Normen, die nicht nur den Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz des Einzelnen zu dienen bestimmt sind (Schutznormlehre).BVerwG, NJW 1994, 1604 (1605). Auf eine solche Schutznorm kann N sich berufen, soweit er in den persönlichen und sachlichen Schutzbereich der Vorschrift fällt. Zu repressiven bauaufsichtlichen Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörde ermächtigen die §§ 80 ff. HBO.

Vertiefungshinweis zur repressiven Bauaufsicht

Die Baueinstellungsverfügung ist neben der Nutzungsuntersagung (§ 82 Abs. 1 S. 2 HBO) und der Beseitigungsverfügung (§ 82 Abs. 1 S. 1 HBO) eine von drei in der Praxis und Klausur besonders relevanten repressiven bauaufsichtlichen Maßnahmen. Bei der repressiven Bauaufsicht wird die Bauaufsichtsbehörde tätig, weil ein bereits umgesetztes Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht und einstweilen oder endgültig rechtmäßige Zustände hergestellt werden sollen.Ausführlich zur repressiven Bauaufsicht Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 136 ff.

Alle drei genannten Maßnahmen der repressiven Bauaufsicht setzen tatbestandlich einen Widerspruch des Vorhabens zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraus. Bei der Prüfung ist zu beachten, dass eine Baugenehmigung oder ein Bauvorbescheid ein Vorhaben in bestimmten Umfang legalisieren kann und damit formellen Bestandsschutz vermittelt: Träger öffentlicher Gewalt sind daran gebunden, dass die Baugenehmigung das Vorhaben für mit denjenigen Vorschriften vereinbar erklärt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (§ 74 Abs. 1, §§ 65 Abs. 1 S. 1, 66 S. 1 HBO). Das gilt auch dann, wenn das Vorhaben diesen öffentlichen-Vorschriften mittlerweile nicht mehr entspricht, weil sich die Rechtslage geändert hat. Die Legalisierungswirkung führt dazu, dass die Tatbestandsvoraussetzungen („im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften“) der §§ 81 f. HBO als nicht erfüllt anzusehen sind. Die Baugenehmigung muss daher zunächst nach §§ 48, 49 HVwVfG aufgehoben werden, ehe gegen die bauliche Anlage oder ihre Nutzung vorgegangen werden kann.

Die Baueinstellungsverfügung als mildeste der drei Maßnahmen ist rechtlich schon dann zulässig, wenn das Vorhaben bloß formell illegal ist – ein Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften muss nicht vorliegen. Das ergibt sich ausdrücklich aus § 82 S. 2 Nr. 1 HBO.Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 140. Dass das Vorhaben materiell rechtmäßig ist und damit genehmigt werden könnte, macht eine Baueinstellungsverfügung auch nicht ermessensfehlerhaft. Denn der Bauherr hat stets die Möglichkeit, zunächst die Baugenehmigung zu beantragen und sodann die Aufhebung der Baueinstellungsverfügung zu beantragen.

Auch für eine Nutzungsuntersagung als mittlere der drei repressiven Maßnahmen reicht grundsätzlich eine bloße formelle Illegalität aus.VGH Kassel, NVwZ 2016, 1101 (Rn. 12); Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 141 f.; Will, in: Gornig/Horn/Will, Öffentliches Recht in Hessen, 2. Aufl. 2022, 3. Teil Öffentliches Baurecht § 5 Rn. 661. Das ergibt sich systematisch daraus, dass § 82 Abs. 2 HBO auf die Möglichkeit der Bauaufsichtsbehörde hinweist, zu verlangen, dass ein erforderliches Baugenehmigungsverfahren durchgeführt wird. Bei der Prüfung von Ermessensfehlern (§ 114 S. 1 VwGO) stellt sich sodann die Frage, ob und wie lange die Nutzungsuntersagung erforderlich und damit verhältnismäßig ist. Ist das Vorhaben materiell illegal, kann es nicht genehmigt werden; die Nutzungsuntersagung ist dann dauerhaft erforderlich. Ist das Vorhaben demgegenüber nur formell illegal, so ist die Nutzungsuntersagung nur so lange erforderlich, bis das Vorhaben genehmigt und die formelle Illegalität damit beseitigt ist. Damit ist sich in solchen Fällen nur eine vorläufige Nutzungsuntersagung rechtlich zulässig.

Die Beseitigungsverfügung als schwerstwiegende der drei repressiven Maßnahmen setzt demgegenüber jedenfalls die materielle Illegalität des Vorhabens voraus (siehe dazu Übungsfall 4: Bistro mit Anbau).

Zum Erlass einer Bausteinstellungsverfügung ermächtigt § 81 HBO. Einen Anspruch auf bauordnungsbehördliches Einschreiten kann N aus dieser Vorschrift unter zwei Voraussetzungen geltend machen:Dazu VGH Kassel, LKRZ 2015, 104 (106); NVwZ 2016, 1101 (Rn. 12); Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 167. Erstens muss § 81 HBO drittschützende Wirkung zugunsten des N entfalten; die tatbestandlichen Voraussetzungen müssen also auch dem Schutz des N zu dienen bestimmt sein. Und zweitens muss es möglich sein, dass der Anspruch begründet ist, die drittschützenden tatbestandlichen Voraussetzungen also erfüllt sind und die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde gebunden bzw. ein ihr zustehendes Ermessen auf Null reduziert ist.

Drittschützende Wirkung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 81 HBO zugunsten des N

§ 81 S. 1 HBO setzt voraus, dass eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert, abgebrochen oder beseitigt wird. Diese tatbestandliche Voraussetzung wirkt insoweit drittschützend, als die Errichtung des Bürogebäudes durch B gerade im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, die ihrerseits drittschützend sind. Denkbar ist hier unter anderem ein Widerspruch zum Bauplanungsrecht, namentlich zu § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist ein Vorhaben grundsätzlich zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Ob § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB den Interessen Einzelner zu dienen bestimmt ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Mit dem Erfordernis, dass sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, macht § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB deutlich, dass der Bauherr Rücksicht auf die nähere Umgebung zu nehmen hat. Die Norm ist somit Ausfluss des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme. Diese Erkenntnis allein genügt allerdings nicht, um § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB drittschützende Wirkung beizumessen. Vielmehr begründet das Gebot der Rücksichtnahme im Ausgangspunkt eine rein objektive Verpflichtung des Trägers der Bauaufsichtsbehörde, die jeweils gebotene Rücksichtnahme mit öffentlich-rechtlichen Handlungsformen zu gewährleisten, also etwa bei der Erteilung einer Baugenehmigung. Das dient in erster Linie den Interessen der Allgemeinheit. Eine subjektiv-rechtliche Wirkung dergestalt, dass Einzelne vom Träger der Bauaufsichtsbehörde verlangen können, das gebotene Maß an Rücksichtnahme durchzusetzen, entfaltet das Gebot der Rücksichtnahme nur durch solche Vorschriften, bei denen sich aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.BVerwG, NVwZ 1987, 409. Siehe dazu auch Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 157. Individualisierendes Tatbestandsmerkmal in § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist die Wendung „der näheren Umgebung“. Mit diesem Merkmal macht die Vorschrift den Personenkreis bestimmbar, auf dessen Interessen Rücksicht zu nehmen ist. Zugunsten dieses Personenkreises entfaltet § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB damit drittschützende Wirkung.

N ist dinglich an einem Grundstück in der näheren Umgebung berechtigt und fällt damit persönlich in den Schutzbereich von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Sachlich setzt die Vorschrift als Ausprägung des Gebots der Rücksichtnahme voraus, dass N mit einem schutzwürdigen Belang in qualifizierter Weise individuell betroffen ist (sog. partieller Nachbarschutz).BVerwG, NVwZ 1987, 409. N macht ist hier von einer möglichen erdrückenden Wirkung des Bürogebäudes der B betroffen und macht damit eine mögliche qualifizierte individuelle Betroffenheit in einem schutzwürdigen Belang geltend.

Damit entfaltet § 81 S. 1 HBO i.V.m. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB drittschützende Wirkung zugunsten des N.

Klausurhinweis: Verhältnis von Zulässigkeits- und Begründetheitsprüfung

Wie schon in Übungsfall 2: Laute Kfz-Werkstatt dargelegt, reicht es für die Antragsbefugnis schon, dass nur ein Recht des Antragsstellers möglicherweise verletzt ist. Es empfiehlt sich daher, hier dasjenige der in Betracht kommenden verletzten Rechte aufzugreifen, das sich am einfachsten herleiten lässt. Dabei kann, wenn es um Rechte aus dem Bauplanungsrecht geht, die Anwendbarkeit der Vorschrift über den jeweils einschlägigen Gebietstypen (§ 30, § 34 oder § 35 BauGB) an dieser Stelle einfach stillschweigend unterstellt, in der Begründetheit dann begründet werden. Die übrigen Rechte des Antragsstellers werden erst in der Begründetheit hergeleitet (siehe unten). In hiesigen Fall könnte in der Antragsbefugnis genauso gut der Gebietserhaltungsanspruch aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO hergeleitet werden. Allerdings wird sich in der Begründetheit zeigen, dass die Verletzung dieser Vorschriften angesichts des bestandskräftigen Vorbescheids relativ offenkundig ausgeschlossen ist.

Möglichkeit der Begründetheit des Anspruchs

Es ist nicht offenkundig ausgeschlossen und damit möglich, dass die Errichtung des Bürogebäudes durch B hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung im Widerspruch zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB steht, der drittschützende Wirkung zugunsten des N entfaltet. Damit ist es möglich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 81 S. 1 HBO, die drittschützende Wirkung zugunsten des N entfalten, erfüllt sind.

Der Erlass einer Baueinstellungsverfügung steht nach § 81 S. 1 HBO im Ermessen (§ 40 HVwVfG) der Bauaufsichtsbehörde. Es ist aber nicht offenkundig ausgeschlossen und damit möglich, dass das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde auf Null reduziert ist.

Somit ist es möglich, dass ein Anspruch des N aus § 81 S. 1 HBO begründet ist.

Zwischenergebnis

N hat möglicherweise einen Anspruch gegen die Stadt Gießen auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung gegen B aus § 81 S. 1 HBO. N ist somit antragsbefugt.

Richtiger Antragsgegner

N hat den Antrag im Einklang mit dem Rechtsträgerprinzip zurecht gegen die Stadt Gießen als Rechtsträgerin des Magistrats gerichtet, der die beantragte Baueinstellungsverfügung unterlassen hat.

Beteiligungs- und Prozessfähigkeit

Der Antragssteller N ist als natürliche und nach dem bürgerlichen Recht geschäftsfähige Person (§§ 2, 104 ff. BGB) nach § 61 Nr. 1 Var. 1 VwGO beteiligungsfähig und nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO prozessfähig. Die Antragsgegnerin, die Stadt Gießen, ist als juristische Person (§ 1 Abs. 2 HGO) nach § 61 Nr. 1 Var. 2 VwGO beteiligungsfähig und lässt sich im Prozess nach § 62 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 71 Abs. 1 S. 1 HGO durch den Magistrat vertreten.

Zuständigkeit des Gerichts

Gemäß § 123 Abs. 2 S. 1 VwGO ist das Gericht der Hauptsache für den Erlass einstweiliger Anordnung zuständig, das heißt nach § 123 Abs. 2 S. 2 VwGO grundsätzlich das Gericht des ersten Rechtszugs. Das ist hier gemäß §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 HessAGVwGO das Verwaltungsgericht Gießen.

Rechtsschutzbedürfnis

Dem N fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine stattgebende Entscheidung des Gerichts seine rechtliche Stellung nicht verbessern kann oder er auf andere Weise einfacher und schneller zu seinem Ziel kommt.

Erfordernis eines vorherigen Antrags bei der Behörde

Eine Regelungsanordnung ergeht nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ausdrücklich in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis. Ein Rechtsverhältnis ist nur streitig, wenn ein vorheriger Antrag bei der Behörde auf die begehrte Leistung erfolglos geblieben ist. Da N einen solchen Antrag beim Magistrat der Stadt Gießen ohne Erfolg gestellt hat, fehlt ihm insoweit nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Kein Erfordernis einer mindestens gleichzeitigen Erhebung eines Hauptsacherechtsbehelfs

Dass es für den Antrag keiner vorherigen Klageerhebung im Hauptsacheverfahren bedarf, bestimmt § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ausdrücklich. Diese Bestimmung gilt für § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO entsprechend. Dem N fehlt es daher auch nicht mangels Erhebung eines Verpflichtungswiderspruchs am Rechtschutzbedürfnis.

Kein Vorrang des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten

Schließlich hat N zwar möglicherweise nachbarliche Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, zu deren Durchsetzung er den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten beschreiten könnte (§ 13 GVG). Da der öffentlich-rechtliche und der privatrechtliche Nachbarschutz aber gleichrangig nebeneinanderstehen, schließt diese Möglichkeit das Rechtsschutzbedürfnis im Verwaltungsrechtsweg aber nicht aus.Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 154 f.

Zwischenergebnis

Der Antrag des N ist zulässig.

Klausurhinweis: Prüfung der Beiladung unter B.?

Analog § 65 Abs. 2 VwGO ist B notwendig beizuladen, weil die begehrte Entscheidung – Verpflichtung der Stadt Gießen, gegenüber B die Baueinstellung zu verfügen – mittelbar zu einer Gestaltung der Rechte der B führen und so gegenüber N und B nur einheitlich ergehen kann. Häufig wird vorgeschlagen, die Beiladung unter B. zwischen Zulässigkeit und Begründetheit des Rechtsbehelfs zu prüfen.Zum Beispiel bei Will, in: Gornig/Horn/Will, Öffentliches Recht in Hessen, 2. Aufl. 2022, 3. Teil Öffentliches Baurecht § 5 Rn. 643. Logisch und sinnvoll ist das nicht. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, nach denen allein gefragt ist, hängen nicht davon ab, ob das Gericht die B entsprechend der Verpflichtung aus § 65 Abs. 2 VwGO beilädt. Entscheidend ist allein, inwieweit der Rechtsbehelf zulässig und begründet ist. Daher lautet der Obersatz der Prüfung so, wie er lautet, und sind in der Folge auch nur diese beiden Voraussetzungen – Zulässigkeit und Begründetheit – im Gutachten zu prüfen. In einer Examensklausur dürfte es dennoch ratsam sein, die Beiladung unter B. zu prüfen für den Fall, dass die Beiladung in der Lösungsskizze der Examensklausur auftaucht.

Begründetheit

Der Antrag des N auf Erlass einer Regelungsanordnung ist begründet, soweit die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Erforderlich sind also ein Anordnungsgrund und, wie sich aus dem Begriff des Rechtsverhältnisses ableiten lässt, ein Anordnungsanspruch. Da sich die begehrte gerichtliche Anordnung auf den Zeitraum bis zu einer bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache beschränkt, sich die Verpflichtung des Magistrats, eine Baueinstellung zu verfügen, also nur auf diesen Interimszeitraum beschränkt, nimmt die begehrte einstweilige Anordnung die Hauptsache nicht vorweg. N muss die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund daher nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nur glaubhaft machen.

Vertiefungshinweis: Zulässige und unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache

Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache bedeutet, dass der Rechtsschutzsuchende mit der gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz nicht schon so gestellt werden darf, als ob er schon im Hauptsacheverfahren Erfolg gehabt hätte.BVerwG, NVwZ-RR 2016, 60 (Rn. 21); VGH Kassel, NVwZ 2016, 1101 (Rn. 9). Was das im Einzelnen bedeutet, ist umstritten.

Die Rechtsprechung scheint überwiegend davon auszugehen, dass die Hauptsache schon dann vorweggenommen wird, wenn die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz sachlich derjenigen entspricht, die auch im Hauptsacheverfahren erginge.Vgl. VGH Kassel, NVwZ 2016, 1101 (Rn. 9). Der Rechtsschutzsuchende soll somit im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht schon diejenige Rechtsposition zugesprochen bekommen können, die er erst mit dem Hauptsacheverfahren erreichen kann. Würde der Magistrat dazu verpflichtet, gegenüber der B – wenn auch nur befristet bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren – eine Baueinstellung zu verfügen, wäre darin nach diesen Maßgaben eine Vorwegnahme der Hauptsache zu sehen.

Diese Auffassung überzeugt nicht. Es ist gerade Sinn des einstweiligen Rechtsschutzes, Rechte während eines Interimszeitraums zu schützen, das heißt den materiellen Anspruch des Rechtsschutzsuchenden – den er im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes immerhin glaubhaft machen muss – während dieser Zeit zu sichern. Richtigerweise wird die Hauptsache daher nur dann vorweggenommen, wenn sich die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz in zeitlicher Hinsicht nicht auf eine vorläufige Regelung beschränkt, die bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren befristet ist. Die Vorwegnahme der Hauptsache ist also nicht nach sachlichen, sondern nach zeitlichen Kriterien zu bestimmen.So ausführlich Schoch, in: Ehlers/Schoch (Hrsg.), Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2021, § 35 Rn. 62 ff.

Anderes gilt dann, wenn auch eine einstweilige Regelung irreversible Fakten für die Zukunft schafft und die Hauptsacheentscheidung damit gegenstandslos macht. Das betrifft in erster Linie zeitgebundene Maßnahmen wie den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu bestimmten Terminen.Schoch, in: Ehlers/Schoch (Hrsg.), Rechtsschutz im Öffentlichen Recht, 2021, § 35 Rn. 67. In solchen Fällen wird die Hauptsache tatsächlich trotz Befristung der Entscheidung vorweggenommen.

Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nicht in allen Fällen unzulässig. Namentlich die Garantie effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG kann verlangen, dass die Hauptsache vorweggenommen wird, wenn das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache für den Antragssteller schlechthin unzumutbar wäre.BVerwG, NVwZ-RR 2016, 60 (Rn. 21). In solchen Fällen erhöht die Rechtsprechung dann aber die Anforderungen an die Begründetheit des Antrags: Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen nicht nur glaubhaft gemacht werden, das heißt überwiegend wahrscheinlich vorliegen, sondern sogar hoch wahrscheinlich.VGH Kassel, NVwZ 2016, 1101 (Rn. 10). Da die Frage, ob die Hauptsache vorweggenommen wird, sich auf den Prüfungsmaßstab (“Glaubhaftmachung” oder “hohe Wahrscheinlichkeit”) auswirkt, sollte diese Frage schon im Rahmen des Obersatzes der Begründetheit aufgeworfen werden.

Glaubhaft gemachter Anordnungsanspruch

N kann einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass er gegen die Stadt Gießen einen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung besitzt.

Anspruchsgrundlage

Bei dem zu errichtenden Bürogebäude handelt es sich um eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 HBO, sodass die HBO anwendbar ist (§ 1 Abs. 1 S. 1 HBO). Grundlage für einen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung ist § 81 S. 1 HBO.

Anspruchsverpflichtung der Stadt Gießen

Für den Erlass einer Baueinstellungsverfügung ist der Magistrat in den Sonderstatus-Städten als unter Bauaufsichtsbehörde sachlich zuständig (§ 60 Abs. 1 S. 3, S. 1 Nr. 1 Buchst. a) HBO). Örtlich zuständig ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 HVwVfG in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, diejenige Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. Damit wird aus einem etwaigen Anspruch des N auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung für ein Grundstück in Gießen die Stadt Gießen verpflichtet (sie ist passiv legitimiert).

Anspruchsvoraussetzungen

Der Anspruch aus § 81 S. 1 HBO setzt, wie oben festgestellt, voraus, dass das Bürogebäude im Widerspruch zu solchen öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wird, die drittschützende Wirkung zugunsten des N entfalten, und dass das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde auf Null reduziert ist.

Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB
Anwendbarkeit von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB

Zunächst stellt sich die Frage, ob sich die Zulässigkeit der Errichtung des Bürogebäudes nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB bemisst. Die Anwendbarkeit der §§ 3037 BauGB setzt ein Vorhaben nach § 29 Abs. 1 BauGB voraus. Die Errichtung des Bürogebäudes mit ihren Wirkungen zulasten der Nachbargebäude kann bodenrechtliche SpannungenZum Erfordernis der bodenrechtlichen Relevanz der Anlage im Rahmen von § 29 Abs. 1 BauGB siehe Wickel, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), BesVerwR II, 4. Aufl. 2020, § 40 Rn. 207. auslösen und stellt sich damit als Errichtung von baulichen Anlagen im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB dar. Damit ist die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach den §§ 3037 BauGB zu beurteilen.

Das Grundstück der B befindet sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sodass sich das Vorhaben nicht nach § 30 BauGB, sondern nach § 34 oder 35 BauGB richtet. Die Anwendbarkeit von § 34 BauGB setzt voraus, dass sich das Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet (§ 34 Abs. 1 S. 1 BauGB). Ein Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Ein Ortsteil ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.BVerwGE 31, 22 (26); BVerwG, NVwZ 1984, 434; ausführlich zum Begriff des im Zusammenhang bebauten Ortsteils Will, in: Gornig/Horn/Will, Öffentliches Recht in Hessen, 2. Aufl. 2022, 3. Teil Öffentliches Baurecht § 4 Rn. 371 ff.; Wickel, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht II, 4. Aufl. 2020, § 40 Rn. 229 ff. Das Grundstück der B befindet sich inmitten eines von drei nebeneinanderliegen Straßenzügen, innerhalb deren sich Gebäude an Gebäude reiht, ohne dass die Bebauung durch große Lücken unterbrochen wäre. Die einzige Baulücke ist das bisherige Grundstück der B. Allerdings stellt sich diese Baulücke nicht als „Außenbereichsinsel“ dar: Sie stellt angesichts ihrer geringen Größe und umgekehrt der Größe des übrigen Bebauungszusammenhangs den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit des Bebauungszusammenhangs über die Baulücke auf dem Grundstück der B nicht in Frage. Zudem hat der Bebauungszusammenhang mit zahlreichen vorhandenen Bauten ein erhebliches Gewicht und ist auch Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Das Grundstück der B liegt damit innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile.

Jedenfalls hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung bemisst sich die Zulässigkeit der Errichtung des Bürogebäudes damit nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB.

Drittschützende Wirkung von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB zugunsten des N

§ 34 Abs. 1 S. 1 BauGB entfaltet, wie im Rahmen der Antragsbefugnis festgestellt, drittschützende Wirkung zugunsten des N.

Widerspruch zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB

Für einen Widerspruch zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist erforderlich, dass sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die nähere Umgebung des Grundstücks der B ist geprägt durch zwei- und dreigeschossige Gebäude. Die Stadtvilla des N ist sieben Meter hoch, was angesichts seiner Zweigeschossigkeit einer üblichen Höhe in der näheren Umgebung entsprechen dürfte. Demgegenüber soll das geplante Bürogebäude der B über fünf Geschosse verfügen und 15m hoch werden. Ein solches Maß der baulichen Nutzung liegt deutlich über dem in der näheren Umgebung Üblichen und fügt sich damit nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Ein solcher Widerspruch zu objektivem Recht reicht allerdings für einen Anspruch des N noch nicht aus. Damit N sich auf einen Widerspruch zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB berufen kann, muss das Vorhaben der B zusätzlich die gebotene Rücksicht auf das Grundstück des N vermissen lassen. Von ihm müssen also städtebaulich relevante, unzumutbare Beeinträchtigungen der Möglichkeiten des N ausgehen, sein Grundstück zu nutzen.OVG Magdeburg, BeckRS 2021, 2666 Rn. 18 f. Zur Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze sind die Interessen des Bauherrn, die Schutzwürdigkeit des Dritten, die Intensität der Beeinträchtigung und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, gegeneinander abzuwägen.BVerwG, NJW 1978, 62 (63); NJW 1984, 138 (139). Die Abwägung hat sich an der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke zu orientieren. Der (faktischen) Gebietsart kommt in der Abwägung eine hohe, aber nicht notwendigerweise entscheidende Bedeutung zu. Auch faktische Vorbelastungen können dazu führen, dass sich die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme vermindert und Beeinträchtigungen in weitergehendem Maße zumutbar sind, als sie sonst in der näheren Umgebung hinzunehmen wären. Die Zumutbarkeit der Beeinträchtigungen durch das Bürogebäude der B ist hier mit Blick auf mehrere Aspekte gesondert zu bestimmen.

(1) Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des N

Möglicherweise beeinträchtigen die Einsichtsmöglichkeiten aus dem geplanten Bürogebäude mit seinen Fensterfronten in Richtung des Gartens und der Stadtvilla die Nutzungsmöglichkeiten des N unzumutbar. Allerdings gehört es in bebauten innerörtlichen Bereichen zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken bzw. Gebäuden aus Einsicht in das eigene Grundstück oder Gebäude genommen werden kann. Einsichtsmöglichkeiten sind daher in der Regel hinzunehmen. Etwas anderes kann in Extremfällen gelten, wenn die Verhältnisse derart beengt sind, dass den Nachbarn praktisch keine Privatsphäre mehr verbleibt. Dafür müssen aber die Einsichtsmöglichkeiten den letzten intimen, der privaten Lebensgestaltung des Nachbarn zugeordneten Raum zerstören. Beispiele dafür sind, dass durch die Errichtung eines Balkons qualifizierte Einsichtsmöglichkeiten wie von einer „Aussichtsplattform“ in ein sehr nahes Schlafzimmerfenster geschaffen werden, dass eine Dachterrasse aus kurzer Entfernung Einsichtsmöglichkeiten nicht nur in einen Innenhof, sondern auch in die Fenster eines Nachbargebäudes eröffnet oder dass eine bauliche Anlage den alleinigen Zweck hat, als Aussichtsplattform für eine Vielzahl wechselnder Besucher aus großer Höhe zu dienen. Im Übrigen gibt es grundsätzlich keinen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten in bestehende Wohn- oder Ruhebereiche.Dazu OVG Magdeburg, BeckRS 2021, 2666 Rn. 26.

Hier bietet das geplante Bürogebäude mit seinen Fensterfronten zwar deutliche Einsichtsmöglichkeiten in den Garten, auf die Terrasse und möglicherweise auch in das Gebäude des N. Allerdings liegt auf dieser westlichen Seite der Stadtvilla nur das Arbeitszimmer des N. Das Wohn- und Schlafzimmer liegen dagegen auf der östlichen Seite, die von dem geplanten Bürogebäude nicht einsehbar ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Fensterfronten den alleinigen Zweck hätten, einer unbestimmten Zahl von wechselnden Besuchern Aussichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des N zu bieten. Damit zerstören die Einsichtsmöglichkeiten nicht vergleichbar mit den oben genannten Beispielen weitgehend den der privaten Lebensgestaltung zugeordneten Raum des N. Die Einsichtsmöglichkeiten beinträchtigen die Nutzungsmöglichkeiten des N somit im Ergebnis nicht unzumutbar.

(2) Wertminderung des Grundstücks des N

Zu prüfen ist weiter, ob eine zu erwartende Wertminderung des Grundstücks den N unzumutbar beeinträchtigt. Dass die Bebauung des bislang unbebauten, unmittelbar angrenzenden Grundstücks der B den Wert des Grundstücks des N mindert, erscheint durchaus denkbar. Allerdings geht es bei der Frage nach einer unzumutbaren Beeinträchtigung des N gerade um seine Möglichkeiten, sein eigenes Grundstück zu nutzen. Eine Wertminderung als solche – die typischerweise mit jeder Nachbarbebauung einhergeht – beeinträchtigt die Nutzungsmöglichkeiten nicht, sondern kann allenfalls ein Indiz mit Blick auf die Bestimmung der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten sein.Dazu OVG Magdeburg, BeckRS 2021, 2666 Rn. 28. Insoweit lässt sich dem Sachverhalt aber nichts weiter entnehmen.

(3) Erdrückende Wirkung des Bürogebäudes

Schließlich stellt sich die Frage, ob das Bürogebäude erdrückende oder abriegelnde Wirkung entfaltet und die Nutzungsmöglichkeiten des N unter diesem Gesichtspunkt unzumutbar beeinträchtigt. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht, die wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung einem benachbarten Grundstück förmlich „die Luft nehmen“. Dafür muss für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ entstehen, von der baulichen Anlage eine „Riegelwirkung“ ausgehen oder die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls derartig übermächtig sein, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.Dazu OVG Magdeburg, BeckRS 2021, 2666 Rn. 24.

Hier ist das geplante fünfgeschossige Bürogebäude der B doppelt so hoch wie die zweigeschossige Stadtvilla des N. Dieser Höhenunterschied ist noch nicht so groß, dass das Bürogebäude dominierenden Charakter gegenüber der Stadtvilla entfalten könnte. Zumindest ein Indiz gegen eine erdrückende Wirkung ist der Umstand, dass das Vorhaben der B die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhält, die sich gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 HBO nach der Wandhöhe bemessen und damit den Bedürfnissen des Nachbarn nach Brandschutz, ausreichender Belichtung, Belüftung und einem Sozialabstand zur Wahrung des Wohnfriedens Rechnung tragen.Näher zur Funktion der Abstandsflächenregelungen Hermes, in: Hermes/Reimer (Hrsg.), Landesrecht Hessen, 10. Aufl. 2022, § 6 Rn. 68 f.; Kaiser, in: Ehlers/Fehling/Pünder (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht II, 4. Aufl. 2020, § 41 Rn. 93 ff. Hinzu kommt hier, dass das Bürogebäude seitlich leicht versetzt zu der Stadtvilla des N geplant ist und das Grundstück des N damit schon frontal nicht „einmauert“. Schließlich spricht gegen eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung, dass N weiterhin freie Sicht von seiner Terrasse in den Garten hat, die anderen beiden Nachbargebäude in offener Bauweise und dadurch mit Grenzabstand zum Grundstück des N errichtet sind und die Sicht aus dem Wohn- und Schlafzimmer des N in Richtung der Straße frei ist. Nach alledem entfaltet das Bürogebäude keine erdrückende Wirkung und beeinträchtigt die Nutzungsmöglichkeiten des N auch unter diesem Gesichtspunkt nicht unzumutbar.

(4) Zwischenergebnis

Die Errichtung des Bürogebäudes beeinträchtigt die Nutzungsmöglichkeiten des N nicht unzumutbar.

Zwischenergebnis

Das Bürogebäude der B fügt sich zwar nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Da es aber nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die Möglichkeiten des N vermissen lässt, sein Grundstück zu nutzen, kann N sich nicht auf einen Widerspruch zu § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB berufen.

Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO
Anwendbarkeit von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO

An § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist grundsätzlich auch die Zulässigkeit eines Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung zu beurteilen. Mit Blick auf die Art der baulichen Nutzung geht § 34 Abs. 2 BauGB dem § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB allerdings für den Fall vor, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete in § 1 Abs. 2 BauNVO entspricht. Dann beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach den §§ 214 BauNVO in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, wobei auch § 15 Abs. 1 BauNVO entsprechend anwendbar ist. Da sich in der näheren Umgebung allein Wohngebäude und eine Kita finden, entspricht die nähere Umgebung einem reinen Wohngebiet im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2, § 3 BauNVO. Mit Blick auf die Art der baulichen Nutzung sind damit § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO (und § 15 Abs. 1 BauNVO) maßgeblich.

Vertiefungshinweis zum Verhältnis von § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB

§ 34 Abs. 2 BauGB ist von dem Gedanken getragen, dass die §§ 2 ff. BauNVO nicht nur dann für eine gute städtebauliche Ordnung sorgen, wenn die Gemeinde ein Baugebiet nach § 1 Abs. 2 BauNVO in einem Bebauungsplan festgesetzt hat, sondern auch dann, wenn die nähere Umgebung „zufällig“ einem solchen Baugebiet entspricht. Damit sich ein solches „faktisches Baugebiet“ organisch entwickelt, gelten für die Art der baulichen Nutzung dann über § 34 Abs. 2 BauGB die §§ 215 BauNVO entsprechend. Mit Blick auf alle anderen bauplanungsrechtlichen Anforderungen an das Vorhaben bleibt es beim Maßstab in § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB, sodass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens dann teils nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB und teils nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet.

Drittschützende Wirkung von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO zugunsten des N

Ob § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO den Interessen Einzelner zu dienen bestimmt ist, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln: Aus dem Wortlaut ergibt sich eine drittschützende Wirkung nicht unmittelbar. Ein Blick auf die Systematik der §§ 214 BauNVO zeigt aber, dass die Vorschriften die Möglichkeiten der Bewohner eines Plangebiets einschränken, ihr eigenes Grundstück zu nutzen. Als Folge dieser öffentlich-rechtlichen Beschränkungen können die Bewohner gegenüber anderen Bewohnern verlangen, dass diese sich ebenfalls an die Vorgaben halten. Die Interessen der Bewohner sind so miteinander verwoben (man spricht von einer „Schicksalsgemeinschaft“), dass sie wechselseitig voneinander die Einhaltung der gebietstypischen Beschränkungen einfordern können (Gebietserhaltungsanspruch).BVerwG NJW 1994, 1546. Damit geht ein subjektives öffentliches Recht einher: Der Anspruch richtet sich gegen den Hoheitsträger und ist darauf gerichtet, die gebietstypischen Beschränkungen (etwa auch bei Erteilung einer Baugenehmigung) durchzusetzen, Vorhaben also nur dann zuzulassen, wenn sie in dem konkreten Baugebiet entweder allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind. Das gilt durch die Verweisung in § 34 Abs. 2 BauGB im faktischen Baugebiet in gleicher Weise wie im festgesetzten Plangebiet.BVerwG, NJW 1994, 1546 (1547).

Da alle dinglich an Grundstücken Berechtigten in einem festgesetzten Plangebiet den Beschränkungen der §§ 214 BauNVO unterworfen sind, haben persönlich alle dinglich Berechtigten im festgesetzten Plangebiet diesen Gebietserhaltungsanspruch inne. Im Anwendungsbereich von § 34 Abs. 2 BauGB, das heißt bei einem faktischen Baugebiet wird dieser persönliche Schutzbereich verengt durch das Merkmal „der näheren Umgebung“. Das Grundstück des N liegt im selben faktischen Baugebiet wie das Grundstück der B; zudem liegt es unzweifelhaft in der näheren Umgebung des Grundstücks der B. Damit fällt N persönlich in den Schutzbereich des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. Sachlich gilt der Gebietserhaltungsanspruch unabhängig davon, ob es im Einzelfall tatsächlich zu einer spürbaren Beeinträchtigung des Anspruchsstellers kommt (sog. genereller Drittschutz). Damit fällt N auch sachlich in den Schutzbereich des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO.

Vertiefungshinweise zum Gebietserhaltungsanspruch

Siehe zum Gebietserhaltungsanspruch schon ausführlich den Übungsfall 2: Laute Kfz-Werkstatt.

Widerspruch zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO

Da ein Bürogebäude in § 3 Abs. 2 BauNVO nicht aufgezählt ist und auch nicht zu den ausnahmsweise nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässigen Handwerksbetrieben zählt, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, scheint die Errichtung des Bürogebäudes im Widerspruch zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO zu stehen.

Die Errichtung des Bürogebäudes ist aber dann tatbestandlich nicht als im Widerspruch zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO stehend anzusehen, wenn die Bauaufsichtsbehörde angesichts des Bauvorbescheids der B nicht mehr dazu befugt ist, einen solchen Widerspruch zu prüfen. Nach § 76 Abs. 1 S. 4 HBO ist ein Bauvorbescheid jedenfalls für das Baugenehmigungsverfahren bindend, soweit Fragen des Bauvorhabens in ihm geprüft worden sind und solange er nicht zurückgenommen oder widerrufen wird – und zwar unabhängig davon, ob er rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Über die bindende Wirkung im Baugenehmigungsverfahren und damit den Wortlaut von § 76 Abs. 1 S. 4 HBO hinaus entfaltet der Bauvorbescheid in diesem Umfang auch feststellende, das heißt das Vorhaben legalisierende Wirkung. Damit steht ein Bauvorbescheid in diesem Umfang nicht nur der Ablehnung des späteren Antrags auf Erlass einer Baugenehmigung, sondern auch einer repressiven bauaufsichtlichen Maßnahme nach den §§ 81 f. HBO entgegen.

Die Bauaufsichtsbehörde hat der B einen Bauvorbescheid erteilt und in diesem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung eines Bürogebäudes hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung festgestellt. Dieser Bauvorbescheid ist auch dem N gegenüber wirksam (siehe oben). Da N trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung (§ 58 Abs. 1 VwGO) nicht innerhalb der mit Bekanntgabe am 17. Januar 2022 ausgelösten Frist von einem Monat (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO) gegen den Bauvorbescheid Widerspruch erhoben hat, ist der Bauvorbescheid bestandskräftig geworden. Damit kommt es auch nicht auf die Frage an, ob der Bauvorbescheid seine bindende Wirkung schon vor Bestandskraft entfaltet.

Aus alledem folgt, dass der Bauvorbescheid das Vorhaben der B hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung legalisiert und damit ein Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO tatbestandlich ausscheidet.

Zwischenergebnis

Die Errichtung des Bürogebäudes steht hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht im Widerspruch zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO.

Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu sonstigen drittschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts

Drittschützende Wirkung zugunsten des N entfalten möglicherweise auch § 34 Abs. 2 BauGB i.Vm. § 15 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BauNVO sowie i.V.m. § 31 Abs. 2 BauGB. Aber auch insoweit gilt – wie mit Blick auf einen möglichen Widerspruch zu § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO –, dass die Bauaufsichtsbehörde angesichts des bindenden Vorbescheids nicht dazu berechtigt ist, tatbestandlich einen Widerspruch zu diesen Vorschriften anzunehmen.

Auch § 34 Abs. 3a S. 1 Nr. 3 BauGB entfaltet möglicherweise drittschützende Wirkung zugunsten des N. Ungeachtet der Frage, ob das Vorhaben der B überhaupt vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB abweicht, lässt es jedenfalls nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die Möglichkeiten des N vermissen, sein Grundstück zu nutzen. Damit würde eine Abweichung § 34 Abs. 3a S. 1 Nr. 3 BauGB jedenfalls die nachbarlichen Interessen des N hinreichend würdigen.

Zusammenfassung zum bauplanungsrechtlichen Drittschutz im Anwendungsbereich von § 34 BauGB

Generell drittschützende Wirkung entfalten innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile über den Verweis in § 34 Abs. 2 BauGB

Auf diese Vorschriften können sich alle im faktischen Baugebiet und in der näheren Umgebung dinglich Berechtigten unabhängig von einer individuellen Betroffenheit berufen. Die Vorschriften betreffen ausschließlich die Art der baulichen Nutzung.

Partiell drittschützende Wirkung entfalten innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile

Der geschützte Personenkreis ist im Einzelfall zu bestimmen. In der Regel geht es um dinglich Berechtigte in der näheren Umgebung.

Die Vorschrift in § 34 Abs. 1 S. 2 BauGB, wonach die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben, hat mit Blick auf Nachbarn/Dritte keinen ersichtlichen eigenständigen Anwendungsbereich, weil auf diese Belange von Dritten schon nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB Rücksicht zu nehmen ist.

Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu § 75 Abs. 1–3 HBO
Anwendbarkeit von § 75 Abs. 1–3 HBO

Nach dem Regelbeispiel in § 81 S. 2 Nr. 1 HBO liegt ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch dann vor, wenn die Ausführung eines Vorhabens entgegen den Vorschriften des § 75 Abs. 1–3 HBO begonnen wurde.

Drittschützende Wirkung von § 75 Abs. 1–3 HBO zugunsten des N

Damit stellt sich die Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen in § 81 S. 2 Nr. 1 HBO, das heißt die Einhaltung der § 75 Abs. 1–3 HBO gerade auch dem Schutz Einzelner und konkret des N zu dienen bestimmt sind. Nach § 75 Abs. 1 HBO darf vor Zugang der Baugenehmigung oder vor Ablauf der Frist nach § 65 Abs. 2 S. 2 HBO mit der Ausführung nicht begonnen werden. Die Vorschriften über die Genehmigungsbedürftigkeit und den Baubeginn in §§ 62 ff. und § 75 HBO dienen jedenfalls dem Interesse der Allgemeinheit dahingehend, künftige Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Reflexhaft kann es dabei auch dazu kommen, dass Verstöße gegen drittschützende öffentlich-rechtliche Vorschriften des materiellen Baurechts vermieden werden. Diese drittschützenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften des materiellen Baurechts, aus denen Dritter also subjektiv-öffentliche Rechte ableiten können, können diese Dritten aber hinreichend effektiv mit Rechtsbehelfen gegen eine Baugenehmigung oder als Grundlage eines Anspruchs auf bauordnungsbehördliches Einschreiten durchsetzen. Die Vorschriften über die Genehmigungsbedürftigkeit und den Baubeginn, das heißt über die präventive Bauaufsicht, sind den Interessen Dritter selbst nicht zu dienen bestimmt.VGH Kassel, NVwZ 2016, 1101 (Rn. 12). Die §§ 62 ff. und § 75 HBO und damit auch § 81 S. 2 Nr. 1 HBO entfalten somit keine drittschützende Wirkung zugunsten des N.

Zwischenergebnis

Auf einen etwaigen Widerspruch der Errichtung des Bürogebäudes zu § 75 Abs. 1–3 HBO kann sich N mangels drittschützender Wirkung dieser Vorschriften nicht berufen.

Zwischenergebnis

Es fehlt damit an der Anspruchsvoraussetzung, dass das Bürogebäude im Widerspruch gerade zu solchen öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet werden muss, die drittschützende Wirkung zugunsten des N entfalten.

Zwischenergebnis

Es ist daher nicht überwiegend wahrscheinlich, dass N gegen die Stadt Gießen einen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung nach § 81 S. 1 HBO besitzt. N kann daher keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen.

Vertiefungshinweis zur Begründung einer Ermessensreduzierung auf Null

Es fehlt nach den vorstehenden Ausführungen schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung. Kommt man hier zu einem anderen Ergebnis, müsste man im nächsten Schritt danach fragen, ob das Ermessen, das § 81 S. 1 HBO dem Magistrat einräumt, auf Null reduziert ist. Nur dann kann N den Erlass einer Baueinstellungsverfügung beanspruchen.

Das Ermessen ist auf Null reduziert, wenn jede andere Entscheidung als der Erlass einer Baueinstellungsverfügung rechtswidrig wäre. In der Regel wird es darum gehen, ob die Abwägung der Interessen im Rahmen der Angemessenheit auf der letzten Stufe der Verhältnismäßigkeitsprüfung klar und unumstößlich zugunsten des N ausfällt. Legt man dafür den üblichen Maßstab zugrunde, dass je höherrangig das beeinträchtigte Interesse und je schwerer die Beeinträchtigung wiegt, umso höherrangig das zu schützende Interesse und umso höher auch der Nutzen für dieses Interesse sein muss, geht die Abwägung nur dann klar zugunsten des N aus, wenn

  • N besonders schwerwiegend in Grundrechten (etwa in seiner körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG durch eine mögliche erdrückende Wirkung des Bürogebäudes) betroffen ist oder ganz besonders auf die Hilfe der Bauaufsichtsbehörde angewiesen ist oder

  • auf Seiten der B überhaupt kein schutzwürdiges Interesse erkennbar ist.

Die Ermessensreduzierung auf Null ist faktisch die Ausnahme. Häufig werden bei der Frage nach einer Ermessensreduzierung auf Null aber mehrere Ergebnisse vertreten sein.

Zwischenergebnis

Ungeachtet eines glaubhaft zu machenden Anordnungsgrundes ist der Antrag des N unbegründet.

Vertiefungshinweis zum Anordnungsgrund

Nimmt man an, dass N einen Anordnungsanspruch glaubhaft machen kann, ist zu einem Anordnungsgrund Stellung zu nehmen. Als Anordnungsgrund nennt § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO, dass die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hier wären wesentliche Nachteile für N darin zu sehen, dass durch den weiteren Bau durch B auf schutzwürdige Interessen des N nicht im nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB erforderlichen Maße Rücksicht genommen würde. Diese wesentlichen Nachteile entstünden dem N jedenfalls für die Zeit eines etwaigen Hauptsacheverfahrens und ließen sich auch für die Vergangenheit nicht rückgängig machen, wenn N in einem etwaigen Hauptsacheverfahren später Erfolg hätte.

Ergebnis

Der Antrag des N ist zulässig, aber unbegründet. Er hat keine Aussicht auf Erfolg.