Am 29. November 1843 erschien im preußischen Gesetzblatt das „Gesetz über Aktiengesellschaften“ – die Geburtsstunde des deutschen Aktienrechts.
Heutzutage ist die Bedeutung der AG rein zahlenmäßig im Vergleich zur GmbH geringer, was u.a. mit dem höheren Mindestkapital (50.000 EUR statt 25.000 EUR), dem Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) und gemäß §§ 57, 62 AktG dem Grundsatz der strengen Kapitalbindung zu tun hat. Letzterer dient bei der ein breiteres Publikum ansprechenden AG sowohl den Gläubigerinteressen als auch dem Schutz der (Minderheits-)Aktionäre und somit der Mitgesellschafter.
Gleichwohl ist aus didaktischen Gründen mit der deutlich stärker regulierten Aktiengesellschaft zu beginnen; treffender als in den Worten von Koch lässt sich dies nicht begründen:
„Wer die Strukturelemente der ‚großen Schwester‘ Aktiengesellschaft verinnerlicht hat, dem wird es keine Schwierigkeiten mehr bereiten, auch die GmbH als ihr verschlanktes Gegenüber zu erfassen.“
Koch, GesR, Vor § 26.
Überblick über die Charakteristika der AG
Die AG ist eine Körperschaft und juristische Person; sie wird mithin unmittelbar selbst Trägerin von Rechten und Pflichten. Eine Haftung der Anteilseigner (Aktionäre) besteht nicht. Die AG ist eine Kapitalgesellschaft, weil sie ein Garantiekapital aufweist, auf das die Mitgliedschaftsrechte bezogen sind. Gemäß § 3 Abs. 1 AktG iVm § 6 Abs. 2 HGB ist die AG zudem eine Handelsgesellschaft, selbst wenn sie kein Handelsgewerbe betreibt, und damit Formkaufmann. Sie kann grundsätzlich zu jedem Zweck gegründet werden.
Die AG kennt drei zentrale Organe: Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung.
Geleitet wird die Gesellschaft vom Vorstand gemäß § 76 AktG „unter eigener Verantwortung“; ihm obliegt nach § 77 AktG auch die Geschäftsführung (Innenverhältnis) und die Vertretung der AG im Rechtsverkehr gemäß § 78 AktG (Außenverhältnis). In die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fällt u.a. die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder (§ 84 AktG) und die Überwachung der Geschäftsführung des Vorstandes (§ 111 Abs. 1 AktG); darüber hinaus vertritt der Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG die Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich. Die Hauptversammlung hat grundsätzlich nur für jene Angelegenheiten die Zuständigkeit, die in Gesetz und Satzung bestimmt sind (vgl. § 119 Abs. 1 AktG); ist steht also keine Allkompetenz zu. Daneben hat die Rechtsprechung wenige ungeschriebene Kompetenzen anerkannt (dazu später). Die gesetzlich vorgesehenen Kompetenzen betreffen idR sog. Grundlagengeschäfte.
Etwaiges Organverschulden wird analog § 31 BGB nach den Grundsätzen zugerechnet, die aus dem Vereinsrecht bekannt sind; hier spielt – stärker als im Vereinsrecht – auch die Repräsentantenzurechnung eine wichtige Rolle (s. Beispiele oben).
Das Grundkapital der AG muss sich gemäß §§ 6, 7 AktG auf mindestens 50.000 EUR belaufen und ist in Aktien zerlegt (§ 1 Abs. 2 AktG). Das Grundkapital dient prinzipiell dem Gläubigerschutz und fungiert ein „Seriositätsschwelle“. Neben den Kapitalaufbringungsregeln kennt das Aktienrecht zudem Kapitalerhaltungsnormen, die neben dem Gläubigerschutz – wie schon oben erwähnt – den Schutz der (Minderheits-)Aktionäre bezwecken.
Der Satzungssitz der AG wird durch die Satzung bestimmt und muss gemäß § 5 AktG im Inland liegen. Hieran knüpft die Zuständigkeit des Registergerichts iSd § 14 AktG an. Vom Satzungssitz zu trennen ist der Verwaltungssitz, also der Ort, an dem die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Dieser kann auch im Ausland liegen.
Die Firma der AG muss die Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung (AG) enthalten, § 4 AktG.
Gründung der AG
Die AG wird in einem streng geregelten Verfahren gegründet, das aufwendiger ist als bei der GmbH, weshalb die Neugründung einer AG in der Praxis eher selten ist. Stattdessen wird häufiger der Formwechsel von einer GmbH in eine AG gemäß §§ 190 ff. UmwG – dies insbesondere, wenn eine Börsennotierung angestrebt wird. Gründer kann jede natürliche oder juristische Person sein. Chronologisch kann die Gründung einer AG in drei Phasen eingeteilt werden:
Vorgründungsstadium
Die Gründer kommen überein, dass sie eine AG gründen wollen. In der Regel wird dabei ein schriftlicher Vorvertrag abgeschlossen, der inhaltlich auf die Verpflichtung der Beteiligten gerichtet ist, unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 23 AktG eine Satzung festzustellen.
Gründungsphase
Die folgende Gründungsphase beginnt mit der Feststellung der Satzung (= Gesellschaftsvertrag) durch notarielle Beurkundung (§§ 2, 23 Abs. 1 AktG). Die Anforderungen an die notarielle Urkunde sind in § 23 Abs. 2 AktG geregelt. Diejenigen Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, sind gemäß § 28 AktG die Gründer der Gesellschaft. Sie müssen gleichzeitig mit Feststellung der Satzung (uno actu) sämtliche Aktien gegen Einlagen übernehmen (Zeichnung).
Die Haftung des Handelnden erlischt mit Eintragung der AG, da ab diesem Zeitpunkt die Gesellschaft mit einem registerrechtlich geprüften Grundkapital zur Verfügung steht, mithin eine persönliche Organhaftung nicht mehr erforderlich ist.
Die Gründer bestellen – notariell beurkundet – gemäß § 30 Abs. 1 AktG den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft und den Abschlussprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr. Der Aufsichtsrat bestellt anschließend den ersten Vorstand (§ 30 Abs. 4 AktG). Sodann leisten die Aktionäre die Mindesteinlagen gemäß §§ 36 Abs. 2, 36a AktG, da andernfalls eine Eintragung in das Handelsregister nicht möglich ist. Die (Bar-)Einlagen sind zwingend auf ein Konto der Gesellschaft einzuzahlen (§§ 36 Abs. 2, 54 Abs. 3 AktG).
Gemäß § 36 Abs. 1 AktG ist die Gesellschaft bei dem Gericht von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Eintragungsphase
Der Inhalt der Anmeldung ergibt sich aus § 37 AktG. Die Erklärungen der beteiligten Personen sind gemäß § 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG strafbewehrt. Das Gericht prüft gemäß § 38 AktG die ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft. Ist die Prüfung positiv, trägt das Gericht die AG mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt in das Handelsregister ein und macht die Eintragung bekannt (§ 39 AktG). Die AG ist durch diese konstitutive Eintragung „fertig“. Es findet ein identitätswahrender Wechsel von der Vor-AG zu der AG statt.
Die Satzung der AG
Die Satzung der AG wird in § 2 AktG als Gesellschaftsvertrag bezeichnet.
Ein prägendes Element im Aktienrecht ist der Grundsatz der Satzungsstrenge. Dieser ist in § 23 Abs. 5 AktG niedergelegt und besagt, dass in der Satzung von den Vorschriften des AktG nur abgewichen werden darf, wenn dies im Gesetz ausdrücklich zugelassen ist (S. 1); ergänzende Satzungsbestimmungen sind zudem nur zulässig, wenn das Gesetz keine abschließende Regelung enthält (S. 2). Ratio dieser strengen Regelung ist es, die Verkehrsfähigkeit der Aktie zu sichern und die Such- und Informationskosten der Investoren zu begrenzen.
Hinsichtlich der Art der Satzungsbestimmungen zu unterscheiden sind materielle Satzungsbestimmungen, formelle Satzungsbestimmungen und sonstige schuldrechtliche Nebenabreden. Rechtlich besteht ein entscheidender Unterschied darin, dass materielle Satzungsbestimmungen für jeden Rechtsnachfolger in der Gesellschafterstellung gelten, während die formellen Satzungsbestimmungen und die sonstigen schuldrechtlichen Nebenabreden nur bei einer Vereinbarung
Zu den materielle Satzungsbestimmungen zählen nach der o.g. Einordnung diejenigen Regelungen, welche die Gesellschaft und ihre Beziehung zu den Gründern oder den Aktionären betreffen, mithin die Organisation der Gesellschaft und daher mitgliedschaftlicher Natur sind.
Beispiel 1: Bei der Gründung einer AG wird vereinbart, dass einer der Gründer, der Kaufmann ist, sein Unternehmen als Sacheinlage einbringen soll. Die Sacheinlagenvereinbarung ist Gegenstand der Anmeldung und registerrechtlichen Prüfung (§§ 27, 36a, 37a, 38 Abs. 3 AktG). Demnach ist die Vereinbarung objektiv auszulegen.
Beispiel 2: „§ 4. Durch Zeichnung oder Erwerb von Aktien oder Zwischenscheinen unterwirft sich der Aktionär für alle Streitigkeiten mit der Gesellschaft oder deren Organen dem ordentlichen Gerichtsstand der Gesellschaft.“
Formelle Satzungsbestimmungen sind alle Regelungen in der Satzung, die gerade nicht als materielle Satzungsbestimmungen qualifiziert oder getroffen werden können. Sie sind bloß schuldrechtliche Abreden, die nur äußerlich mit den materiellen Satzungsbestimmungen zusammenhängen. Formelle Satzungsbestandteile sind daher vor allem Vereinbarungen mit Dritten, die nicht Aktionäre oder Organe sind.
Beispiel: Vereinbarung über den Gründungsaufwand gemäß § 26 Abs. 2 AktG.
Schuldrechtliche Nebenabreden (oder auch satzungsergänzende Abreden) treffen die Aktionäre untereinander außerhalb der Satzung. Es handelt sich auch hierbei um einfache schuldrechtliche Abreden, die gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt und die nach allgemeinen Regeln geändert werden können.
Beispiel: Abrede der Altgesellschafter, ihre Rechte und Pflichten in Form einer Konsortialvereinbarung zu koordinieren, wobei sie regelmäßig im Interesse eines gemeinsamen Auftretens einem einzigen Gründer die Stimmrechtsvollmacht erteilen.
Bedeutung der Aktie und Rechtsstellung der Aktionäre
Die Aktie
Das Grundkapital der AG ist gemäß § 1 Abs. 2 AktG in Aktien zerlegt. Demnach verkörpert die Aktie einen Bruchteil des Grundkapitals. Wie § 8 Abs. 1 AktG deutlich macht, können die Aktien als Nennbetrags- oder als Stückaktien begründet werden.
Nennbetragsaktien lauten gemäß § 8 Abs. 2 AktG auf einen bestimmten vollen Betrag, der ein Euro nicht unterschreiten darf. Welchen prozentualen Anteil am Grundkapital die Nennbetragsaktie verkörpert, bestimmt sich nach dem Verhältnis des Nennbetrags zum Grundkapital (§ 8 Abs. 4 AktG).
Beispiel: Nennbetragsaktie = 1 EUR, Grundkapital = 50.000 EUR: 0,002 %.
Stückaktien lauten auf keinen Nennbetrag (§ 8 Abs. 3 S. 1 AktG). Das prozentuale Verhältnis zum Grundkapital, das jede Stückaktie verkörpert, hängt von der Zahl der Aktien ab (§ 8 Abs. 4 AktG). Die Anzahl der ausgegebenen Aktien muss so gewählt sein, dass der auf eine einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals einen Euro nicht unterschreitet, § 8 Abs. 3 S. 3 AktG. Bei 50.000 EUR Grundkapital und beispielsweise 10.000 Aktien beträgt der prozentuale Anteil jeder Aktie am Grundkapital 0,01 %; ein solches Grundkapital könnte max. auf 50.000 Aktien aufgeteilt werden.
Die Mitgliedschaft an einer AG entsteht auf verschiedenen Wegen:
Weiterhin zu differenzieren ist zwischen Inhaber- und Namensaktien (vgl. § 10 Abs. 1 AktG). Die beiden Formen wirken sich auf den Berechtigungsnachweis aus. Auf die Inhaberaktie finden die §§ 793 ff. BGB entsprechende Anwendung. Jeder Inhaber (Besitzer) der Urkunde ist als Aktionär der AG gegenüber legitimiert (zB zur Wahrnehmung der Aktionärsrechte in der Hauptversammlung) und die AG hat sich dementsprechend der Inhaberschaft zu vergewissern (zB durch Bankbestätigung). Gemäß § 793 Abs. 1 S. 2 BGB wird die AG (auch) gegenüber dem materiellen Inhaber der Mitgliedschaft frei, wenn sie an den Inhaber der Aktie leistet – zB hinsichtlich des Dividendenanspruchs –, womit aus Sicht der Gesellschaft eine Vereinfachung einhergeht, da die Mitgliedschaft des herantretenden Inhabers nicht tatsächlich materiellrechtlich festgestellt werden muss. Bei der Namensaktie ist die Ausübung der Aktionärsrechte zusätzlich davon abhängig, dass eine Eintragung in das von der Gesellschaft geführte Aktienregister besteht (§ 67 Abs. 2 S. 1 AktG). Die Namensaktie hat unterschiedliche Vorteile:
Hinsichtlich der Gattung von Aktien sind Stamm- und Vorzugsaktien zu unterscheiden. Stammaktien sind solche Aktien, die keine Vorrechte gewähren, dem Aktionär also die gewöhnlichen Stimm- und Dividendenrechte einräumen (dazu sogleich). Vorzugsaktien verleihen hingegen ein Vorrecht in Form einer Vorzugs- oder Mehrdividende (s. § 139 Abs. 1 AktG); im Gegenzug kann das Stimmrecht gemäß §§ 139 Abs. 1 S. 1, 12 Abs. 1 S. 2 AktG ausgeschlossen sein.
Rechte der Aktionäre
Aus der Mitgliedschaft folgen verschiedene Rechte der Aktionäre:
Verwaltungsrechte oder Mitwirkungsrechte
Das zentrale Verwaltungsrecht des Aktionärs ist das Stimmrecht, also das Recht, in der Hauptversammlung eine Stimme abzugeben und dadurch im Umfang der Kompetenzen der Hauptversammlung einen Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen (§ 12 AktG). Das Stimmrecht wird nach Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach deren Zahl ausgeübt (§ 134 Abs. 1 S. 1 AktG). Das Stimmrecht muss der Aktionär nicht zwingend selbst ausüben. Möglich ist auch die Ausübung durch einen Bevollmächtigten (§§ 134 Abs. 3, 135 AktG, zB Aktionärsvereinigung) oder die Ermächtigung zur Ausübung des Stimmrechts für fremde Aktien im eigenen Namen (§ 129 Abs. 3 AktG).
Eng mit dem Stimmrecht hängt das Recht auf Teilnahme zusammen, das die Aktionäre in der Hauptversammlung ausüben (vgl. § 118 Abs. 1 S. 1 AktG); ein Stimmrecht ohne die Teilnahmemöglichkeit wäre also „wertlos“. Teil des Teilnahmerechts ist zudem das Rederecht.
Weiterhin steht dem Aktionär in der Hauptversammlung gegenüber dem Vorstand ein Auskunftsrecht zu (§§ 131, 132 AktG). Das Auskunftsrecht soll sicherstellen, dass sich der Aktionär diejenigen Informationen verschaffen kann, die er für eine sachgerechte Ausübung seines Stimmrechts benötigt. Angesichts der oftmals großen Anzahl der Aktionäre ist das Auskunftsrecht nicht beliebig ausübbar. So muss die Auskunft zur „sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich“ sein (§ 131 Abs. 1 S. 1 AktG). Zudem kann der Vorstand die Auskunft gemäß § 131 Abs. 3 AktG verweigern, wenn die Interessen der AG jenen des Aktionärs überwiegen.
Beispiel: Die Hauptversammlung der Pfui-Reisen AG steht unmittelbar bevor. In der den Aktionären übersandten Tagesordnung finden sich unter anderem folgende Punkte: a) Herabsetzung der Dividende; b) Neues Angebot: „Ökologisch um die Welt in 80 Tagen“. A verlangt Auskunft vom Vorstand (Variante 1) vor der Hauptversammlung, (Variante 2) vor einer virtuellen Hauptversammlung, (Variante 3) während der Hauptversammlung über folgende Punkte: (1) Wie sollen ökologische Weltreisen mit wirtschaftlichen Erfolgsaussichten realisiert werden? (2) Weshalb soll die Dividende herabgesetzt werden?
Lösungshinweise: Gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 AktG besteht der Auskunftsanspruch des Aktionärs nur in der Hauptversammlung; der Vorstand kann also das Verlangen des A in der Variante 1 zurückweisen.
In der Variante 2 sind die Besonderheiten der Absätze 1a–1c des § 131 AktG zu berücksichtigen. Danach können in einem bestimmten Umfang bis spätestens drei Tage vor der virtuellen Versammlung Fragen der Aktionäre, einzureichen im Wege der elektronischen Kommunikation, zugelassen werden. Ziel ist es, die Hauptversammlung zu entlasten, damit diese in einem angemessenen Zeitrahmen bleiben kann.
Variante 3 betrifft schließlich den Regelfall; eine Auskunftspflicht besteht hier prinzipiell. Sowohl in der virtuellen als auch in der „regulären“ Hauptversammlung kann die Auskunft ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 2 S. 1 AktG verweigert werden (vgl. S. 2). Fragen zur Geschäftspolitik und zum Dividendenanspruch stehen den Aktionären stets zu und die entsprechenden Auskünfte des Vorstands sind auch für die sachgemäße Beurteilung der eingebrachten Tagesordnungspunkte erforderlich.
Vermögensrechte
Das zentrale Vermögensrecht des Aktionärs ist das Dividendenrecht, das eine Teilhabe an dem von der AG erwirtschafteten Bilanzgewinn bedeutet (§§ 58 Abs. 4, 60 AktG).
Beschlussmängelrechte
Das Beschlussmängelrecht des Aktionärs bedeutet, dass er befugt ist, rechtswidrige Hauptversammlungsbeschlüsse durch eine Klage anzufechten. Jeder Aktionär hat ungeachtet der Höhe seiner Beteiligung das Recht, gegen Hauptversammlungsbeschlüsse wegen eines Gültigkeitsmangels vorzugehen. Dabei ist vor allem zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit des Beschlusses zu unterscheiden (vgl. §§ 241, 243 AktG). Darüber hinaus existieren Unwirksamkeitsgründe, etwa in dem Fall, in dem in Sonderrechte eingegriffen wird und die Zustimmung des Anteilseigners erforderlich ist (vgl. § 141 Abs. 1 AktG).
Die Nichtigkeitsgründe sind in § 241 AktG sowie in §§ 250, 253 AktG aufgeführt. Bei allen anderen Mängeln ist die Anfechtung nach § 243 AktG einschlägig, die zum Gegenstand nicht die eigene Stimmabgabe des Aktionärs hat, sondern den Beschluss der Hauptversammlung.
Die Beschlussmängelrechte des Aktienrechts haben (frühzeitig)
Beispiel: Gemäß § 241 Nr. 2 AktG führt ein Beschluss, der nicht nach Maßgabe des § 130 Abs. 2 S. 1 AktG beurkundet wurde (Niederschrift muss den Ort und der Tag der Verhandlung, der Name des Notars sowie die Art und das Ergebnis der Abstimmung und die Feststellung des Vorsitzenden über die Beschlussfassung enthalten), zur Nichtigkeit. Verstöße gegen den durch das ARUG eingefügten und nur für börsennotierte Gesellschaften geltenden § 130 Abs. 2 S. 2 AktG (u.a. Zahl der Aktien, für die gültige Stimmen abgegeben wurden) begründen hingegen nach dem klaren Wortlaut § 241 Nr. 2 AktG nicht (mehr) die Nichtigkeit.
Pflichten der Aktionäre
Aktionäre haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Zu der offensichtlichsten Pflicht zählt es, die versprochenen Sach- oder Bareinlagen zu leisten (§ 54 AktG). Bei der Gründung entsteht diese Pflicht durch die Übernahme der Aktien gemäß § 29 AktG, bei einer Kapitalerhöhung durch die Zeichnung der neuen Aktien (§ 185 AktG).
Aus dem Personengesellschaftsrecht sind Treuepflichten zwischen Gesellschaftern bekannt, die im Aktienrecht nur eine begrenzte Rolle spielen. Die AG hat nämlich einen eher anonymen Zuschnitt, so dass sich eine Rücksichtnahme auf Mitgesellschafter schwerer begründen lässt. Der BGH erkannte aber, dass konkrete Einwirkungsmöglichkeiten des einzelnen Gesellschafters auf die Rechtsposition der anderen an der AG beteiligten Aktionäre geben kann. So führte der II. Zivilsenat aus, bei der AG habe ein Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit, durch Einflussnahme auf die Geschäftsführung die gesellschaftsbezogenen Interessen der Mitgesellschafter zu beeinträchtigen, so dass als Gegengewicht die gesellschaftsrechtliche Pflicht zu fordern sei, auf diese Interessen Rücksicht zu nehmen.
Auch im Verhältnis zur AG kann es Treuepflichten geben, obgleich diese hier wiederum schwieriger zu begründen sind als bei Personengesellschaften, wo an den Gesellschaftsvertrag angeknüpft werden kann. Denn die Aktionäre erwerben bei börsennotierten AG die Anteile an der Börse, ohne von der Satzung näher Notiz zu nehmen.
Organisation der AG
Wie dies bei Gesellschaften allgemein der Fall ist, kann eine AG ohne Organe keinen Willen bilden und nicht handeln. Prägend bei der AG ist die dreigliedrige Organisationsverfassung bestehend aus Vorstand (§§ 76 ff. AktG), Aufsichtsrat (§§ 95 ff. AktG) und Hauptversammlung (§§ 118 ff. AktG). Das Aktienrecht kennt hierbei keine Hierarchie zwischen den Organen; es gilt vielmehr eine Machtbalance.
Die Zuständigkeiten der Organe folgen aus dem Gesetz (zur Erinnerung: § 23 Abs. 5 AktG). In Deutschland gilt dabei die Besonderheit des dualistischen Leitungssystems: Die Verwaltung der Gesellschaft ist getrennt, indem der Vorstand als Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan die unternehmerische Leitung der Gesellschaft übernimmt, während der Aufsichtsrat als Überwachungs-, Kontroll- und Beratungsorgan fungiert.
Der Vorstand
Als Vorstandsmitglieder kommen nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen in Betracht; dies stellt § 76 Abs. 3 S. 1 AktG ausdrücklich klar. Die Mitgliederzahl des Vorstandes wird nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 AktG bestimmt; nähere Vorgaben zur Besetzung enthalten die Absätze 3a, 4 des § 76 AktG. Bestellungshindernisse sind in § 76 Abs. 3 S. 2 AktG niedergelegt. Vorstandsmitglieder müssen keine Anteilseigner sein; das folgt aus dem Grundsatz der Fremdorganschaft.
Der Vorstand leitet die Gesellschaft gemäß § 76 AktG „unter eigener Verantwortung“; er untersteht demnach keinem Weisungsrecht der Aktionäre. Auch die Geschäftsführung (Innenverhältnis) obliegt ihm gemäß § 77 AktG selbständig und unabhängig. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, dann sind gemäß § 77 Abs. 1 AktG grundsätzlich sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt (Kollegialprinzip); abweichende Satzungsbestimmungen sind möglich. Im Außenverhältnis vertritt der Vorstand die AG gerichtlich und außergerichtlich (§ 78 AktG). Es gilt hier der Grundsatz der Gesamtvertretung (§ 78 Abs. 2 S. 1 AktG), sofern die Satzung nicht etwas anderes bestimmt. Die Vertretungsbefugnis des Vorstands ist prinzipiell inhaltlich unbeschränkt und unbeschränkbar, § 82 Abs. 1 AktG. Dies hat zur Folge, dass ein Überschreiten der Geschäftsführungsbefugnisse – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen
Organstellung und Anstellungsvertrag
Durch Bestellung wird die Organstellung des Vorstandsmitglieds begründet. Es handelt sich dabei um einen Akt der körperschaftlichen Selbstverwaltung.
Die Bestellung in das Amt kann von dem Aufsichtsrat vor Ablauf der Amtszeit nur aus wichtigem Grund widerrufen werden (§ 84 Abs. 4 AktG). Ratio hinter dieser Beschränkung ist es, die Unabhängigkeit des Vorstands nach § 76 AktG während der Dauer seines Amtes zu sichern.
Die Handlungen und Entscheidungen fehlerhaft bestellter Organe sind wirksam und werden der Gesellschaft zugerechnet. Das jeweilige Mitglied ist nur mit ex nunc-Wirkung von seinem Amt zu entfernen (Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ).
Streng vom Organverhältnis zu unterscheiden ist der Anstellungsvertrag, durch den das Vorstandsmitglied schuldrechtlich verpflichtet wird, die Organstellung gegen Vergütung wahrzunehmen. Es handelt sich dabei um einen Dienstvertrag mit geschäftsbesorgungsrechtlichem Charakter iSd §§ 611, 675 BGB. Ein Arbeitsvertrag ist es nicht, denn es ist ja letztlich der Vorstand, der die Arbeitgeberfunktion in seiner Rolle als Organ wahrnimmt.
Haftung
Hinsichtlich der Haftung des Vorstandsmitglieds
Innenhaftung
Durch die Bestellung zum Vorstandsmitglied entsteht die Pflicht zu einem ordnungsgemäßen Handeln für die AG. Der objektive Standard, der vom Vorstandsmitglied einzuhalten ist, entspricht dem Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG) sowie sorgfältigen (§ 76 Abs. 1 AktG) Geschäftsleiters. Insbesondere hat er seine Entscheidungen an den Interessen des Unternehmens, der Aktionäre, der Arbeitnehmer und am Gemeinwohl auszurichten. Der für Geschäftsleiter erhöhte Maßstab ist insbesondere danach bestimmt, wie sich ein pflichtbewusster selbständig tätiger Leiter eines Unternehmens der konkreten Art, der nicht mit eigenen Mitteln wirtschaftet, sondern wie ein Treuhänder fremden Vermögensinteressen verpflichtet ist, zu verhalten hat.
(1) Legalitätspflicht und Legalitätskontrollpflicht
Da diese Anforderungen letztlich vage bleiben, ist in § 93 Abs. 3 AktG eine nicht abschließende Aufzählung („namentlich“) von Pflichtverletzungen niedergelegt, bei denen eine Schädigung der AG vermutet wird (Katalogpflichtverletzungen). Im Übrigen ist fallabhängig zu entscheiden. Eine wichtige Rolle hierbei spielen zwei Pflichtenkreise der sog. Legalitätspflicht:
Erstens besteht eine innere Pflichtenbindung: Die Vorstandsmitglieder sind zur Einhaltung aller gesellschaftsrechtlicher Verhaltensgebote verpflichtet. Hierunter fallen nicht nur diejenigen des niedergeschriebenen Aktienrechts, sondern auch die Satzungsbestimmungen und etwaige Geschäftsordnungen des Organs. Besonders wichtig ist, dass der satzungsgemäße Unternehmensgegenstand weder über- noch unterschritten werden darf.
BGH NJW 2013, 1958 Rn. 16.
Beispiel:
Zweitens existiert eine externe Pflichtenbindung: Im Außenverhältnis müssen die Vorstandsmitglieder sämtliche Rechtsvorschriften einhalten, die das Unternehmen als Rechtssubjekt treffen.
BGHZ 194, 26 Rn. 22 = NJW 2012, 3439. Ein rechtswidriges Verhalten im Außenverhältnis ist nach hM zugleich eine Pflichtverletzung im Innenverhältnis.BGH NJW 2011, 88, Rn. 37. Dieser Pflichtenkreis soll nach teilweise vertretener Ansicht dermaßen weit abgesteckt sein, dass anerkannte Grundsätze der Geschäftsmoral beachtlich sein sollen (u.a. aus Gründen des Reputationsmanagements).Näher BeckOGK/Fleischer, 1.10.2023, AktG § 93 Rn. 30 iVm 31. Das Verletzungsverhalten muss allerdings einen Bezug zu den Organaufgaben aufweisen. Eine Obhutspflichtverletzung, die kein Gegenstand einer Organaufgabe ist, ist nicht haftungsrelevant.U. H. Schneider, FS Werner, 1984, S. 795, 813.
Die Legalitätspflicht wird flankiert von der Verantwortung des Vorstandes, mittels geeigneter Maßnahmen für regeltreues Verhalten auf den nachgeordneten Unternehmensebenen zu sorgen (Legalitätskontrollpflicht).
Die Vorstandsmitglieder sind darüber hinaus organschaftlichen Treue- und Loyalitätspflichten unterworfen.
(2) Fehlerhaftigkeit der Geschäftsführung
Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten durch fehlerhafte Geschäftsführung verletzen, sind gemäß § 93 Abs. 2 AktG der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Der Vorwurf einer Pflichtverletzung erscheint jedoch im Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungen oftmals fragwürdig. Solche Entscheidungen sind aufgrund ihrer Zukunftsbezogenheit typischerweise mit hoher Unsicherheit belastet (Prognoserisiken). Dem Vorstand darf nicht zu vorschnell ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden, wenn sich ein solches Prognoserisiko verwirklicht. Ihm muss in der Konsequenz ein großer Handlungsspielraum (also Ermessen) eingeräumt werden, denn andernfalls wäre unternehmerisches Handeln schlichtweg undenkbar. Deshalb ist nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG eine Pflichtverletzung ausgeschlossen, wenn das Vorstandsmitglied vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (sog. Business Judgement Rule). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung ist der Augenblick der unternehmerischen Entscheidung.
Beispiel:
Der Vorrang der organschaftlichen Legalitätspflicht gilt uneingeschränkt. Es existieren insoweit keine „nützlichen“ Pflichtverletzungen. Eine Theorie des effizienten Gesetzesbruchs wird nach allgemeiner Meinung nicht anerkannt.
Eine Haftung nach § 93 AktG scheidet aus, wenn das Vorstandsmitglied keine spezifische Pflicht als Organwalter der Gesellschaft verletzt hat.
Beispiel 1: Die Fahrt mit dem Dienstwagen, die in einem Unfall endet.
Beispiel 2:Nach OLG Zweibrücken NJW 2023, 1589 (zur GmbH, für die AG entsprechend relevant). Vorstandsmitglied V der V-AG fällt auf Phishing-Mails herein und überweist knapp 250.000 EUR an einen vermeintlichen Geschäftspartner in Südkorea. Die Phishing-E-Mails nahmen in schlüssiger Weise auf die bisherige Kommunikation mit der V-AG Bezug. Die verwendete E-Mail-Adresse des Betrügers hatte eine minimal veränderte Absenderadresse („@w…flim.com“ statt „@w…film.com“).
Lösungshinweise: Hier kommt eine Pflichtverletzung aus dem Anstellungsverhältnis und eine Innenhaftung aus § 280 Abs. 1 BGB mit dem Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB in Betracht, während § 93 Abs. 2 AktG nicht einschlägig ist: Solche Zahlungen löst üblicherweise die Buchhaltung einer Gesellschaft aus und die Pflichtverletzung hat somit keinen spezifischen Bezug zur Organstellung des V, sondern sie hätte gleicherweise von einem Dritten begangen werden können. Da die Haftung des V aus dem Anstellungsverhältnis folgt, ist eine Haftungsmilderung in analoger Anwendung der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Haftung von Arbeitnehmern im Rahmen eines innerbetrieblichen Schadensausgleichs zu erwägen.
Jedes Vorstandsmitglied muss mit Mindestkenntnissen und -fähigkeiten für sein Amt ausgestattet sein und es kann seine Kompetenzverantwortung nicht laufend auf einen Außenstehenden zur selbständigen Erledigung auslagern oder bei der eigenen Aufgabenwahrnehmung einen „ständigen Berater“ einschalten.
Abgesehen von diesen in der Rspr. anerkannten Grundsätzen können keine Haftungsmilderungen anerkannt, insbesondere können solche nicht im Anstellungsvertrag vereinbart werden. Hintergrund ist, dass die Aktiengesellschaft als Publikumsgesellschaft angelegt ist mit einem ständigen Wechsel der Gesellschafter; dadurch vermindert sich die Chance einer angemessenen Kontrolle und die treuhänderische Bindung der Vorstandsmitglieder rückt stärker ins Zentrum.
Gemäß § 120 AktG beschließt die Hauptversammlung über die Entlastung des Vorstandes. Durch eine solche Entlastung billigt sie die Verwaltung des Vorstandes als (im Großen und Ganzen) gesetz- und satzungsmäßig. Die Entlastung der Hauptversammlung ist allerdings kein Verzicht auf Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand (§ 120 Abs. 2 S. 2 AktG). Gemäß § 93 Abs. 4 S. 1 AktG ist die Haftung nur bei jenen Handlungen ausgeschlossen, die auf einem gesetzmäßigen Hauptversammlungsbeschluss beruhen (§ 93 Abs. 4 S. 1 AktG).
(3) Darlegungs- und Beweislast
Die Gesellschaft ist lediglich Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt und die Höhe eines Schadens sowie eines Vorstandsverhaltens (Tun oder Unterlassen), das für den Schaden adäquat-ursächlich war. Beweisbelastet hinsichtlich der Einhaltung des Verantwortungsmaßstabs oder eines fehlenden Verschuldens ist der Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 2 S. 2 AktG). Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Anforderungen der Business Judgement Rule.
(4) Rechtsfolge und Durchsetzung
Die Haftung nach § 93 AktG begründet einen Schadensersatzanspruch. Die Ersatzfähigkeit des Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Die Berufung auf ein Mitverschulden anderer Organmitglieder ist nicht möglich. In der Regel ist der Anspruch auf eine Geldzahlung gerichtet.
Grundsätzlich ist der Aufsichtsrat für die Durchsetzung solcher Schadensersatzansprüche der Gesellschaft zuständig (§ 112 AktG). Darüber hinaus kann die Hauptversammlung gemäß § 147 AktG die Durchsetzung der Ersatzansprüche erzwingen. Weiterhin besteht gemäß § 148 AktG ein Verfolgungsrecht für eine Minderheit von Aktionären, sofern diese Minderheit mindestens entweder zu 1 % des Grundkapitals oder mit einem anteiligen Nennbetrag von 100.000 EUR beteiligt ist.
Außenhaftung
§ 93 AktG begründet weder unmittelbar selbst eine Haftung gegenüber Dritten noch über § 823 Abs. 2 BGB, da es sich dabei nicht um ein Schutzgesetz handelt.
Beispiel:
„Fragen wir mal anders: K. hat sehr, sehr viele Schulden, sehr hohe Schulden. Wie exponiert ist die D-Bank-AG?”
„Relativ komfortabel, würde ich mal sagen, denn – das ist bekannt und da begehe ich keine Indiskretion, wenn ich das erzähle – der Kredit, den wir haben, ist 1. zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich und 2. voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Ks Aktien am Springer-Verlag. Uns kann also eigentlich nichts passieren, wir fühlen uns gut abgesichert…“
„Die Frage ist ja, ob man mehr ihm hilft, weiter zu machen.“
„Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen…“
Diese Bemerkungen haben zur Folge, dass auch andere Banken dem K die dringend benötigten Darlehen verweigern. Das Medienunternehmen bricht zusammen. K möchte nun wissen, ob er den B persönlich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann.
Lösungshinweise: Vertragliche oder quasi-vertragliche Ansprüche sind nicht ersichtlich, so dass nur deliktische Tatbestände in Betracht kommen. § 824 Abs. 1 BGB muss ausscheiden, da B keine unzutreffenden Tatsachen behauptet oder verbreitet hat. § 823 Abs. 2 BGB führt mangels einschlägigen Schutzgesetzes ebenfalls nicht zu einem Anspruch. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB ist nur unter dem (umstrittenen) Institut des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als geschütztes Rechtsgut denkbar. Da die Äußerungen des B die Kreditwürdigkeit des K unmittelbar beeinträchtigten, weil sie Geschäftsbeziehungen des Unternehmens zu anderen Banken und Kreditgebern belasteten, können sie als unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb subsumiert werden. Ob dieser Eingriff allerdings auch rechtswidrig erfolgte, ist fragwürdig. Denn die Äußerungen des B sind von der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) gedeckt; zudem enthalten sie, soweit sie sich auf die Medienberichte beziehen, wahre Tatsachenbehauptungen. Das Recht der freien Meinungsäußerung findet nach Art. 5 Abs. 2 GG zwar seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch § 823 BGB gehört. Dieser muss aber im Lichte der Bedeutung der Meinungsfreiheit gesehen und so interpretiert werden, dass der besondere Wertgehalt des Rechts der freien Meinungsäußerung auf jeden Fall gewahrt bleibt.
Der praktisch wichtigste Fall einer deliktischen Haftung eines Vorstandsmitglieds ist akut, wenn der Vorstand trotz Insolvenzreife der AG einen entsprechenden Antrag nach § 15a Abs. 1 S. 1 InsO nicht stellt; denn § 15a Abs. 1 S. 1 InsO ist ein Schutzgesetz.
Der Aufsichtsrat
Als Mitglied des Aufsichtsrats gewählt werden können gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 AktG nur natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Personen; besondere Ausschlusstatbestände normiert § 100 Abs. 2 AktG. Damit eine Kontrolle des Vorstandes tatsächlich stattfinden kann, ist die Zugehörigkeit eines Aufsichtsrechtsmitglieds zum Vorstand gemäß § 105 Abs. 1 AktG rechtlich unvereinbar. Die Aufsichtsratsmitglieder werden gemäß § 102 Abs. 1 S. 1 AktG auf bis zu vier Jahre gewählt. Weil aber gemäß § 102 Abs. 1 S. 2 AktG das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet wird (§ 102 Abs. 1 S. 2 AktG), kann die Amtszeit faktisch fünf Jahre betragen. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder und die Zusammensetzung bestimmen sich nach den §§ 95 f. AktG. Zu der inneren Ordnung des Aufsichtsrats halten die §§ 107 ff. AktG Regelungen vor. Nach näherer Bestimmung durch die Satzung hat der Aufsichtsrat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen (§ 107 Abs. 1 S. 1 AktG).
Die Aufsichtsratsmitglieder können für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten; diese ist entweder in der Satzung festgesetzt oder von der Hauptversammlung bewilligt (§ 113 AktG).
Aufgaben
Wie bereits skizziert, ist der Aufsichtsrat für die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder zuständig (§ 84 AktG); zudem schließt er den Anstellungsvertrag mit den Vorstandsmitgliedern ab. Im Rahmen dieser Personalkompetenz entscheidet der Aufsichtsrat weiterhin über die Bezüge der Vorstandsmitglieder nach Maßgabe der §§ 87, 87a AktG.
Wie aus § 111 Abs. 1 AktG folgt, besteht die Hauptaufgabe des Aufsichtsrats darin, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen; es ist also das Kontrollorgan der Gesellschaft. Die Überwachungsaufgabe ist zudem nicht auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt; es ist auch die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Vorstandshandelns zu überwachen.
Gemäß § 171 AktG prüft der Aufsichtsrat den Jahresabschluss und stellt diesen gemäß § 172 AktG gemeinsam mit dem Vorstand fest, sofern nicht bestimmt ist, die Feststellung der Hauptversammlung zu überlassen.
Ausschüsse
In praxi von besonderer Bedeutung bei größeren Gesellschaften ist die Möglichkeit, aus der Mitte des Aufsichtsrats einen oder mehrere Ausschüsse zu bestellen, namentlich, um seine Verhandlungen und Beschlüsse vorzubereiten oder die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen (§ 107 Abs. 3 S. 1 AktG). Gemäß § 107 Abs. 3 S. 2 AktG kann der Aufsichtsrat insbesondere einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung, der Qualität der Abschlussprüfung und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen befasst.
Haftung
Bei nicht ordnungsgemäßer Ausführung seiner Aufgaben haftet der Aufsichtsrat im Verhältnis zur Gesellschaft gemäß § 116 AktG iVm § 93 AktG auf Schadensersatz. Wie das Gesetz deutlich macht, gilt § 93 AktG lediglich „sinngemäß“ (§ 116 S. 1 AktG). Hintergrund ist, dass den unterschiedlichen Kompetenzen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat im Rahmen der (Sorgfalts-)Anforderungen angemessen Rechnung zu tragen ist: Aufgabe des Aufsichtsrates ist es gerade nicht, die AG zu leiten, sondern die Geschäftsführung zu überwachen und zu beraten.
Gesetzlich normierte Beispiele für Haftungstatbestände im AktG sind § 116 Abs. 1 S. 3 AktG (unangemessene hohe Bezüge zugunsten des Vorstands festgesetzt) oder § 87 Abs. 2 AktG (Nichtherabsetzung der Bezüge trotz schlechterer Lage der Gesellschaft). Weiterhin ist der Aufsichtsrat gemäß § 15a Abs. 3 InsO zur Stellung des Insolvenzantrags bei Führungslosigkeit der Gesellschaft verpflichtet; ein Verstoß hiergegen löst ebenfalls die Innenhaftung aus. Darüber hinaus ist der Aufsichtsrat offensichtlich schadensersatzpflichtig, wenn er bestehende Schadensersatzansprüche gegen ein Vorstandsmitglied nicht verfolgt. Der II. Zivilsenat des BGH hat dabei klargestellt, dass die Verjährung des Schadensersatzanspruchs der AG gegen ein Aufsichtsratsmitglied gemäß §§ 116 S. 1, 93 Abs. 2, 6 AktG wegen Verjährenlassens von Ersatzansprüchen der Gesellschaft gegen ein Vorstandsmitglied gemäß § 200 S. 1 BGB mit dem Zeitpunkt der Verjährung des Ersatzanspruchs der Gesellschaft gegen das Vorstandsmitglied beginnt.
Die Hauptversammlung
In der Hauptversammlung üben die Aktionäre ihre Rechte in Angelegenheiten der Gesellschaft aus (§ 118 AktG); sie ist damit der „Sitz der Aktionärsdemokratie“.
Bei Abstimmungen in der Hauptversammlung gilt im Grundsatz das Prinzip der einfachen Stimmenmehrheit (§ 133 AktG). Abweichendes ist gemäß § 179 Abs. 2 AktG für Satzungsänderungen bestimmt: hier ist eine Mehrheit von drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals erforderlich. In Ausnahmefällen erfordert das Gesetz eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen (vgl. etwa §§ 103 Abs. 1 S. 2, 111 Abs. 4 S. 3 AktG). Diese Mehrheit ist nicht nach Köpfen, sondern nach Kapitalbeträgen zu bemessen, denn das Stimmrecht wird nach den Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach der Zahl ausgeübt (§ 134 Abs. 1 S. 1 AktG).
Kompetenzen
Wie oben bereits ausgeführt, ist das Aktienrecht von der Idee der Machtbalance geprägt. Deshalb besteht keine Allzuständigkeit der Hauptversammlung. Vielmehr ist sie nur in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen zur Entscheidung berufen. Die Kompetenzen der Hauptversammlung betreffen in der Regel sog. Grundlagengeschäfte und sie folgen grundsätzlich aus dem Katalog des § 119 Abs. 1 AktG, teils aber (in Sondersituationen) auch aus anderen Vorschriften des Aktienrechts (vgl. §§ 182 ff., § 293 Abs. 1 S. 1 AktG oder § 327a AktG) oder aus anderen Gesetzen (s. zB § 193 UmwG).
Der Vorstand führt, wie gesehen, die Geschäfte der Aktiengesellschaft gemäß § 76 AktG eigenverantwortlich. Deshalb steht es der Hauptversammlung grundsätzlich nicht zu, über Geschäftsführungsmaßnahmen zu befinden. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Vorstand eine Maßnahme der Geschäftsführung der Hauptversammlung zur Entscheidung vorgelegt hat (vgl. § 119 Abs. 2 AktG). Hintergrund dieser Vorlageentscheidung wird das Bestreben des Vorstands sein, Haftungsrisiken zu minimieren, indem ihm dann die Möglichkeit offensteht, sich auf den Ausschlusstatbestand des § 93 Abs. 4 S. 1 AktG zu berufen. „Kehrseite“ der Medaille (aus Vorstandssicht) ist freilich, dass die Maßnahme der Hauptversammlung gemäß § 83 Abs. 2 AktG umzusetzen ist.
Ungeschriebene Mitwirkungskompetenzen
Eine praktisch wichtige Fragestellung ist, inwieweit über die im Gesetz ausdrücklich festgeschriebenen Zuständigkeiten hinaus auch ungeschriebene Kompetenzen der Hauptversammlung bestehen. Solche Kompetenzen hat der II. Zivilsenat des BGH im vielbeachteten Holzmüller-Urteil 1982 im Grunde anerkannt.
Beispiel: Die beklagte AG betrieb neben einem Handel einen Seehafen. Der Seehafen war ein florierender Unternehmensteil, sogar das „Herzstück“ des Unternehmens. Diesen Unternehmensteil gliederte die AG auf eine 100%ige Tochtergesellschaft (KGaA) aus, ohne die Maßnahme vorab der Hauptversammlung zur Entscheidung vorzulegen. Klägerseitig wurde u.a. beantragt: festzustellen, dass die Einbringung des Seehafenbetriebs in das Vermögen der Tochtergesellschaft nichtig sei; hilfsweise, die Bekl. zur Rückübertragung des Seehafenbetriebs zu verurteilen; hilfsweise festzustellen, dass die beklagte AG verpflichtet sei, insbes. bei Kapitalerhöhungsmaßnahmen in der Tochtergesellschaft, die Zustimmung der Hauptversammlung der Bekl. mit der dort nach dem Gesetz erforderlichen Mehrheit einzuholen. Der Kläger hatte dabei zwei Dinge gerügt: Erstens läge eine Vermögensübertragung iSd § 361 AktG a.F. vor, die eine Hauptversammlungsbeteiligung erfordere. Zweitens sei die Ausgliederung eines wesentlichen Unternehmensteils eine strukturändernde Maßnahme.
Lösungshinweise: Eine Beschlusskompetenz der Hauptversammlung folgte nicht aus § 361 AktG a.F. (heute § 179a AktG), weil keine Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens stattfand, insbesondere deswegen nicht, weil das zurückbehaltene Betriebsvermögen ausreichte, um das in der Satzung festgelegte Unternehmensziel weiterhin zu verfolgen. Eine analoge Anwendung des § 179a AktG auf einen wesentlichen Unternehmensteil oder auf den Schwerpunkt sei aus Gründen der Rechtssicherheit nicht angezeigt (jeweils Ziff. I. 2. a) des Urteils). Allerdings bestehe dort, wo die Maßnahme einem im Gesetz geregelten Sachverhalt dermaßen nahekommt, ausnahmsweise die Pflicht des Vorstandes, von der Möglichkeit des § 119 Abs. 2 AktG Gebrauch zu machen (Ziff. I. 2. c).
Weitere Konkretisierungen dieser Rechtsprechung zu den strukturändernden Maßnahmen folgten viele Jahre nach Holzmüller in den Urteilen „Gelatine I und II“.
Einberufung und Durchführung
Die Hauptversammlung wird in den durch Gesetz oder Satzung bestimmten Fällen sowie dann, wenn es das Wohl der Gesellschaft verlangt (§ 121 Abs. 1 AktG), durch den Vorstand einberufen (§ 121 Abs. 2 AktG). Die Einberufung hat die Angaben des § 121 Abs. 3 AktG zu enthalten und sie muss die Frist des § 123 Abs. 1 AktG einhalten. Sie ist nach § 120 Abs. 1 AktG mind. einmal jährlich abzuhalten (sog. ordentliche Hauptversammlung). In den anderen Fällen ist von einer außerordentlichen Hauptversammlung die Rede, beispielsweise auch dann, wenn der Aufsichtsrat nach Maßgabe des § 111 Abs. 3 AktG eine Hauptversammlung einberuft. Aus dem Kreis der Aktionäre kann die Hauptversammlung unter den Voraussetzungen des § 122 AktG einberufen werden (Antrag von Aktionären, deren Anteile zusammen den 5 % des Grundkapitals erreicht oder wenn oder sie den anteiligen Betrag von 500.000 EUR erreichen).
Zur Teilnahme an der Hauptversammlung sind grundsätzlich alle Aktionäre berechtigt (§§ 118 Abs. 1, 134 Abs. 2 AktG). Außerdem sind Stimmrechtsbevollmächtigte teilnahmeberechtigt. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sollen an der Hauptversammlung teilnehmen; in der Satzung kann jedoch für bestimmte Fälle vorgesehen sein, dass die Teilnahme von Mitgliedern des Aufsichtsrats im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen darf (§ 118 Abs. 3 AktG). Hintergrund dieser Flexibilisierung ist, dass die Teilnahme der Aufsichtsratsmitglieder für den Ablauf der Hauptversammlung nicht so wichtig wie die Teilnahme der Vorstandsmitglieder ist, da gegenüber den Aktionären nur der Vorstand auskunftspflichtig ist.
Das Aktienrecht kannte in den §§ 118 ff. AktG lange Zeit ausschließlich den Grundsatz der Präsenzversammlung. Eine Öffnung zugunsten der technologischen Möglichkeiten der „Moderne“ fand nur zurückhaltend statt (s. etwa § 118 Abs. 4 AktG). Erst die COVID-19-Pandemie führte in eine neue Richtung, die nun gemäß § 118a AktG auch die virtuelle Hauptversammlung
Geleitet wird die Hauptversammlung von ihrem Vorsitzenden (vgl. § 130 Abs. 2 S. 1 AktG). Die Person des Vorsitzenden folgt entweder schon aus der Satzung, aus der Geschäftsordnung der Hauptversammlung oder wird in der Hauptversammlung bestimmt. In der Praxis wird die Hauptversammlung häufig vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats geleitet. Regelmäßig ist der Vorsitzende nach § 131 Abs. 2 S. 2 AktG durch die Satzung ermächtigt, das Frage- und Rederecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken. Er bestimmt somit den Ablauf der Hauptversammlung. In praxi wird in aller Regel (u.a. von beratenden Kanzleien) vorab ein Leitfaden für den Versammlungsleiter verfasst, anhand dessen er die Versammlung abwickelt.
Beschlussfassung und Ausübung des Stimmrechts
Die Entscheidungen in der Hauptversammlung werden durch Beschluss getroffen. Dieser muss grundsätzlich notariell beurkundet werden (§ 130 Abs. 1 S. 1 AktG). Fehlt die Beurkundung, so hat dies gemäß § 241 Nr. 2 AktG die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge.
Das Stimmrecht des Aktionärs entsteht mit vollständiger Leistung der Einlagen (§ 134 Abs. 2 S. 1 AktG). Es kann verschiedentlich ausgeübt werden: Neben der unmittelbaren Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung ist die elektronische oder schriftliche Stimmabgabe möglich (vgl. § 118 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 AktG). Durch Dritte kann das Stimmrecht im Wege der Bevollmächtigung in Textform ausgeübt werden (§ 134 Abs. 3 AktG, §§ 164 ff. BGB), also durch einen Stimmrechtsvertreter. Besondere Regeln gelten gemäß § 135 AktG für das sog. Depotstimmrecht, das durch bevollmächtigte Intermediäre (häufig, aber nicht ausschließlich Depotbanken) ausgeübt wird. Möglich ist es zudem, im Wege der Legitimationsübertragung einen Dritten zur Ausübung im eigenen Namen zu ermächtigen (§ 129 Abs. 3 AktG, § 185 Abs. 1 BGB).
In bestimmten Situationen kann der Aktionär einem Stimmverbot unterliegen. § 136 Abs. 1 AktG regelt einen solchen Ausschluss. Erfasst sind Sachverhalte der Interessenkollision; das Stimmrecht kann dann weder vom Aktionär noch von einem Dritten ausgeübt werden (vgl. Abs. 1 S. 2).
Eine Stimmbindungsvereinbarung des Aktionärs mit Bindung gegenüber der AG, ihrer Verwaltung oder einem abhängigen Unternehmen ist gemäß § 136 Abs. 2 AktG nichtig. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass anderweitige Stimmbindungsverträge möglich sind. Insbesondere ist es möglich, mit anderen Aktionären ein Stimmrechtskonsortium zu bilden; es entsteht auf diese Weise eine GbR zwischen den Aktionären (§§ 705 ff. BGB).
Mehrheiten
Beschlüsse werden in der Hauptversammlung grundsätzlich mit einfacher Stimmmehrheit gefasst (§ 133 Abs. 1 AktG); abweichende Mehrheitserfordernisse können sich aus dem Gesetz oder aus der Satzung ergeben.
Das Gesetz kann eine qualifizierte Mehrheit vorsehen, wobei zwei unterschiedliche Ausprägungen auseinanderzuhalten sind: (i) Eine qualifizierte Stimmenmehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen fordert zB § 103 Abs. 1 S. 2 AktG (Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds). (ii) Eine qualifizierte Kapitalmehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals bedarf es hingegen zB gemäß § 179 Abs. 2 S. 1 AktG bei Satzungsänderungen, gemäß §§ 182 Abs. 1, 193 Abs. 1, 202 Abs. 2, 207 Abs. 2 AktG bei Kapitalerhöhungen sowie gemäß §§ 222 Abs. 1, 229 Abs. 3 AktG bei Kapitalherabsetzungen, weiterhin gemäß § 179a Abs. 1 AktG bei Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens oder gemäß §§ 65 Abs. 1, 125, 176 ff. UmwG bei Umwandlungsbeschlüssen. Diese qualifizierte Mehrheit hat in der Praxis die wichtige Konsequenz der Sperrminorität: Wer über 25 % der Kapitalanteile verfügt, kann Grundlagenbeschlüsse durch andere Aktionäre verhindern.
Der Grundsatz der Einstimmigkeit gilt bei Beschlüssen zur Änderung des Gesellschaftszwecks (§ 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog).
Bei Beschlüssen über Satzungsänderungen gilt – wie gesehen – im Grundsatz die qualifizierte Mehrheit von ¾ des Grundkapitals (§ 179 Abs. 2 S. 1 AktG), sofern in der Satzung keine abweichende Mehrheit – soweit gesetzlich zulässig – bestimmt ist. Ein satzungsändernder Beschluss ist gegeben, wenn auf den Text der Satzungsurkunde durch Einfügen oder Aufgeben eingewirkt wird oder wenn inhaltliche bzw. formale Veränderungen vorgenommen werden.
In manchen Fällen ermöglicht das Gesetz eine Maßnahme auf Grundlage einer qualifizierten Minderheit: Gemäß § 147 Abs. 2 AktG ist beispielsweise ein Antrag von 10 % des Grundkapitals oder von Aktionären, deren Aktienbesitz den anteiligen Betrag von 1 Mio. EUR erreicht, ausreichend, damit auf gerichtliche Bestellung durch einen besonderen Vertreter etwaige Gesellschaftsansprüche verfolgt werden; und gemäß § 265 Abs. 3 AktG hat das Gericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und auf Antrag von 5 % des vertretenen Grundkapitals oder 500.000 EUR einen Abwickler zu bestellen und abzuberufen.
Antrags- und Auskunftsrecht
Aktionäre sind berechtigt, Anträge zu stellen. Eine Rolle spielen insbes. „Gegenanträge“, die im Sinne einer „Opposition“
Jedem Aktionär steht in der Hauptversammlung ein Auskunftsrecht über „Angelegenheiten der Gesellschaft“ zu, soweit dies gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 AktG „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist“. Ziel des Auskunftsrechts (und Rederechts, § 131 Abs. 2 S. 2 AktG) ist es, dem Aktionär eine verantwortliche und sachgemäße Stimmrechtsausübung zu ermöglichen.
Beispiel:Ähnlicher Sachverhalt bei Altenhofen, Übungen im Kapitalgesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2022, Fall 9, indes mit abweichendem Ergebnis zu hier. Die Wire.Karten AG mit Sitz Aschheim plant die Veräußerung der Tochtergesellschaft Best.IT AG an die Investpolis GmbH. Auf der ordnungsgemäß einberufenen Hauptversammlung ist dieses geplante Geschäft ein Tagesordnungspunkt. Der Aktionär und Privatier P verlangt diesbzgl. Auskunft darüber, ob es richtig sei, dass der Vorstandsvorsitzende der Wire.Karten AG, Barkus Maun, mit dem Geschäftsführer der Investpolis GmbH verschwägert sei. Der Vorstand weist das Auskunftsbegehren mit dem Hinweis zurück, das sei eine private Frage. Soweit P Bedenken hinsichtlich des Kaufpreises habe, sei man bereit, alle intern und unabhängig erstellten Unterlagen zur Unternehmensbewertung zur Einsicht vorzulegen.
Lösungshinweise: Der Auskunftsanspruch des P folgt aus § 131 Abs. 1 S. 1 AktG. Ein Verweigerungsrecht des Vorstands aus § 131 Abs. 3 AktG besteht nicht. Insoweit könnte die Auskunft nur verweigert werden, wenn die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 S. 1 AktG nicht erfüllt sind – insbesondere, wenn keine „Angelegenheit der Gesellschaft“ betroffen ist oder die Auskunft nicht für eine „sachgemäße Beurteilung“ eines „Tagesordnungspunktes“ als „erforderlich“ erscheint.
Hier ist ein „Tagesordnungspunkt“ betroffen und es ist auch eine „Angelegenheit der Gesellschaft“ einschlägig, da es darum geht, alle Anteile, die von der AG an der Best.IT AG gehalten werden, an einen Dritten zu veräußern. Hinsichtlich der Frage, inwieweit die verlangte Auskunft für eine „sachgemäße Beurteilung…erforderlich“ ist, sind die Regelungsziele des § 131 AktG in den Blick zu nehmen. Einesteils soll sichergestellt sein, dass die Aktionäre informierte Entscheidungen in eigenen Vermögensangelegenheiten treffen und mitgliedschaftliche Positionen wahrnehmen können. Andernteils soll ein zweckmäßiger Ablauf der Hauptversammlung sichergestellt sein. Das Merkmal der Beurteilungserforderlichkeit hat insbesondere zum Ziel, missbräuchliche Begehren zu unterbinden.
Diese Kriterien zugrunde gelegt, ist ein Verweigerungsrecht tendenziell zu verneinen. Eine private Nähebeziehung zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der veräußernden AG und dem Geschäftsführer der erwerbenden GmbH kann bedeuten, dass keine marktgerechten Konditionen vereinbart wurden. Zwar kann P auf interne und externe Unterlagen zur Unternehmensbewertung Zugriff nehmen, um den ausgehandelten Preis zu bewerten. Ein objektiv denkender Durchschnittsaktionäre würde allerdings die betreffenden Unterlagen mit einer anderen Aufmerksamkeit lesen, wenn er sachfremde Motive befürchten müsste, als bei einem neutralen Geschäft mit einem fremden Dritten. Der Aktionär wird veranlasst, die Dokumente gleichsam mit der Lupe zu studieren, weil er in Unsicherheit darüber gelassen wird, ob Verdachtsmomente existieren, die auf sachfremde Erwägungen schließen lassen. Das Auskunftsverlangen ist hier auch nicht geeignet, den zweckmäßigen Ablauf der Hauptversammlung zu stören, indem die Information durch eine einfache „Ja“- oder „Nein“-Antwort hätte erteilt werden können. Insoweit überwiegt das Auskunftsinteresse des P (a.A. vertretbar).
Das Auskunftsverlangen kann aus Gründen der Gleichbehandlung dann nicht (mehr) zurückgewiesen werden, wenn einem Aktionär in dieser Eigenschaft eine Auskunft außerhalb der Hauptversammlung bereits erteilt wurde.
Beispiel: Im obigen Beispiel wäre also eine Auskunft an P über ein etwaiges Verwandtschaftsverhältnis nicht zu versagen, wenn eine entsprechende Auskunft einem anderen Aktionär bereits erteilt worden wäre. Die Auskunft könnte freilich zurückgewiesen werden, wenn es sich um eine allgemein bekannte Tatsache handeln würde, weil ein solches Auskunftsbegehren eines Aktionärs den zweckmäßigen Ablauf einer Hauptversammlung unnötig stört und eine erneute Bestätigung durch das betroffene Vorstandsmitglied nicht „erforderlich“ ist.
Welche Informationen nach Maßgabe des § 131 Abs. 1 S. 1 AktG zu erteilen sind, beurteilt sich aus der Sicht eines objektiv denkenden Aktionärs.
Nur unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 3 AktG kann eine Auskunft verweigert werden. In der Praxis eine große Rolle spielt § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG, der eine Auskunftsverweigerung ermöglicht, wenn die Auskunft geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (insbes.: die Aufdeckung von Geschäftsgeheimnissen steht zu befürchten).
Ist dem Aktionär die Auskunft verweigert worden, so sind auf sein Verlangen hin seine Frage und der Verweigerungsgrund in die Niederschrift über die Hauptversammlung aufzunehmen (§ 131 Abs. 5 AktG). Sodann stehen dem Aktionär zwei Rechtsbehelfe stehen zur Verfügung: Nach Maßgabe des § 132 AktG kann er Auskunftserzwingungsverfahren einleiten oder er kann – auch ohne Erzwingungsverfahren – den Beschluss zu dem betroffenen Tagesordnungspunkt anfechten.
Beschlussmängel
Würde über alle Beschlüsse der Hauptversammlung ein mögliches Nichtigkeitsverdikt schweben, hätte dies erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge. So wäre es nicht im Interesse der Gesellschaft oder der Aktionäre, wenn zB ein Verschmelzungsbeschluss nach Jahre nach Beschlussfassung wegen Nichtigkeit angegriffen und die Rückgängigmachung bewirkt werden könnte. Deshalb regelt das Gesetz in § 241 AktG und zB in §§ 250, 253 AktG in restriktiv anzuwendenden Tatbeständen die Nichtigkeitsgründe. Wie die Nr. 3 („Wesen mit der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren“) und die Nr. 4 („Inhalt gegen die guten Sitten verstößt“) des § 241 AktG zeigen, geht es ausschließlich um gravierende Mängel. Solche Nichtigkeitsmängel werden idR gemäß § 242 AktG nur ausnahmsweise geheilt durch Eintragung in das Handelsregister (teils nach einer Wartefrist).
Alle übrigen Mängel, die nicht zur Nichtigkeit führen, können lediglich eine Anfechtbarkeit begründen; dies zeigen die §§ 243, 251, 254, 255 AktG. Dabei sind zwei Kategorien zu unterscheiden:
– Verfahrensfehler liegen vor, wenn beim Zustandekommen des Beschlusses das Gesetz oder die Satzung verletzt wurden. Ist bei wertender Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs möglich oder nicht ausgeschlossen, dass sich der Verfahrensfehler auf das Beschlussergebnis,
Beispiel: Es wird über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht sind, entgegen § 124 Abs. 4 S. 1 AktG ein Beschluss gefasst. Dieses Beschlusshindernis begründet eine Anfechtbarkeit gemäß § 243 Abs. 1 AktG.
– Einen Inhaltsfehler besteht bei einem inhaltlichen Verstoß gegen das Gesetz oder gegen die Satzung. Typische sind die Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG) oder gegen Treuepflichten.
Beispiel: Kapitalerhöhungsbeschluss mit Bezugsrechtsausschluss für einen Großteil der Aktionäre.
Die Klagebefugnis bei der Nichtigkeitsklage folgt aus § 249 Abs. 1 AktG (Aktionär, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied). Es handelt sich dabei um eine Feststellungsklage iSd § 256 ZPO. Im Übrigen gelten die für die Anfechtungsklage maßgeblichen Vorschriften.
Hinsichtlich der Anfechtungsklage folgt der Kreis der Anfechtungsbefugten aus § 245 AktG. Die Klage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden (§ 246 Abs. 1 AktG). Das Rechtsschutzbedürfnis setzt nicht voraus, dass der Kläger durch den geltend gemachten Gesetzes- oder Satzungsverstoß persönlich betroffen wird.
Der Anfechtungsklage kann mit dem Einwand des individuellen Rechtsmissbrauchs begegnet werden, „wenn der Kläger eine Anfechtungsklage mit dem Ziel erhebt, die verklagte Gesellschaft in grob eigennütziger Weise zu einer Leistung zu veranlassen, auf die er keinen Anspruch hat und billigerweise auch nicht erheben kann, wobei er sich im allgemeinen von der Vorstellung leiten lassen will, die verklagte Gesellschaft werde die Leistung erbringen, weil sie hoffe, daß der Eintritt anfechtungsbedingter Nachteile und Schäden dadurch vermieden oder zumindest gering gehalten werden könne“
Beispiel: Aktionär A hat sich auf die Hauptversammlung der Legit AG minutiös vorbereitet und einen Fragenkatalog mit 50 Fragen mitgebracht. Im Zusammenhang mit einer geplanten Fusion zwischen der Legit AG und der I.git AG will A u.a. den Gebäudeversicherungswert (Wiederaufbauwert) verschiedener Gebäude der Legit AG wissen. Der Vorstand verweigert die Auskunft mit der Begründung, sie sei für das Fusionsvorhaben irrelevant.
Lösungshinweise: Hier kann angezweifelt werden, ob die begehrte Information wesentlich ist, mithin ob insoweit ein Anfechtungsgrund iSd § 243 Abs. 4 AktG überhaupt besteht. Davon abgesehen könnte die Anfechtungsklage wegen fehlender Klagebefugnis als unbegründet zurückzuweisen sein, wenn es A nachweislich darum ging, sich für den „Lästigkeitswert“ seiner Klage eine Zahlung oder eine sonstige Zuwendung durch die AG versprechen zu lassen.
Finanzverfassung
Einführung
Wie oben schon beschrieben, existiert bei Kapitalgesellschaften als Kompensation für den wesensprägenden Ausschluss der Aktionärshaftung ein ebenso prägendes Garantiekapital, das bei der Aktiengesellschaft als Grundkapital bezeichnet ist. Das Aktienrecht sieht diesbzgl. Regelungen für zwei unterschiedliche Phasen vor: (i) im Zusammenhang mit der Aufbringung bei der Gründung der Gesellschaft und (ii) für die Erhaltung während der laufenden Tätigkeit der Aktiengesellschaft. Für beide Phasen enthält das AktG strenge Regeln, die aus dem Recht der Personengesellschaften gar nicht bekannt und die im Recht der GmbH weniger streng ausgestaltet sind. Die Bestimmungen haben das Ziel, das Grundkapital „zusammenzuhalten“. Andernfalls würde es aus Sicht der Gläubiger an der Haftungsverfassung fehlen, die einen Ausgleich für die fehlende persönliche Einstandspflicht der Gesellschafter gewährt. Und zudem könnte nicht von einer Kapitalsammelfunktion der AG die Rede sein, wenn das Kapital beliebig „verschleudert“ werden könnte.
Das Grundkapital ist ein in der Satzung anzugebender und fester Betrag (§ 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG). Er ist gemäß § 266 Abs. 3 A. I. HGB als „gezeichnetes Kapital“ in der Bilanz zu passivieren. Dies hat eine entscheidende Bedeutung für die im Aktienrecht angestrebte Kapitalbindung: Wie aus §§ 57 Abs. 3, 58 Abs. 4 AktG folgt, darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden. Ein solcher Bilanzgewinn besteht nur, wenn das Vermögen der AG die Verbindlichkeiten und das satzungsmäßig ausgewiesene Grundkapital deckt. Folglich wird rechtstechnisch durch die Passivierung des Grundkapitals sichergestellt, dass die Einlagen nicht durch eine Ausschüttung an die Aktionäre aufgezehrt werden.
In § 9 Abs. 1 AktG ist angeordnet, dass eine Aktie nicht unter den Betrag ausgegeben werden darf als den Nennbetrag oder den auf eine einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals (Verbot einer Unterpari-Emission). Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung unmittelbar einleuchtend. Wäre eine Unterpari-Emission möglich, dann würde die Aktiengesellschaft bereits bei ihrer Gründung nicht das festgeschriebene Grundkapital ausweisen. Gemäß § 9 Abs. 2 AktG ist hingegen eine für einen höheren Betrag zulässig: eine Aktie zu einem Nennbetrag von 5 EUR kann gegen Einzahlung von 10 EUR ausgegeben werden (Ausgabebetrag). Dieser Ausgabeaufschlag, der auch als Agio bezeichnet wird, hat keine Bedeutung für die quotale Beteiligung des Aktionärs an dem Grundkapital, sondern für den Wert der Aktie und für die Eigenkapitaldecke der Gesellschaft. Der wirtschaftliche Grund, weshalb man ein solches Agio verlangt, liegt in der Erweiterung der Handlungsspielräume der Gesellschaft:
Bei der Kapitalerhöhung ist ein höherer Ausgabebetrag als den Nennbetrag (= geringster Ausgabebetrag) üblich, weil eine Ausgabe zum Nennbetrag idR nicht dem Verkehrswert der Aktie entsprechen und zudem neue Aktionäre gegenüber den alten Aktionären unverhältnismäßig bevorzugen würde, weil ihr aufgewandter Betrag für die gleich hohe Beteiligung viel geringer wäre.
Kapitalaufbringung
Die Kapitalaufbringung ist im Aktienrecht umfassend geregelt. Abhängig davon, ob eine Bar- oder eine Sacheinlage übernommen wurde, gelten unterschiedliche Regeln, die sich im Ausgangspunkt auf einen Gedanken zurückführen lassen:
Bareinlage
Die Aktionäre haben – soweit in der Satzung nichts anderes bestimmt ist – ihre Einlageverpflichtung durch eine „Einzahlung“ zu erfüllen (§ 54 Abs. 2 AktG). Es gilt somit der Grundsatz der Bareinlage (auch: Geldeinlage). Die Sacheinlage (s. unten) ist demgegenüber die Ausnahme.
Die Bareinlage kann gemäß § 54 Abs. 3 AktG entweder in Bargeld („gesetzliches Zahlungsmittel“ = § 14 Abs. 1 S. 2 BBankG) oder als Buchgeld aufgebracht werden („durch Gutschrift auf ein Konto“). Gemäß § 54 Abs. 3 AktG muss das Buchgeld zwingend zugunsten eines Girokontos der Gesellschaft
Dieser eingeforderte und eingezahlte Betrag muss gemäß § 36a Abs. 1 AktG bei der Anmeldung mind. ¼ des geringsten Ausgabebetrags (Nennbetrag) oder des Mehrbetrags (Nennbetrag zzgl. Agio) betragen (Mindesteinzahlung). Der Restbetrag ist gemäß § 63 Abs. 1 AktG auf Aufforderung des Vorstandes einzuzahlen (Resteinzahlung). Für gleichwohl nicht eingezahlte Beträge gilt die Verzinsungspflicht gemäß § 63 Abs. 2 AktG und in der Satzung können Vertragsstrafen festgelegt sein (Abs. 3). Auch hinsichtlich der Resteinzahlung folgt aus dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung, dass der geschuldete Betrag ohne Bedingung, Einschränkung oder Verwendungsbindung eingezahlt werden muss.
Die Bareinlagenpflicht seitens des Aktionärs ist nur erfüllt, wenn der Geldbetrag gemäß § 36 Abs. 2 AktG dem Vorstand endgültig zur freien Verfügung steht. Der Vorstand muss also ohne Einschränkung über die Bareinlage disponieren können. Dafür muss der Betrag den Herrschaftsbereich des Einlegers verlassen haben und es dürfen keine Verwendungsbeschränkungen bestehen – insbesondere solche nicht, die einen direkten oder indirekten (Angehörige, beherrschte Gesellschaften) Rückfluss an den Aktionär bedeuten würden.
Von der Einlagepflicht kann der Aktionär nicht befreit werden; eine Aufrechnung gegen eine Forderung der Gesellschaft ist prinzipiell nicht zulässig (§ 66 Abs. 1 AktG). Im Übrigen ist der Begriff der Befreiung im Sinne einer effektiven Kapitalaufbringung weit auszulegen:
Sacheinlage und Sachübernahme
Grundsätzlich ist es zulässig, dass Grundkapital durch Sacheinlagen aufzubringen. Dabei ist jede andere Form der Einlage als eine Geldzahlung ist eine Sacheinlage. Indes ist nicht jeder Gegenstand als Sacheinlage einlagefähig.
Von der Sacheinlage zu trennen ist die Sachübernahme: Als solche wird gemäß § 27 Abs. 1 AktG eine Abrede bezeichnet, nach der die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände übernehmen soll. Es geht darum, dass die Gesellschaft von dem Gründer oder einem Dritten Vermögensgegenstände gegen Vergütung und nicht gegen Gewährung von Aktien übernimmt.
In der Satzung müssen festgesetzt werden (§ 27 Abs. 1 S. 1 AktG): der Gegenstand der Sacheinlage oder der Sachübernahme; die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt; und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung (Satzungspublizität). Soll die Gesellschaft einen Vermögensgegenstand übernehmen, für den eine Vergütung gewährt wird, die auf die Einlage eines Aktionärs angerechnet werden soll, so gilt dies gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 AktG als Sacheinlage.
Nicht jeder Gegenstand taugt als Sacheinlage. Bei Sacheinlagen oder -übernahmen ist die reale Kapitalaufbringung gefährdet, weil die ausreichende Werthaltigkeit des Sachwerts nicht stets sichergestellt werden kann. Dadurch besteht die Gefahr, dass das Grundkapital schon vor der Entstehung der AG ausgehöhlt wird. Ein Schutzbaustein zugunsten späterer Aktionäre und Gläubiger ist die erwähnte Satzungspublizität. Im Übrigen soll durch verschiedene Regeln eine Überbewertung der Sacheinlage verhindert werden.
Zunächst einmal sind einlagen- oder übernahmefähig gemäß § 27 Abs. 2 Hs. 1 AktG nur Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Gemeint ist letztlich damit, dass eine „funktionale Äquivalenz“ zwischen Sach- und Geldeinlage bestehen muss; dass die Sacheinlage „so gut wie Geld ist“.
Von der Feststellbarkeit des Vermögenswertes dieser Gegenstände ist die konkrete Ermittlung des Wertes zu unterscheiden. Um etwaige Missbrauchspotentiale so weit wie möglich auszuschalten, gelten folgende Regeln:
Ist die Sachgründung nicht nach § 27 Abs. 1 S. 1 AktG in der Satzung ausgewiesen, ist die Eintragung gemäß § 38 Abs. 1 AktG abzulehnen;
Sacheinlagen sind grundsätzlich vollständig und vor Anmeldung zu leisten (§ 36a Abs. 2 S. 1 AktG);
Satz 2 der Norm betrifft nur Ansprüche des Aktionärs auf Übertragung einer Sache gegen Dritte; C. Schäfer, § 42 Rn. 7; Karsten Schmidt, § 27 II 2 h (in Fn. 4); aA Koch, § 36a Rn. 4. der Gründungsbericht muss auf Sacheinlagen oder -übernahmen eingehen und er muss die „wesentlichen Umstände“ darlegen, von denen die Angemessenheit der Leistung für die Sacheinlage oder Sachübernahme abhängt (§ 32 Abs. 2 AktG);
ferner besteht die Pflicht, die (Sach-)Gründung durch externe Prüfer untersuchen zu lassen (§ 33 Abs. 2 Nr. 4 AktG);
eine im Eintragungsverfahren festgestellte Überbewertung bedingt, dass die Eintragung gemäß § 38 Abs. 2 S. 2 AktG abzulehnen ist.
Hat die Eintragung (ausnahmsweise) trotz Überbewertung stattgefunden, offenbart sich also die Überbewertung erst im Nachhinein, so besteht eine Pflicht des betreffenden Aktionärs zur Deckung der gesamten Wertdifferenz in Geld (Differenzhaftungsanspruch). Im GmbH-Recht ist eine solche gesetzliche Haftung explizit angeordnet (vgl. § 9 GmbHG). Aus dem Grundsatz der effektiven Mittelaufbringung folge das Gebot einer Analogie zu § 9 Abs. 1 GmbHG.
Zu welchem Zeitpunkt die Gründer die Sacheinlage spätestens vollständig geleistet haben müssen, ist umstritten und hängt davon ab, wie man § 36a Abs. 2 S. 1 und S. 2 AktG liest:
Verdeckte Sacheinlage
Die offene Sacheinlage ist – wie oben gesehen – aufwändig und der Praxis bisweilen zu teuer. Deshalb bestehen Umgehungsbestrebungen: die Sacheinlage soll „verdeckt“ werden. Gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 AktG ist eine verdeckte Sacheinlage eine Geldeinlage eines Aktionärs, die bei wirtschaftlicher Betrachtung (objektiv-wirtschaftliches Element) und auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede (subjektiv-wirtschaftliches Element) vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist. Bei einer verdeckten Sacheinlage sieht also der Gesellschaftsvertrag eine Geldeinlagepflicht des Aktionärs vor, auf die er zunächst einmal auch tatsächlich Geld einzahlt. Allerdings ist verabredet, dass die AG zu einem späteren Zeitpunkt mit dem eingezahlten Geld (einlagefähige) Sachen oder Rechte des Einlegers erwirbt (Koppelung).
Rechtlich problematisch ist dieses Vorgehen, weil eine Sacheinlage erbracht wird, ohne dass die besonderen Vorschriften zur Sacheinlage bzw. -übernahme beachtet wurden, die eine Überbewertung verhindern sollen. Zudem zielt die Konstruktion auf eine Umgehung der Differenzhaftung ab. Weiterhin wird dem Rechtsverkehr ein falscher Eindruck einer Geldeinlage vermittelt.
Gemäß § 27 Abs. 3 S. 2 AktG sind die „Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam“; Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft bleiben also in ihrer Wirksamkeit unberührt. Anders war dies noch analog § 27 Abs. 3 AktG a.F. (vor dem ARUG 2009): Danach waren sowohl das Verpflichtungsgeschäft (Austauschgeschäft) als auch das Erfüllungsgeschäft nichtig.
Die nun geltende Fassung des § 27 Abs. 3 AktG bedeutet im Ergebnis eine Entlastung der Aktionäre. Die verdeckte Sacheinlage bleibt zwar weiterhin verboten, die gesetzlichen Folgen sind indes nicht mehr so drakonisch wie vor dem ARUG (s. sogleich).
Hinweis: Da die Geldeinlagepflicht des Aktionärs fortbesteht (§ 27 Abs. 3 S. 1, 4 AktG), dürfen die Gründer, der Vorstand und der Aufsichtsrat bei der Anmeldung nicht erklären, der eingeforderte Betrag auf die Geldeinlage sei ordnungsgemäß eingezahlt und stehe deshalb zur freien Verfügung des Vorstands. Durch eine solche Angabe machen sie sich strafbar (§ 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG) und haften gemäß §§ 46, 48 AktG auf Schadensersatz.
Offensichtlich ist es in praxi schwierig zu bestimmen, ob das nach § 27 Abs. 3 AktG erforderliche Merkmal der (Vor-)Absprache besteht,
Beispiel: A hat einen wertvollen Traktor, den er einer neu zu gründenden AG zur Verfügung stellen will. Statt einer Sacheinlage wird verabredet, dass er eine Bareinlagepflicht von 100.000 EUR übernimmt. Zwei Monate nach der Gründung und Einzahlung der 100.000 EUR durch A schließt der Vorstand mit A einen Kaufvertrag über den Traktor zum Preis von 100.000 EUR; dieser ist 95.000 EUR wert. Entsprechend wird der Traktor von A an die AG – Zug um Zug gegen (Rück-)Zahlung der 100.000 EUR – übereignet.
Lösungshinweise: A hat seine Pflicht gemäß § 54 Abs. 2 AktG iVm der Übernahmeerklärung (§ 29 AktG) zur Geldeinlage nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt. Zwar hat A Geld eingezahlt; wie indes schon bei Begründung der Geldeinlagepflicht geplant, hat er als Kaufpreis für den Traktor 100.000 EUR zurückerhalten. Gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 AktG wird der Aktionär dann nicht von seiner Geldeinlagepflicht frei, wenn seine Geldeinlage bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten ist (verdeckte Sacheinlage). Wirtschaftlich gesehen hat A eine Sacheinlage erbracht und auch subjektiv war im Ergebnis eine Sacheinlage gewollt, weil das Austauschgeschäft vorab verabredet war.
Allerdings ist hier § 27 Abs. 3 S. 3 AktG zu beachten, wonach auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Aktionärs der Wert des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes anzurechnen ist. Da hier ein Gegenstand zum Wert von 95.000 EUR eingebracht wurde, ist die Geldeinlagenforderung der AG in dieser Höhe erloschen.
Voraussetzung für die Anwendung der Regeln über die verdeckte Sacheinlage ist die Sacheinlagenfähigkeit des Gegenstandes. Da Dienstleistungen nicht im Wege der regulären Sacheinlage eingebracht werden können, gilt für die verdeckte Sacheinlage nichts anderes.
Rückzahlung von Einlagen
In § 27 Abs. 4 AktG ist der Fall des Hin- und Herzahlens geregelt: Ist vor der Einlage eine Leistung an den Aktionär vereinbart worden, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage iSv § 27 Abs. 3 AktG zu beurteilen ist, so befreit dies den Aktionär von seiner Einlageverpflichtung nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen und liquiden Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. Ausgangspunkt ist also, dass eine Bareinlage des Inferenten absprachegemäß an den Inferenten oder einen dem Inferenten zuzurechnenden Dritten zurückgezahlt wird, ohne dass der Inferent im Gegenzug einen sacheinlagefähigen Gegenstand leistet.
Der Vorstand muss die erbrachte Leistung an den Aktionär oder die entsprechende Vereinbarung darüber nach § 27 Abs. 4 S. 2 AktG in der Anmeldung nach § 37 AktG angeben. Diese Verpflichtung ist strafbewehrt und sorgt iRd Publizität des Handelsregisters für Transparenz.
Der Inferent ist nur dann von seiner Einlagenverpflichtung befreit, wenn der Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft aus dem Darlehen vollwertig und liquide ist. Die Vollwertigkeit ist zu bejahen, wenn die Forderung bilanziell zu 100 % angesetzt werden darf.
Nachgründung
Ein weiteres Schutzinstrument enthält § 52 AktG für die sog. nachgründende Verträge, auch Nachgründung genannt. Die Bezeichnung als Nachgründung ist irreführend, es geht nicht um eine Gründung im eigentlichen Wortsinne, sondern um schuldrechtliche Geschäfte, die nur wegen der mit diesen Verträgen einhergehenden Gefährdungslage ähnlich wie eine Gründung behandelt werden.
Die Vorschriften zur Nachgründung gelten nicht, wenn der Erwerb der Vermögensgegenstände im Rahmen der laufenden Geschäfte der Gesellschaft stattfindet (§ 52 Abs. 9 AktG).
Kapitalerhaltung
Etwaigen Gläubigern der AG nützt es wenig, wenn das Grundkapital der AG zwar aufgebracht ist, aber ein Rückfluss an die Aktionäre nicht verhindert wird. Im Aktienrecht gilt konsequenterweise der Grundsatz der strengen Kapitalbindung (§§ 57, 62 AktG). Dieser besteht nicht nur im Interesse von Gläubigern der Gesellschaft, die zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten ausschließlich auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen können. Es werden auch die Interessen der (Minderheits-)Aktionäre gewahrt, die gegen eine Aushöhlung des wirtschaftlich auch ihnen gehörenden Gesellschaftsvermögens durch (Mehrheits-)Aktionäre geschützt sein wollen.
Hinsichtlich der Vermögensbindung des Aktienrechts gilt es zu beachten, dass das Grundkapital der AG zwangsläufig zum Betriebsvermögen zählt. Für betriebliche Zwecke darf das Grundkapital eingesetzt und insoweit aufgebraucht werden.
Verbot der Einlagenrückgewähr
Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG dürfen Einlagen den Aktionären nicht zurückgewährt werden. Dazu gehört es auch, dass Zinsen weder zugesagt noch ausgezahlt werden dürfen (§ 57 Abs. 2 AktG). Dieses Ausschüttungsverbot ist prinzipiell umfassend: Es ist nicht nur das zur Erhaltung des Grundkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen betroffen, sondern das gesamte Vermögen der AG. Es darf ausschließlich der Bilanzgewinn ausgeschüttet werden (§ 57 Abs. 3 AktG); dies gilt auch hinsichtlich des Dividendenrechts des Aktionärs (§ 58 Abs. 4 AktG). Alle anderen Ausschüttungen an den Aktionär sind somit verboten. Der Zweck hinter dieser weitreichenden Kapitalbindung besteht nicht allein darin, das Grundkapital zu schützen, sondern es sollen auch verdeckte Gewinnausschüttungen an einzelne Aktionäre – dies wären idR solche, die zulasten der Minderheitsaktionäre gehen –, verhindert werden.
Das Agio ist nicht Teil des Bilanzgewinns, sondern gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen; deshalb gilt auch für das Agio die Kapitalbindung.
Ausnahmen vom Verbot der Einlagenrückgewähr sind zum einen in § 57 Abs. 1 AktG geregelt: Keine Rückgewähr ist die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien (§§ 57 Abs. 1 S. 2, 71 ff. AktG). Darüber hinaus ist § 57 Abs. 1 S. 1 AktG nicht anzuwenden auf Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind (§ 57 Abs. 1 S. 3 AktG) sowie bei die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Aktionärsdarlehen wirtschaftlich entsprechen (§ 57 Abs. 1 S. 4 AktG). Auch Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erbracht werden, gelten nicht als Verstoß gegen § 57 AktG (vgl. § 291 Abs. 3 AktG).
Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen
Dass offen gegen das Verbot des § 57 AktG verstoßen wird, ist eher die Ausnahme. Praktisch häufiger sind sog. verdeckte Gewinnausschüttungen. Dabei handelt es sich um besonders günstige Konditionen, die einem Aktionär vertraglich um seiner Aktionärseigenschaft willen eingeräumt werden:
Zu einer Einlagenrückgewähr führen nach diesen Grundsätzen nicht nur reine Geldflüsse, sondern jede reale Verringerung des Gesellschaftsvermögens reicht aus. So umfasst § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ausweislich S. 3 auch Leistungen, denen kein „vollwertiger Gegenleistungsanspruch“ gegen den Aktionär gegenübersteht. Vollwertigkeit ist hierbei nach Bilanzierungsgrundsätzen zu bestimmen.
Beispiel:Nach BGH NJW 1987, 1194, wo eine GmbH betroffen war, die Entscheidungsgrundsätze gelten aber auch hier für die AG. Kl. ist ein AG, Bekl. ist eine Aktionärin. Kl. begehrt Werklohn für die Erstellung des Rohbaus eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück der Bekl. Die Bauleistung erfolgte damals abredegemäß zu einem Preis von 125 DM pro cbm. Dabei ging die Kl. davon aus, dass das Entgelt die Selbstkosten des Rohbaus decken würde. Dies ist, wie sich im Nachhinein herausstellt, nicht der Fall. Kl. stellt eine Nachforderung mit dem Ziel, ihre Selbstkosten zu decken.
Lösungshinweise: Eine gegen § 57 AktG verstoßende Rückgewähr von Einlagen kann auch durch die Ausführung eines Vertrages bewirkt werden, die eine Sachleistung zum Gegenstand hat; das Verbot des § 57 AktG betrifft also, wie gesehen, nicht nur Geldleistungen. Hier ist zu hinterfragen, ob ein gewissenhaft nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsleiter den Vertrag zu gleichen Bedingungen auch mit einen Nichtaktionär abgeschlossen hätte. Dies ist nur der Fall, wenn die Preisgestaltung durch „betriebliche Gründe gerechtfertigt“ ist.
Um die Vermögensverlagerung noch besser zu verschleiern, werden in praxi Leistungen auf Veranlassung des Aktionärs an nahestehende Dritte (Kinder, Partner, kontrollierte Unternehmen usw.) erbracht (zB in Form von „Beraterhonoraren“), die diese für Rechnung des Aktionärs empfangen.
Rechtsfolgen verbotener Ausschüttungen
Die verbotswidrige Ausschüttung löst einen verschuldensunabhängigen Rückgewähranspruch der AG gegen den Aktionär aus (§ 62 Abs. 1 S. 1 AktG). Schuldner des Rückgewähranspruchs ist als grundsätzlich der Aktionär, der die Leistung empfangen hat. Im Rahmen dessen ist umstritten, ob der Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG seinem Inhalt nach auf Rückgewähr in Natur oder auf Ersatz des Wertes der verbotenen Leistung gerichtet ist.
In den Fällen des zurechenbaren Drittempfangs besteht gegen den Dritten lediglich ein bereicherungsrechtlicher Rückerstattungsanspruch (§ 812 BGB).
Erwerb eigener Aktien
In § 71 AktG ist das grundsätzliche Verbot niedergelegt, eigene Aktien zu erwerben („nur“).
In Ausnahmefällen kann der Erwerb eigener Aktien ökonomisch sinnvoll sein. So kann der Gesellschaft daran gelegen sein, Aktien an Mitarbeiter ausgeben zu können (Mitarbeiterbeteiligung), dem Kapitalmarkt zu signalisieren, dass man am geschäftlichen Erfolg der Geschäftspolitik glaubt, oder um sich gegenüber einem Übernahmeangebot zu verteidigen.
Bei einem Verstoß gegen § 71 AktG ist auf Rechtsfolgenseite zwischen dinglicher und schuldrechtlicher Ebene zu differenzieren: Dinglich ist der Erwerb der eigenen Aktien wirksam, vgl. § 71 Abs. 4 S. 1 AktG. Es wird allerdings die Pflicht des § 71c Abs. 1 AktG ausgelöst, nämlich die fehlerhaft erworbenen Anteile innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb zu veräußern. Schuldrechtlich ist das Geschäft hingegen gemäß § 71 Abs. 4 S. 2 AktG unwirksam. Demnach steht dem Veräußerer ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch zu, der seinerseits gemäß § 62 AktG den erhaltenen Kaufpreis zurückgewähren muss, weil ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG vorliegt.
Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung
In einem auf Wachstum ausgelegten Marktumfeld ist es nicht überraschend, dass ein Unternehmen weiteres Kapital benötigt, um notwendige Investitionen zu realisieren. Auch in Sanierungssituationen wird zusätzliches Kapital benötigt. Der AG stehen zwei grundsätzliche Wege offen, ihren Kapitalbedarf zu decken: (i) Aufnahme von Krediten, also von Fremdkapital; (ii) Beschaffung von Eigenmitteln durch Ausgabe von Aktien gegen Einlagen. Interessieren soll hier der zweite Fall. Wie eine AG das Grundkapital erhöhen kann, regeln die Vorschriften zur sog. Kapitalerhöhung.
Seltener erforderlich ist die Verringerung des Grundkapital. Es kann beispielsweise sein, dass eine AG über überschüssiges Kapital verfügt, das aber als Grundkapital gebunden und somit gemäß § 57 AktG nicht ausgeschüttet werden darf. Um das Vermögen an die Aktionäre verteilen zu können, muss Grundkapitalziffer herabgesetzt werden. Wie dies vonstattengeht, richtet sich nach den Regeln der Kapitalherabsetzung.
Oberbegrifflich kann man die Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen als Kapitalmaßnahmen bezeichnen, die sich dadurch auszeichnen, dass das Grundkapital der AG verändert wird. Zu unterscheiden sind effektive und nominelle Kapitalmaßnahmen: erstere zeichnen sich dadurch aus, dass ein tatsächlich Mittelzufluss oder Mittelabfluss stattfindet; letztere bedeuten eine Anpassung des Soll-Kapitals an das Ist-Kapital.
Kapitalerhöhung
aa) Bei der effektiven Kapitalerhöhung, die besonders praxisrelevant ist, geht es darum, dass das Grundkapital der AG gegen Ausgabe neuer Aktien erhöht wird (§§ 182 ff. AktG). Die Aktionäre müssen also eine Bar- oder Sacheinlage erbringen. Es findet demnach ein tatsächlich Mittelzufluss an die Gesellschaft statt. Eine Kapitalerhöhung kann auf verschiedenen Wegen umgesetzt werden:
(1) Bei der regulären Kapitalerhöhung ist Ausgangspunkt ein Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung (§§ 182 ff. AktG), der lediglich den Willen der Hauptversammlung zur Kapitalerhöhung bekundet. Zur Durchführung der Kapitalerhöhung (§§ 185 ff. AktG) ist der Vorstand aufgrund dieses Kapitalerhöhungsbeschlusses gemäß § 83 Abs. 2 AktG verpflichtet. Da die Kapitalerhöhung eine Satzungsänderung ist, bedarf der gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 6 AktG notwendige Beschluss mindestens einer Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 182 AktG). Der Erhöhungsbeschluss ist zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden (§ 184 AktG).
Die Durchführung der Kapitalerhöhung geschieht gemäß § 185 Abs. 1 S. 1 AktG durch Zeichnung neuer Aktien, die durch schriftliche Erklärung zu erfolgen hat. Kein Aktionär kann verpflichtet werden, Aktien zu zeichnen. In praxi wird somit zunächst ein Zeichnungsvertrag geschlossen, in dem sich der Aktionär verpflichtet, neue Aktien im angegebenen Umfang zu erwerben. In diesem Vertrag ist auch geregelt, welche Mindesteinlagen gemäß §§ 188 Abs. 2, 36 Abs. 2, 36a AktG an die AG vor der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung zu erbringen sind. Nach der erfolgten Zeichnung fordert der Vorstand die Einlagen ein. Mit der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals wird die Kapitalerhöhung wirksam und das Grundkapital ist gemäß § 189 AktG erhöht. Sodann dürfen neue Aktien ausgegeben werden (§ 191 AktG).
Nach der gesetzlichen Grundkonzeption haben die Altaktionäre ein Bezugsrecht auf einen ihrer Beteiligung entsprechenden Teil der neuen Aktien gemäß § 186 Abs. 1 AktG. Hintergrund ist, dass jeder Aktionär seinen Stimmrechtsanteil und seine wirtschaftliche Beteiligung an der AG durch Erwerb neuer Aktien auch nach der Kapitalerhöhung behalten können soll. Das Bezugsrecht ist aus Sicht der Gesellschaft eine Erschwernis;
Ein gesetzlich ausdrücklich geregelter Fall (§ 183 AktG), bei dem ein Bezugsrechtsausschluss auch sachlich gerechtfertigt ist, ist die Kapitalerhöhung durch Sacheinlage.
(2) Ein Sonderfall der regulären Kapitalerhöhung gegen Einlagen ist die bedingte Kapitalerhöhung. Sie darf nur zu den in § 192 Abs. 2 AktG genannten Zwecken beschlossen werden; es wird also eine bedarfsabhängige Kapitalbeschaffung ermöglicht. Diese Form der Kapitalerhöhung ist einschlägig, wenn sie iSd § 192 Abs. 1 Nr. 1 AktG nur so weit durchgeführt werden soll, wie von einem Umtausch- oder Bezugsrecht Gebrauch gemacht wird, das die Gesellschaft hat oder auf die neuen Aktien (Bezugsaktien) einräumt. Entsprechende Rechte werden insbesondere Gläubigern von Wandel- oder Optionsanleihen eingeräumt.
(3) Ein weiterer Fall der regulären Kapitalerhöhung ist das sog. genehmigte Kapital, welches sehr praxisrelevant ist. Hierbei wird dem Vorstand ein gewisses Ermessen hinsichtlich der Entscheidung eingeräumt, eine Kapitalerhöhung durchzuführen (Maßnahme der Geschäftsführung). Grundlage dieser punktuellen Machtverlagerung auf den Vorstand ist eine Ermächtigung in der anfänglich festgestellte (Gründungs-) Satzung oder in der nachträglich durch Hauptversammlungsbeschluss geänderten Satzung für höchstens fünf Jahre nach Eintragung der Gesellschaft bzw. der Satzungsänderung (§ 202 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 AktG). Sinn und Zweck dieser Ermächtigung ist es, dem Vorstand „auf Vorrat“ eine Möglichkeit zu verschaffen, schnell und unkompliziert Eigenkapital beschaffen zu können, wenn dies wirtschaftlich angezeigt ist.
bb) Bei einer nominellen Kapitalerhöhung wird der Gesellschaft kein neues Kapital von außen zugeführt, sondern es werden Kapital- oder Gewinnrücklagen in Grundkapital umgewandelt (§§ 207 Abs. 1, 208 AktG). Notwendig ist hierfür gemäß § 207 Abs. 1 AktG ein Beschluss der Hauptversammlung. Wirksam wird die Umwandlung der Rücklagen in Grundkapital durch eine entsprechende Eintragung in das Handelsregister gemäß § 211 Abs. 1 AktG.
Kapitalherabsetzung
aa) Wie schon gesehen, steht nur der Bilanzgewinn zur Verteilung an die Aktionäre zur Verfügung. Es kann allerdings – selten! – vorkommen, dass die Aktiengesellschaft überschüssiges Kapital hat. Auch ist es denkbar, dass die Gesellschaft ihren Aktionären noch offene Einlageverpflichtungen erlassen möchte (vgl. § 225 Abs. 2 S. 2 AktG). Damit sie entsprechende Maßnahmen ergreifen kann, muss die Grundkapitalziffer herabgesetzt werden. Für die solche Kapitalmaßnahme müssen Sicherheitsvorkehrungen zugunsten der Gläubiger greifen, denn in der Konsequenz steht weniger Haftungsvermögen zur Verfügung.
Eine effektive Kapitalherabsetzung erfolgt entweder durch eine ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff. AktG) oder durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff. AktG). Bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist gemäß § 222 Abs. 1 AktG ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich; hierfür ist eine Mehrheit von ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals notwendig. Der Zweck der Herabsetzung muss im Beschluss angegeben werden (§ 222 Abs. 3 AktG).
Bei einer Einziehung von Aktien nach §§ 237 ff. AktG sind zwei Formen zu unterscheiden:
Für eine Zwangseinziehung ist kennzeichnend, dass Mitgliedsrechte vernichtet werden (§ 237 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AktG). Hier bedürfen die Aktionäre eines besonderen Schutzes. Die Zwangseinziehung ist deswegen gemäß § 237 Abs. 1 S. 2 AktG nur zulässig, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der Aktien angeordnet oder gestattet ist. Grundsätzlich muss die Gesellschaft bei einer solchen Zwangseinziehung ein Einziehungsentgelt zahlen.
Bei einer Einziehung der Aktien nach Erwerb durch die Gesellschaft ist es die AG selbst (§ 237 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG), die Inhaberin des einzuziehenden Mitgliedsrechts ist. Deswegen besteht hier nicht in gleicher Weise ein Bedarf nach Schutz der Aktionärsrechte.
Auch durch die Einziehung von Aktien wird das Grundkapital und damit der den Gläubigern zur Verfügung stehende Haftungsfonds verringert. Deshalb verweist § 237 Abs. 2 S. 1 AktG auf die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung, die zB mit § 225 AktG eine entsprechende Gläubigerschutzvorschrift bereithalten.
bb) Von der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung iSd § 229 AktG zu unterscheiden. Hierbei geht es nicht darum, die Verteilung von Vermögen an die Aktionäre zu ermöglichen. Vielmehr besteht der Zweck dieser Kapitalherabsetzung darin, eine eingetretene Unterbilanz (Wertminderungen, sonstige Verluste) zu beseitigen oder Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen (vgl. § 229 Abs. 1 AktG). Es geht also darum, dass Kapital bereits verwirtschaftet worden ist und eine Sanierung der Aktiengesellschaft angestrebt wird. Gerade weil bereits Kapital verwirtschaftet worden ist, wogegen etwaige Gläubiger nicht geschützt sind, handelt es sich um eine „vereinfachte“ Maßnahme – indem den Gläubigern kein Anspruch auf Sicherheitsleistung gemäß § 225 AktG zusteht (iÜ gelten die Vorschriften der ordentlichen Kapitalherabsetzung sinngemäß, vgl. § 229 Abs. 3 AktG).
cc) Zuletzt ist ein Kapitalschnitt möglich. Hierbei wird eine nominelle Kapitalherabsetzung mit einer effektiven Kapitalerhöhung kombiniert. Dieses Vorgehen kann sinnvoll sein, wenn die Gesellschaft erhebliche Verluste erlitten hat und nunmehr frisches Kapital benötigt.
Beispiel:
Wird das Grundkapital auf 5 Mio. EUR herabgesetzt, dann könnte die Gesellschaft nun Aktien zum Nennbetrag von jeweils 500.000 EUR ausgeben. Sie könnte also 20 neue Aktionäre aufnehmen. Dann hätte die AG 30 Aktionäre, die Aktien zum Nennbetrag von 500.000 EUR halten würden (= 15 Mio. EUR Grundkapital).
Beendigung
Die Existenz einer Aktiengesellschaft kann nicht von einem Moment auf den anderen beendet werden. Es sind vielmehr zwei Schritte erforderlich: Auflösung gemäß § 262 AktG und anschließende Abwicklung gemäß §§ 264 ff. AktG.
Auflösung
Die Auflösung der Gesellschaft bedeutet eine Zweckänderung: An die Stelle des werbenden Zwecks der Gesellschaft tritt der Abwicklungszweck, damit die Beendigung der Gesellschaft herbeigeführt wird. Die Zweckänderung ist durch (deklaratorische) Eintragung in das Handelsregister publik zu machen (§§ 263, 398 AktG); hinzu kommt der Firmenzusatz „i.L.“ (vgl. § 269 Abs. 6 AktG).
Im Vordergrund der Abwicklungsgesellschaft steht die Befriedigung der noch existierenden Gläubiger und die Verteilung des Restvermögens an die Aktionäre.
Die Auflösung der AG richtet sich nach den zwingenden
In § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG ist der Fall geregelt, dass die zahlungsunfähige oder überschuldete Gesellschaft über ausreichend Vermögen verfügt, damit die Kosten des Insolvenzverfahrens bestritten werden können, also das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Demgegenüber ist in § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG der Fall geregelt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht gemäß § 26 AktG mangels Masse abgewiesen wird.
Liquidation (Abwicklung)
Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, dann findet die Abwicklung vorrangig nach den dort geltenden Verfahrensregeln statt (vgl. § 264 Abs. 1 AktG). In den anderen Fällen richtet sich die Liquidation nach den Regeln der §§ 264 ff. AktG, die mit dem Ziel, die Aktionäre und die Gläubiger zu schützen, zwingend ausgestaltet sind.
Im Liquidationsstadium bleibt die AG weiterhin als juristische Person bestehen. Sie bleibt Handelsgesellschaft iSd § 6 Abs. 2 HGB und behält ihre Firma, der ein Hinweis auf die Abwicklung – wie gesehen – anzufügen ist. Die Abwickler vertreten die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich (§ 269 Abs. 1 AktG); sie haben die laufenden Geschäfte zu beenden, sämtliche Forderungen einzuziehen, etwaiges Vermögen in Geld umzuwandeln, die Gläubiger zu befriedigen und schließlich das Restvermögen zu verteilen (§§ 268 Abs. 1, 271 AktG).
Beendigung
Mit Abschluss der Abwicklung ist die AG beendet; der Schluss der Abwicklung wird in das Handelsregister eingetragen und die AG aus dem Register gelöscht (§ 273 Abs. 1 AktG). Die juristische Person ist dann untergegangen.