Vorbemerkung
Der Rücktritt ist in § 24 StGB geregelt. Er kann ausschließlich bei einem Versuch relevant werden. Ist eine Tat bereits vollendet, kommt ein Rücktritt nicht in Betracht. Vereinzelt sieht das Gesetz die Möglichkeit sog. „tätiger Reue“ als einer Art „Rücktritt vom vollendeten Delikt“ vor, die dann jedoch nur in dem jeweils betroffenen Deliktsbereich eröffnet ist, vgl. z. B. § 158 StGB (Aussagedelikte) und § 306e StGB (Brandstiftungsdelikte).
Der Rücktritt ist nach h. M. ein persönlicher Strafaufhebungsgrund, d.h. obwohl der Täter mit Tatentschluss gehandelt sowie unmittelbar angesetzt hat (Tatbestand) und außerdem Rechtswidrigkeit und Schuld vorliegen, entfällt die Strafbarkeit. Der Rücktritt wird daher im Prüfungsaufbau nach der Schuld geprüft. Es empfiehlt sich die Prüfung des Rücktritts wie folgt aufzubauen:
IV. Rücktritt (im Anschluss an die Versuchsprüfung)
1. Kein Fehlschlag
2. Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch
3. Rücktrittsverhalten
→ bei unbeendetem Versuch: Aufgabe der weiteren Tatausführung
→ bei beendetem Versuch: Verhinderung der Vollendung/Sich-Bemühen
4. Freiwilligkeit
Die Straflosigkeit des Versuchs nach einem Rücktritt wird zum einen mit den Strafzwecken begründet. Durch den Rücktritt bringt der Täter zum Ausdruck, dass er die zuvor verletzte Strafnorm (wieder)anerkennt, sodass das spezialpräventive Bedürfnis, ihn durch die Strafe von der Begehung weiterer Taten abzuschrecken und zu „bessern“, ebenso entfällt wie das generalpräventive Bedürfnis, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung wiederherzustellen. Zum anderen soll der Rücktritt für den Täter eine „Belohnung“ für sein sozial erwünschtes Verhalten sein. Hier spielen auch Erwägungen des Opferschutzes hinein. Indem man dem Täter Straflosigkeit in Aussicht stellt, ihm eine „goldene Brücke“ in die Legalität baut, sollen Anreize geschaffen werden, die Tat nicht zu vollenden und so die Rechtsgüter des Opfers zu wahren.
Lösungshinweise zu Fall 1
T könnte sich wegen eines versuchten Totschlags nach §§ 212 Abs. 1, 22, 23 StGB strafbar gemacht haben, indem er auf O anlegte und schoss.
Vorprüfung
Da O überlebte, ist die Vollendung nicht eingetreten. Als Verbrechen (vgl. § 12 Abs. 1 StGB) ist der Totschlag gem. § 23 Abs. 1 Var. 1 StGB auch im Versuch strafbar.
Tatbestand
T müsste den Tatbestand erfüllt haben. Er wollte den O erschießen, handelte also absichtlich und daher mit Tatentschluss. T hatte den Schuss bereits abgegeben und somit die tatbestandliche Ausführungshandlung vorgenommen. Damit hatte er zur Verwirklichung des Totschlags unmittelbar angesetzt. Der Tatbestand ist erfüllt.
Rechtswidrigkeit/Schuld
Rechtfertigungs-, Entschuldigungs- oder Schuldausschließungsgründe greifen zugunsten des T nicht ein. Er handelte rechtswidrig und schuldhaft.
Kein Rücktritt
T könnte jedoch strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten sein.
Kein Fehlschlag
Dazu dürfte der Totschlagsversuch nicht fehlgeschlagen sein. Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter aus seiner subjektiven Sicht die Tat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr oder nicht ohne zeitliche Zäsur vollenden kann. T hatte in seiner Waffe nur eine Patrone, die er bereits erfolglos verschossen hatte. Andere Möglichkeiten, den O zu töten, sah T wegen seiner körperlichen Unterlegenheit nicht. Aus seiner Sicht standen dem T keine weiteren Mittel zur Verfügung, um den Tod des O im zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe des Schusses noch herbeizuführen. Da es dem T – wie dieser auch erkannte – unmöglich war, den Totschlag zu vollenden, ist der Versuch fehlgeschlagen.
Achtung! Ob der Versuch fehlgeschlagen ist, bestimmt sich allein nach der Vorstellung des Täters. Entsprechend können sich Fehlvorstellungen sowohl zu Gunsten als auch zu Ungunsten des Täters auswirken. Glaubt er z.B. noch Munition in der Waffe zu haben, obwohl sich tatsächlich keine Patrone mehr im Magazin befindet, so geht der Täter davon aus, die Tat mit den vorhanden geglaubten Patronen noch vollenden zu können. Der Versuch ist dann nicht fehlgeschlagen. Denkt er hingegen alle Patronen verschossen zu haben, obwohl tatsächlich noch eine weitere zur Verfügung stünde, und sieht der Täter auch sonst keine Möglichkeit, sein Opfer doch noch zu töten, liegt ein Fehlschlag vor.
Zwischenergebnis
Wegen des Fehlschlags ist ein Rücktritt des T nicht mehr möglich.
Ergebnis
T machte sich durch den Schuss auf O wegen eines versuchten Totschlags nach §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 Var. 1, 12 Abs. 1 StGB strafbar.
Lösungshinweise zu Fall 2
T könnte sich wegen einer versuchten Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 Var. 2, 12 Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben, als er zum Schlag ausholte.
Vorprüfung
Der Spaziergänger wurde nicht getroffen und daher weder körperlich misshandelt noch an seiner Gesundheit geschädigt. Die Vollendung ist nicht eingetreten. Die Strafbarkeit der versuchten Körperverletzung ergibt sich aus §§ 223 Abs. 2, 23 Abs. 1 Var. 2, 12 Abs. 2 StGB.
Tatbestand
T müsste den Tatbestand erfüllt haben. Er wollte den Spaziergänger schlagen und wusste auch, dass der Schlag eine üble, unangemessene Behandlung darstellen würde, die die körperliche Unversehrtheit des Getroffenen beeinträchtigt und bei ihm einen pathologischen Zustand hervorgerufen hätte. T handelte mit Körperverletzungsvorsatz. Zwar ging er zunächst davon aus, bei dem Spaziergänger handele es sich um C und nicht um eine fremde Person. Da sich sein Vorsatz jedoch auf die Person, der er sich näherte, also den Fremden, konkretisiert hatte, liegt ein error in persona vor, der den Vorsatz unberührt lässt. Somit ist der Tatentschluss zu bejahen.
Zudem müsste T derart zur Körperverletzung angesetzt haben, dass es aus seiner Sicht keiner wesentlichen Zwischenschritte mehr bedurft hätte, damit der Erfolg in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang eintreten kann. T hatte bereits zum Schlag ausgeholt, sodass er den Spaziergänger nur noch hätte treffen müssen. Wesentliche Zwischenschritte waren auch aus der Perspektive des T nicht mehr erforderlich. T hat unmittelbar zur Tat angesetzt. Der Tatbestand liegt damit vor.
Rechtswidrigkeit/Schuld
T handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
Kein Rücktritt
T hätte sich nur dann wegen einer versuchten Körperverletzung strafbar gemacht, wenn er nicht zurückgetreten wäre. Dazu dürfte der Versuch nicht fehlgeschlagen sein. Zur Definition des Fehlschlags s. o. (Fall 1, IV. 1.). T hätte den Schlag gegen den Spaziergänger ausführen können, sodass es ihm möglich gewesen wäre, die Körperverletzung noch zur Vollendung zu bringen. Der Versuch wäre folglich nicht fehlgeschlagen. Eine andere Beurteilung könnte sich indes daraus ergeben, dass T seinen error in persona erkannte. T hatte allein den C verprügeln wollen. Als er bemerkte, dass es sich bei dem Spaziergänger nicht um C handelte, ist die weitere Ausführung der Tat, also das Zuschlagen, für ihn sinnlos geworden, da er mit dem Schlag gegen einen Fremden seine Rache gegenüber C nicht erreicht hätte. T erkannte daher in dem Moment, in dem ihm sein Irrtum bewusst wurde, dass er den von ihm geplanten Erfolg, die Körperverletzung an C, nicht mehr ohne eine zeitliche Zäsur hätte erreichen können. Vielmehr hätte T sich erneut verstecken, auf den C warten und dann noch einmal zu einem Schlag ansetzen müssen. Der Versuch ist daher fehlgeschlagen. T konnte nicht mehr strafbefreiend davon zurücktreten.
Abwandlung: Anders läge der Fall, wenn T, der den C töten will, seinen Irrtum erst bemerkt, nachdem er den Spaziergänger bereits lebensgefährlich verletzt hat. Zwar kann T, wenn er das „falsche“ Opfer sterben lässt, den eigentlich geplanten Erfolg ebenso wenig erreichen wie im Ausgangsfall. Dennoch gibt es für ihn keinen zwingenden Grund, den Verletzten zu retten. Veranlasst er dennoch freiwillig dessen Rettung, obwohl er das Opfer auch hätte sterben lassen können, so ist der Versuch nicht fehlgeschlagen. Der maßgebliche Unterschied liegt darin, dass der Versuch im Ausgangsfall noch unbeendet, in der Abwandlung bereits beendet ist. Näheres zur Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch erfahren Sie in der nächsten AG-Einheit.
Ergebnis
T machte sich durch das Ausholen zum Schlag wegen einer versuchten Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 Var. 2, 12 Abs. 2 StGB strafbar.
Lösungshinweise zu Fall 3
A könnte vom versuchten Totschlag zulasten des D zurückgetreten sein, indem er aufhörte, diesen zu würgen.
Kein Fehlschlag
Der Versuch, den D zu töten, dürft nicht fehlgeschlagen sein. Ein Fehlschlag liegt vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung die Vollendung der Tat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht oder nicht mehr ohne eine zeitliche Zäsur herbeiführen kann.
A hat auf unterschiedliche Weise versucht, den Tod des D zu bewirken. Zunächst wollte er ihn durch Überfahren töten, später würgte und schlug er ihn. Bei solchen mehraktigen Geschehensabläufen ist umstritten, ob auf jeden Teilakt separat abzustellen ist oder sie als ein zusammengehörendes Geschehen betrachtet werden.
Einzelaktstheorie
Die Einzelaktstheorie untersucht jeden auf die Tatbestandsverwirklichung abzielenden Ausführungsakt getrennt danach, ob er fehlgeschlagen ist. Ein Fehlschlag liegt danach vor, wenn eine Handlung den Erfolg nicht herbeiführen konnte und der Täter sein Scheitern erkennt. Im vorliegenden Fall müssten folglich das Überfahren, das anschließende Würgen und schließlich das Zuschlagen getrennt voneinander betrachtet werden.
A war es nicht gelungen, den D durch die Kollision mit dem Auto zu töten. Dies erkannte er spätestens in dem Moment, als D sich neben B kniete, um ihr zu helfen. Der Versuch, den D durch das Anfahren zu töten, wäre unter Zugrundelegung der Einzelaktstheorie fehlgeschlagen und damit nicht mehr rücktrittsfähig. Auch aus dem Würgegriff konnte sich der D befreien, sodass das Würgen ebenfalls nicht zu seinem Tod A führen konnte. Dieser zweite Tötungsversuch wäre ebenfalls fehlgeschlagen. A könnte von beiden Totschlagsversuchen (Anfahren und Würgen) nicht mehr zurücktreten. Die Schläge hätte A fortführen und mit ihnen den Tod des D noch herbeiführen können. Lediglich dieser dritte Versuch ist nach dieser Ansicht nicht fehlgeschlagen, sodass ein Rücktritt insofern möglich bliebe.
Gesamtbetrachtungslehre
Die Gesamtbetrachtungslehre hingegen stellt auf das gesamte Geschehen ab. Das Anfahren, das Würgen und Zuschlagen könnten nach dieser Ansicht gemeinsam auf einen Fehlschlag hin zu prüfen sein. Voraussetzung dafür ist, dass sie als ein einheitliches Geschehen zu betrachten sind. Hätte der A den Totschlagsversuch nach dem Anfahren als abgeschlossen angesehen und anschließend auf der Basis eines erneuten Entschlusses ein weiteres Mal zur Tötung angesetzt, so wären auch nach der Gesamtbetrachtungslehre alle Handlungen separat voneinander zu prüfen. A erkannte unmittelbar nach dem Anfahren, dass er den D so nicht hatte töten können, und ging unmittelbar im Anschluss auf den D zu, um ihn zu würgen. Auch nachdem es dem D gelang, sich aus dem Würgegriff zu befreien, ging der A ohne Unterbrechung dazu über, auf D einzuschlagen. Die Handlungen geschahen in einem engen zeitlichen Zusammenhang. A hat keinen neuen Entschluss zur Tötung gefasst, sondern sein ursprüngliches Tötungsvorhaben – das Überfahren – lediglich mit neuen Mitteln – dem Würgen und Schlagen – fortgeführt. Alle drei Handlungen bildeten daher ein einheitliches Geschehen und sind nach der Gesamtbetrachtungslehre gemeinsam zu betrachten.
Fehlgeschlagen ist der Versuch nach dieser Ansicht nur, wenn dem Täter am Ende des einheitlich zu betrachtenden Gesamtgeschehens keine weiteren Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den Erfolg in räumlich-zeitlichem Zusammenhang noch herbeizuführen. A war gerade dabei, auf den D einzuschlagen, als dieser ihn zum Aufhören überreden konnte. Es wäre dem A möglich gewesen, weiterhin zuzuschlagen oder erneut zum Würgen überzugehen. Beide Möglichkeiten hätten ihm ohne zeitliche Unterbrechung zur Verfügung gestanden. Als A seine Schläge einstellte, war der Totschlagsversuch ausgehend von der Gesamtbetrachtungslehre noch nicht fehlgeschlagen.
Stellungnahme
Nach der Gesamtbetrachtungslehre wäre der Totschlagsversuch insgesamt rücktrittsfähig, nach der Einzelaktslehre hingegen könnte A von zwei der drei Versuche wegen eines Fehlschlags nicht mehr zurücktreten. Da die Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist eine Stellungnahme erforderlich.
Gegen eine Gesamt- und für eine Einzelaktsbetrachtung lässt sich anführen, dass es unter generalpräventiven Gesichtspunkten kaum einsichtig erscheint, dem Täter das Rücktrittsprivileg hinsichtlich einer vollständig abgeschlossenen Versuchshandlung nur deshalb zu gewähren, weil er von einer weiteren selbstständigen Versuchshandlung Abstand nimmt. Für die Gesamtbetrachtungslehre spricht demgegenüber, dass § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB einen Rücktritt durch Verhinderung der Vollendung selbst dann noch zulässt, wenn die Versuchshandlung geeignet ist, den Erfolg herbeizuführen. Hätte schon das Anfahren bei D zu lebensgefährlichen Verletzungen geführt, so hätte A auch nach der Einzelaktstheorie z. B. durch das Herbeirufen eines Krankenwagens noch zurücktreten können. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, weshalb einem Täter, der das Opfer nicht oder jedenfalls weniger gefährdet hat, weil seine Handlung nicht zum Erfolg führen würde, der Rücktritt versagt werden sollte. Durch die Einzelaktstheorie wird ferner nicht berücksichtigt, dass der Täter, obwohl er seine Tat noch hätte vollenden können, die „goldene Brücke“ zurück in die Legalität wählte. Auch Opferschutzerwägungen sprechen gegen die Einzelaktstheorie. Nimmt man dem Täter frühzeitig die Möglichkeit, noch Straffreiheit zu erlangen, so entfällt auch der Anreiz, auf weitere Einwirkungen auf das Opfer zu verzichten. Demgegenüber bleibt mit der Gesamtbetrachtungslehre der Anreiz, von weiteren Tathandlungen abzusehen, für den Täter erhalten, sodass dadurch auch die Rechtsgüter des Opfers stärker geschützt werden können.
Insgesamt sprechen somit die besseren Gründe für die Gesamtbetrachtungslehre. Der Totschlagsversuch zulasten des D war nicht fehlgeschlagen, als A die Schläge einstellte.
Hinweis: Eine andere Ansicht wäre in der Klausur ebenso vertretbar.
Wird in der Klausur in einer entsprechenden Konstellation nach der Strafbarkeit und nicht (wie hier) nur nach dem Rücktritt gefragt, stellt sich die Frage, welche Tathandlung zu prüfen ist. Ausgehend von der Gesamtbetrachtungslehre müssen die letztlich auf der Rücktrittsebene zusammengefassten Verhaltensweisen in einer einheitlichen Prüfung behandelt werden. Anderenfalls kommt es zu widersprüchlichen Ergebnissen. Daher müssen Sie sich schon vor Beginn der Prüfung auf eine Lösungsvariante hinsichtlich der Frage des Fehlschlags festlegen, sofern Sie es mit einem entsprechenden Sachverhalt zu tun haben, und dann die Prüfung von Anfang an entsprechend aufbauen.
Abgrenzung: unbeendeter/beendeter Versuch
Um zu bestimmen, welches Verhalten für einen Rücktritt notwendig war, muss zunächst festgestellt werden, ob es sich um einen unbeendeten oder einen beendeten Versuch handelte. Ein Versuch ist unbeendet, wenn der Täter glaubt, noch nicht alles Erforderliche getan zu haben, damit der Erfolg eintritt. Beendet ist der Versuch, wenn der Täter nach seiner Vorstellung keine weiteren Handlungen zur Tatbestandsverwirklichung mehr vorzunehmen braucht. A erkannte, dass D auch nach dem Würgen und den Schlägen noch nicht derart schwer verletzt war, dass der Tod ohne weitere Handlungen seinerseits eintreten würde. A hatte noch nicht alles Erforderliche zur Tatbestandsverwirklichung getan und wusste dies auch. Der Versuch war folglich unbeendet.
Rücktrittsverhalten
Von einem unbeendeten Versuch kann der Täter zurücktreten, indem er die weitere Ausführung der Tat aufgibt, § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB. A hat nach dem Zureden durch D auf weitere Tötungshandlungen verzichtet. Er gab die weitere Tatausführung auf.
Freiwilligkeit
Dabei müsste er freiwillig, also aus autonomen Motiven heraus gehandelt haben. A verzichtet auf weitere Schläge, um der verletzten B zu helfen. Zwar wurde der Entschluss zu helfen bei ihm erst durch D hervorgerufen. Jedoch kann der Anstoß zum Rücktritt durchaus auch von außen kommen. Entscheidend ist, dass die letztendliche Entscheidung, von D abzulassen und sich der B zuzuwenden, nicht auf äußeren Einflüssen basierte, sondern aus eigenem Antrieb geschah und der A während des gesamten Geschehens „Herr seiner Entschlüsse“ blieb. A gab die Tatausführung freiwillig auf.
Ergebnis
A ist strafbefreiend vom versuchten Totschlag zulasten des D zurückgetreten.
Hinweis: Das bedeutet allerdings nicht, dass A sich in diesem Fall nicht strafbar gemacht hätte. Die (gefährliche) Körperverletzung zulasten des D durch Anfahren, Würgen und Schlagen ist bereits vollendet, sodass A davon nicht mehr zurücktreten konnte. Darüber hinaus ist A wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB) und wegen einer fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB) zulasten von B strafbar.