Bian Sukrow
Sekundäre, indirekte und tertiäre Traumatisierung, Burnout, Mitgefühlsmüdigkeit, emotionale Erschöpfung, chronischer Stress usw. Die Belastungsreaktionen, die wir entwickeln können (nicht müssen!), wenn uns die Arbeit zu nah geht oder wir unter den hohen Anforderungen in die Knie gehen, sind zahlreich.
Uns als Helfende:r einzugestehen, dass wir selbst an unsere Grenzen kommen und Unterstützung suchen sollten, fällt uns oft schwer. Das geht dir möglicherweise auch so. Die Signale, die uns unser eigener Körper sendet, wenn es zu viel wird und wir an Belastungsgrenzen kommen, ignorieren manche von uns sehr lange. Doch je länger wir damit warten, etwas gegen unsere Überlastung zu tun, desto schwieriger wird es, zügig und nachhaltig wieder auf einen guten, gesunden Kurs zu kommen. Die gute Nachricht: Es gibt gute Selbsthilfe- und Behandlungsmöglichkeiten.
Wir möchten deshalb, dass du zumindest schon einmal von bestimmten psychischen Belastungsreaktionen gehört hast, die Beratende betreffen können, und weißt, wo du bei Bedarf erste weitere Informationen dazu findest. Betrachte das Folgende also gern als Ausgangspunkt für deine Recherche und ggf. als Anlass, ein Unterstützungsangebot wahrzunehmen, wenn du Belastungsanzeichen bei dir oder Menschen in deinem Umfeld feststellst. Wir richten uns in unserem Text in erster Linie an euch selbst, aber vielleicht nützen euch die folgenden Kurzbeschreibungen von Belastungsreaktionen auch, um anderen zu helfen. Wenn ihr in eurem Law-Clinic-Team oder unter euren Mandant:innen Symptome beobachtet, ist es gut, die Person beiseite zu nehmen und in einer ruhigen Minute anzusprechen, was ihr wahrnehmt, und dass ihr euch Sorgen macht. Und vielleicht habt ihr ja sogar Lust, euch als Team oder Berater:innengruppe weiterzubilden und gemeinsam einen Kurs zu psychischen Problemen und Krisen zu machen?
Ein wichtiger Hinweis: Manchmal gibt es körperliche Ursachen für Symptome, die wir eher psychischen Erkrankungen zuschreiben. Dauermüdigkeit oder, im Gegenteil, konstante Nervosität, sich zu nichts aufraffen können, Konzentrationstörungen; all das (und noch viel mehr) kann Gründe wie eine Schilddrüsenfehlfunktion, einen Vitamin- oder Eisenmangel haben. Und natürlich sind auch die Spätfolgen einer Covid-19-Erkrankung nicht zu unterschätzen! Es lohnt sich also, auch bei Symptomen, die du – wir geißeln uns ja gern mal selbst – vielleicht deiner fehlenden Belastungstoleranz oder einer persönlichen Unzulänglichkeit zuschreiben würdest, deine:n Hausärzt:in zu konsultieren und dich durchchecken zu lassen. Es gibt Fälle, in denen ein Vitaminmangel ähnlich krasse Auswirkungen hat wie eine Depression oder eine beginnende Demenz!
Falls du eine Verbeamtung z. B. als Richter:in anstrebst: Es ist für dich nicht nur aus Gründen der Selbstfürsorge wichtig, schnell auf Belastungserscheinungen zu reagieren, früh Methoden zur Selbstfürsorge zu erlernen und es gar nicht dazu kommen zu lassen, dass sich etwa ein ausgewachsener Burnout oder eine schwere Depression entwickelt. Es gibt nämlich leider immer noch Berichte von Anwärter:innen für den öffentlichen Dienst, denen die Verbeamtung zumindest schwerer gemacht wird, wenn sie an einer schweren Erkrankung leiden.
Wenn du magst, kannst du folgenden Selbsttest für eine erste Einschätzung nutzen, der Burnout, sekundäre Traumatisierung und Mitgefühlsmüdigkeit umfasst. Bitte denke bei allen Selbsttests daran, dass sie immer nur eine Momentaufnahme darstellen. Nimm Selbsttests also als ersten Ausgangspunkt für eine Selbstbeobachtung und als Anlass, dir über bestimmte Fragen einmal in Ruhe Gedanken zu machen, aber betrachte das Ergebnis nicht als unveränderliches Urteil oder Diagnose):
Beth Hudnall Stamm: Professional Quality of Life: Compassion Satisfaction and Fatigue Version 5 (ProQOL), 2009-2012, Dt. Übersetzung:
Der Test ist in verschiedene Sprachen übersetzt. Das englische Original und andere Übersetzungen findest du hier: Beth Hudnall Stamm: Professional Quality of Life: Compassion Satisfaction and Fatigue Version 5 (ProQOL), 2009-2012, https://proqol.org/proqol-measure. M. Gräßer, E. Hovermann, M. Kebé, 2016, https://img1.wsimg.com/blobby/go/dfc1e1a0-a1db-4456-9391-18746725179b/downloads/German.pdf?ver=1657301051861.
Chronischer Stress und Burnout
Burnout? Das haben doch hochbezahlte Manager:innen, die mehr Zeit im Flieger verbringen als in ihrer unpersönlich eingerichteten Luxuswohnung, oder? Wir lesen tatsächlich in den Medien besonders häufig von Top-Führungskräften, die nach einer Burnout-Diagnose ihr Leben ändern und sich mit einem Bio-Bauernhof selbstverwirklichen, ein Meditationszentrum eröffnen oder mit Vorträgen über die lebensverändernden Erkenntnisse aus ihrer Krankheitsphase durchs Land und die Talkshows ziehen. Natürlich haben sie alle ein Buch darüber geschrieben, das auf der Spiegel-Bestsellerliste steht.
dich ständig müde, erschöpft und unzureichend leistungsfähig fühlst,
Konzentrationsschwierigkeiten hast, die du so von dir nicht kennst,
über mehrere Wochen schlecht schläfst,
dich zu nichts aufraffen kannst und das Gefühl hast, deine Arbeit nicht effektiv genug erledigt zu bekommen,
deine Arbeit, dein Studium, die Clinic-Arbeit, dir nur noch als Last vorkommt und du dich nicht mehr für Inhalte interessierst,
das Gefühl hast, dass du dich innerlich immer stärker von anderen distanzierst und nichts an dich herankommt,
gereizt und unruhig bist und am liebsten alle Anforderungen von dir weisen würdest,
schlechter isst oder häufiger zu Nikotin, Alkohol oder anderen Substanzen greifst als früher,
oder sogar Angst vor dem nächsten Tag hast und schon darauf wartest, dass der Punkt kommt, an dem nichts mehr geht und du nicht mal mehr aufstehen kannst,
ist es Zeit, Hilfe zu suchen – auch schon bei einzelnen dieser Symptome, wenn sie über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder gar Monaten anhalten. Am wichtigsten ist es, sich nicht zu verkriechen und dadurch noch tiefer in den Belastungszustand zu sinken.
Burnout und chronifizierter Stress betreffen oft genau die Menschen, die sich besonders für ihre Arbeit oder ihr Engagement einsetzen, die, die eben eigentlich für ihre Arbeit ‚brennen‘ und hohe Ansprüche an ihre eigene Leistung haben. Du bist also in guter Gesellschaft, es ist nicht ehrenrührig, unter Stress und Ausgebranntsein zu leiden. Sprich mit deinen Vertrauenspersonen darüber, wie es dir geht. Es hilft auch, sich gut zu informieren, und zwar nicht nur, um ein besseres Bild davon zu haben, welche Möglichkeiten zur Behandlung und Selbsthilfe es gibt: Bereits die Lektüre von guter Ratgeberliteratur und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Zustand wird von vielen als entlastend erlebt. Mir selbst gegenüber zuzugeben, dass ich in einen Belastungszustand hineingeraten bin, ist schon der erste Schritt hinaus aus dem Tief.
Aber das beste Selbstfürsorgeprogramm funktioniert natürlich nicht, wenn ich eigentlich eine nicht diagnostizierte Schilddrüsenunterfunktion habe. Einige Symptome von Burnout können auch bei depressiven Erkrankungen auftreten und, wir haben es oben erwähnt, bei körperlichen Problemen wie Vitaminmangelerscheinungen. Es ist deshalb wichtig abzuklären, was genau die Ursache für die Symptome ist. Wenn du also zu dem Schluss kommst, dass es sich bei deinem Zustand um eine Stressreaktion handeln könnte, solltest du mit diesem Verdacht ein:e Ärztin konsultieren und die Alternativen ausschließen lassen. Sind alle anderen Diagnosen ausgeräumt, wird eine gute Ärzt:in dann auch mit dir besprechen, wie du psychischer Überlastung begegnen kannst.
Medientipps zum Thema Burnout und chronischer Stress:
Guter, konziser, aber auch recht nüchterner Lexikonartikel zum Burnout-Syndrom: Matthias Burisch: Burnout-Syndrom, in: socialnet, 2020, https://www.socialnet.de/lexikon/Burnout-Syndrom.
Auch für Lai:innen gut lesbares Buch über Burnout mit vielen Selbsttests, Übungen und Online-Materialien zur Burnout-Prophylaxe und Selbsthilfe: Gert Kowarowski: Individualisierte Burnout-Therapie (IBT). Ein multimodaler Behandlungsleitfaden, Stuttgart: Kohlhammer, 2017.
Moodgym: Kostenloses, wissenschaftlich fundiertes Online-Präventionsprogramm, das eigentlich zur Prophylaxe von Depressionen entwickelt wurde, aber auch bei anderen Belastungserscheinungen hilfreich ist: https://moodgym.de/
Kurzer Online-Selbsttest auf Grundlage des Kopenhagener Burnout-Inventars: https://www.therapie.de/psyche/info/test/weitere/burnout/
Sekundäre Traumatisierung
Sekundäre Traumatisierung, indirekte Traumatisierung, stellvertretende Traumatisierung, Co-Traumatisierung, vicarious trauma – all diese Begriffe werden verwendet, um auszudrücken, dass Menschen, die mit traumatisierten Klient:innen zu tun haben, selbst Symptome eines psychischen Traumas entwickeln können, obwohl sie das traumatische Ereignis gar nicht erlebt haben.
Bilder, Assoziationen, akustische Eindrücke, Gerüche oder Körperempfindungen, die bei uns während der Erzählung oder bei der Akteneinsicht entstanden sind, tauchen ungewollt immer wieder auf, drängen sich förmlich auf,
wir fühlen uns plötzlich selbst erschüttert und unsicher, werden vielleicht schreckhaft,
wir sind motorisch unruhig, überreizt, nervös,
eventuell kommen alte Gefühle oder Erinnerungen wieder hoch, die wir verdrängt oder für durchgearbeitet gehalten haben,
wir ziehen uns zurück, meiden bestimmte Situationen oder schränken unsere Kontakte ein,
wir fühlen uns hoffnungslos, schuldig, unzulänglich oder überfordert,
es stellen sich möglicherweise Gefühle wie Ekel, Angst oder Wut ein
und/oder wir schlafen schlecht, verlieren vielleicht den Appetit, haben häufig Kopfschmerzen.
Zwar beschreiben Betroffene die sekundäre Traumatisierung selten als ebenso intensiv wie eine primäre, sie erfahren die Symptome dennoch als sehr belastend. Aber, du ahnst es, auch das Konzept der sekundären Traumatisierung ist umstritten.
Was nach derzeitiger Studienlage nicht zutrifft ist, dass die sekundäre Traumatisierung nur Personen ereilt, die mit Menschen mit Traumafolgestörungen arbeiten; es betrifft sie noch nicht einmal häufiger oder stärker.
mit wenig Berufserfahrung anfällig sind. Dies bestätigt eine Studie, die an der University of Albany/USA durchgeführt wurde. Sie zeigte, dass Berufserfahrung, berufliches Selbstvertrauen, Zufriedenheit mit dem Beruf und das Gefühl, eine sinnvolle Arbeit zu verrichten, Traumatherapeuten vor Belastungsreaktionen schützen.
Sonnmoser (2010).
Was leiten wir nun davon für uns ab? Es gibt unter Menschen, die mit Menschen arbeiten, zuweilen traumaähnliche Symptome bei Belastungen. Die Symptome sind real und messbar, treten aber nicht (nur) in dem Zusammenhang auf, in dem sie ursächlich verortet wurden. Wir sind auch als Berater:innen in Clinics, als Anwält:innen oder Sozialarbeiter:innen nicht davor gefeit, egal, ob wir mit traumatisierten Mandant:innen arbeiten – was in der RLC-Arbeit ja nicht selten vorkommt – oder mit anderen Mandant:innengruppen. Die allgemeinen Belastungen bei der Beratungsarbeit und unsere persönliche Vorgeschichte haben einen größeren Einfluss darauf, ob wir auf die Schicksale von Mandant:innen mit sekundärer Traumatisierung reagieren, als die Frage, ob die Mandant:innen selbst traumatisiert sind. Berufsanfänger:innen, zu denen die meisten Clinic-Berater:innen zählen, haben ein erhöhtes Risiko. Erfahrenere Kräfte, so lässt sich die oben zitierte Studie wohl interpretieren, haben es gelernt, besser mit den Belastungen umzugehen oder ihre Arbeitsumstände so zu gestalten, dass sie sie als weniger belastend empfinden (oder sie verlassen das Berufsfeld und fallen so aus der Statistik).
Es lohnt sich also für uns alle, als Prophylaxe gegen sekundäre Traumatisierungen die eigene Arbeitsweise und die eigenen Arbeitsumstände einmal genauer in den Blick zu nehmen – erst recht, wenn ich beabsichtige, langfristig in einem beratenden Beruf (Anwält:in? Migrationsberater:in?) tätig zu sein. Weiß ich, was mir nach einer schwierigen Beratung, in der mich das Schicksal de:r Mandant:in sehr bewegt hat, guttut? Habe ich ein Umfeld, in dem ich mich über meine Erlebnisse austauschen kann, ohne Schweigepflichten zu verletzen? Kann ich ein Mandat ohne Gesichtsverlust und ohne negative Folgen für di:er Klient:in abgeben, wenn ich merke, dass die spezielle Fallkonstellation für mich schwer auszuhalten ist oder ich fachlich nicht die richtige Ansprechperson bin? Habe ich gelernt, mit einem klaren Rollenverständnis in die Beratung zu gehen und mich, wenn ich nicht weiterhelfen kann, so von Klient:innen abzugrenzen, dass ich kein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber habe?
Und? Wie beantwortest du diese Fragen für dich?
Unterstützende Übungen findest du in den späteren Kapiteln. Hier außerdem ein paar
Medientipps zum Thema Trauma und sekundäre Traumatisierung:
Gut lesbares Fachbuch mit allen wichtigen Grundlagen zur Psychotraumatologie. Enthält auch ein Kapitel zum sekundären Trauma: Thorsten Heedt: Psychotraumatologie: Traumafolgestörungen und ihre Behandlung, Stuttgart: Schattauer, 2017.
Wunderbares Praxisbuch für den Umgang mit psychischen Belastungen und Traumata in der Arbeit mit Menschen mit Fluchtgeschichte. Besonders hilfreich: Die Autor:innen, von denen eine selbst eine Fluchtgeschichte hat, legen in den zahlreichen Fallbeschreibungen ihre eigenen Unsicherheiten, Selbstzweifel und Vorurteile bei den Begegnungen mit Klient:innen schonungslos offen und gehen auch auf Grenzen und persönliche Ressourcen ein: Luise Reddemann et. al.: Trauma ist nicht alles. Ein Mutmach-Buch für die Arbeit mit Geflüchteten, Stuttgart: Klett-Cotta, 2019.
Website der Psychologin Judith Daniels mit vielen Infos und Materialien zur sekundären Traumatisierung, darunter auch ein Fragebogen und Folien zur Prophylaxe: https://sekundaertraumatisierung.de/
Mitgefühlsmüdigkeit/compassion fatigue
Mitgefühl, so hören und lesen wir allenthalben, ist zentral bei der Arbeit mit Menschen.
Angelika Rohwetter, die eins der wenigen Bücher auf dem deutschen Markt über das Phänomen geschrieben hat, beschreibt die Mitgefühlsmüdigkeit wie folgt:
Mitgefühlsmüdigkeit ist das Erlöschen des Antriebs zu helfen, zu unterstützen oder gar zu lindern. Wir können das Leiden unserer Klientel nicht mehr nachfühlen, sondern beginnen, es innerlich abzuwerten im Sinne von: „So schlimm ist es doch gar nicht, guck doch mal, wie gut du es hast“ oder auch streng und hart: „Das ist Bequemlichkeit, sie müsste einfach nur ...“ Gefühle wie Ungeduld, Langeweile, Stress und Überforderung werden spürbar.
Ebenda, S. 22. Mitgefühlsmüdigkeit macht uns nicht nur ungeduldiger unserer Klientel gegenüber, es schwächt auch – physisch wie psychisch – die Abwehrkräfte. Wir haben das Gefühl, nicht mehr mit dem Widerstand, der (scheinbaren oder wirklichen) Sinnlosigkeit, der Anforderungshaltung umgehen zu können. Wir sind gleichzeitig über uns selbst und über die Klientin verärgert, wir schämen uns für unsere Ungeduld und entwerten uns selbst. Unser Vertrauen darin, dass wir etwas bewirken können, schwindet.
Ebenda, S. 44.
Wenn du also über einen längeren Zeitraum feststellst, dass du
dich nicht mehr wirklich für das interessierst, was deine Klient:innen erzählen, du ständig abschweifst bei den Beratungen und nur noch ‚Dienst nach Vorschrift‘ machst,
dich immer häufiger Widerwillen, Abwertung, Ungeduld, Häme oder Zynismus bei den Beratungen begleiten oder du, im Gegenteil, emotional kalt und gleichgültig bist,
kritische Fragen von Klient:innen oder ihr Wunsch nach Selbstbestimmung dir nicht mehr als positives Zeichen von Empowerment, sondern als Angriff auf deine Kompetenz vorkommt und Wünsche von Klient:innen, denen du sonst gern nachgekommen bist, dir plötzlich überzogen oder anmaßend erscheinen,
du beginnst, auch andere Belastungsreaktionen zu entwickeln wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmungen, Antriebslosigkeit o. ä.,
könnte es sein, dass du mitgefühlsmüde geworden wirst.
Aber wann und warum passiert das? Natürlich kann allein die häufige Wiederholung von Mustern und Konstellationen bei unseren Klient:innen uns irgendwann langweilen. Das ist manchmal ein vorübergehender Zustand, manchmal ist es aber auch einfach an der Zeit, sich umzuorientieren und sich ein neues Betätigungsfeld zu suchen. Wenn wir dann Desinteresse oder Ungeduld entwickeln, kann das ein freundlicher, aber schlecht verpackter Hinweis unseres Unterbewusstseins sein, dass ein Tapetenwechsel uns guttun würde.
Affecting positive change in society, a mission so vital to those passionate about the value of caring for others, is perceived as elusive, if not impossible. This painful reality, coupled with first-hand knowledge of the flagrant disregard for the safety and wellbeing of the feeble and frail, takes its toll on everyone from full time employees to part time volunteers.
Patricia Smith: What is compassion fatigue?, in: Compassion Fatigue Awareness Project, 2022, http://compassionfatigue.org.
Wenn uns das häufiger geschieht, schaltet unsere Psyche irgendwann auf „Schongang“, damit „die zum Überleben notwendige Energie erhalten bleibt“.
Die beste Strategie gegen die Mitgefühlsmüdigkeit ist ein inneres Wachmacherprogramm: Achtsamkeit, Reflexion und Selbstfürsorge! Grenzen zu ziehen und dabei gleichzeitig die Grenzen anderer zu achten, ist nicht immer einfach, aber es ist lernbar. Auch unsere Erwartung an unser Engagement und uns selbst können wir prüfen. Wir werden dir auch dazu Übungen und stärkende Bilder mitgeben. Und es kann sinnvoll sein, dir über Supervision, kollegiale Beratung oder den Austausch mit Vertrauenspersonen Resonanz zu suchen. Zu hören, dass auch andere nicht immer mit dem gleichen Maß an Mitgefühl in die Beratungen gehen und wie sie damit umgehen, kann dir helfen einzuschätzen, ob deine Distanz zu den Ratsuchenden noch normal und gesund ist, oder schon als Reaktion auf eine Überlastung oder Überflutung mit Leid zu werten ist.
Medientipps zum Thema Mitgefühlsmüdigkeit:
Das bereits zitierte Buch von Angelika Rohwetter ist eins der wenigen Bücher zur Mitgefühlsmüdigkeit auf dem deutschen Markt. Schön, dass es auch noch gut zu lesen ist: Angelika Rohwetter: Wege aus der Mitgefühlsmüdigkeit. Erschöpfung vorbeugen in Psychotherapie und Beratung, Weinheim: Beltz, 2019.
TEDx Talk über compassion fatigue von Patricia Smith, der allerdings die schleichende, nicht traumaähnliche und wenig spektakuläre Distanz zu Klient:innen, die sich während eines langen Berater:innenlebens einstellen kann, nicht thematisiert: https://youtu.be/7keppA8XRas.
PodCast-Folge Compassion Fatigue – Wenn Mitleid müde macht von Franca Cerutti. Cerutti liefert viele gute Hinweise für die Prophylaxe. Auch hier werden vor allem die schwerwiegenderen Erscheinungsformen von compassion fatigue thematisiert: https://psychologie-to-go.podigee.io/s2e36-compassion-fatigue-wenn-mitleid-mude-macht.
Franca Cerutti: Compassion Fatigue – Wenn Mitleid müde macht, in: Psychologie to go, 19.09.2021, https://psychologie-to-go.podigee.io/s2e36-compassion-fatigue-wenn-mitleid-mude-macht