Fall 1
(nach BGHSt 35, 184)
A war verärgert darüber, dass seine geschiedene Ehefrau E nun eine Beziehung mit F führte. Er drohte F an, ihn zu erschießen, sollte er nicht den Kontakt zu E abbrechen. Die Beziehung der beiden würde er nur dulden, wenn sie ihm 100.000 € zahlen würden. Auf diese Forderung gingen E und F nicht ein. Aus Wut über die Erfolglosigkeit seiner Drohung beschloss A, E und F bei nächster Gelegenheit zu töten.
Eines Abends fuhr A zum Betrieb, in dem die E arbeitet, um zumindest sie umzubringen. Dazu führte er zwei Messer bei sich. Als A auf das Erscheinen der E wartete, fuhr auch F auf den Parkplatz des Betriebsgeländes, um seine Freundin von der Arbeit abzuholen. F bemerkte den A, der noch immer in seinem Auto saß, und ging auf ihn zu, um noch einmal über die Geldforderung zu sprechen. Als F die Autotür des A öffnete, stach A dem F mit Tötungsabsicht einmal wuchtig mit einem der Messer in den Unterleib. F, der von dem Angriff völlig überrascht wurde, floh über den Parkplatz, wurde aber von A eingeholt. A stach erneut auf den F ein, bis dieser dem A das Messer entreißen und abermals fliehen konnte. A rannte zu seinem Wagen zurück und verfolgte den F, in der Absicht, ihn nun durch Überfahren zu töten. F versteckte sich hinter einer Hecke, die der A mit dem Auto nicht durchbrechen konnte. Daraufhin stieg A – mit dem zweiten Messer bewaffnet – aus, um erneut auf den F einzustechen. Nun wurde dem A bewusst, dass er die E verpassen würde, wenn er sich noch länger dem F „widmen“ würde.
A rannte daraufhin zum Parkplatz zurück und traf dort auf die E. In Tötungsabsicht versetzte er ihr mehrere Stiche in den Oberkörper, an denen E verblutete.
F überlebte die Stichverletzungen.
Hat sich A zulasten des F wegen eines versuchten Totschlags strafbar gemacht?
Fall 2
(nach BGH NStZ 2003, 28)
A lebte im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Um sich selbst das Leben zu nehmen, öffnete er in seiner Wohnung die Gashähne und ließ Gas ausströmen. Dabei dachte er nicht daran, dass dadurch auch die anderen Hausbewohner gefährdet werden könnten. Nach einer Weile wurde ihm jedoch bewusst, dass es zu einer Gasexplosion kommen könnte, durch die auch andere sterben würden. Dies nahm er zunächst in Kauf. Wenig später rief er dennoch in der Notrufzentrale an. Er nannte seinen Namen und die Adresse und forderte zur Rettung der Hausbewohner auf. Sein Suizidvorhaben wollte A nicht aufgeben, weshalb er auch der Aufforderung, den Gashahn zuzudrehen, nicht nachkam. Kurz darauf wurde A bewusstlos. Die alsbald eintreffende Feuerwehr konnte alle Hausbewohner rechtzeitig evakuieren und schloss den Gashahn. Auch A wurde gerettet.
Hat sich A wegen eines versuchten Totschlags zulasten der übrigen Hausbewohner strafbar gemacht?
Fall 3 (zum freiwilligen Selbststudium)
(Abwandlung von BGH NStZ 1993, 279)
A hatte dem W, von dem er wusste, dass dieser über eine beträchtliche Summe Bargeld verfügte, ein Schreiben geschickt, indem er ihm ankündigte, dass den Töchtern des W „etwas passieren“ werde, wenn W ihm nicht 200.000 EUR zahlen würde. Am Tag vor der Geldübergabe kamen dem A Bedenken. Er hielt es für möglich, dass W – entgegen der Anweisung in dem Schreiben – die Polizei eingeschaltet hatte. A glaubte zwar, dass die Geldübergabe mit etwas Geschick immer noch erfolgreich stattfinden könnte, ohne dass er dabei erwischt werden würde. Es erschien ihm dennoch sicherer, nicht am vereinbarten Übergabeort zu erscheinen.
Stattdessen wollte A nun sein Glück bei T versuchen. Auch ihm schrieb er einen Brief, in dem er 30.000 EUR verlangte. Ansonsten würde der Tochter des T „ein kleiner Unfall passieren“. T informierte daraufhin die Polizei. Am Übergabetag hinterlegte ein Polizeibeamter ein Päckchen am vereinbarten Ort. A fand es jedoch nicht. Daraufhin wurde eine erneute Übergabe vereinbart. Diesmal legte der T selbst das Päckchen ab. A beobachtete dies. Weil auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Verkehrsunfall passiert war und zahlreiche Polizisten anwesend waren, traute er sich nicht, das Geld abzuholen. Bei einer dritten Übergabe entdeckte Passant P das von T hinterlegte Packet und hob es auf. P wurde von den observierenden Polizeibeamten für den Täter gehalten und festgenommen. A hatte das Geschehen beobachtet und war nun sicher, dass das Risiko, als wahrer Täter entdeckt zu werden, zu groß geworden war. Er versuchte deshalb nicht noch einmal, eine Geldübergabe zu vereinbaren.
Hat A die weitere Ausführung der Taten freiwillig aufgegeben?
Fall 4 (zum freiwilligen Selbststudium)
(nach BGH, BeckRS 2015, 11573)
A betrat ein Juweliergeschäft, um dort wertvollen Schmuck zu stehlen. Er hoffte, den Schmuck in einem unbeobachteten Moment einstecken zu können. A trug einen Elektroschocker sowie Pfefferspray bei sich, die er einsetzen wollte, um den Schmuck notfalls auch mit Gewalt wegzunehmen.
Weil die Verkäuferin V wegen des Verhaltens des A misstrauisch wurde, gelang es ihm nicht, den Schmuck unbemerkt zu entwenden. Daher zog A den Elektroschocker hervor und schaltete ihn ein, wobei er selbst einen Stromschlag erlitt. Nun richtete A das Gerät gegen den Kopf der V und verpasste ihr mehrere Stromschläge. V ging zu Boden und begann, laut zu schreien. A bekam aufgrund des selbst erlittenen Stromschlags einen Krampf in der Hand, weswegen er unkontrolliert weitere Stromstöße auslöste. Es gelang ihm nicht, den Elektroschocker abzustellen. Deshalb und weil V nicht aufhörte, laut zu schreien, geriet A immer mehr in Panik. Als es ihm schließlich gelang, den Elektroschocker wegzuwerfen, war er nicht mehr in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. A verließ ohne den offen liegenden Schmuck fluchtartig das Geschäft.
Ist A vom versuchten Raub strafbefreiend zurückgetreten?