Der Verein ist die Urform privatrechtlicher Körperschaften
Ein Verein ist ein auf Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss von Personen zu einem gemeinsamen Zweck. Er ist eine nicht-kapitalistische Körperschaft. Der Gesellschaftsvertrag des Vereins ist Vereinssatzung genannt. Die Vereinssatzung bestimmt gemäß § 25 BGB die innere Ordnung des Vereins – in den Worten des Gesetzes: Verfassung –, soweit diese nicht durch die §§ 26 ff. BGB vorgegeben ist. Nachgiebige, also dispositive Regelungen kennt das Vereinsrecht ausweislich § 40 BGB. Es bestehen also Grenzen der Vereinsautonomie, indem nur die in § 40 BGB enumerativ genannten vereinsrechtlichen Vorschriften satzungsdispositiv sind.
Wie jede juristische Person wird der Verein in mehreren Etappen gegründet: Erst kommt die Absprache, einen Verein zu gründen, dann wird die Satzung festgestellt und der Vorstand bestellt, und schließlich folgt die Eintragung des Vereins. Im Verlauf entsteht u.a. ein Vor-Verein, der selbst rechtsfähig ist, und in diesem Stadium existiert eine Handelndenhaftung gemäß § 54 Abs. 2 BGB (vor 1.1.2024: § 54 S. 2 BGB aF). Die haftungsrechtlichen Fragestellungen bei entstehenden juristischen Personen rund um Vor-Gesellschaft und Handelndenhaftung werden besonders bei der Gründung einer GmbH virulent, mit Abstrichen auch bei der AG, so dass sie dort näher zu behandeln sind. Hier soll der Hinweis genügen, dass die an späterer Stelle angesprochenen Probleme nicht als Spezifikum der jeweiligen Gesellschaften verstanden werden dürfen, sondern für die Gründung einer juristischen Person stets typisch sind.
Der Verein und seine Organe
Der rechtsfähige Verein ist eine juristische Person. Diese Person ist von den Mitgliedern des Vereins getrennt, die grundsätzlich für die Verbindlichkeiten des Vereins nicht haften (Ausnahme: Durchgriffshaftung). Der Verein hat zwei Organe, nämlich den Vorstand und die Mitgliederversammlung.
Vorstand
Der Vorstand vertritt gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BGB den Verein gerichtlich und außergerichtlich. Ihm obliegt die Wahrnehmung der Geschäftsführungsmaßnahmen. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Wie § 26 Abs. 2 BGB deutlich macht, kann der Vorstand aus einer oder aus mehreren Personen bestehen. Gehören dem Vorstand mehrere Personen an, so findet eine Vertretung des Vereins durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder statt (§ 26 Abs. 2 S. 1 BGB); bei der Passivvertretung genügt die Abgabe einer Willenserklärung gegenüber einem Vorstandsmitglied (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Anderweitige Satzungsregelungen sind gemäß § 40 S. 1 BGB möglich. Im Innenverhältnis gilt ein Mehrheitserfordernis gemäß §§ 28, 32 Abs. 1 S. 3 BGB, sofern die Satzung nichts Abweichendes regelt.
Mitgliederversammlung
Alle Mitglieder haben gemäß § 32 BGB das Recht, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen und dort nach Maßgabe der §§ 32 ff. BGB ihr Stimmrecht auszuüben. Die Mitgliederversammlung ist das Willensbildungsorgan des Vereins. Sie ist zuständig für die Bestellung und Abberufung des Vereinsvorstands (§ 27 Abs. 1, 2 BGB) und kann diesem Weisungen erteilen (§§ 27 Abs. 3, 665 BGB). Im Bereich der Grundlagengeschäfte kann nur die Mitgliederversammlung entscheiden.
Aus der § 32 BGB folgt vor dem beschriebenen Hintergrund konsequent, dass die Mitgliederversammlung ein notwendiges Organ ist. Sie besteht allerdings aus den jeweiligen Teilnehmern, also nicht aus der Gesamtheit der Vereinsmitglieder.
Die Willensbildung erfolgt durch Beschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 32 Abs. 1 S. 1, 3 BGB). Eine Ausnahme gilt gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 BGB für Satzungsänderungen und gemäß § 41 S. 2 BGB für einen Auflösungsbeschluss (jeweils ¾ Mehrheit). Gemäß § 33 Abs. 1 S. 2 BGB ist für etwaige Zweckänderungen die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Die Ausführung etwaiger Beschlüsse ist idR eine Geschäftsführungsmaßnahme, die dem Vorstand obliegt.
Zurechnung von Organverschulden und Repräsentantenhaftung
Die Vertretung des Vereins durch den Vorstand (s.o.) ist von der Haftung des Vereins für Organverschulden zu unterscheiden. Nach § 31 BGB haftet der Verein für den Schaden, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands sowie jeder sonstige verfassungsmäßig berufene Vertreter des Vereins einem Dritten durch eine „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ begangene Handlung zufügt. Zweck dieser Wendung ist es, privates Handeln von der Zurechnung auszuscheiden. Erforderlich ist deswegen ein sachlicher, also gerade nicht ein bloß zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und dem Aufgabenkreis des Repräsentanten als Organ des Zurechnungsadressaten.
Von der Rechtsprechung wird § 31 BGB nicht bloß bei verfassungsmäßig berufenen Vertretern angewandt, sondern auch auf nicht-organschaftliche Repräsentanten. Diese Rechtsprechung ist vor allem außerhalb des Vereinsrechts entwickelt worden, gilt aber auch hier. Zugerechnet werden danach auch Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen des Vereins zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, sie mithin den Verein repräsentieren (sog. Repräsentantenhaftung).
Beispiele: Filialleiter, Chef- oder Oberärzte etc.
§ 31 BGB gilt unabhängig davon, ob die Verletzung einer vorvertraglichen, vertraglichen oder deliktischen Pflicht im Raum steht. Es handelt sich bei § 31 BGB nicht um eine eigenständige Haftungsnorm, wie aus dem Wortlaut des § 31 BGB a. E. („zum Schadensersatz verpflichtende Handlung“) deutlich wird, sondern um eine reine Zurechnungsvorschrift.
Rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Verein
Wie aus §§ 21, 54 BGB deutlich wird, ist der rechtsfähige Verein von dem nicht rechtsfähigen Verein
Der rechtsfähige nichtwirtschaftliche Verein
Der rechtsfähige nichtwirtschaftliche Verein (Idealverein) wird gemäß § 56 BGB von mindestens sieben Gründungsmitgliedern durch eine Vereinssatzung (§ 25 BGB) errichtet und darf nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein. Seine Rechtsfähigkeit erlangt er durch Eintragung (§ 21 BGB) in das beim Amtsgericht geführte Vereinsregister iSd § 55 BGB; die Eintragung ist folglich konstitutiv. Der Verein führt den Zusatz „eingetragener Verein“, vgl. § 65 BGB.
Der rechtsfähige wirtschaftliche Verein
Vom rechtsfähigen nicht wirtschaftlichen Verein ist die Vereinsklasse des wirtschaftlichen Vereins iSd § 22 BGB zu unterscheiden. Zwischen § 21 BGB und § 22 BGB besteht ein Alternativverhältnis.
Die Voraussetzungen beim rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein zur Erlangung des Status als juristische Person sind andere als bei § 21 BGB. Erforderlich ist hier nämlich eine staatliche Verleihung (Konzession), die in praxi allerdings selten erteilt wird. Der Gedanke dahinter ist, dass aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs, insbesondere des Gläubigerschutzes, Vereine mit wirtschaftlicher Zielsetzung auf die dafür zur Verfügung stehenden handelsrechtlichen Formen („Handelsvereine“)
Der „nicht rechtsfähige“ Verein
Bei einem Verein, der nicht nach § 21 BGB oder § 22 BGB den Status einer juristischen Person hat, sind gemäß § 54 BGB die Vorschriften über die Gesellschaft, also die §§ 705 ff. BGB anzuwenden. Diese Verweisnorm differenziert ab dem 1.1.2024 dahingehend, dass für einen nicht wirtschaftlichen Verein, der nicht eingetragen ist, die §§ 24–53 BGB entsprechend anzuwenden sind (§ 54 Abs. 1 S. 1 BGB), während für einen Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 BGB die Vorschriften über die Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) entsprechend anzuwenden sind. Diese Regelung entspricht der bisherigen Korrektur durch die Rechtsprechung, welche den harten § 54 BGB (zutreffend) als historisches Relikt aus den Zeiten der Sozialistenbekämpfung im Kaiserreich erkannte und insbesondere bei nicht wirtschaftlich tätige Personenzusammenschlüsse wie politische Parteien und Gewerkschaften für als unangemessen ansah.