Allgemeines
Grundsätzlich sind Privatpersonen rechtlich nicht verpflichtet, an der Aufklärung oder Verhinderung von Straftaten mitzuwirken. § 138 StGB macht davon eine Ausnahme für besonders schwerwiegende Straftaten, die noch verhindert werden könnten, wenn man sie bei den Behörden rechtzeitig anzeigt und bestraft mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, wer dies unterlässt.
Der Tatbestand erfasst nach hM nur die Nichtanzeige fremder Straftaten.
Bei der Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB) handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt (ein weiteres Beispiel für ein echtes Unterlassungsdelikt ist § 323c StGB → § 40). Die aus der Strafandrohung der Nichtanzeige bestimmter fremder Straftaten resultierende Anzeigepflicht begründet keine Garantenstellung iSv § 13 Abs. 1 StGB.
Tatbestand
Der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass jemand von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Katalogtat glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen. „Glaubhaft erfahren“ setzt nicht nur voraus, dass jemand glaubt, ein Dritter würde ernstlich eine Katalogtat planen oder ausführen. Die Katalogtat muss auch tatsächlich geplant worden sein oder sich in Ausführung befinden.
Der subjektive Tatbestand setzt Vorsatz (§ 15 StGB) voraus, wobei dolus eventualis genügt. Wer über die Rechtzeitigkeit (§ 138 Abs. 1 StGB) oder die Unverzüglichkeit (§ 138 Abs. 2 StGB) im Irrtum ist, handelt ohne Vorsatz (Tatbestandsirrtum, § 16 Abs. 1 S. 1 StGB). Wer hingegen darüber im Irrtum ist, zur Anzeige verpflichtet zu sein, handelt ggf. im Verbotsirrtum gem. § 17 Abs. 1 StGB, wenn sich der Irrtum nicht vermeiden ließ (vgl. § 17 Abs. 2 StGB).