Olivia Czerny BGB AT – Anfängerfälle Licensed under CC-BY-4.0

Zusatzinhalte zu: Grundfall zur Stellvertretung

Einseitige Willenserklärungen mit Relevanz für Stellvertretung

  • Anfechtungserklärung, § 143 I

  • Kündigungserklärung, z.B. im Mietrecht, vgl. §§ 542, 573 BGB

  • Rücktrittserklärung, § 349 BGB

  • Widerrufserklärung, § 355 I 2 BGB

  • Aufrechnungserklärung, § 388 S. 1 BGB

Ausstellung im Laden ist kein Antrag

Anforderungen Willenserklärung:

  • Bestimmtheit: Willenserklärung muss hinsichtlich der essentialia negotii zumindest bestimmbar sein

  • Rechtsbindungswillen

Ausstellung im Laden:

  • Bestimmtheit:

    Vertragspartner nicht benannt, aber bestimmbar: Antrag an einen begrenzten Personenkreis, alle Kunden → Antrag ad incertas personas → Bestimmtheit (+)

  • Rechtsbindungswillen:

    Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB): Konnte ein vernünftiger Dritter an Stelle der Kunden aus der Ausstellung im Laden darauf schließen, dass sich Verkäufer*innen rechtlich binden wollen?

    idR (-): Verkäufer*innen möchten sich ihre Vertragspartner*innen aussuchen und sich nicht gegenüber jedem verpflichten

Hinweis zur Darstellung bzgl. eigener Entscheidung im Rahmen der Willenserklärung

Genaugenommen kommt es darauf an, ob ein objektiver Dritter in Position des H eine Entscheidungsmöglichkeit der B wahrnimmt, §§ 133, 157 BGB.

Das können Sie auch gerne so formulieren. Da auch das hier aber völlig unproblematisch ist, wird darauf hier nicht weiter eingegangen. Wichtig ist auch hier, dass Ihnen bewusst ist, dass es nicht auf die Willensrichtung des Vertreters ankommt und Sie diesen Punkt thematisieren, wenn er mal problematisch ist.

Beispiele für gesetzliche Vertretungsmachten

In bestimmten Konstellationen bestehen gesetzliche Vertretungsmachten. Dies ist Beispielsweise der Fall bei:

  • Eltern von Minderjährigen, §§ 1626 S. 1, 1629 I 1 und 2 BGB

  • Geschäftsführer einer GmbH, § 35 I GmbHG

  • Vorstände von Aktiengesellschaften, § 78 I AktG

Voraussetzungen der passiven Stellvertretung, § 164 III BGB:

  • Willenserklärung des potentiellen Vertragspartners des Vertretenen (A) ist an Vertreterin (B) gerichtet

  • Rechtsfolgen sollen den Vertretenen treffen (A)

  • Vertreterin hat Vertretungsmacht

→  Hier (+)

Die Prüfung der passiven Stellvertretung wird hier aus Gründen der Schwerpunktsetzung ganz knapp und etwas oberflächlich vorgenommen.

Werden die Voraussetzungen aktiver Stellvertretung bejaht, ist kaum denkbar, dass die Voraussetzungen passiver Stellvertretung nicht vorliegen. Das wäre im umgekehrten Fall eher möglich, also Vorliegen der Voraussetzungen von passiver Stellvertretung, aber nicht der der aktiven Stellvertretung. Aber auch das ist sehr unwahrscheinlich. 

Liegen für einen solchen Sonderfall keine Anhaltspunkte vor, empfiehlt es sich aus Zeitgründen und im Sinne sinnvoller Schwerpunktsetzung, die passive Stellvertretung eher knapp abzuhandeln, wenn die aktive ohnehin geprüft wurde oder beim Vertragsschluss noch geprüft werden muss

Prüfung der Stellvertretung, wenn Einigung festgestellt wird

Der Prüfungspunkt „eigene Willenserklärung“ ist genau genommen nicht nötig, wenn vorab schon die Einigung zwischen B und H festgestellt wurde.

Denn damit wird schon eine Aussage zur Willenserklärung getroffen. Um die Voraussetzungen von § 164 I BGB deutlich zu machen, wird das hier dennoch klargestellt. Das bietet sich auch in der Klausur an, ist aber nicht zwingend.