Notwendiges Vorwissen: Der Hehlereitatbestand steht in engem Bezug zu klassischen Vermögensdelikten wie dem Diebstahl und dem Betrug. Für das Verständnis der Beispiele in diesem Abschnitt sind zumindest rudimentäre Kenntnisse der beiden genannten Tatbestände erforderlich.
Die Hehlerei zählt mit der Begünstigung, der Strafvereitelung und der Geldwäsche zu den Anschlussstraftaten des Kernstrafrechts, die im 21. Abschnitt des StGB verortet sind (§§ 257–261 StGB). Diese Delikte kann ein Täter (der Begriff bezeichnet im Folgenden den Hehler) nur im Anschluss an eine andere Straftat verwirklichen. Bei der Hehlerei folgt dies aus der Anforderung, dass das Tatobjekt aus einer gegen fremdes Vermögen gerichteten Tat eines anderen stammen muss (näher → Rn. 19 ff.), der im Weiteren als „Vortäter“ bezeichnet wird. Das typische Erscheinungsbild der Hehlerei besteht in der Übertragung der Herrschaftsgewalt einer deliktisch erlangten Sache (zB eines gestohlenen Gemäldes) auf eine andere Person (bspw. eine Kunstsammlerin). Mit einer Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er ein solches Verhalten für ähnlich strafwürdig erachtet wie den Diebstahl, der den gleichen Strafrahmen wie § 259 StGB hat. Diese Gleichstellung mag auf den ersten Blick verblüffen. Der Dieb begründet durch sein Verhalten eine rechtswidrige Besitzlage, während der Hehler sie – etwa durch den Ankauf des Diebesguts – „nur“ aufrechterhält. Bei dieser verkürzten Betrachtung bleibt aber unberücksichtigt, dass Diebe regelmäßig nur stehlen, um ihre Tatbeute später gewinnbringend zu veräußern (wichtige Ausnahme: Diebstahl von Geld). Dieses symbiotische Zusammenwirken von Dieb und Hehler ist nicht nur die Quelle geflügelter Wörter wie „der Hehler ist der Zuhälter der Diebe“ oder „der Hehler ist schlimmer als der Stehler“, sondern auch zentral für das Verständnis der Systematik des § 259 StGB (näher → Rn. 7 ff.).
Der Anwendungsbereich des § 259 StGB ist nicht auf Diebstähle als taugliche Vortaten begrenzt (→ Rn. 14 ff.); zur Vereinfachung orientiert sich die folgende Darstellung bei den abstrakten Vorbemerkungen allerdings an dieser klassischen und praktisch mit Abstand bedeutsamsten Vortat.
Das Grunddelikt des § 259 StGB ergänzt der Qualifikationstatbestand in § 260 StGB, der die gewerbs- oder bandenmäßige Begehung mit höherer Strafe bedroht. Treffen beide Begehungsweisen zusammen – was in der Praxis häufig der Fall ist –, liegt sogar ein Verbrechen in Form der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei (§ 260a StGB) vor (näher zu den Qualifikationen → Rn. 68 ff.).
Rechtsgut und Deliktsstruktur
Dem Schutzzweck der Hehlerei kommt eine herausgehobene Position für die Auslegung dieses Tatbestands zu. Die große Mehrheit der Streitpunkte des § 259 StGB lassen sich mit teleologischer Auslegung lösen.
Abstrakter Vermögensschutz
Der Hehlereitatbestand schützt nach ganz hM und der Gesetzesbegründung zur Neufassung des Tatbestands zum 1. Januar 1975 das Vermögen des Vortatopfers.
Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ableiten: Erstens ist die Bezeichnung des „Vermögens“ als Schutzgut des Tatbestands unpräzise. Die Vorschrift schützt das durch die Vortat beeinträchtigte Rechtsgut, indem es die Vertiefung und Verfestigung der rechtswidrigen Besitzlage unter Strafe stellt. So ist etwa das Eigentumsrecht ausgehöhlt, solange der Inhaber aufgrund eines Diebstahls seine Nutzungs- und Ausschließungsbefugnis (vgl. § 903 BGB) nicht ausüben kann. Diese Beeinträchtigung konserviert der Hehler durch sein Verhalten. Zweitens erfasst der Tatbestand schon die abstrakte Gefährdung der Chance, die rechtmäßige Besitzlage wiederherzustellen. Es spielt keine Rolle, ob diese Chance tatsächlich (messbar) reduziert wird. Folglich handelt es sich zum einen auch dann um Hehlerei, wenn zB ein Fahrrad bereits dutzendfach veräußert wurde und die Wahrscheinlichkeit der Rückführung an den Eigentümer ohnehin bei null liegt. Zum anderen ist der Tatbestand auch erfüllt, wenn sich die jeweilige Tathandlung für den Berechtigten sogar günstig auswirkt, weil etwa der unbekannte Dieb das gestohlene Handy unerkannt an den Mitbewohner des Opfers verkauft und der Geschädigte die Sache dadurch eher zurückerlangen kann.
Abstrakter Schutz der allgemeinen Sicherheitsinteressen
Während Einigkeit herrscht, dass § 259 StGB in erster Linie dem Vermögensschutz dient, ist umstritten, ob sich darin sein Schutzzweck erschöpft. Rechtsprechung und Teile der Literatur tragen mit Recht vor, dass der Vermögensschutz allein die Struktur des Tatbestands nicht vollständig widerspruchsfrei erklären kann.
Zunächst kann die bloße Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage nicht das „Wesen“ der Hehlerei abbilden. Anderenfalls müsste § 259 StGB konsequenterweise auch den Fall erfassen, bei dem einem Dieb seine Beute von einem Dritten gestohlen wird (dazu → Rn. 59 ff.). Schließlich verschafft sich auch dieser Dritte eine Sache, die ein anderer durch einen Diebstahl erlangt hat. In einem solchen Fall fehlt es aber an der zweiten tragenden Säule der Hehlerei, nämlich dem durch sie geschaffenen Anreiz zur Begehung weiterer Vermögensdelikte. Auf dieses Zusammenspiel von Dieb und Hehler wurde bereits in der Einführung hingewiesen. Stiehlt der mögliche Hehler dem Vortäter die Beute, mangelt es seiner Handlung an der positiven Signalwirkung auf den Dieb. Der Hehler zerstört vielmehr den Glauben des Diebs, bei einer potenziellen zukünftigen Tat problemlos die Beute „versilbern“ zu können. Dessen Mühen bleiben fruchtlos, der Diebstahl hat sich nicht gelohnt.
Aus der Kombination des Perpetuierungs- und des Anreizgedankens erklärt sich auch die Strafzumessungssystematik der Hehlerei. Da sich das Unrecht des Tatbestands nicht in der Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Besitzlage erschöpft, kann begründet werden, warum die Strafandrohung des § 259 StGB höher ist als die einiger tauglicher Vortaten (zB §§ 246 Abs. 1, 289 StGB) und warum es keine Parallelvorschrift zu § 257 Abs. 2 StGB gibt, die die Strafandrohung des § 259 StGB auf die der Vortat begrenzt.
Vertiefung: Der Rekurs auf den Anreizgedanken sieht sich auch Kritik ausgesetzt. Insbesondere weisen seine Gegner darauf hin, dass ein bloß einmalig auftretender Gelegenheitshehler keine Anreize zur Begehung zukünftiger Taten schaffe.
Die Kritiker monieren weiterhin, dass der größte Anreiz zur Begehung weiterer Taten erzeugt werde, wenn der Dieb seine Ware zum Marktpreis veräußert. Gerade dieser Fall ist aber aufgrund der dann fehlenden Bereicherungsabsicht des Hehlers straflos. Diesem vermeintlichen Widerspruch lässt sich entgegenhalten, dass solche Fälle in der Praxis kaum vorkommen dürften.
Konsequenzen für die Auslegung von § 259 StGB
Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Die Perpetuierung einer rechtswidrigen Besitzlage und die Schaffung eines Anreizes zur Begehung weiterer Vermögensdelikte charakterisieren die Hehlerei. Diese beiden Strukturmerkmale müssen kumulativ vorliegen, damit ein Verhalten unter den § 259 StGB fallen kann. Dies ist die zentrale Erkenntnis für den Umgang mit dem Hehlereitatbestand, anhand derer die einzelnen Tatbestandsmerkmale auszulegen sind.
Objektiver Tatbestand
Der Tatbestand des § 259 StGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täter in Bezug auf eine Sache, die ein anderer durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat erlangt hat, eine der vier im Gesetz genannten Tathandlungen vornimmt.
Gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat eines anderen
Als Anschlussdelikt verlangt die Hehlerei zunächst die taugliche Vortat eines anderen. Im Unterschied zur Begünstigung, der Strafvereitelung und der Geldwäsche genügt aber nicht jede beliebige rechtswidrige (Straf-)Tat iSd § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Vielmehr muss es sich um eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat handeln. Zunächst wird die Reichweite dieser Begrenzung auf vermögensbezogene Taten dargestellt, bevor erläutert wird, wer „anderer“ im Sinne der Vorschrift ist.
Gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat
Der Normtext des § 259 StGB nennt den Diebstahl und „sonstige gegen fremdes Vermögen gerichtete Taten“. Die gesonderte Erwähnung des Diebstahls hat nur eine klarstellende Funktion. Der Gesetzgeber wollte deutlich machen, dass zu den tauglichen Vortaten sowohl die Vermögensdelikte ieS (etwa Betrug oder Untreue) als auch die Vermögensdelikte iwS (wie Diebstahl und Raub) gehören. Zum Kreis möglicher Vortaten zählt auch die Hehlerei selbst (Kettenhehlerei). Der Passus „gegen fremdes Vermögen gerichtet“ erlaubt es zudem, Vortaten einzubeziehen, die gegen herrenlose oder sogar im Eigentum des Täters stehende Sachen gerichtet sind. Dies setzt natürlich ebenfalls voraus, dass die Vortat fremde Vermögensinteressen tangiert. Ein Beispiel für erstere Konstellation sind die Wildereidelikte (§§ 292 ff. StGB, Schutz von Aneignungsrechten), für letztere die Pfandkehr (§ 289 StGB, Schutz von Sicherungs- und Nutzungsrechten). Diese Szenarien haben nahezu keine Examensrelevanz und werden deshalb nicht vertieft.
Der Vortäter muss den Tatbestand eines dieser Delikte rechtswidrig verwirklichen. Jedoch stehen Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe sowie Prozesshindernisse (fehlender Strafantrag, Verjährung) einer tauglichen Vortat nicht entgegen. Theoretisch kann die Vortat auch fahrlässig (bzw. leichtfertig) begangen werden (zB § 264 Abs. 5 StGB). Entsprechende Delikte gehören aber nicht zum Pflichtfachstoff und werden daher im Folgenden ausgeklammert. Hehlerei ist zudem bei einer bloß versuchten Vortat möglich, etwa wenn der Täter durch eine „Diebesfalle“ (dazu → § 1 Rn. 59 ff.) eine Sache erlangt hat. Unter der gleichen Voraussetzung gehört die Teilnahme an einem Vermögensdelikt zu den tauglichen Vortaten.
Umstritten ist, welche Taten „gegen fremdes Vermögen gerichtet“ sind. Problematisch sind insbesondere die Nötigung (§ 240 StGB), die Aussagedelikte (§§ 153 ff. StGB) und die Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Diese Tatbestände sind weder im engeren noch im weiteren Sinne Vermögensdelikte. Der Vortäter kann aber aus ihrer Verwirklichung dennoch einen Vermögensvorteil erlangen.
(Standard-)Beispiel: X geht fälschlich davon aus, gegen O einen Anspruch auf Herausgabe eines Buchs zu haben. Diesen vermeintlichen Anspruch setzt er mit Nötigungsmitteln durch.
X fehlt es am Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Bereicherung (bzw. eines Vermögensnachteils), da er sich einen Anspruch auf das Buch vorstellt. Dadurch scheidet eine Strafbarkeit wegen Erpressung aus und es bleibt nur eine Nötigung (näher → § 9 Rn. 19 ff.). Im Fahrwasser der hM handelt es sich bei der von X begangenen Nötigung um eine „gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat“.
Klausurhinweis: Sie müssen bei der Hehlerei regelmäßig keine Bedenken haben, dass eine restriktive Vorgehensweise zu inakzeptablen Strafbarkeitslücken führt. Der Geldwäschetatbestand ist außerordentlich weit und erfasst jeden (Grenz-)Fall der Hehlerei ebenfalls. Da Sie den § 261 StGB oftmals nicht prüfen müssen (in den meisten Bundesländern ist er kein Prüfungsstoff oder jedenfalls in Prüfungen häufig von der Bearbeitung ausgeschlossen), können Sie durch folgende Darstellungsweise auf die Norm aufmerksam machen: Sie führen als Argument gegen eine einschränkende Auslegung die Gefahr von Strafbarkeitslücken ins Feld und entkräften diesen Einwand dann mit dem Hinweis auf den Geldwäschetatbestand.
Tat eines anderen
Die Vortat muss ferner „ein anderer“ begangen haben. Der Dieb macht sich also nicht erneut (dann wegen Hehlerei) strafbar, wenn er das Diebesgut an einen Dritten veräußert. Strukturell handelt es sich hierbei um einen gesetzlich geregelten Fall einer Konkurrenzfigur, der „mitbestraften Nachtat“.
Stiftet der Vortäter einen Dritten zur Hehlerei an oder leistet er dazu Beihilfe, so hält die ganz hM dies im Wege eines Erst-Recht-Schlusses ebenfalls für im Rahmen von § 259 StGB straflos: Wenn der Vortäter sich schon nicht als Täter der Hehlerei strafbar machen kann, muss die schwächere Beteiligungsform „erst recht“ aus dem Anwendungsbereich von § 259 StGB fallen. In diesem Fall ergibt sich die Straflosigkeit aber nicht mehr aus dem Normtext, sondern es muss tatsächlich die Figur der mitbestraften Nachtat bemüht werden, d. h. die Verwirklichung der Vortat verdrängt auf Ebene der Konkurrenzen die Verwirklichung der Anstiftung oder Beihilfe zur Hehlerei. Es ist zu berücksichtigen, dass dies nur für den Grundtatbestand der Hehlerei gilt. Ist die Vortat ein einfacher Diebstahl, die Nachtat aber eine Anstiftung zu einer qualifizierten Hehlerei (§§ 260, 260a StGB), kommt wegen des speziellen Unrechtsgehalts der Qualifikation nur Tatmehrheit in Betracht.
Nach den gleichen Grundsätzen behandelt die überwiegende Auffassung die Strafbarkeit des Mittäters der Vortat wegen Hehlerei, der etwa die Veräußerung des Beuteanteils des anderen Mittäters übernimmt. Dies stellt ebenfalls eine mitbestrafte Nachtat dar, sofern kein Qualifikationstatbestand einschlägig ist.
Im Gegensatz dazu gehen Rechtsprechung und Schrifttum fast einhellig davon aus, dass sich Teilnehmer der Vortat gem. § 259 StGB strafbar machen können, wenn sie die Tatbeute hehlen. Der Wortlaut lässt diese Auslegung zu und auch das Fehlen eines entsprechenden Ausschlussgrundes wie bei der Begünstigung (§ 257 Abs. 3 S. 1 StGB) spricht in systematischer Hinsicht für die Strafbarkeit. Anders als bei der Täterschaft führt eine Verurteilung wegen Teilnahme am Diebstahl noch nicht dazu, dass spätere Verwertungshandlungen mitabgegolten werden. Es handelt sich nicht um ein typisches Nachverhalten des Gehilfen oder Anstifters, dessen Unrecht bereits in der Vortat enthalten ist.
Problematisch bleibt schließlich ein Spezialfall, der Rückerwerb durch den Vortäter (streng zu unterscheiden vom Rückerwerb durch das Vortatopfer, dazu → Rn. 55 ff.).
Beispiel: A stiehlt eine teure Armbanduhr (Wert: 10.000 EUR) und verkauft sie für 5.000 EUR an H, der ihre deliktische Herkunft kennt. Einige Tage später stellt A fest, dass er selbst eine Armbanduhr gebrauchen könnte und kauft das Stück für 6.000 EUR von H zurück. Strafbarkeit des A wegen Hehlerei?
A macht sich im Beispielsfall wegen Diebstahls und H wegen Hehlerei (in der Variante des Ankaufens) strafbar. Auf den ersten Blick verwirklicht A durch den Rückkauf auch den Tatbestand der Hehlerei (wiederum in Form des Ankaufens). Die Hehlerei des H ist eine taugliche Vortat, durch die dieser die Uhr erlangt hat. Gleichwohl verneint eine Minderheitsauffassung in Fällen wie diesem die Strafbarkeit. Durch den Rückerwerb werde nur der ursprüngliche, nach der ersten Tat bestehende Zustand wiederhergestellt. Insofern sei eine teleologische Reduktion geboten. Bei genauerem Hinsehen besteht dazu angesichts der beiden Schutzzwecke der Hehlerei aber kein Anlass. Zum einen verlängert A durch den Rückkauf die Hehlereikette. Aufgrund der Struktur eines abstrakten Vermögensgefährdungsdelikts ist es irrelevant, ob die Chancen der Rückgewinnung im Einzelfall vielleicht sogar erhöht werden (dazu bereits → Rn. 5 f.). Außerdem kann das Verhalten des A im Beispielsfall diese Chance auch senken, wenn etwa die Polizei bereits festgestellt hat, dass A die Uhr zunächst an H veräußert hat und sie daher gar nicht mehr bei ihm vermutet. Zum anderen spricht auch der Anreizgedanke für die Strafbarkeit. H (der jetzt der Vortäter ist) profitiert von dem Geschäft, egal ob er die Ware an den Vortäter oder einen beliebigen Dritten veräußert. Eine teleologische Reduktion ist nicht geboten.
Klausurhinweis: Sie werden bei der Darstellung der Auslegungsfragen im Folgenden ein Muster erkennen, das Sie auch Ihrem Gutachten zugrunde legen sollten. Sie müssen immer untersuchen, ob die beiden Schutzzwecke der Hehlerei tangiert sind und ob Ihr Ergebnis mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar ist. Dieses Grundgerüst können Sie dann ggf. durch systematische oder sonstige Argumente anreichern, es darf aber keinesfalls fehlen.
Durch diese Tat erlangte Sache
Tatobjekt der Hehlerei ist eine Sache, die der Vortäter durch eine taugliche Vortat erlangt hat. Dieses Merkmal enthält mehrere Teilvoraussetzungen, die im Folgenden isoliert betrachtet werden.
Sache
Der Sachbegriff des § 259 StGB entspricht dem des Diebstahls (dazu → § 1 Rn. 14 ff.). Erfasst sind also nur körperliche Gegenstände (vgl. § 90 BGB). Damit scheidet etwa bei einem Betrug oder einer Erpressung als Vortat eine Strafbarkeit wegen Hehlerei aus, wenn der Vortäter nur eine Kontogutschrift o. Ä. erlangt. Diese Fälle fängt erneut der Geldwäschetatbestand auf. Für die Hehlerei von Daten hat der Gesetzgeber mit § 202d StGB einen Sondertatbestand geschaffen.
Im Unterschied zum Diebstahl ist zu berücksichtigen, dass das Tatobjekt bei der Hehlerei weder beweglich noch für den Täter fremd sein muss. Es können daher auch Grundstücke gehehlt werden.
Grundvoraussetzungen des „Erlangens“
Im Sinne des § 259 StGB „erlangt“ der Vortäter die Sache, wenn er die körperliche Herrschaft über sie begründet. Dieser Zwischenschritt ist notwendige Bedingung der Hehlerei. Es genügt nach dem eindeutigen Wortlaut nicht, wenn der Vortäter unmittelbar einem Dritten die Herrschaftsgewalt verschafft. Ausreichend ist aber, dass der Vortäter nach Vollendung der Vortat die Sachherrschaft ausübt. Gleichgültig ist, ob er sie auch schon vor Tatbeginn innehatte. Wer eine geliehene Sache unterschlägt (§ 246 StGB), „erlangt“ sie daher ebenfalls, obwohl er sich nur vom rechtmäßigen Fremd- zum unrechtmäßigen Eigenbesitzer aufschwingt.
Sachherrschaft lässt sich in diesem Kontext nach zutreffender herrschender Auffassung mit dem Gewahrsam iSv § 242 StGB (ausführlich → § 1 Rn. 34 ff.) gleichsetzen, nicht aber mit dem Besitz.
In das Merkmal des „Erlangens“ muss ferner das Erfordernis einer rechtswidrigen Besitzlage hineingelesen werden.
In diesem Kontext ist auf zivilrechtliche Vorschriften wie die Vermischung (§§ 948, 947 BGB), den Erbfall (§§ 1922 ff. BGB) und den gutgläubigen Erwerb (§§ 932 ff. BGB) hinzuweisen. Bei der letztgenannten Norm ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei gestohlenen Sachen ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist (§ 935 Abs. 1 BGB), sofern es sich nicht um Geld handelt (§ 935 Abs. 2 BGB). Demnach kann Hehlerei auch dann vorliegen, wenn der Täter in Kenntnis der deliktischen Herkunft Diebesgut von jemandem erwirbt, der die Ware seinerseits gutgläubig vom Vortäter erhalten hat.
Beispiel: A stiehlt ein Gemälde und veräußert es an den Kunsthändler K, der davon ausgeht, das Bild stünde im Eigentum des A. Anschließend erwirbt H das Bild von K, der von dem Diebstahl durch A weiß.
Da ein gutgläubiger Erwerb durch K aufgrund von § 935 Abs. 1 BGB ausscheidet, besteht die rechtswidrige Besitzlage fort und H begeht durch seinen Ankauf eine Hehlerei.
Erwirbt der Vortäter anfechtbar Eigentum, was insb. beim Betrug aufgrund von § 123 BGB relevant ist, besteht ebenfalls eine rechtswidrige Besitzlage. Insoweit muss zum gesetzlichen Erwerb durch Vermischung o. Ä. abgegrenzt werden, bei dem der frühere Rechtsinhaber nur einen Vergütungsanspruch in Geld erhält (§ 951 BGB). Das Eigentum und den Besitz erlangt der Erwerber aber endgültig, sodass eine rechtmäßige Besitzlage entsteht. Ein solcher endgültiger Zustand entsteht bei Täuschungen erst mit Ablauf der Anfechtungsfrist (§ 124 BGB).
„Durch“ die Vortat / mittelbare Vorteile
Der § 259 StGB erfasst nur solche Sachen, die der Vortäter „durch“ die Vortat erlangt hat. Die Bedeutung dieser Voraussetzung lässt sich an dem Klausurklassiker der Ersatzhehlerei illustrieren. Damit wird eine Konstellation bezeichnet, in der sich das Hehlereiverhalten nur auf mittelbar aus der Vortat erzielte Vorteile bezieht.
Beispiel: A stiehlt 2.000 EUR. Von dem Geld erwirbt er einen Ring, den er seiner in alles eingeweihten Freundin schenkt, die diesen annimmt.
Dogmatischer Anknüpfungspunkt des Problems ist das Wort „durch“ im Normtext des § 259 StGB. Einige Autoren leiten bereits daraus einen strengen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der Vortat und dem Hehlereiobjekt her.
Bei Fällen, die den Anstrich einer Ersatzhehlerei tragen, ist aber dem Umtauschgeschäft besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Begeht der Vortäter auch in diesem Rahmen eine Straftat, liegt unproblematisch eine „normale“ Hehlerei vor.
Beispiel (Abwandlung von oben): A stiehlt einen Ring. Diesen verkauft er für 2.000 EUR an den gutgläubigen Schmuckhändler S. A schenkt seiner Freundin F einen der erhaltenen Scheine, die diesen in Kenntnis des Geschehens begeistert entgegennimmt.
Der Diebstahl des Rings scheidet als Anknüpfungspunkt für die Hehlerei aus, insoweit handelt es sich um straflose Ersatzhehlerei. Allerdings erlangt A die 2.000 EUR nun durch einen Betrug gegenüber S. Aufgrund von § 935 Abs. 1 BGB kann S kein Eigentum an dem Ring erwerben und schädigt somit täuschungsbedingt sein Vermögen. Daher stammt das Geld unmittelbar aus einer Straftat (dem Betrug) und F macht sich wegen Hehlerei strafbar.
Eine Spezialkonstellation der Ersatzhehlerei stellt schließlich die sog. Geldersatzhehlerei dar. In diesen Fällen wird teilweise für dennoch für die Strafbarkeit plädiert.
Beispiel: X stiehlt einen 500-EUR-Schein und tauscht ihn bei einer Bank gegen fünf 100-EUR-Scheine um. Einen der Scheine schenkt er seinem Bruder, der von der Herkunft des Gelds weiß.
Zur Begründung der Tatbestandsmäßigkeit wird der vom Diebstahl bekannte Wertsummengedanken (dazu → § 1 Rn. 131 ff.) bemüht. Demzufolge stehe bei Geld die Sachidentität des konkreten Wertzeichens im Hintergrund; entscheidend sei die repräsentierte Wertsumme. Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass der Wertsummengedanke bei der Hehlerei – anders als beim Diebstahl – strafbegründend wirken würde. Seine Implementation ist im Rahmen des § 259 StGB daher erheblichen Bedenken ausgesetzt. Ferner fehlt es auch an einem kriminalpolitischen Bedürfnis für diese erzwungene Lösung. Erneut schließt der Geldwäschetatbestand die Strafbarkeitslücken des Hehlereidelikts.
Zeitliches Element („erlangt hat“)
Zuletzt bereitet das zeitliche Verhältnis von Vortat und Hehlerei Probleme. Dabei sind zwei Facetten zu trennen. Erstens geht es um die Frage, ob die Hehlerei der Vortat zeitlich nachfolgen muss oder ob diese auch zeitgleich begangen werden kann. Dabei geht es vor allem um Fälle der Unterschlagung (oder der Untreue), bei denen sich der Vortäter im Besitz des Tatobjekts befindet und sich die Tathandlung in der Übertragung der Sachherrschaft auf den möglichen Hehler erschöpft. Die Befürworter einer Strafbarkeit wegen Hehlerei führen an, dass eine bloße Beihilfestrafbarkeit des Erwerbs den Unrechtsgehalt seines eigennützigen Verhaltens nicht hinreichend zum Ausdruck bringt.
Zweitens wird diskutiert, ob der Vortäter die Sachherrschaft bereits im Zeitpunkt der Tathandlung erlangt haben muss oder erst in dem Zeitpunkt, in dem der Taterfolg der Hehlerei eintritt, also die Sachherrschaft (erneut) wechselt (zu diesem Erfolg sogleich → Rn. 47 ff.); zum Parallelproblem bei der Begünstigung → § 19 Rn. 19 ff.).
Beispiel: A will am Abend in eine Villa einbrechen, um wertvollen Schmuck zu stehlen. X hat zuvor von den Plänen des A erfahren und möchte ihm einen Gefallen tun. Noch bevor A zur Tat schreitet, hinterlässt ihm X eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter und empfiehlt ihm einen Schwarzmarkthändler. A hört die Nachricht am nächsten Morgen nach dem erfolgreichen Einbruch ab und verkauft die Beute an den von X angeratenen Händler.
X hat die Tathandlung (= Absatzhilfe) vor dem Einbruchsgeschehen vorgenommen. Sein Verhalten hat aber dafür gesorgt, dass A die durch den Diebstahl erlangten Wertsachen später an einen Dritten übertragen konnte und damit einen Absatzerfolg herbeigeführt.
Für die Strafbarkeit wegen Hehlerei spricht teleologisch, dass X durch sein Verhalten die Absatzbemühungen des Vortäters fördert – unabhängig vom Zeitpunkt der Tathandlung. Zwingende Voraussetzung des § 259 StGB ist nur, dass die Sachherrschaft zunächst auf den Vortäter überging, damit der Hehlerei einen Verschiebungserfolg herbeiführen kann.
Erlangt der Vortäter im Voraus Kenntnis von den Aktivitäten des Hehlers, kommt zusätzlich eine psychische Beihilfe in Betracht (Tateinheit). Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass der Handelnde sowohl die Vortat als auch den Absatz gefördert hätte. Das wäre in dem Beispiel der Fall gewesen, wenn A (vom Vorsatz des X umfasst) die Nachricht vor dem Einbruch abgehört hätte. Für eine Koexistenz von Beihilfe und Hehlerei spricht in systematischer Hinsicht, dass eine Vorschrift wie § 257 Abs. 3 S. 1 StGB bei der Hehlerei fehlt.
Tathandlungen
Der Hehlereitatbestand enthält vier – bzw. je nach Zählweise fünf – verschiedene Tatvarianten:
das Ankaufen,
das Sich-oder-einem-Dritten-Verschaffen,
das Absetzen und
das Absetzenhelfen.
Diese Fülle an Tathandlungen ist ungewöhnlich und zwingt dazu, die Tathandlungen zunächst zu systematisieren, bevor sie individuell betrachtet werden können. In den ersten beiden Schritten sind daher die Struktur der Tatvarianten und ihre allgemeinen Voraussetzungen zu beleuchten, bevor anschließend die Details der einzelnen Begehungsweisen ergänzt werden.
Systematik der Tathandlungen
Alle vier Tathandlungen eint, dass der Täter – wenn auch in unterschiedlicher Weise – daran mitwirken muss, die Sachherrschaft an dem Tatobjekt von einer Person auf eine andere zu übertragen. Dieser Verschiebungserfolg war für das Ankaufen und das Sich- oder einem Dritten verschaffen seit jeher anerkannte Voraussetzung und ist es seit mittlerweile etwa einem Jahrzehnt auch für das Absetzen und die Absatzhilfe (näher → Rn. 65 ff.).
Darüber hinaus lassen sich die Varianten zunächst danach unterteilen, ob der Täter im „Lager“ des Vortäters oder im „Lager“ des Erwerbers (der auch der Hehler selbst sein kann) aktiv wird.
Beispiel: A hat wertvollen Schmuck gestohlen. Er bittet seinen gut vernetzten Freund F, sich gegen eine Belohnung um den Verkauf der Beute zu kümmern. F findet den Händler H, der das Schmuckstück in Kenntnis seiner Herkunft gerne erwirbt.
In dem Beispielfall treten gleich zwei Personen als Hehler auf. F agiert als Repräsentant des A. Er steht in seinem Lager, sodass als Tathandlungen nur das Absetzen und die Absatzhilfe in Betracht bekommen. Demgegenüber steht H in seinem eigenen Erwerberlager; er wird nicht für A tätig. Er kann den Schmuck daher nur angekauft oder sich verschafft haben.
Die Wahl der richtigen Tatmodalität ist die erste Klippe, die bei der Prüfung des § 259 StGB gekonnt umschifft werden muss; anderenfalls entwickelt sich das Gutachten schnell in die falsche Richtung. Insoweit ist ein gutes Verständnis des „Lagergedankens“ essenziell. Bei unbefangener Lektüre des Gesetzestextes könnte man ansonsten beispielsweise annehmen, dass F den Schmuck H (also einem Dritten) verschafft. Auch müssen die Lager keinesfalls streng sozial voneinander getrennt sein. Wer eine Uhr in dem Wissen als Geschenk annimmt, dass seine Ehefrau sie gestohlen hat, steht gleichwohl nur in seinem eigenen Lager als Erwerber.
Nach dieser ersten Unterscheidung folgt eine weitere, die jedoch praktischerweise für beide Gruppen identisch ist. Es muss jeweils danach differenziert werden, ob der Hehler selbstständig oder unselbstständig den Absatzerfolg herbeiführt. Auf Vortäterseite entscheidet diese Differenzierung über die Einordnung als „Absetzen“ oder als „Absatzhilfe“. Während der Hehler das Tatobjekt durch selbstständige Tätigkeiten absetzt, erfasst die Absatzhilfe typische unselbstständige Beihilfehandlungen zu Absatzbemühungen des Vortäters. Der Vortäter kann sich selbst nicht wegen Hehlerei strafbar machen, sodass die Teilnahme an seiner Veräußerungshandlung ohne diese Regelung straflos wäre. Die Tatvariante der Absatzhilfe umgeht dieses Problem, indem sie eine gesetzlich zur Täterschaft heraufgestufte Form der Beihilfe schafft, die keine Haupttat voraussetzt.
Im Erwerberlager existiert das Problem der fehlenden Haupttat nicht. Wenn in dem eingangs genannten Beispiel X hinzutritt und den H zum Treffen mit F fährt, leistet er schlicht Beihilfe zur teilnahmefähigen Haupttat des H. Auf dieser Seite ist daher die übliche Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme vorzunehmen.
Schließlich muss auf der Erwerberseite noch ein letztes Mal untergliedert werden. Das Ankaufen bildet einen speziellen Fall der beiden Varianten des Verschaffens, das sich einzig dadurch unterscheidet, dass Erwerber und Vorbesitzer einen entgeltlichen Erwerb der Sache vereinbaren. Eine tatsächliche Kaufpreiszahlung ist aber nicht erforderlich, sondern nur die entsprechende Abrede.
Das zuvor Gesagte lässt sich in folgendem Schaubild zusammenfassen:
Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage durch die Hehlereihandlung
Eine Strafbarkeit wegen vollendeter Hehlerei setzt in jedem Fall voraus, dass infolge des zuvor angesprochenen Verschiebungserfolgs weiterhin eine rechtswidrige Besitzlage besteht. Dies folgt aus dem Wesen der Hehlerei, das sich durch die Perpetuierung einer solchen Lage auszeichnet. Überträgt der Hehler die Sachherrschaft auf einen beliebigen Dritten, erfüllt sein Verhalten diese Voraussetzung unproblematisch. Aufmerksamkeit verdienen die Fälle, in denen der Eigentümer – oder eine sonstige für ihn tätig werdende Person, wie ein Polizist – die Sache zurückerwirbt.
Beispiel: A stiehlt von G eine seltene Statue. Da er auf dem Schwarzmarkt keinen Abnehmer findet, will er das Stück wieder an G verkaufen. Sein Bruder B vermittelt ihm den Kontakt zu G. Dieser einigt sich daraufhin mit A und erhält seine Statue zurück.
Während sich A schon aufgrund seiner Rolle als Vortäter nicht wegen Hehlerei strafbar machen kann, erscheint eine Strafbarkeit von B (in Form der Absatzhilfe) durchaus plausibel. Immerhin schafft sein Verhalten durchaus einen Anreiz für A, weitere Straftaten zu begehen. Es fehlt jedoch an der konstitutiven Voraussetzung der Hehlerei, dass die Tat eine rechtswidrige Besitzlage perpetuieren muss. Bei der Rückveräußerung an den Eigentümer wird allerdings der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt (zur Strafbarkeit der Brüder wegen [Beihilfe zur] Erpressung → § 9 Rn. 29 f.). Erkennt der Täter nicht, dass er an den Eigentümer (oder z.B. an einen verdeckten Ermittler) veräußert, macht er sich wegen des untauglichen Versuchs einer Hehlerei strafbar. Selbstverständlich erfüllt auch der Eigentümer (im Beispiel: G) nicht den Tatbestand des § 259 StGB, wenn er seine eigene Sache zurückkauft. Zum einen gelten die Ausführungen zum Schutzzweck der Hehlerei auch insoweit; zum anderen war die Vortat nicht gegen für ihn „fremdes“ Vermögen gerichtet.
Schließlich ist noch auf die Sonderkonstellation hinzuweisen, in der der Eigentümer gar nicht erkennt, dass er seine eigene Sache erwirbt.
Abwandlung: A veräußert die Statue mithilfe von B an G und spiegelt ihm dabei vor, es handle sich nicht um sein eigenes, sondern um ein anderes Exemplar.
Das RG hat in RGSt 54, 124 argumentiert, in diesem Fall würde der Täter die wirtschaftliche Verwertung der Sache übernehmen, obwohl dieses Recht eigentlich dem Eigentümer zusteht. Ferner erwerbe der Eigentümer den Gegenstand nicht aufgrund seiner Rechtsposition, sondern wie ein beliebiger Dritter. Damit würde sich B wegen Absatzhilfe strafbar machen. Diese Sichtweise hat sich zu Recht nicht durchgesetzt. Der Hehlereitatbestand schützt das Vermögen des Vortatopfers gerade nicht vor jedweder Beeinträchtigung, sondern nur hinsichtlich der durch den Vortäter erlangten Sache. Diese wird aber an das Opfer zurückgeführt. Das Unrecht des Geschehens fängt der Betrugstatbestand vollständig auf.
Einvernehmliches Zusammenwirken
Elementar für die Hehlerei ist ferner bei allen Tatbestandsvarianten ein einvernehmliches Zusammenwirken von Hehler und Vortäter. Bei den Erwerbsvarianten (Ankaufen/Sich-Verschaffen) drückt sich dies durch die Übereinkunft aus, dass die Sachherrschaft übertragen werden soll (sog. abgeleiteter oder derivativer Erwerb). Bei den Absatzvarianten (Absetzen/Absetzenhelfen) ist demgegenüber ein Tätigwerden im Interesse des Vortäters erforderlich. Dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal ergibt sich indes nicht aus dem Perpetuierungsgedanken. Die rechtswidrige Besitzlage kann auch vertieft werden, ohne dass der Erwerber und der Vortäter einvernehmlich zusammenwirken.
Beispiel: V stiehlt A die Uhr, die dieser zuvor durch einen Betrug erlangt hat.
In dem Beispiel verlängert V die rechtswidrige Besitzkette. Er schafft für A aber keinen Anreiz, weitere Taten zu begehen. Dessen Mühen waren vielmehr vollständig fruchtlos. Aus dieser zweiten Säule der Hehlerei lässt sich daher das Erfordernis eines einvernehmlichen Zusammenwirkens ableiten. Verschafft sich jemand durch eine Wegnahme oder – noch extremer – durch eine Nötigung die Herrschaft über die vom Vortäter erlangte Sache, scheidet nach einhelliger Auffassung eine Strafbarkeit wegen Hehlerei aus. Auf ein solches Geschehen sind vielmehr Delikte wie Diebstahl und Raub zugeschnitten.
Problematisch und stark umstritten sind hingegen die Fälle, in denen sich der (mögliche) Hehler die Sache durch eine Täuschung verschafft. Zugespitzt geht es um die Frage, welche Willensmängel ein einvernehmliches Zusammenwirken ausschließen. Während bei der Wegnahme gar keine Willensbildung stattfindet und der Täter die freie Willensbildung des Vortäters beim Einsatz von Nötigungsmitteln unterdrückt, kann sich der Getäuschte zumindest subjektiv frei dafür entscheiden, die Sachherrschaft auf den Erwerber zu übertragen. Mit einer ähnlichen Argumentation hat der BGH in NJW 2019, 1540 entschieden, dass ein einvernehmlicher Erwerb auch dann möglich ist, wenn sich der Hehler die Sache durch Täuschung verschafft. In der Literatur wurde diese Entscheidung berechtigterweise stark kritisiert.
Tathandlungen im Lager des Erwerbers (Ankaufen und Sich-Verschaffen)
Nachdem die Tathandlungen bereits vorab systematisiert wurden (→ Rn. 47 ff.), müssen an dieser Stelle nur noch einige Spezialkonstellationen angesprochen werden.
Das Sich-Verschaffen setzt allgemein voraus, dass der Hehler (einvernehmlich) die Herrschaft an der Sache erlangt, sodass er unabhängig vom Vortäter über sie als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen kann und sie somit ihrem wirtschaftlichen Wert nach übernimmt.
Einem Dritten verschafft der Hehler die Sache, wenn er diesem eine entsprechende Herrschaftsposition einräumt. Das Ankaufen ist ein (praktisch häufiger) Spezialfall des Sich-Verschaffens (zur Abgrenzung → Rn. 53).
Aus der Definition des Sich-Verschaffens lassen sich mehrere Erkenntnisse gewinnen:
Zunächst übernimmt eine gestohlene Sache nicht als eigene, wer sie nur vorübergehend (etwa zur Reparatur) erhalten soll.
Weiterhin fehlt es auch dann an einem Sich-Verschaffen, wenn der Erwerber die Sache vernichten will, da er sie dann nicht ihrem wirtschaftlichen Wert nach übernimmt. Die Intentionen des Erwerbers müssen daher gewisse Parallelen zur Zueignungsabsicht beim Diebstahl (→ § 1 Rn. 72 ff.) aufweisen.
In BGH NStZ 1995, 544 ist sogar ausdrücklich davon die Rede, der Täter müsse sich den Gegenstand zueignen. Dies dürfte aber nicht inhaltsgleich mit der Voraussetzung des § 242 StGB zu verstehen sein, s. Walter, in: LK-StGB, Bd. 13, 13. Aufl. (2022), § 259 Rn. 40. Lehrreich und äußerst klausurtauglich ist in diesem Kontext das folgende Beispiel:
Beispiel (nach BGH NStZ-RR 2024, 280): Der Angeklagte (hier: A) war Teil einer Gruppe, deren Mitglieder meist ältere Leute anrufen, Angst vor einem Einbruch schüren und dann ihre Opfer überzeugen, Wertgegenstände zur Abholung durch vermeintliche Polizeibeamte bereitzulegen (Betrugsmasche „falscher Polizeibeamter“). Die Aufgabe des A bestand u. a. darin, den Abholern im Nachhinein ihren Beuteanteil zu übergeben. Im konkreten Fall händigte er ihnen Geldscheine aus, die der Tatbeute entstammten.
Der BGH hat in diesem Fall eine Strafbarkeit des A wegen Hehlerei zu Recht verneint. Bezüglich eines „Sich-Verschaffens“ fehlt es an der Übernahme des Geldes zur eigenen Verfügung. A sollte nur die Abholer entlohnen. Eine „Drittverschaffung“ zugunsten der Abholer scheitert an dem Umstand, dass die Vortäter keine „Dritten“ iSd Tatbestands sind, sondern „andere“ (näher → Rn. 19 ff.).
Zudem darf der Begriff der „Herrschaft“ nicht mit dem unmittelbaren Besitz an der Sache gleichgesetzt werden. In BGHSt 27, 160 erhielt der Erwerber nur einen Pfandschein ausgehändigt. Zutreffend hat das Gericht dennoch angenommen, dass der Täter dadurch die Sachherrschaft erlangt. Denn nun kann ausschließlich der Hehler über die Sache verfügen; ohne den Schein hat der Vortäter keinen Zugriff mehr. Damit ist zugleich eine weitere Voraussetzung angesprochen, die in der Literatur stark betont wird: Der Erwerber muss die Sachherrschaft unabhängig vom Vortäter ausüben können. Den Lehrbuchfall bildet insoweit der Mitverzehr von Lebensmitteln oder Rauschgift. Solange der Mitverzehrende nicht frei über den Genuss bestimmen kann, scheidet nach herrschender Auffassung ein Sich-Verschaffen aus. Diese Meinung kann sich auf die Gesetzesbegründung stützen.
BT-Drs. 7/550, S. 252. Es erscheint daher methodisch vertretbar, die juristische Sekunde auszuklammern, in der sich Speisen o. Ä. im Mund oder der Speiseröhre des Mitverzehrers befinden und dem Zugriff des Vortäters entzogen sind.
Tathandlungen im Lager des Vortäters (Absetzen und Absetzenhelfen)
Die Tatvarianten im Lager des Vortäters – das Absetzen und Absetzenhelfen – hatten jahrzehntelang einen klassischen Streitpunkt: das Erfordernis eines Absatzerfolgs (zum Verschiebungserfolg allgemein (→ Rn. 47 ff.).
Klausurhinweis: Wer den Tatbestand erstmals nach 2013 betrachtet, mag sich zu Recht fragen, warum diese Frage überhaupt so lange umstritten war. Gleichwohl ist es in Klausuren wohl ratsam, für die kommenden Jahre den zuvor skizzierten Streit um den Absatzerfolg noch mit den genannten Argumenten zu führen, wenn er im Sachverhalt deutlich angelegt ist. Es handelte sich seit Ewigkeiten um das Standardproblem der Hehlerei, das zahlreiche Prüfer – die den Tatbestand vor 2013 kennenlernten – sicher noch nicht verdrängt haben.
Ansonsten ist noch zu erwähnen, dass die hM für beide Varianten eine entgeltliche wirtschaftliche Verwertung des Tatobjekts fordert. Die Relevanz dieses Problems ist eher gering, dürfte es bei Schenkungen doch regelmäßig ohnehin an der Bereicherungsabsicht fehlen.
Qualifikationen
Der Tatbestand der Hehlerei erhält durch § 260 StGB zwei Qualifikationen. Die Norm setzt alternativ ein gewerbs- oder bandenmäßiges Verhalten des Täters voraus. Liegen beide Voraussetzungen kumulativ vor, handelt es sich sogar um ein Verbrechen in Form des § 260a StGB.
Die Voraussetzungen gewerbs- und bandenmäßigen Verhaltens wurden im Rahmen der §§ 243, 244 StGB bereits intensiv behandelt (→ § 2 Rn. 37 f. und § 3 Rn. 37 ff.) und müssen hier daher nicht wiederholt werden. Hinsichtlich der bandenmäßigen Begehung ist aber auf zwei wichtige Besonderheiten hinzuweisen. Zum einen setzt die Bandenhehlerei – anders als §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244a StGB – keine Mitwirkung eines zweiten Bandenmitglieds voraus. Wer „als“ Mitglied einer Bande handelt, verwirklicht auch als Alleintäter den Tatbestand der Bandenhehlerei. Außerdem erfassen die §§ 260, 260a StGB auch sog. gemischte Banden aus Dieben, Räubern und Hehlern, während die §§ 244, 244a, 250 StGB auf Zusammenschlüsse aus Dieben und Räubern begrenzt ist.
Beide Qualifikationstatbestände sind Katalogtaten iSd § 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. l) und § 100b Abs. 2 Nr. 1 lit. l) StPO.
Subjektiver Tatbestand
Subjektiv erfordert das Delikt Vorsatz (§ 15 StGB) und zusätzlich als überschießende Innentendenz die Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern (→ Rn. 74 f.).
Im subjektiven Tatbestand setzt die Hehlerei neben dem Vorsatz die Absicht voraus, sich oder einen Dritten zu bereichern.
Vorsatz
Der Hehler muss mit dolus eventualis bezüglich aller Umstände des objektiven Tatbestands handeln (vgl. § 15 StGB). Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf den Vorsatz hinsichtlich der Vortat zu richten. Denn häufig kennt der Hehler die näheren Umstände dieser Tat nicht, vielleicht nicht einmal, ob es sich um einen Diebstahl, einen Raub oder einen Betrug handelte. Der Hehler muss es allerdings – ähnlich wie bei der Begünstigung (→ § 19 Rn. 54) – nur für möglich halten, dass die Sache aus einer Tat stammt, die die Eigenschaften einer tauglichen Vortat (→ Rn. 14 ff.) aufweist. Detaillierte Kenntnisse sind nicht erforderlich. Damit entfällt der Vorsatz nur dann, wenn der Täter zB davon ausgeht, die Sache wurde als Bestechungslohn o. Ä. zugewendet.
Selbst- oder Drittbereicherungsabsicht
Weiterhin muss der Täter handeln, um sich selbst oder einen Dritten zu bereichern. Hinsichtlich der Bereicherung und der Absicht gelten die Ausführungen zum Betrug entsprechend (→ § 11 Rn. 190 ff.). Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die angestrebte Bereicherung weder stoffgleich noch rechtswidrig zu sein braucht. Für die Stoffgleichheit ergibt sich dies zum einen daraus, dass es schon an einem Bezugspunkt der „Gleichheit“ fehlt und zum anderen aus der Tatsache, dass der Hehlereitatbestand – anders als Betrug und Erpressung – schon aufgrund seiner objektiven Tatbestandsvoraussetzungen als Vermögensverschiebungsdelikt ausgestaltet ist und diese Eigenschaft daher nicht erst durch das Merkmal der Stoffgleichheit hergestellt werden muss.
Vertiefung: Die 1975 eingefügte Drittbereicherungsabsicht sollte nach der Gesetzesbegründung u. a. Fälle erfassen, in denen Mitarbeiter für ihren Geschäftsherrn Diebesbeute erwerben. Aus den unterschiedlichen gesetzlichen Formulierungen „Dritten“ und „ein anderer“ leitet die hA ab, dass der Bereicherte nicht der Vortäter selbst sein kann.
Versuch
Der Versuch der Hehlerei ist gemäß §§ 259 Abs. 3, 23 Abs. 1 StGB strafbar. Für die Versuchsstrafbarkeit gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze der §§ 22 ff. StGB. Der Täter muss alle Umstände des Tatbestands in seinen Vorsatz aufnehmen und zudem in Bereicherungsabsicht handeln.
Die Deliktsstruktur der Hehlerei bietet erheblichen Spielraum für untaugliche Versuche. Anknüpfungspunkte dafür können beispielsweise Fehlvorstellungen über das Tatobjekt (die Sache wurde tatsächlich gar nicht deliktisch erlangt) oder hinsichtlich der Person des Erwerbs (Veräußerung an einen Polizisten, → Rn. 56).
Ansonsten verdient der Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens aufgrund der Vielzahl an Tathandlungen besondere Aufmerksamkeit. Das Delikt wird in jeder Variante durch den Wechsel der Verfügungsgewalt am Tatobjekt (als Erfolg iwS) vollendet. Im Ausgangspunkt beginnt der Versuch daher mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Übertragung der Sachherrschaft. Dies bereitet bei den Tatvarianten des Ankaufens, sich oder einem Dritten Verschaffens und Absetzens wenig Probleme. Diese Tathandlungen bestehen im Kern in der Begründung eigener oder fremder Sachherrschaft.
Schwierig und umstritten ist demgegenüber der Zeitpunkt des Versuchsbeginns bei der Absatzhilfe. Auch diese Tatvariante setzt nach mittlerweile einhelliger Auffassung einen Absatzerfolg voraus (→ Rn. 65 ff.). Die ganz hL verlangt deshalb, dass der Absatzhelfer nicht nur zu seiner Tathandlung unmittelbar angesetzt haben muss, sondern auch der von ihm unterstützte Vortäter zur Übertragung der Sachherrschaft.
Die Ansicht der Rechtsprechung ist abzulehnen. Sie lässt für den Versuchsbeginn ein Verhalten ohne hinreichenden Rechtsgutsbezug genügen. Der Rechtsgutsbezug besteht bei einer Absatzhilfe erst, wenn sie einen Verschiebungserfolg herbeiführt, der zur Perpetuierung der rechtswidrigen Besitzlage führt. Für die Literaturansicht spricht weiterhin die Deliktsstruktur der Tatvariante. Die Absatzhilfe ist materiell lediglich eine Beihilfe zum (straflosen) Absatz des Vortäters, die nur aus regelungstechnischen Gründen als täterschaftliche Begehungsform ausgestaltet werden musste (→ Rn. 51). Der „echte“ und damit schwerere täterschaftliche Rechtsgutsangriff bei der Variante des Absetzens beginnt aber erst mit dem unmittelbaren Ansetzen zur Herbeiführung des Absatzerfolgs. Es wäre wertungswidersprüchlich, die Strafbarkeit der milderen Begehungsform vorzuverlegen. Außerdem ist die Beihilfe zu einer bloßen Vorbereitungshandlung auch sonst straflos (Umkehrschluss aus § 30 StGB). Sie setzt zumindest einen Versuch als Haupttat voraus. Der Absatzhelfer tritt damit in das Versuchsstadium ein, wenn der vor ihm geförderte Vortäter unmittelbar dazu ansetzt, die Sachherrschaft auf einen Dritten zu übertragen (Akzessorietätsmodell).
Unterlassen
Im Zusammenspiel mit § 13 StGB kann die Hehlerei auch als unechtes Unterlassungsdelikt begangen werden. Die praktische Bedeutung dieser Möglichkeit hält sich in Grenzen, denn die erforderliche Garantenstellung wird regelmäßig fehlen. Es kommt aber dennoch zumindest in Betracht, dass Überwachungsgaranten untätig bleiben und dadurch der zu Überwachende eine Hehlerei begeht. Da eine Pflicht zur Verhinderung fremder Straftaten nur in äußerst beschränktem Umfang besteht, beschränkt sich diese Fallgruppe primär auf das Verhältnis von Eltern zu ihren (minderjährigen) Kindern und Betriebsinhabern zu ihren Angestellten. Letzteres kann der Fall sein, wenn ein Unternehmer duldet, dass in seinem Betrieb gestohlene Ware verwendet wird.
Konkurrenzen
Mehrere Verwirklichungen des § 259 StGB
Hinsichtlich der Konkurrenzen ist zunächst abzugrenzen, wann bei mehreren Handlungen oder Tatobjekten nur eine oder mehrere Hehlereitaten vorliegen. Verschafft sich bspw. ein Hehler im Rahmen eines einheitlichen Geschehens mehrere Tatobjekte (etwa zwei Uhren) oder nimmt er mehrere Handlungen vor (Absatzhilfe durch Zurverfügungstellen eines Autos und Unterstützung beim Transport), geht es nur eine Hehlerei im Rechtssinne.
Konkurrenzverhältnis zu anderen Tatbeständen
Hehlereitaten treten häufig im Zusammenhang mit anderen Vermögens- und Anschlussdelikten auf. Auf eine kommentarartige Auflistung soll an dieser Stelle verzichtet werden; stattdessen liegt der Fokus auf den klausur- und praxisrelevantesten Konstellationen.
Zunächst scheidet schon auf Tatbestandsebene die Möglichkeit aus, dass sich der Hehler außerdem wegen der Vortat strafbar macht („ein anderer“, → Rn. 19 ff.). Gleiches gilt nach hiesiger Auffassung für Diebstahl, Betrug oder Erpressung gegenüber dem Vortäter, die ein einvernehmliches Zusammenwirken ausschließen, (→ Rn. 59 ff.).
Die bei Hehlereihandlungen häufig mitverwirklichte Unterschlagung tritt im Wege formeller Subsidiarität hinter den § 259 StGB zurück (§ 246 Abs. 1 StGB aE).
Prozessuales / Wissen für die Zweite Juristische Prüfung
In prozessualer Hinsicht sind mehrere Aspekte bedeutsam, wobei die Rechtsfiguren der Wahlfeststellung der Postpendenz bei der Hehlerei eine herausragende Position einnehmen.
Strafantrag
Die Hehlerei ist grds. ein Offizialdelikt. Gemäß § 259 Abs. 2 StGB gelten die §§ 247, 248a StGB entsprechend. Die Tat wird daher nur auf Antrag verfolgt, wenn der Verletzte Angehöriger (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB), Vormund (§§ 1773 ff. BGB) oder Betreuer (§§ 1814 ff. BGB) des Täters ist, mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht. Hinsichtlich der Hehlerei geringwertiger Sachen handelt es sich aber nur um ein relatives Antragsdelikt. Hält die Staatsanwaltschaft aufgrund eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten, bleibt die Strafverfolgung möglich. Für die Geringwertigkeit kommt es allein auf den Wert der Sache (als rechtsgutsbezogenen Umstand) an, nicht auf den angestrebten Vorteil.
Prozessuale Feststellung der Vortat
Das Gericht muss im Prozess selbstständig feststellen, dass eine taugliche Vortat vorliegt. Die genaue rechtliche Einordnung (zB Diebstahl statt Betrug) ist unerheblich, solange die Anforderungen an die Vortat gewahrt bleiben. Hinsichtlich dieser Feststellungen ist das Gericht nicht an vorherige Entscheidungen gebunden. Wenn der Vortäter in einem früheren Verfahren verurteilt wurde, kann das Gericht in dem Hehlereiprozess gleichwohl eine taugliche Vortat verneinen – und umgekehrt.
Umgang mit tatsächlichen Zweifeln
Insbesondere in Bezug auf die taugliche Vortat ist der richtige Umgang mit praktischen Zweifeln im Rahmen der Hehlerei von höchster praktischer Relevanz. Im Rahmen der ersten juristischen Staatsprüfung sind die Wahlfeststellung und die Postpendenz selten Klausurgegenstand, sie bieten sich aber (in den Grundlagen) gut für mündliche Prüfungen an. Für die Zweite Juristische Prüfung steigt die Bedeutung beider Rechtsfiguren noch einmal deutlich. Eine umfassende Gesamtdarstellung dieses Problemkomplexes kann an dieser Stelle nicht erfolgen, dafür wird auf andere Beiträge verwiesen.
Wahlfeststellung
Der Hehlereitatbestand ist für tatsächliche Zweifel des Gerichts besonders anfällig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die täterschaftliche Beteiligung an der Vortat eine Strafbarkeit wegen Hehlerei zwingend ausschließt. Dazu folgendes
Beispiel: Die Polizei findet bei X ein gestohlenes Fahrrad. Es kann festgestellt werden, dass er das Fahrrad deliktisch erlangt hat. Unklar bleibt aber, ob er das Fahrrad selbst gestohlen oder es in Kenntnis seiner deliktischen Herkunft angekauft hat.
Wendet man in diesem Standardfall den Zweifelssatz (in dubio pro reo) an, gelangt man zu dem äußerst unbefriedigenden Ergebnis, dass sich eine Strafbarkeit wegen Diebstahls nicht sicher feststellen lässt. Außerdem kann X aber eigentlich auch nicht wegen Hehlerei verfolgt werden, da sich nicht ausräumen lässt, dass er Täter der Vortat war. Diesen eklatanten Widerspruch zur „materiellen Gerechtigkeit“ (schließlich hat sich X auf jeden Fall wegen eines der beiden Delikte strafbar gemacht) löste schon das RG über die Rechtsfigur der Wahlfeststellung. Wenn sicher festgestellt werden kann, dass der Täter eines von zwei (oder mehreren) Delikten verwirklicht hat, aber nicht welches und die Tatbestände „rechtsethisch und psychologisch“ vergleichbar sind, verurteilt der BGH heutzutage „wahlweise“ wegen „Diebstahls oder Hehlerei“. Diese Rechtsprechungslinie sieht sich nicht zuletzt aufgrund ihrer fehlenden gesetzlichen Grundlage starker (verfassungsrechtlicher) Kritik ausgesetzt. Diese Stimmen fordern zumeist eine Modifikation der Voraussetzungen oder lehnen die Wahlfeststellung in Gänze ab. Gleichwohl hat das BVerfG (NJW 2019, 2837) das Institut gebilligt, womit die Fragestellung zumindest für die Praxis entschieden ist.
Eine entscheidende Begrenzung für die Reichweite der Wahlfeststellung ist das (etwas unscharfe) Kriterium der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit beider Tatbestände. Diese Vergleichbarkeit fehlt beispielsweise dann, wenn die Vortat der Hehlerei ein schwerer Raub ist. In diesem Fall muss die Vortat auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ gekürzt werden, bis es rechtsethisch und psychologisch mit der Hehlerei vergleichbar ist – oder umgekehrt bei einer qualifizierten Hehlerei. Bei einem schweren Raub als Vortat käme nur eine wahlweise Verurteilung wegen (des im Raub enthaltenen) Diebstahls oder Hehlerei in Betracht. Der Nötigungskomponente und dem Zusammenhang mit der Wegnahme beim Raub fehlt ein Äquivalent des § 259 StGB. Eine Wahlfeststellung soll neben dem Diebstahl insbesondere auch mit der Unterschlagung und dem Betrug möglich sein.
Das zuvor skizzierte Rechtsinstitut wird als echte (oder ungleichartige) Wahlfeststellung bezeichnet. Demgegenüber beschreibt die unechte (oder gleichartige) Wahlfeststellung eine Situation, in der sich der Täter eindeutig wegen eines Delikts strafbar gemacht hat, aber beispielsweise unklar ist, welche Handlung den Tatbestand erfüllt hat oder welche Tatbestandsvariante vorliegt.
Beispiel 1: A hat sich sicher ein Fahrrad verschafft, das B gestohlen hat. Es kann nicht aufgeklärt werden, ob A die Sachherrschaft bei seinem Treffen mit B am Mittwoch oder bei ihrer Verabredung am Donnerstag erhalten hat.
Beispiel 2: P hat an der Veräußerung der von K erlangten Tatbeute mitgewirkt. Es kann nicht aufgeklärt werden, ob P den Vortäter selbstständig oder unselbstständig unterstützt hat.
In beiden Fällen ist eindeutig wegen Hehlerei (auf wahldeutiger Tatsachengrundlage) zu verurteilen. Die unechte Wahlfeststellung ist weitgehend unumstritten. Schließlich steht fest, dass der Täter den konkreten Tatbestand verwirklicht hat; die Details der Tatbegehung sind für den Schuldspruch nebensächlich.
Postpendenz
Streng von der Wahlfeststellung zu trennen ist die Postpendenz. In diesem Fall steht sicher fest, dass der Täter ein zeitlich späteres Delikt verwirklicht hat, während hinsichtlich des früheren Delikts Unsicherheiten bestehen.
Beispiel: Die Polizei hat ermittelt, dass X von U Schmuck übergeben bekommen hat, der aus einem Einbruch bei einem Juwelier stammt. Unklar bleibt aber, ob X vielleicht Mittäter des Einbruchs war.
Im Beispielfall liegen die Voraussetzungen der Hehlerei an sich vor. Erneut könnte einer Bestrafung aber die Täterschaft bei der Vortat entgegenstehen. Die herrschende Auffassung begründet eine Strafbarkeit wegen Hehlerei (im Wege der Postpendenzfeststellung) mit einem argumentum ad absurdum: Den Täter könne wohl kaum privilegieren, dass er möglicherweise eine weitere Tat begangen hat.
Aufbauschema
Tatbestand
Rechtswidrigkeit
Schuld
Studienliteratur und Übungsfälle
Weiterführende Studienliteratur
Seelmann, Grundfälle zur Hehlerei (§ 259 StGB), JuS 1988, 39
Rudolphi, Grundprobleme der Hehlerei, JA 1981, 1
Roth, Grundfragen der Hehlereitatbestände, JA 1988, 193
Jahn/Palm, Die Anschlussdelikte – Hehlerei (§§ 259–260a StGB), JuS 2009, 502
Martens, Mittelbarer Besitz des Betrügers und Hehlerei, JA 1996, 248
Zöller/Frohn, Zehn Grundprobleme des Hehlereitatbestands (§ 259 StGB), Jura 1999, 378
Wiedmer, Prüfungsrelevante Probleme der Hehlerei, JuS 2021, 207
Otto, Hehlerei, § 259 StGB, Jura 1985, 148
Kudlich, Neuere Probleme bei der Hehlerei, JA 2002, 672
Übungsfälle
Kühl/Brutscher, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: Vermögensdelikte – Die reparierte Stereoanlage, JuS 2011, 339
Rönnau/Özcan, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: „Bruderliebe“ im kriminellen Milieu, JuS 2022, 843
Geisler/Meyer, Übungsklausur StR – Goldkette und Amulett, Jura 2010, 388