Kilian Wegner Strafrecht Besonderer Teil I: Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit Licensed under CC-BY-4.0

§ 32: Die Brandstiftungsdelikte in der Übersicht

Autor:innen: Mustafa T. Oğlakcıoğlu / Alexandra Windsberger

Einführung

Bei den Brandstiftungsdelikten (also § 306 StGB und seinen „Buchstabenabwandlungen“, §§ 306a bis 306f StGB) handelt es sich um besondere Sachbeschädigungsdelikte, die in unterschiedlicher Ausprägung an das Inbrandsetzen bzw. Zerstören von Gegenständen bzw. Gebäuden anknüpfen. Ihre Legitimation wird angesichts der drohenden Gemeingefahren und regelmäßig hohen Sachschäden nicht ernsthaft infrage gestellt. Sie weisen gegenüber § 303 Abs. 1 StGB nicht nur einen erhöhten, sondern wegen der mit einem Brand verbundenen Gemeingefahr eigenständigen Unrechtsgehalt auf.Exemplarisch Kudlich, BT II, 5. Aufl. (2021), S. 195; von Heintschel-Heinegg/Kudlich, in: BeckOK-StGB, 62. Ed. (Stand: 01.08.2024), § 306 Rn. 2; Kargl, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), Vor §§ 306 ff. Rn. 2. Daher sind die §§ 306 ff. StGB nicht vollständig Qualifikationstatbestände der einfachen Sachbeschädigung. Dies zeigt sich gesetzestechnisch auch darin, dass sie nicht im 27. Abschnitt („Sachbeschädigung“), sondern im 28. Abschnitt („Gemeingefährliche Straftaten“) platziert sind, der neben den Brandstiftungsdelikten weitere gemeingefährliche Straftaten(-gruppen) enthält, von denen insbesondere noch die §§ 315 ff. StGB (Straßenverkehrsdelikte), § 323a StGB (Vollrausch) sowie § 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung) klausurrelevant sind. Allerdings nimmt die wohl hA an, dass es sich zumindest bei § 306 Abs. 1 StGB um eine qualifizierte Sachbeschädigung handelt.

Klausurhinweis: Abgesehen von den §§ 306 ff. StGB, den §§ 315 ff. StGB (Straßenverkehrsdelikte), § 323a StGB (Vollrausch) sowie § 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung), spielen die gemeingefährlichen Delikte des 28. Abschnitts (Herbeiführen einer Überschwemmung, Freisetzen ionisierender Strahlen, gemeingefährliche Vergiftung etc) sowohl in der Praxis als auch in der Klausurbearbeitung keine Rolle. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Delikt wie die Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion gem. § 308 StGB nicht in einen Klausursachverhalt eingebaut oder im Rahmen einer mündlichen Prüfung abgefragt werden könnte. Doch wird man dann kein Detailwissen hinsichtlich dieser Tatbestände erwarten, sondern lediglich, dass die Kandidat:innen ihr Wissen zu den bereits bekannten gemeingefährlichen Delikten (Struktur, wiederkehrende Tatbestandsmerkmale) auf derartige „Exoten“ übertragen.Hierzu bereits Oğlakcıoğlu, JA 2017, 745 f.

Überblick und Systematik

Die Brandstiftungsdelikte umfassen sieben Vorschriften:

Die gesetzliche Bezeichnung der Delikte ist – aus systematischer Perspektive – etwas missglückt (und anfällig für Missverständnisse).Zum Ganzen Radtke, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 306 Rn. 11 ff. Vgl. ferner Seitz/Nussbaum, JuS 2019, 1060; Oğlakcıoğlu, JA 2017, 745 (746 ff.). Zum „Stufenverhältnis der Brandstiftungsdelikte“ instruktiv Kudlich, BT II, 5. Aufl. (2021), S. 195. Die amtlichen Überschriften deuten nämlich zunächst darauf hin, dass § 306 StGB als einfache „Brandstiftung“ den Grundtatbestand bildet, auf dem dann die schwere und besonders schwere Brandstiftung als Qualifikationen aufbauen. Allerdings handelt es sich bei den §§ 306 Abs. 1, 306a Abs. 1 und 306a Abs. 2 StGB um jeweils drei eigenständige Grundtatbestände. An diese drei Grundtatbestände knüpfen wiederum die besonders schwere Brandstiftung (§ 306b StGB) und die Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c StGB) an.

Klausurhinweis: Die rechtliche Einordnung der Vorschriften vereinfacht nicht nur die Gliederung des Falles (bei dem meist fast alle unterschiedlichen Brandstiftungsdelikte in Betracht zu ziehen sind), sondern vermeidet auch Fehler bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale (vor allem hinsichtlich des subjektiven Tatbestands).

Grundtatbestände

Alle drei Grundtatbestände haben die Tathandlung, nämlich das Inbrandsetzen oder die Zerstörung des Brandobjekts durch Brandlegung (die zugleich einen Erfolg darstellen), gemein.

Wichtig ist zunächst die Abgrenzung der (einfachen) Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB von der schweren Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 StGB. Der elementare Unterschied liegt darin, dass § 306 Abs. 1 StGB die Fremdheit der unterschiedlichen (enumerativ und abschließend aufgezählten) Schutzobjekte voraussetzt und somit vorrangig das Substanzerhaltungsinteresse des Eigentümers schützt (wenn auch die Gemeingefahren das Unrecht der Brandstiftung prägen, → Rn. 1).Kudlich, BT II, 5. Aufl. (2021), S. 195; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, 30. Aufl. (2023), § 306 Rn. 1. Das bedeutet zugleich, dass das von § 306 Abs. 1 StGB vorrangig geschützte Interesse als Individualrechtsgut (Eigentum) der Disposition des Rechtsgutsinhabers unterliegt. Ein Dritter kann daher gerechtfertigt sein, wenn er das jeweilige Objekt mit Einwilligung des Eigentümers in Brand gesetzt hat. Das Inbrandsetzen durch den Eigentümer selbst wird schon gar nicht vom Tatbestand des § 306 Abs. 1 StGB erfasst. Da sich im Falle des § 306 Abs. 1 StGB die Beeinträchtigung des Rechtsguts im Taterfolg des Inbrandsetzens manifestiert, handelt es sich (nach zutreffender Ansicht) um ein Verletzungsdelikt.

Für § 306a Abs. 1 StGB reicht es hingegen aus, dass der Täter ein Gebäude mit einer der im Gesetz genannten Widmungen in Brand setzt und um diese Widmung weiß. Auf die Eigentumslage kommt es nicht an, sodass sich grundsätzlich auch der Eigentümer strafbar macht, wenn zum Zeitpunkt der Tathandlung die Wohnwidmung eines (ggf. personenverschiedenen) Bewohners fortbesteht. Ebenso wenig kommt es auf eine tatsächliche Gefährdung von Menschen oder auf einen irgendwie gearteten Vorsatz, Menschen gefährden oder gar verletzen zu wollen an.Vgl. Kargl, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 306a Rn. 20; s. zudem Radtke, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 306a Rn. 55 ff. Daher ist § 306a Abs. 1 StGB im Gegensatz zu § 306 Abs. 1 StGB ein abstraktes Gefährdungsdelikt.Rengier, BT II, 23. Aufl. (2022), § 40 Rn. 29; Radtke, in: MüKo-StGB, Bd. 6, 4. Aufl. (2022), § 306a Rn. 3.

Klausurhinweis: Im Gesetzestext ergibt sich aus dem Tatbestandsmerkmal „fremd“, dass es sich bei § 306 Abs. 1 StGB um ein Eigentums- bzw. spezielles Sachbeschädigungsdelikt handelt. Umgekehrt wird bei § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB aus der Wendung „die der Wohnung von Menschen dient“ deutlich, dass sowohl objektiv als auch subjektiv allein die Zweckwidmung und nicht der tatsächliche Aufenthalt von Menschen für die Verwirklichung des Verbrechenstatbestands maßgeblich ist (entsprechend gilt dies für den Passus „dienendes Gebäude“ gem. § 306 Abs. 1 Nr. 2 StGB und die in § 306a Abs. 1 Nr. 3 StGB enthaltene Wendung „zu einer Zeit, in der sich Menschen dort aufzuhalten pflegen“).

Deliktssystematisch „dazwischen“ liegt § 306a Abs. 2 StGB, der ebenso wenig verlangt, dass es sich beim Brandstiftungsobjekt um eine fremde Sache handelt.Seitz/Nussbaum, JuS 2019, 1060 (1061). Die Vorschrift rekurriert zwar auf die in „§ 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 StGB bezeichneten“ Sachen, die aber im Rahmen des § 306a Abs. 2 StGB, anders als in § 306 Abs. 1 StGB, gerade nicht fremd sein müssen. Damit fehlt es einerseits an einem irgendwie gearteten Beziehungsverhältnis zu § 306a Abs. 1 StGB. Andererseits liegt der tatbestandliche Fokus, im Gegensatz zu § 306 Abs. 1 StGB, nicht lediglich auf der Realisierung der durch die Brandstiftungshandlung geschaffenen Gefahr. Vielmehr tritt als weiteres Erfordernis die Herbeiführung einer „kritischen Situation“ hinzu, die „beinahe“ schiefgegangen wäre (konkrete Gefahr). Daher handelt es sich nicht um ein Verletzungs-, sondern um ein konkretes Gefährdungsdelikt.Kargl, in: Saliger u. a. (Hrsg.), FS-Neumann, 2017, S. 1112 ff. Vgl. zudem Rengier, BT II, 23. Aufl. (2022), § 40 Rn. 55; Heine/Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 306a Rn. 1, 16, 19. Die konkrete Gefährdung wird dennoch als kausal auf der Brandhandlung beruhender Außenwelterfolg betrachtet; insoweit handelt es sich um eine Vorsatz-Vorsatz-KombinationVon Heintschel-Heinegg/Kudlich, in: BeckOK-StGB, 62. Ed. (Stand: 01.08.2024), § 306a Rn. 3, 18 ff. (wie zB auch bei § 315c Abs. 1 StGB). Insofern unterscheidet sich § 306a Abs. 2 StGB von § 306a Abs. 1 StGB deutlich.

Klausurhinweis: Bei § 306a Abs. 2 StGB sollte man den (eingeschränkten) Verweis auf § 306 Abs. 1 StGB nicht aus den Augen verlieren („in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 StGB bezeichnete Sache“) und sich vergegenwärtigen, dass es auch hier nicht auf die Eigentumslage, sondern auf den konkreten Gefährdungserfolg ankommt. Es wird also gerade nicht auf die „Fremdheit“ der Sache verwiesen. Zudem sollte man sich der Wendung „und dadurch“ bewusst werden, aus der die Zweistufigkeit des Delikts hervorgeht (auf den Handlungsteil „Inbrandsetzen“ folgt ein „Gefährdungserfolg“).

Bei allen drei Tatbeständen handelt es sich um Verbrechen gem. § 12 Abs. 1 StGB, da die Mindeststrafe ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt. Daher ist deren versuchte Begehung gem. § 23 Abs. 1 Alt. 1 StGB strafbar. Bei allen drei Tatbeständen besteht die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falles (§§ 306 Abs. 2, 306a Abs. 2 StGB).

Qualifikationen

Insgesamt finden sich drei Qualifikationen, namentlich § 306b Abs. 1 StGB, § 306b Abs. 2 StGB sowie § 306c StGB. Bei § 306b Abs. 1 StGB und § 306c StGB handelt es sich um Erfolgsqualifikationen (vgl. jeweils den Wortlaut der Vorschriften: „Verursacht“).Betreffend § 306b Abs. 1 StGB exemplarisch: Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, 30. Aufl. (2023), § 306b Rn. 1. und bzgl. § 306c StGB beispielhaft: Kargl, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 306c Rn. 1. Zu prüfen sind also die Kausalbeziehung und der objektive Zurechnungszusammenhang zwischen der vorsätzlich begangenen Brandstiftung und dem beschriebenen „Ereignis“, welches die Strafschärfung auslöst: Im Falle des § 306b Abs. 1 StGB ist dies die schwere Gesundheitsschädigung einer Person oder die (einfache) Gesundheitsschädigung mehrerer Menschen, bei § 306c StGB die Tötung eines Menschen. Wie bei erfolgsqualifizierten Delikten iSd § 18 StGB üblich, genügt bezüglich des Eintritts der schweren Folge Fahrlässigkeit bzw. „grobe Fahrlässigkeit“ (in Form der Leichtfertigkeit, → § 36).

Klausurhinweis: Die Deliktsstruktur entspricht derjenigen der Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB, → § 10.

§ 306b Abs. 2 StGB enthält dagegen „klassische Qualifikationen“, bei denen der Täter hinsichtlich des qualifizierenden Begehungsmerkmals vorsätzlich handeln muss (etwa hinsichtlich der Erschwerung der Löschung des Brandes oder der Todesgefahr), oder im Falle der Nr. 2 ein besonderes subjektives Merkmal verwirklichen muss. Außerdem bezieht sich § 306b Abs. 2 StGB – anders als § 306b Abs. 1 StGB und § 306c StGB – ausschließlich auf § 306a StGB.

Klausurhinweis: Hier dürfte es hilfreich sein, sich an den Rand der Erfolgsqualifikationen des § 306b Abs. 1 StGB und § 306c StGB die passende Vorschrift, nämlich § 18 StGB zu notieren (sofern die Prüfungsordnung dies zulässt). Zudem sollte man die Bezugnahme auf § 306a StGB unterstreichen. Es wäre grob fehlerhaft, § 306b Abs. 2 StGB als Qualifikation des § 306 StGB und somit im Anschluss an diesen zu prüfen.

Fahrlässigkeitstatbestände

In § 306d StGB ist die ausnahmsweise Fahrlässigkeitsstrafbarkeit angeordnet, so wie es § 15 StGB normiert. Dabei differenziert § 306d StGB in zwei Absätzen zwischen unterschiedlichen Bezugspunkten der Fahrlässigkeit. Dabei ist eine „zweistufige“ Fahrlässigkeit ohnehin nur bei § 306a Abs. 2 StGB (siehe oben: konkretes Gefährdungsdelikt, Vorsatz bzgl. Brandstiftung, Vorsatz bzgl. Gefährdung) vorstellbar; daher bezieht sich § 306d Abs. 1 StGB und damit der Fahrlässigkeitsvorwurf in den ersten beiden Alternativen nur auf den vom Vorsatz umfassten „Handlungsteil“ von § 306 StGB und § 306a Abs. 1 StGB („fahrlässig handelt“). Bei § 306a Abs. 2 StGB wird hingegen Fahrlässigkeit hinsichtlich der schweren Folge verlangt („Gefahr fahrlässig verursacht“), sodass sich die Vorsatz-Vorsatz-Kombination in eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination umwandelt. § 306d Abs. 2 StGB regelt die übrig gebliebene Konstellation der „Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Kombination“ in Bezug auf § 306a Abs. 2 StGB.

Klausurhinweis: Zur Prüfung der Fahrlässigkeit gelangt man regelmäßig dann, wenn der Täter aus Unachtsamkeit eine Sache bzw. ein Gebäude in Brand setzt. Denkbar ist (vor allem in der Klausur) allerdings auch, dass er im Hinblick auf bestimmte Tatbestandsmerkmale, insbesondere bezüglich der Fremdheit oder der Widmung eines Gebäudes, einem tatsächlichen Irrtum unterliegt. Ein solcher Irrtum führt zum Vorsatzausschluss gem. § 16 Abs. 1 StGB, lässt eine potenzielle Fahrlässigkeitsstrafbarkeit aber unberührt.

Tätige Reue

Keinen Straftatbestand, sondern eine spezielle Strafzumessungsvorschrift und einen StrafaufhebungsgrundKonkret: Ein persönlicher Strafaufhebungs- respektive Strafmilderungsgrund, vgl. von Heintschel-Heinegg/Kudlich, in: BeckOK-StGB, 62. Ed. (Stand: 01.08.2024), § 306e Rn. 2. stellt die tätige Reue gem. § 306e StGB dar, welche dem Gericht die Möglichkeit eröffnet, die Strafe des Täters zu mildern oder von Strafe abzusehen, wenn dieser den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht. Es handelt sich aus Sicht des Täters um eine ergänzende „Rücktritts“-Regelung, welche neben die allgemeine Rücktrittsregelung (§ 24 StGB) tritt.Rengier, BT II, 23. Aufl. (2022), § 40 Rn. 100; Heine/Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 306e Rn. 1. Denn § 24 StGB findet unstrittig keine Anwendung, wenn ein Tatbestand bereits vollendet ist. Dies ist bei den Brandstiftungsdelikten der Fall, wenn bspw. das Gebäude bereits brennt; ein vollständiges Niederbrennen der (unbeweglichen) Sache ist nicht erforderlich.

Vertiefungswissen: Vorschriften zur tätigen Reue sind über den gesamten Besonderen Teil des StGB verstreut. Sie kompensieren den meist frühen Vollendungszeitpunkt derjenigen Delikte, auf die sie sich beziehen. Insofern sollen sie die Möglichkeit eröffnen, eine nur geringfügige Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts trotz formaler Tatbestandsvollendung zu berücksichtigen.

Zusammenfassung

Die sieben Vorschriften enthalten – auch wenn die gesetzgeberische Ausgestaltung zunächst anderes vermuten lässt – drei Grundtatbestände (§§ 306 Abs. 1, 306a Abs. 1306a Abs. 2 StGB) sowie drei Qualifikationstatbestände (§§ 306b Abs. 1, 306b Abs. 2, 306c StGB), von denen nur § 306b Abs. 1 StGB und § 306c StGB auf alle drei Grundtatbestände Bezug nehmen. Zudem finden sich in § 306d Abs. 1 StGB und § 306d Abs. 2 StGB zwei Fahrlässigkeitstatbestände. Die Herbeiführung einer Brandgefahr gem. § 306f StGB als praktisch totes Recht spielt auch in der Klausurbearbeitung keine Rolle.So auch bereits Oğlakcıoğlu, JA 2017, 745 (746).

Klausurhinweis: Es empfiehlt sich, bei den §§ 306 ff. StGB alle Delikte isoliert zu prüfen, um nicht den Überblick zu verlieren und eine Überfrachtung der Prüfung zu vermeiden.

Prüfungsrelevanz

Bei den Brandstiftungsdelikten handelt es sich um eine beliebte Prüfungsmaterie. Die §§ 306 ff. StGB bieten sowohl die Möglichkeit, Prüfungskandidat:innen mit konkreten Auslegungsproblemen bzgl. bestimmter Tatbestandsmerkmale als auch mit Fragen des Allgemeinen Teils, zB zum Versuch und Rücktritt, in einem „ungewohnten Kontext“ zu konfrontieren. Insbesondere der Umstand, dass die Brandstiftungsdelikte fast die gesamte Palette an denkbaren Deliktstypen abbilden, macht die §§ 306 ff. StGB interessant, da man die mit einem bestimmten Deliktstyp verbundenen Konsequenzen und somit systematisches Verständnis prüfen kann. Dementsprechend zeichnet sich eine gelungene Brandstiftungsklausur meist dadurch aus, dass die Systematik der §§ 306 ff. StGB beherrscht wird und man dies den Korrigierenden durch einen strukturierten Aufbau seiner Lösung auch beweisen kann.Oğlakcıoğlu, JA 2017, 745 (746, 749 f.). Zugleich werden denkbare Problemfelder im Rahmen der Brandstiftungsdelikte in einer Übersicht zusammenfassend dargestellt. Schließlich bieten die Brandstiftungsdelikte die Möglichkeit, methodisches Grundlagenwissen (grammatische Auslegung, Einschränkung einer Norm nach ihrem Sinn und Zweck) abzufragen.

Meist werden die Brandstiftungsdelikte in Kombination mit Delikten gegen das Leben (§§ 212, 211, 221 StGB) und die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 ff. StGB) abgefragt. Oftmals schließt sich an den Akt der Inbrandsetzung ein Versicherungsbetrug (als besonders schwerer Fall eines einfachen Betrugs gem. § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 5 StGB) an, den man dann zum Versicherungsmissbrauch gem. § 265 StGB abzugrenzen hat.

Wissen für die Zweite Juristische Prüfung

Regelmäßig werden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Brandexpert:innen hinzugezogen, sodass die gem. §§ 72 ff. StPO geltenden Vorgaben zur Hinzuziehung eines Sachverständigen zu berücksichtigen sind.S. dazu insgesamt die Ausführungen von Hadamitzky, in: KK-StPO, 9. Aufl. (2023), §§ 72 ff. Dabei steht v. a. eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen im Raum, wenn dieser bereits für die Brandversicherung tätig geworden ist. Die Brandstiftungsdelikte sind im Katalog des § 395 Abs. 1 StPO nicht aufgeführt, sodass sich der geschädigte Eigentümer nicht als Nebenkläger am Verfahren beteiligen kann.

Studienliteratur

  • Oğlakcıoğlu, Die imaginäre Übung: Brandstiftungsdelikte, JA 2017, 745

  • Seitz/Nussbaum, Brandstiftungsdelikte, JuS 2019, 1060

Übungsfälle

  • Burghardt/Brockhaus, StR Examensklausur zu Mord und Brandstiftung – Übungsklausur für das erste Staatsexamen: „Brandanschlag nach Trennung“, JURA 2022, 1203

  • Dzatkowski/Wolter, »Heiße Ware«: AT, Vermögensdelikte, Brandstiftung, Anschlussdelikte, JA 2017, 190

  • Harrendorf/Lagler, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: Verkehrsdelikte und Brandstiftung – Ein Obdachloser in Not, JuS 2018, 1066

  • Otte, Original-Examenskurzvortrag: »Gefährlicher Unfug«: Brandstiftung, Teilnahme an der Brandstiftung, Einwilligung, JA 2017, 510

  • Schumann/Rahimi, »Ein brandgefährlicher Tag«: Brandstiftungsdelikte, Straßenverkehrsdelikte, JA 2017, 114