Fall 1
Als A erfährt, dass die B Lügen über ihn verbreitet hat, will er sich bei ihr „revanchieren“, indem er ihr eine Ohrfeige verpasst. A holt aus. B kann sich jedoch rechtzeitig ducken, sodass der A sie verfehlt. B läuft daraufhin weg.
Hat sich A wegen versuchter Körperverletzung strafbar gemacht?
Fall 2
(angelehnt an BGH, Urteil vom 4. Dezember 1979 – 1 StR 703/79)
D wohnt seit einiger Zeit mit F zusammen in dem Haus, das der F gemeinsam mit ihrem Ehemann E gehört. Als E von einer längeren Reise zurückkehrt, öffnet ihm F die Haustür nicht. Nachdem E mehrfach erfolglos verlangt hatte, dass F ihm die Tür öffnen solle, tritt er die Tür ein. Als F daraufhin um Hilfe ruft, wird der D auf das Geschehen aufmerksam. Er greift zu einer Axt und läuft zu F. Er will den E am Betreten des Hauses hindern und dazu, falls es ihm anders nicht gelingen sollte, auch die Axt einsetzen. D ist sich im Klaren darüber, dass er dem E damit Verletzungen zufügen kann, die tödlich enden könnten. Noch bevor D den E erreichen kann, kommt ein Nachbar, der die Schreie der F gehört hatte, hinzu. Ihm gelingt es, dem D die Axt abzunehmen und den Streit zu schlichten.
Ist D wegen eines versuchten Totschlags strafbar?
Fall 3
(nach BGHSt 41, 94)
A will ihren Mann E umbringen. Als sie ihm sein tägliches Vesperbrot zubereitet, sprüht sie zwei Mal für ca. eine Sekunde mit dem Insektengift Fenitrothion darauf. Wegen des bitteren Geschmacks nimmt E nur einen Bissen, den Rest des Brotes isst er nicht. Bei E treten keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf. Sachverständige stellen später fest, dass in der in der Spraydose befindlichen Flüssigkeit nur ca. 0,2 % der Menge an Gift enthalten war, die nötig gewesen wäre, um einen erwachsenen Menschen damit zu töten.
Abwandlung 1
Diesmal nutzt A kein Insektengift, sondern Lebensmittelfarbe. Weil diese „giftgrün“ aussieht, glaubt A, dass einige Tropfen davon auf dem Brot genügen würden, um den E zu töten.
Abwandlung 2
Da ihre Versuche, den E zu vergiften, erfolglos geblieben sind, wendet die A nun einen Voodoo-Zauber an. Wieder überlebt der E.
Hat sich A im Ausgangsfall und/oder den Abwandlungen nach §§ 212 Abs. 1, 22, 23 StGB strafbar gemacht?
Fall 4
(angelehnt an BGH NJW 1994, 1357)
A war Kapitän auf einem Rheinschiff. Auf einer nächtlichen Fahrt wurde er von seiner Frau K begleitet, die – wie auch der A wusste – aufgrund einer Schizophrenie suizidgefährdet war. Nach einem Streit zwischen den Eheleuten kletterte die K auf das Schiffsdach und kündigte an, in den Fluss zu springen, um sich zu töten. A wusste, dass seine Frau nicht schwimmen und wegen ihrer psychischen Erkrankung die Folgen ihres Verhaltens nicht überblicken konnte. Als A ebenfalls auf das Schiffsdach stieg und auf K zuging, sprang sie ins Wasser. Zu diesem Zeitpunkt herrschte Dunkelheit und die Wassertemperatur betrug nur ca. 9,5°C. K wurde sofort von der starken Strömung abgetrieben.
A erkannte zutreffend, dass er seine Frau auch als guter Schwimmer wegen der schlechten Sichtverhältnisse, kalten Temperaturen und starken Strömung nicht mehr hätte retten können. Dennoch glaubte er, der K nachspringen zu müssen, um zumindest zu versuchen, sie zu retten. Dies tat A jedoch nicht. K ertrank.
Hat sich A wegen eines (ggf. versuchten) Tötungsdelikts strafbar gemacht?