Allgemeines
§ 222 StGB ist ein sowohl in der Praxis (insb. im Straßenverkehr) als auch in der Klausur häufig anzutreffendes Delikt. Spezifische Probleme, die nicht ohnehin jedem Fahrlässigkeitsdelikt zu eigen wären, ergeben sich im Rahmen des § 222 StGB nicht. In der Klausur dient der Tatbestand vielmehr regelmäßig dazu, Probleme des Allgemeinen Teils, insbesondere der Fahrlässigkeitsdelikte, abzuprüfen,
Die in → § 1 erläuterten Grundsätze der Tötungsdelikte (Beginn und Ende des Lebens, Absolutheit des Lebensschutzes) gelten auch im Rahmen des § 222 StGB.
Konkurrenzen
§ 222 StGB verdrängt § 229 StGB, da die fahrlässige Körperverletzung ein notwendiges Durchgangsstadium der fahrlässigen Tötung darstellt und damit subsidiär ist.
§ 222 StGB tritt hingegen hinter erfolgsqualifizierten Delikten zurück, deren schwere Folge in der (leichtfertigen oder sonst fahrlässigen) Herbeiführung des Todes liegt (zB §§ 227, 239 Abs. 4, 251 oder 315d Abs. 5 StGB).
Vollendete vorsätzliche Tötungsdelikte schließen bereits den Tatbestand des § 222 StGB aus, sodass sich insoweit keine Konkurrenzfragen stellen. Denn nach wohl hM stehen Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem Exklusivitätsverhältnis.
Prozessuales
Bei § 222 StGB ist eine Nebenklage durch die Eltern, Kinder, Geschwister bzw. die Ehegatt:in oder Lebenspartner:in möglich (§ 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO).
Prüfungsschema
Tatbestand
Taterfolg: Tod eines Menschen
Tathandlung
Kausalität
Objektive Fahrlässigkeit (= objektive Sorgfaltspflichtverletzung und objektive Vorhersehbarkeit)
Objektive Zurechnung (insb. Pflichtwidrigkeits- und Schutzzweckzusammenhang)
Rechtswidrigkeit
Schuld
Schuldfähigkeit
Subjektive Fahrlässigkeit (= subjektive Sorgfaltspflichtverletzung und subjektive Vorhersehbarkeit)
Entschuldigungsgründe