Kilian Wegner Strafrecht AT 2: Übungsfälle Licensed under CC-BY-4.0

Einheit 14: Beihilfe – Kausalität der Beihilfe, Beihilfe durch berufstypisches Verhalten

Fall 1

(nach BGH NStZ 2007, 230 - ,,Motassadeq-Fall“)

A gehörte einer radikal-islamistischen Vereinigung an, die sich in Hamburg gebildet hatte. Mitglieder dieser Vereinigung entführten am 11.9.2001 Passagierflugzeuge in den Vereinigten Staaten von Amerika und steuerten diese in das World Trade Center und in das Pentagon. Sie verursachten den Tod von 3066 Personen. Zusammen mit anderen in Hamburg verbliebenen Mitgliedern unterstützte A die Attentäter bei der Vorbereitung der Anschläge, indem er ihren Aufenthalt verschleierte und an der Bereitstellung von Geldmitteln mitwirkte. Die Anschläge wären auch ohne Mitwirkung des A durchgeführt worden. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass A das bis dahin unvorstellbare Ausmaß der Anschläge und der Vernichtung von Menschenleben nicht erkannt hat und auch nicht erkennen konnte. Jedenfalls war A nur bekannt, dass Flugzeuge zum Absturz gebracht werden sollten. Dass die Flugzeuge in Gebäude gelenkt werden sollten, wusste A nicht. In den zum Absturz gebrachten Flugzeuge starben 246 Passagiere/Besatzungsmitglieder.

Wie hat sich A strafbar gemacht? Auf §§ 129, 129a, 211 StGB ist nicht einzugehen!

Fall 2

B arbeitet als Busfahrer in Frankfurt (Oder). Eines Tages steigt der Fahrgast A vorne in seinen Bus und setzt sich in die erste Reihe gleich am Eingang bei der vorderen Tür. Während der Fahrt führt A Gespräche mit B. B erfährt, dass A wohl auf dem Weg zu O ist, mit dem seine Freundin ihm fremdgegangen ist. A will O zu Rede stellen und ihn misshandeln. Gleichgültig denkt sich B, er möchte sich lieber nicht in fremde Angelegenheiten einmischen. B nimmt dabei billigend in Kauf, dass A den O verprügeln kann, ist aber sich nicht sicher, dass es dazu kommen wird. A steigt an der Haltestelle Brunnenplatz aus, B fährt mit seinem Bus weiter. Am nächsten Morgen liest B in der Märkischen Oderzeitung von einem Eifersuchtsdrama und erfährt, dass auf dem Brunnenplatz zu einer Schlägerei zwischen zwei Männern kam. Infolge der Schlägerei erlitt ein Mann erhebliche Verletzungen und musste ins Klinikum Frankfurt (Oder) eingeliefert werden.

Wie haben sich A und B strafbar gemacht? Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Mann, der ins Klinikum eingeliefert wurde, um O handelte.

Fall 3

(angelehnt an RGSt 73, 52)

Der Ehemann E teilt seiner Geliebten G mit, er habe sich entschlossen, seine Ehefrau F zu töten. Auf diese Äußerung des E erwiderte G: ,,Schön, ich verspreche dir, dass ich dich nach dem Tod der F heiraten werde!“. E, der von der Heirat mit G schon längst geträumt hat, aber über die Zukunftspläne der G bisher unsicher war, wurde durch das Eheversprechen der G in seinem Vorhaben bestärkt und führt das Verbrechen wie geplant aus.

Wie hat sich G strafbar gemacht? § 211 StGB ist nicht zu prüfen! Von der Strafbarkeit des E gem. § 212 Abs. 1 StGB soll ausgegangen werden.