Kilian Wegner Strafrecht AT 2: Übungsfälle Licensed under CC-BY-4.0

Einheit 11 – Lösungshinweise

Lösungshinweise zu Fall 1

Vorbemerkung: Bei der Mittäterschaft sollten Sie die Beteiligten in der Regel getrennt prüfen. Ein gemeinsamer Aufbau ist ausnahmsweise möglich und sinnvoll, wenn im Sachverhalt die Beteiligten wie eine Person behandelt werden oder wenn jeder Beteiligte nur einen Teil des objektiven Tatbestandes verwirklicht und erst durch Zusammenschau der ganze Tatbestand verwirklicht wird. Das wird vor allem bei mehraktigen Delikten, wie etwa Raub (§ 249 StGB), der Fall sein. Für die nachfolgenden Fälle bietet sich der getrennte Aufbau an, in dem – wie bei der mittelbaren Täterschaft – mit der Prüfung der Strafbarkeit des Tatnächsten (also demjenigen, der in seiner Person alle Tatbestandsmerkmale verwirklicht) zu beginnen ist. Bei dieser Prüfung (des Tatnächsten) kann auf § 25 Abs. 2 StGB im Grunde verzichtet werden.

A. Strafbarkeit des Tatnächsten

B. Strafbarkeit des weiteren Beteiligten als Mittäter gem. § 25 Abs. 2 StGB

I. Tatbestandsmäßigkeit

1. Objektiver Tatbestand

a) Eigenes Verhalten des Beteiligten

b) Feststellung, dass der zu prüfende Beteiligte die objektiven Tatbestandsmerkmale nicht selbstständig verwirklicht hat

c) Zurechnung der Handlung des anderen gem. § 25 Abs. 2 StGB

(1) Gemeinsamer Tatplan

(2) Gemeinsame Tatausführung

2. Subjektiver Tatbestand

a) Vorsatz bzgl. der Tatbestandsvoraussetzungen

b) Vorsatz bzgl. der täterschaftsbegründenden Umstände

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

Ähnlich wie bei der mittelbaren Täterschaft, müssen die Handlungen anderer Beteiligten dem Täter zugerechnet werden (§ 25 Abs. 2 StGB ist auch eine Zurechnungsnorm). Im Rahmen dieses Prüfungspunktes müssen Sie den Verursachungsbeitrag des zu prüfenden Beteiligten nach der modifizierten subjektiven Theorie und der Tatherrschaftslehre auf seinen täterschaftsbegründenden Charakter hin beurteilen. Der grundlegende Unterschied zur mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB), bei der der Täter „durch“ einen anderen handelt, liegt in der arbeitsteiligen Ausführung der Tat.

Strafbarkeit der A gem. §§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen Totschlags in Mittäterschaft

A könnte sich gem. §§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen Totschlags in Mittäterschaft strafbar gemacht haben, indem sie dem B den Revolver überreichte, um die Tötung des O zu ermöglichen.

Hinweis: Sie sollten grundsätzlich mit der Prüfung der Strafbarkeit des Tatnächsten beginnen. Vorliegend wird jedoch nur nach Strafbarkeit der A gefragt.

Tatbestandsmäßigkeit

Zu prüfen ist, ob A tatbestandsmäßig gehandelt hat.

Objektiver Tatbestand

O ist tot, der Taterfolg des § 212 Abs. 1 StGB ist mithin eingetreten.

Keine vollständige Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale

Die Tötungshandlung hat A allerdings nicht in eigener Person vorgenommen. Vorliegend hat B den O getötet.

Zurechnung der Handlung des anderen gem. § 25 Abs. 2 StGB

Möglicherweise könnte ihr jedoch die Tathandlung des B gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Die Mittäterschaft setzt einen gemeinsamen Tatplan (Tatentschluss) sowie eine gemeinsame gleichberechtigte bzw. arbeitsteilige Tatausführung voraus.

Gemeinsamer Tatplan

Zunächst müsste ein gemeinsamer Tatplan vorliegen. Dies setzt voraus, dass mindestens zwei Personen verabreden, eine bestimmte Tat gemeinsam zu begehen. Vorliegend fand eine vorherige Absprache zwischen A und B dahingehend statt, den O zu erschießen, wenn dieser die A nicht freigebe. Ein gemeinsamer Tatentschluss liegt damit vor.

Hinweis: Beachten Sie, dass der gemeinsame Tatplan an sich ein subjektives Element ist, das vorliegend im objektiven Tatbestand geprüft wurde. Da die Zurechnung der Tathandlung gem. § 25 Abs. 2 StGB von dieser subjektiven Voraussetzung abhängig ist, ist dies nicht anders möglich.

Gemeinsame Tatausführung

Fraglich ist ferner, ob eine arbeitsteilige Tatausführung vorliegt. Dazu müsste A einen zur Mittäterschaft hinreichenden Tatbeitrag geleistet haben. Vorliegend brachte erstens A den B dazu, gemeinsam den Tatplan zu fassen. Sie überreichte ferner dem B den Revolver, um die Tötung des O zu ermöglichen. Ein kausaler Tatbeitrag liegt damit vor. Fraglich ist aber, ob dieser Verursachungsbeitrag die Mittäterschaft begründet.

Nach der Tatherrschaftslehre (materiell-objektiven Theorie) ist Mittäter derjenige, der die funktionelle Tatherrschaft innehat. Von einer funktionellen Tatherrschaft wird gesprochen, wenn der Beteiligte nach der Vorstellung aller an der Ausführung Teilnehmenden und aufgrund des Tatplanes einen funktionell wichtigen Tatbeitrag leistet und ihm aufgrund dieses Tatbeitrages die Tatherrschaft zugesprochen werden kann. Unter Tatherrschaft wird das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehens verstanden. Mit anderen Worten ist nach dieser Theorie derjenige Täter, der als Zentralgestalt des Geschehens die planvoll lenkende oder mitgestaltende Tatherrschaft besitzt und daher die Tatbestandsverwirklichung nach seinem Willen ablaufen lassen oder hemmen kann.

Vorliegend hat A den B dazu gebracht, den gemeinsamen Tatplan zu fassen. Sie hatte ferner die ganze Zeit den Revolver mit sich geführt. Die Entscheidung über den Tod des O lag also in ihren Händen. Sie hatte auch die Möglichkeit, von der Überreichung der Waffe Abstand zu nehmen und auf diese Weise den Tod des O zu verhindern. Sie konnte demnach die Tatbestandsverwirklichung nach ihrem Willen ablaufen lassen oder hemmen. Angesichts dessen hatte A große Einflussmöglichkeiten auf den Ablauf des ganzen Geschehens. Nach dieser Ansicht hätte sie also einen funktionell wichtigen Tatbeitrag geleistet und wäre demnach als Mittäterin anzusehen.

Nach der in der Rechtsprechung vertretenen, modifizierten subjektiven Theorie (normativen Kombinationstheorie) wird als Täter derjenige betrachtet, der die Tat mit animus auctoris als eigene will. Dies sei nach den – von der Vorstellung des Täters umfassten – gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Die Kriterien, die die Rechtsprechung heranzieht, um den Willen zu bestimmen, sind das Interesse an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, sowie vor allem auch die Tatherrschaft bzw. der Wille zur Tatherrschaft. Die Tatherrschaft der A liegt objektiv vor (s.o.). A fühlte sich durch O belästigt und konnte die Beziehung mit B nicht ungehindert fortsetzten. An der Tötung des O hatte sie also ein starkes eigenes Interesse. Auch der Umfang der Beteiligung der A spricht für ihre Tatherrschaft. Nach dieser Ansicht wäre A auch als Mittäterin anzusehen.

Hinweis: Früher wurden auch die formal-objektive Theorie und die extrem subjektive Theorie vertreten. Die gelten mittlerweile als überholt, d.h. Sie müssen auf sie in der Klausur nicht eingehen. Nach der formal-objektiven Theorie kann der Täter nur sein, wer die Tatbestandsmerkmale ganz oder teilweise selbst verwirklicht. Bei der extrem subjektiven Theorie wird ausschließlich auf den animus auctoris abgestellt. Beachten Sie, dass im Ergebnis zwischen der Tatherrschaftslehre und der modifizierten subjektiven Theorie ein nur marginaler Unterschied besteht. Beide Ansichten führen meistens zum gleichen Ergebnis.

Beide Ansichten gelangen zum gleichen Ergebnis. Ein Streitentscheid kann unterbleiben. A hatte Tatherrschaft inne und ist als Mittäterin anzusehen.

Zwischenergebnis

Die Tötungshandlung des B wird der A demnach gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet. Der objektive Tatbestand ist damit verwirklicht.

Subjektiver Tatbestand

A handelte vorsätzlich im Hinblick auf die Tötung des O. Sie wusste ferner um das erhebliche Gewicht ihrer Tatbeiträge. Sie hatte mithin auch Vorsatz hinsichtlich ihrer Tatherrschaft. Der subjektive Tatbestand ist demnach erfüllt.

Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte rechtswidrig und schuldhaft.

Ergebnis

A hat sich eines Totschlags in Mittäterschaft gem. §§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

Lösungshinweise zu Fall 2

Strafbarkeit der F gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen mittäterschaftlich begangenen Diebstahls

F könnte sich eines mittäterschaftlich begangenen Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht haben, indem sie während der Entwendung der Kette durch den A ,,Schmiere“ gestanden hat.

Tatbestandsmäßigkeit

Dazu müsste F tatbestandsmäßig gehandelt haben.

Hinweis: Diebstahl gehört zum Lernstoff eines höheren Semesters. Im Folgenden sind die Grundzüge der Strafbarkeit wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) dargestellt. Der objektive Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB setzt die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache voraus. Eine Sache ist fremd, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist. Unter einer Wegnahme versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig (aber regelmäßig) tätereigenen Gewahrsams. Der subjektive Tatbestand des § 242 Abs. 1 StGB verlangt neben Vorsatz auch die Absicht des Täters, sich oder einem Dritten die Sache rechtswidrig zuzueignen. Dabei bezieht sich der Vorsatz des Täters – wie üblich – auf die objektiven Elemente des Tatbestandes. Die Zueignungsabsicht besteht aus zwei Elementen – der Täter muss den Vorsatz haben, den Berechtigen dauerhaft zu enteignen (Enteignungsvorsatz) und die Absicht, sich oder einem Dritten die Sache vorübergehend anzueignen (Aneignungsabsicht).

Objektiver Tatbestand

Die Kette war für F eine fremde bewegliche Sache.

Keine vollständige Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale

Die Wegnahme der Sache, d.h. der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams, erfolgte allerdings alleine durch A. Die unmittelbare Tathandlung hat also F nicht in eigener Person begangen.

Hinweis: Die unmittelbare Tathandlung wird regelmäßig bei der Prüfung der Strafbarkeit des Tatnächsten erläutert (bei getrenntem Prüfungsaufbau). Da die Wegnahme vorliegend nicht problematisch ist, wurde sie kurz behandelt. Wenn Sie hier die Strafbarkeit des Tatnächsten prüfen müssten, könnten Sie an dieser Stelle bezüglich der Wegnahme nach oben verweisen.

Zurechnung der Handlung des anderen gem. § 25 Abs. 2 StGB

Fraglich ist, ob die Tathandlung des A der F gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Dazu müsste ein gemeinsamer Tatplan (Tatentschluss) sowie eine gemeinsame gleichberechtigte bzw. arbeitsteilige Tatausführung vorliegen.

Gemeinsamer Tatplan

Laut Sachverhalt fassten A und F gemeinsam den Plan, dass F für ,,Schmiere stehen“ zuständig sei, während A die Kette aus dem Porsche entwenden solle. Ein gemeinsamer Tatentschluss liegt damit vor.

Gemeinsame Tatausführung

Zu prüfen ist ferner, ob eine arbeitsteilige Tatausführung vorliegend gegeben ist. A hat laut Sachverhalt ,,Schmiere“ gestanden. Fraglich ist also, ob dieser Beitrag der F ein mittäterschaftlicher Beitrag oder nur ein fördernder Beitrag eines Gehilfen gem. § 27 StGB ist.

Hinweis: Das ,,Schmierestehen“ ist ein typisches Beispiel im Grenzbereich bei der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Diese Abgrenzung erfolgt nach den allgemeinen Kriterien, d.h. nach der Tatherrschaftslehre der Literatur und der modifizierten subjektiven Theorie der Rechtsprechung. Wichtig dabei ist die Auswertung aller im Sachverhalt stehenden Angaben und eine plausible Argumentation.

Nach der Tatherrschaftslehre muss der Beitrag funktionelle Tatherrschaft vermitteln. Der Tatbeitrag, der von F geleistet wurde, müsste also von seiner Funktion her so wesentlich sein, dass auch nach Ansicht des A die Tat, so wie sie geplant ist, damit „steht und fällt“. Vorliegend stand das Fahrzeug, aus dem A die Kette entwendete, einsehbar in einer öffentlichen Tiefgarage, die jederzeit Dritte ungehindert betreten konnten. Der Erfolg der Tat hing unter diesen Umständen wesentlich davon ab, dass F „Schmiere steht“. F hatte jederzeit die Möglichkeit, den A vor Dritten zu warnen, die die Tiefgarage betreten wollten, was dazu führen könnte, dass A von der Tat Abstand nimmt. Ferner wollte A die Kette nicht für sich selbst, sondern gerade für F entwenden. F konnte demnach die Tatbestandsverwirklichung nach ihrem Willen ablaufen lassen oder hemmen und hatte auch auf diese Weise eine Einflussmöglichkeit auf den Ablauf des Geschehens. Das ,,Schmierestehen“ der F war demnach wichtig für einen ungestörten Fortgang der Tat. Aufgrund dieser Umstände vermittelt der Tatbeitrag der F die funktionelle Tatherrschaft. Nach der Tatherrschaftslehre ist daher von der Mittäterschaft der F auszugehen.

Nach der modifizierten subjektiven Theorie ist Täter, wer mit seinem Tatbeitrag nicht bloß fremden Tun fördern will, sondern die Tat als eigene will (animus auctoris). Dies soll in wertender Betrachtung beurteilt werden. Wesentliche Anhaltspunkte für den animus auctoris können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Beteiligung und die Tatherrschaft oder wenigsten der Wille zur Tatherrschaft sein. Vorliegend hat A die Kette gerade für F entwendet. Dieses Schmuckstück hat A der F als ein ,,zusätzliches“ Geburtstagsgeschenk überreicht, über das sich F riesig gefreut hat. Sie hatte also ein starkes Interesse am Taterfolg. Dieser Umstand spricht für den vorhandenen animus auctoris bei F. Nach der modifizierten subjektiven Theorie ist F auch als Mittäterin anzusehen.

Die beiden Auffassungen kommen zum gleichen Ergebnis. Ein Streitentscheid kann demnach unterbleiben.

Eine Arbeitsteilige Tatausführung ist vorliegend gegeben.

Zwischenergebnis

Die Handlung des A wird der F demnach gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet. F erfüllte damit den objektiven Tatbestand der §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB.

Subjektiver Tatbestand

F handelte vorsätzlich im Hinblick auf alle objektive Tatbestandsmerkmale. Sie wusste und wollte auch gemeinschaftlich mit A handeln und hatte demnach Vorsatz in Bezug auf die Voraussetzungen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB).

F handelte auch in der Absicht rechtswidriger Zueignung. Es lag bei ihr sowohl die Aneignungsabsicht i.S.d. dolus directus 1. Grades, als auch der Enteignungsvorsatz vor.

Hinweis: Beachten Sie, dass sich die subjektiven Elemente nicht über § 25 Abs. 2 StGB zurechnen lassen. Daher müsste auch geprüft werden, ob bei F selbst Zueignungsabsicht gegeben war.

Der subjektive Tatbestand ist demnach erfüllt.

Rechtswidrigkeit

F handelte rechtswidrig.

Schuld

F handelte schuldhaft.

Ergebnis

F hat sich eines mittäterschaftlich begangenen Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

Lösungshinweise zu Fall 3

Strafbarkeit des A gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen mittäterschaftlich begangenen Diebstahls

A könnte sich gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wegen mittäterschaftlich begangenen Diebstahls strafbar gemacht haben, indem er die Tatdurchführung vorbereitete.

Tatbestandsmäßigkeit

Die Fahrzeuge waren für A fremde bewegliche Sachen.

Die Wegnahme dieser Sachen, d.h. der Bruch fremden und die Begründung neuen – nicht notwendig, aber regelmäßig – tätereigenen Gewahrsams erfolgte allerdings alleine durch die übrigen Bandenmitglieder B, C und D. Die unmittelbare Tathandlung hat also A nicht in eigener Person begangen. Möglicherweise könnte ihm jedoch die Wegnahmehandlung der übrigen Bandenmitglieder gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Erforderlich dazu sind das Vorliegen eines gemeinsamen Tatplans und eine gemeinschaftliche Tatausführung.

Laut Sachverhalt ist der gemeinsame Tatplan gegeben.

Fraglich erscheint allerdings, ob vorliegend von einer gemeinschaftlichen Tatausführung ausgegangen werden kann. Die Mitwirkung des A beschränkt sich lediglich auf das Vorbereitungsstadium. Während der eigentlichen Tatausführung war A nicht anwesend. Ob eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium für die Annahme einer (die Mittäterschaft begründenden) gemeinschaftlichen Tatausführung genügt, ist umstritten.

Nach einer Ansicht kommt eine Zurechnung über § 25 Abs. 2 StGB nur dann in Betracht, wenn der potenzielle Mittäter im Versuchs- oder Vollendungsstadium der Tat mitwirkt. Spielt sich sein Beitrag lediglich im Rahmen der Vorbereitung ab, sei er nicht Zentralfigur i.S.d. Tatherrschaftslehre. Wenn man diese Auffassung folgt, wäre A allenfalls als Teilnehmer zu klassifizieren.

Eine andere – in der Literatur herrschende - Auffassung lässt unter Umständen auch Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium der Tat genügen. Der entsprechende Planungsbeitrag müsse dabei das spätere Tatgeschehen wesentlich mitprägen und bestimmen. Ein Plus im Vorbereitungsstadium solle demnach das Minus bei der eigentlichen Tatausführung kompensieren. Vorliegend wurde die Vorbereitungsphase ganz überragend über die Aktivitäten des A strukturiert und geprägt. Er kundschaftete Örtlichkeiten aus, die sich zur Durchführung der Demontage der gestohlenen Fahrzeuge eigneten. Er hat seine Komplizen instruiert und sie zu der von ihm ausgesuchten Stelle gelotst. Demzufolge liegt ein hinreichend großes Plus im Vorbereitungsstadium vor, weshalb A nach dieser Auffassung als Mittäter einzustufen wäre.

Hinweis: Beachten Sie, dass diese zwei Ansichten im Rahmen der Tatherrschaftslehre vertreten werden. Die erste oben dargestellte Auffassung ist die sog. ,,enge“ Tatherrschaftslehre, die zweite die sog. ,,weite“ Tatherrschaftslehre. Zwischen diesen zwei Tatherrschaftslehren wird lediglich bei solchen Fallkonstellationen unterschieden, in denen ein potenzieller Mittäter nur im Vorbereitungsstadium mitwirkte.

Nach Ansicht der Rechtsprechung (modifizierte subjektive Theorie) wird nach der inneren Einstellung des potenziellen Mittäters gefragt, wobei auf den Grad des Erfolgsinteresses, den Umfang der Beteiligung an der Tat sowie auf die tatsächliche oder gewollte Tatherrschaft abgestellt wird. Analog den vorherigen Erwägungen würde in der umfangreichen und sorgsamen Vorbereitung der Tatausführung eine hinreichend gewichtige und wirkungsvolle Tatbeteiligung des A zu erblicken sein, weshalb angesichts des ebenfalls gegebenen Interesses des A an dem Erlös aus den Fahrzeugersatzteilen auch diese Ansicht von einer Zurechnung über § 25 Abs. 2 StGB ausgehen würde.

Die Auffassungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, weshalb eine Stellungnahme erforderlich ist. Lediglich die erste Ansicht verneint einen mittäterschaftlichen Tatbeitrag des A. Gegen diese Auffassung sprechen jedoch durchgreifende Erwägungen. Diese Ansicht führt zum Ausschluss wichtiger Tatbeteiligter (wie vorliegend des Bandenchefs), obwohl sie bei wertender Betrachtung die tragende Säule des Gesamtgeschehens darstellen. Außerdem ist es gerade Sinn und Funktion des § 25 Abs. 2 StGB, objektive Tatbeiträge demjenigen zuzurechnen, der sie in eigener Person nicht verwirklicht hat. Die Täterschaft ist ferner kein formelles, sondern ein materielles, wertendes Kriterium, bei dem das Gewicht der jeweiligen Tatbeiträge unabhängig von den formalen Verortungen im Ausführungs- oder Vorbereitungsstadium berücksichtigt werden sollen. Daher ist die erste Ansicht abzulehnen. Nach den anderen Auffassungen sind die Erfordernisse für eine Zurechnung über § 25 Abs. 2 StGB erfüllt.

Die Handlungen der übrigen Bandenmitglieder können dem A demnach gem. § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Der objektive Tatbestand der §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB wurde damit verwirklicht.

A handelte ferner mit Wissen und Wollen in Bezug auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale. Er wusste und wollte auch gemeinschaftlich mit den anderen Bandenmitgliedern handeln und hatte damit Vorsatz im Hinblick auf die Voraussetzungen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB). A handelte auch in der Absicht rechtswidriger Zueignung. Der subjektive Tatbestand ist damit ebenfalls erfüllt.

Rechtswidrigkeit und Schuld

A handelte rechtswidrig und schuldhaft.

Ergebnis

A hat sich eines mittäterschaftlich begangenen Diebstahls gem. §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

Hinweis: Im vorliegenden Fall kommt auch die Strafbarkeit des A wegen (schweren) Bandendiebstahls in Betracht (vgl. §§ 244 Abs. 1 Nr. 2, 244a StGB). Diese Qualifikation des § 242 Abs. 1 StGB gehört aber zum Lernstoff eines höheren Semesters und war laut Fallfrage nicht zu prüfen.