Hessischer Verwaltungsgerichtshof 8. Senat 8 B 1806/08

ECLI:DE:VGHHE:2008:1117.8B1806.08.0A

Guiding Principles

1. Ein aufgrund eines kassatorischen Bürgerbegehrens erfolgreich durchgeführter Bürgerentscheid kann den angegriffenen Beschluss der Gemeindevertretung grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft beseitigen.(Rn.34)

2. Für die Annahme eines missbräuchlichen, zur Rückabwicklung verpflichtenden Verhaltens gemeindlicher Organe durch Ausführung eines mit einem kassatorischen Bürgerbegehren angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung sind hohe Anforderungen zu stellen.(Rn.37)

3. Die Streichung eines gegenstandslos gewordenen Teils der zur Abstimmung gestellten Frage eines Bürgerbegehrens ist zulässig, wenn darin keine inhaltliche Veränderung im Sinne einer relativierenden Abschwächung, sondern nur eine isolierte Reduzierung der Fragestellung um eine selbständige Teilfrage liegt, durch die das letztlich mit dem Bürgerbegehren verfolgte Ziel inhaltlich unberührt bleibt.(Rn.42)

4. Die fehlende Angabe des jeweiligen Zeitpunkts der Unterzeichnung auf den Unterschriftenlisten eines kassatorischen Bürgerbegehrens führt nicht zu dessen Unzulässigkeit, wenn mit angemessenem Aufwand, insbesondere aus dem gemeindlichen Melderegister festgestellt werden kann, dass das Bürgerbegehren von der erforderlichen Anzahl von Gemeindebewohnern unterschrieben worden ist, die an jedem Tag des Zeitraums zwischen der Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung und der Einreichung des Bürgerbegehrens wahlberechtigt waren.(Rn.47)