OLG Karlsruhe 1. Strafsenat 1 Ss 13/02
ECLI:DE:OLGKARL:2002:0606.1SS13.02.0A
1. Das kurzfristige Versperren des Wegs ist keine Nötigung, da die bloße körperliche Anwesenheit einer Person an einem bestimmten Ort noch keine Gewalt darstellt, wenn die damit verbundene Zwangswirkung nur psychische Auswirkungen hat.
2. In einer sexuellen Handlung allein ist noch nicht die Kundgabe einer herabsetzenden Bewertung des Betroffenen zu sehen. Eine sexuelle Beleidigung liegt nur dann vor, wenn der Demütigungscharakter in den Vordergrund tritt und dieser ein eigenständiges Gewicht erlangt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Täter nicht allein aus "geschlechtlichem Interesse am Opfer" handelt, sondern durch begleitende Äußerungen oder durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, sein Opfer sei mit einem Makel behaftet, der dessen Geltungswert mindere und der die Tat aus seiner Sicht rechtfertige. Einer auf offener Straße vorgenommenen sexuellen Belästigung kann eine derart eigenständige Bedeutung beikommen, wenn es sich nicht um unerhebliche Beeinträchtigungen handelt und der Tat eine nach außen zu Tage tretende Herabwürdigung der Geschlechtsehre innewohnt.
3. Bei einem sexuellen Übergriff können dem Täter außergewöhnliche Folgen seiner Tat (hier: Auftreten von psychischen Störungen, die mit Schlaflosigkeit, Zittern und Angstzuständen einhergehen) auch dann straferschwerend zugerechnet werden, wenn die Anlasstat nicht das Gewicht einer Gewalttat erreicht hat. Es ist nämlich allgemein bekannt, dass bei weiblichen Geschädigten gerade dann eine besondere Anfälligkeit besteht, wenn sie bereits früher, was nicht selten ist, Opfer eine Gewalttat geworden sind.
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