BVerfG 2. Senat 2. Kammer 2 BvR 2203/18

ECLI:DE:BVerfG:2019:rk20190222.2bvr220318

Guiding Principles

1. Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens (hier: gem § 8b GemO HE 2005) stehen als "Amtswalter" in einer Art organschaftlichem Verhältnis zur Gemeinde; als solche unterfallen sie nicht dem Schutzbereich des Art 19 Abs 4 GG. (Rn.17)

1a. Art 19 Abs 3 GG erstreckt die Geltung der Grundrechte lediglich auf juristische Personen des Privatrechts, nicht auch auf juristische Personen des öffentlichen Rechts. Es wäre mit dem Wesen der Grundrechte nicht vereinbar, wenn der Staat über Art 19 Abs 3 GG selbst zum Teilhaber der Grundrechte würde. Dies gilt auch für Gemeinden und ihre Organe. (Rn.20) (Rn.21)

1b. Die den Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens durch das Kommunalrecht zugewiesenen Rechte sind Teil der kommunalen Willensbildung. Die Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens nehmen insoweit eine organschaftliche Funktion wahr (vgl etwa OVG Bremen, 02.03.2004, 1 B 79/04, NVwZ-RR 2005, 54 <54f>, zu Art 87 Verf BR und dem BürgAVfG BR; OVG Lüneburg, 15.02.2011, 10 LB 79/10 <juris Rn 30>, zu § 22b GemO ND aF; OVG Münster, 19.03.2004, 15 B 522/04, zu § 26 GemO NW). (Rn.22)

2. Auch auf Art 3 Abs 1 GG können sich Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens nicht berufen. Zwar ist das Willkürverbot auch mit Blick auf Träger öffentlicher Gewalt zu berücksichtigen, jedoch nicht auf Grundlage des Art 3 Abs 1 GG, sondern aufgrund des Rechtsstaatsprinzips und ggf auch des Bundesstaatsprinzips (vgl BVerfG, 07.10.2014, 2 BvR 1641/11, BVerfGE 137, 108 <154 Rn 107>). (Rn.25)