BGH 4. Strafsenat 4 StR 278/56

Guiding Principles

1. Wer in einem Strafverfahren Beschuldigter ist, kann nicht zugleich Zeuge sein. Wird er dennoch als Zeuge vernommen und vereidigt, so darf er, wenn er bewußt die Unwahrheit gesagt hat, nicht wegen vollendeten Meineides bestraft werden; denn der vernehmende Richter war zu seiner Vereidigung nicht befugt.

2. Nicht Zeuge, sondern Beschuldigter - mit der Folge seiner Ungeeignetheit als Zeuge und der Unzulässigkeit seiner Vereidigung - ist jemand nur dann, wenn das Strafrechtspflegeorgan, welches das Verfahren in seinem jeweiligen Abschnitt maßgeblich gestaltet, es gegen ihn gerade als Beschuldigten betreibt.

3. Die Meinung eines in einem Strafverfahren eidlich Vernommenen, der Richter sei zu seiner Vereidigung nicht befugt, kann je nach dem Inhalt seiner Vorstellungen über seine Stellung im Verfahren Tatbestandsirrtum oder Verbotsirrtum sein.