OLG Frankfurt 3. Strafsenat 3 Ss 70/95
ECLI:DE:OLGHE:1995:0328.3SS70.95.0A
1. Der Umstand, daß ein der Trunkenheit im Straßenverkehr angeklagter Pkw-Fahrer (nach nicht zu beanstandender Rückrechnung) im Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 2,31 Promille und Cannabinoide im Blut (hier: 76 ng) hatte, erlaubt nicht unbedingt den Rückschluß auf eine vorsätzliche Fahrt im Zustand absoluter Fahruntüchtigkeit.
2. Die Frage, ob ein Angeklagter mit einer erheblich über dem Grenzwert von 1,1 Promille liegenden Blutalkoholkonzentration seine Fahruntüchtigkeit erkennt, läßt sich vielmehr nur von Fall zu Fall aufgrund der Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Angeklagten beurteilen, wobei insbesondere die Intelligenz, die verbleibende Selbstkritik, Art und Zeitraum der Alkoholaufnahme, die Alkoholgewöhnung, das Trinkverhalten und dessen Zusammenhang mit dem Fahrtantritt sowie die Umstände zu berücksichtigen sind, die auf eine eventuell vorverlagerte Schuld (actio libera in causa) hindeuten können.
3. Zwar ist bei einem Blutalkoholkonzentrationswert von 2,0 Promille an aufwärts die Annahme voller strafrechtlicher Verantwortlichkeit nicht ausgeschlossen. Bei derartigen Blutalkoholkonzentrationswerten kann volle Schuldfähigkeit aber nur im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren Kennzeichen des Tatgeschehens und der Persönlichkeitsverfassung des Täters, in die der Blutalkoholkonzentrationswert maßgeblich miteinzubeziehen ist, bejaht werden. Hierbei kommt allerdings psychodiagnostischen Beurteilungskriterien, zB dem Verhalten des Täters vor, bei und nach der Tat, nur ein eingeschränkter Beweiswert für das Vorhandensein voller Schuldfähigkeit zu. Der Tatrichter muß sich der Fragwürdigkeit dieser Fakten und der dafür maßgeblichen Gründe bewußt sein und diese in seine Überlegungen einbeziehen (Anschluß BGH, 1989-10-31, 1 StR 419/89, NJW 1990, 778).
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