Guiding Principles
1a Zum Versammlungsbegriff vgl BVerfG, 24.10.2001, 1 BvR 1190/90, BVerfGE 104, 92 <104>). (Rn.19)
1b. Zum Schutz des Grundrechts aus Art 8 GG unabhängig davon, ob die Versammlung anmeldepflichtig und angemeldet war vgl BVerfG, 26.10.2004, 1 BvR 1726/01, BVerfGK 4, 154 <158>. (Rn.20)
1c.Zur Frage, ob oder unter welchen Umständen Versammlungen unter freiem Himmel den Schutz des Art 8 GG verlieren können, wenn sie ausschließlich die Verhinderung einer anderen Versammlung bezwecken vgl BVerfG, 11.06.1991, 1 BvR 772/90, BVerfGE 84, 203 <209 ff>.
1c. Der auf das Recht, sich "friedlich und ohne Waffen" zu versammeln, bezogene Schutz durch Art 8 GG entfällt jedenfalls dann nicht, wenn nur einzelne Demonstranten oder eine Minderheit im Verlauf der Versammlung Ausschreitungen begehen (vgl BVerfG, 14.05.1985, 1 BvR 233/81, BVerfGE 69, 315 <361>). (Rn.21)
2a. Bei der Konkretisierung der nach dieser Rechtsprechung zu stellenden Anforderungen der Wahrung wesentlicher Förmlichkeiten und der pflichtgemäßen Prüfung von Eingriffsvoraussetzungen haben die Strafgerichte der Bedeutung der durch die Diensthandlung betroffenen Grundrechte Rechnung zu tragen. (Rn.38)
2b. Die gegen einen Versammlungsteilnehmer gerichteten polizeilichen Maßnahmen erfüllen jedenfalls dann nicht die von § 113 Abs 3 StGB bei verfassungsgemäßer Auslegung und Anwendung des so genannten strafrechtlichen Rechtmäßigkeitsbegriffes vorausgesetzten Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung, wenn dem Grundrechtsträger die in der Rechtsordnung geforderte Klarheit über den Wegfall des Schutzes der Versammlungsfreiheit verweigert wird. Art 8 Abs 1 GG gebietet dann, eine derartige Vollstreckungshandlung grundsätzlich als rechtswidrig iSd § 113 Abs 3 S 1 StGB anzusehen. (Rn.49)
2c. Hier: Ingewahrsamnahme und Abtransport eines Versammlungsteilnehmers, ohne dass dieser zuvor auf versammlungsrechtlicher Grundlage von der Versammlung ausgeschlossen wurde oder aber die Versammlung gemäß § 15 Abs 3 VersammlG aufgelöst worden wäre (vgl BVerfG, 26.10.2004, 1 BvR 1726/01, BVerfGK 4, 154 <158 ff>). (Rn.40)
3. Erkennen die Fachgerichte im Rahmen einer Verurteilung nach § 113 Abs 1 StGB die rechtlichen Voraussetzungen der gegen den Beschwerdeführer gerichteten Maßnahmen nicht, sondern bejahen die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung, so wird der Verstoß gegen Art 8 GG durch die strafrechtliche Sanktion für ein Verhalten des Beschwerdeführers, der sich der Entfernung aus der Versammlung widersetzte, fortgesetzt. (Rn.51)
4. Zur vorläufigen Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe vgl eA des BVerfG, 17.05.2006, 1 BvR 1090/06.