Guiding Principles
1. Der dem Bundesverfassungsrecht angehörende Satz von der Pflicht des Bundes und der Länder zu bundesfreundlichem Verhalten kann nicht verwaltungsmäßig als eigene Angelegenheit der Länder im Sinne des Art 84 Abs 1 GG ausgeführt, er kann nur "beachtet" werden. Nach dem geltenden Verfassungsrecht ist er von Bund und Ländern bei jeder ihrer Maßnahmen, sei es beim Erlaß von Gesetzen, sei es beim Erlaß von Regierungs- und Verwaltungsakten zu beachten. Gegen diesen Grundsatz kann sowohl durch ein Tun als auch durch ein Unterlassen verstoßen werden.
Die Bundesregierung kann gemäß Art 93 Abs 1 Nr 3 GG unmittelbar das Bundesverfassungsgericht anrufen, um eine Entscheidung darüber zu erreichen, ob ein Land außerhalb der Ausführung von Bundesgesetzen sich dem Grundgesetz gemäß verhalten hat.
2. Die wahlberechtigten Bürger der Gemeinde, die sich an der amtlich angeordneten Volksbefragung beteiligen, nehmen teil an der Willensbildung der Gebietskörperschaft Gemeinde; sie betätigen sich dabei im status activus; ihre Stimmabgabe gehört nicht in den Bereich des Gesellschaftlichen.
3. Die Gemeinde ist als hoheitlich handelnde Gebietskörperschaft, soweit ihr nicht Auftragsangelegenheiten vom Staat zugewiesen worden sind, von Rechts wegen darauf beschränkt, sich mit Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises zu befassen. Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können. Die Gemeinde überschreitet die ihr gesetzten rechtlichen Schranken, wenn sie zu allgemeinen, überörtlichen, vielleicht hochpolitischen Fragen Resolutionen faßt oder für oder gegen eine Politik Stellung nimmt, die sie nicht als einzelne Gemeinde besonders trifft, sondern der Allgemeinheit - ihr nur so wie allen Gemeinden - eine Last aufbürdet oder sie allgemeinen Gefahren aussetzt.
4. Hoheitliche Maßnahmen einer Gemeinde reichen, auch wenn sie unter Mißachtung der der Gemeinde gezogenen rechtlichen Grenzen beschlossen und durchgeführt werden, im allgemeinen nicht in den Raum des bundesstaatlichen Verfassungslebens. Dagegen ist die amtliche örtliche Volksbefragung als bewußt gehandhabtes Mittel, den Gemeindewillen gegen den verfassungsmäßig gebildeten Bundesstaatswillen einzusetzen und eine Änderung bestimmter politischer Entscheidungen auf dem Gebiete des Verteidigungswesens zu erzwingen, ein Tatbestand des Bundesverfassungsrechts.
5. Was nach Landesrecht im Verhältnis zur Gemeinde eine im Ermessen der Landesregierung liegenden Befugnis ist, kann nach Bundesverfassungsrecht im Verhältnis zum Bund Pflicht des Landes werden.
6. Im Bundesstaat haben Bund und Länder die gemeinsame Pflicht zur Wahrung und Herstellung der grundgesetzlichen Ordnung in allen Teilen und Ebenen des Gesamtstaates. Soweit der Bund dafür nicht unmittelbar Sorge tragen kann, sondern auf die Mitwirkung des Landes angewiesen ist, ist das Land zu dieser Mitwirkung verpflichtet.
7. Der für Bund und Länder gleicherweise geltende Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens hat die Funktion, die aufeinander angewiesenen "Teile" des Bundesstaats, Bund und Länder, stärker unter der gemeinsamen Verfassungsrechtsordnung aneinander zu binden, aber nicht die Aufgabe, das bundesstaatliche Gefüge zu lockern. Deshalb kann sich kein Teil seiner Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten mit der Behauptung oder mit dem Nachweis entziehen, daß auch der andere Teil seiner Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten nicht nachgekommen sei.
8. Die Feststellung der Verletzung der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten setzt nicht den Nachweis einer "Treulosigkeit" oder der Böswilligkeit voraus. Sie impliziert überhaupt keinen "Vorwurf".