1. Die Verurteilung nach § 185 StGB wegen Beleidigung eines Abtreibungsarztes durch Verteilung eines Faltblattes unter anderem mit dem Text „damals Holocaust, heute Babycaust“stellt einen Eingriff in das nach Art. 10 EMRK garantierte Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung dar.
2. Ein solcher Eingriff verletzt die Konvention, es sei denn er erfüllt die Voraussetzungen von Art. 10 Abs. 2 EMRK, weshalb geprüft werden muss, ob er „gesetzlich vorgesehen“ war, eines oder mehrere der in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten berechtigten Ziele verfolgte und ob er „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig war, um diese berechtigten Ziele zu erreichen.
3. Der Eingriff ist „gesetzlich vorgesehen“. Zwar ist § 185 StGB weit gefasst, aus der gewöhnlichen Bedeutung des Begriffs „Beleidigung“ hätte sich aber für den Beschwerdeführer ergeben müssen, dass er eine Strafe zu erwarten hatte.
4. Der Eingriff diente dem Schutz des Rufs und der Persönlichkeitsrechte des angegriffenen Arztes.
5. Art. 10 EMRK ist nicht verletzt, wenn die Gerichte das Recht des Beschwerdeführers auf freie Meinungsäußerung und die Persönlichkeitsrechte des Arztes angemessen gegeneinander abgewogen haben und die von ihnen angeführten Gründe zur Darlegung ausreichen, dass der gerügte Eingriff „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ war, und wenn die relativ niedrigen Strafen verhältnismäßig waren und unter Berücksichtigung des Ermessensspielraums der Staaten in diesem Bereich ein fairer Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen hergestellt worden ist.
6. Dauert das Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht sechseinhalb Jahre, ist es überlang und entspricht nicht dem Erfordernis der "angemessenen Frist“ und verletzt folglich Art. 6 Abs. 1 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren).
Want to know more?
To access this content, sign up or log in.