BVerfG 1. Senat 1 BvR 357/05

ECLI:DE:BVerfG:2006:rs20060215.1bvr035705

Guiding Principles

1. Der Bund hat unmittelbar aus Art 35 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 Satz 1 GG das Recht zur Gesetzgebung für Regelungen, die das Nähere über den Einsatz der Streitkräfte bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen nach diesen Vorschriften und über das Zusammenwirken mit den beteiligten Ländern bestimmen. Der Begriff des besonders schweren Unglücksfalls umfasst auch Vorgänge, die den Eintritt einer Katastrophe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwarten lassen.

2. Art 35 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 Satz 1 GG erlaubt es dem Bund nicht, die Streitkräfte bei der Bekämpfung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen mit spezifisch militärischen Waffen einzusetzen.

3. Die Ermächtigung der Streitkräfte, gemäß § 14 Abs 3 des Luftsicherheitsgesetzes durch unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt ein Luftfahrzeug abzuschießen, das gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, ist mit dem Recht auf Leben nach Art 2 Abs 2 Satz 1 GG in Verbindung mit der Menschenwürdegarantie des Art 1 Abs 1 GG nicht vereinbar, soweit davon tatunbeteiligte Menschen an Bord des Luftfahrzeugs betroffen werden.