BGH 2. Strafsenat 2 StR 109/20

ECLI:DE:BGH:2021:310321U2STR109.20.0

Guiding Principles

1. Unter Geschwistern besteht nicht schon wegen ihrer Verwandtschaft in der Seitenlinie eine Garantenstellung für ein unechtes Unterlassungsdelikt.(Rn.24)

2. Nur im Eltern-Kind-Verhältnis liegt mit Blick auf §§ 1618a, 1619 BGB bereits aufgrund einer Verwandtschaft in aufsteigender Linie eine Rechtspflicht zum Handeln nahe (Festhaltung BGH, Beschluss vom 2. August 2017 - 4 StR 169/17, NStZ 2018, 34 f.).(Rn.24)

3. Eine Garantenstellung unter Geschwistern kann sich aber aus der tatsächlichen Übernahme einer Schutzfunktion ergeben. Dies kommt etwa in Betracht, wenn ein Geschwisterteil ausdrücklich oder konkludent die Übernahme von Verantwortung erklärt, diese zusätzlich neben den in erster Linie verantwortlichen Eltern übernommen und sich insoweit auch der Vorsatz der Person auf das Bestehen einer Rechtspflicht zum Handeln erstreckt hätte.(Rn.25)

4. Aber allein daraus, dass jemand einem Hilfsbedürftigen beisteht, folgt noch keine Garantenpflicht zur Vollendung einer begonnenen Hilfeleistung (Festhaltung BGH, Urteil vom 11. September 2019 - 2 StR 563/18, StV 2020, 373, 375).(Rn.26)