BGH 1. Strafsenat 1 StR 488/22

ECLI:DE:BGH:2023:040423U1STR488.22.0

Guiding Principles

1. Die Schwere einer Beleidigung kann sich auch erst aus fortlaufenden, für sich allein noch nicht schweren Kränkungen ergeben, wenn die Beleidigung nach einer Reihe von Kränkungen gleichsam „der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“ (Festhaltung BGH, Urteil vom 21. März 2017 - 1 StR 663/16). (Rn.8)

2. Hat das Gericht neben zahlreichen zu Gunsten des Angeklagten sprechenden Gesichtspunkten zu seinen Lasten auch „die erhebliche Brutalität der mit Tötungsabsicht ausgeführten Tat“ berücksichtigt, ist darin kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot zu sehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die zu Lasten des Angeklagten berücksichtigte Wertung sich erkennbar nicht auf die zur Tötung erforderliche Gewalt bezieht, die nicht strafschärfend berücksichtigt werden darf, sondern auf den Umstand, dass der Angeklagte bei der Tatbegehung mit Tötungsabsicht gehandelt hat. Dies kann beim vorsätzlichen Tötungsdelikt ohne Verstoß gegen das Verbot der Doppelverwertung von Tatbestandsmerkmalen strafschärfend berücksichtigt werden (Festhaltung BGH, Urteil vom 10. Januar 2018 - 2 StR 150/15). (Rn.12)

3. Besteht nach den tatrichterlichen Feststellungen zwischen den der Tat vorausgegangenen Äußerungen des Opfers und dem affektiven Ausnahmezustand des Angeklagten eine enge Verbindung, kann eine weitere Milderung des Strafrahmens von § 213 StGB über §§ 21, 49 StGB nicht erfolgen. (Rn.14)