Einführung
Rechtsnatur des § 243 StGB
§ 243 StGB enthält eine Strafzumessungsregel, die für Diebstähle, die einen gesteigerten Unrechtsgehalt aufweisen, einen erhöhten
Den § 243 StGB wie einen Qualifikationstatbestand zu behandeln, zählt zu den typischen Anfängerfehlern in einer juristischen Prüfung und sollte daher unbedingt vermieden werden.
Die Regelbeispiels-Technik
Will der Gesetzgeber strafschärfende Umstände im Gesetz definieren, hat er dafür technisch betrachtet drei Möglichkeiten:
Erstens kann er einen Qualifikationstatbestand (wie zB in §§ 244, 244a StGB) schaffen, der bestimmte Erschwernisgründe abschließend umschreibt, deren Vorliegen zwingend zu einer verschärften Rechtsfolge führt. Gegenüber dem Grundtatbestand weisen sie ein weiteres Merkmal auf und verkörpern daher den spezielleren Straftatbestand.
Eine andere Möglichkeit besteht – zweitens – darin, einen unbenannten Strafzumessungsgrund in das Gesetz aufzunehmen, bei dem die strafschärfenden Umständen nicht näher umschrieben werden und es daher auch keinen Umstand gibt, der zwingend zur Strafschärfung führt. Ein Beispiel hierfür ist § 212 Abs. 2 StGB, der ohne weitere Konkretisierung festlegt, dass „in besonders schweren Fällen“ des Totschlags auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen ist. Derartige Regelungen werden mit Blick auf ihre mangelnde Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) berechtigterweise kritisiert.
Ein Mittelweg liegt – drittens – in der sog. Regelbeispiel-Technik, die der Gesetzgeber in § 243 StGB, aber auch in vielen anderen Vorschriften (etwa §§ 240 Abs. 4, 263 Abs. 3, 255 Abs. 2 StGB) verwendet. Kennzeichen dieser Technik ist, dass das Gesetz eine Reihe von strafschärfenden Umständen in Gestalt von Regelbeispielen konkret nennt. Im Fall von § 243 StGB sind diese Regelbeispiele in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB enthalten. Die Regelbeispiele haben eine Indizwirkung dafür, dass der verschärfte Strafrahmen des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB anwendbar ist. Ausnahmen sind aber in zwei Richtungen möglich:
Es kann sein, dass zwar ein Regelbeispiel erfüllt ist, gleichwohl aber kein besonders schwerer Fall vorliegt, wenn eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und des Täters den Diebstahl in einem so milden Licht erscheinen lässt, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels ausnahmsweise entkräftet wird. Ein Spezialfall hierfür ist in § 243 Abs. 2 StGB geregelt, der besagt, dass (obwohl ein Regelbeispiel erfüllt ist) kein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegen kann, wenn die Tat sich auf eine geringwertige Sache bezieht (näher → Rn. 42 ff.).
Umgekehrt ist es möglich, dass zwar kein Regelbeispiel erfüllt ist, aber trotzdem ein „unbenannter“ besonders schwerer Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 1 StGB bejaht werden, wenn „das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist“
BGHSt 29, 319, 322. . Dafür müssen Unrecht und Schuld deutlich vom Normalfall des einfachen Diebstahls gem. § 242 StGB abweichen.
Gegenüber einem Qualifikationstatbestand hat die Regelbeispiels-Technik nach alledem den Vorteil größerer Flexibilität, ohne die Beliebigkeit einer Vorschrift wie § 212 Abs. 2 StGB zu erreichen, da dem Rechtsanwender immerhin für den „Normalfall“ eine klare Richtschnur vorgegeben wird. Mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG ist die Regelbeispiels-Technik gleichwohl nicht unproblematisch, da es sich (soweit auch unbenannte besondere schwere Fälle erfasst werden, die eine den Fällen des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB vergleichbare Unrechtsschwere haben) letztlich um eine gesetzlich angeordnete Form der Analogie handelt.
Die einzelnen Regelbeispiele im Überblick
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB: Einbrechen, Einsteigen, Eindringen in einen oder Sich-Verborgen-Halten in einem umschlossenen Raum
Das Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist erfüllt, wenn der Täter zur Ausführung der Tat in einen umschlossenen Raum
einbricht,
einsteigt,
mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder
sich in dem Raum verborgen hält.
Tatobjekt: Umschlossener Raum
Ein umschlossener Raum ist jedes umschlossene Raumgebilde, das von Menschen betreten werden kann und das durch (wenigstens teilweise künstlich geschaffene) Vorrichtungen gegen das Betreten durch Unbefugte geschützt ist.
Beispiele: Eingezäunte Grundstücke, Hütten oder der Fahrgastraum von Pkw und Lkw
Streiten kann man über die Frage, ob auch Räume dem § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB unterfallen, die ein Mensch zwar betreten kann, die aber nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Beispiel (angelehnt an BGH NStZ 2015, 396): T öffnet einen unverschlossenen Frachtcontainer und entnimmt daraus Waren.
Der BGH vertritt hierzu die Auffassung, dass es für eine Subsumtion unter § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB nicht auf den Aufenthalt von Menschen, sondern nur darauf ankommt, ob das räumliche Gebilde jedenfalls auch dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden. Im Fall eines Frachtcontainers, der zumindest bei der Be- und Entladung von Menschen betreten werden muss, ist das zu bejahen. Mit dem Wortlaut von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist die Auffassung des BGH unproblematisch zu vereinbaren. Dagegen lässt sich in systematischer Hinsicht vorbringen, dass die im Gesetz ausdrücklich aufgezählten Unterfälle des Oberbegriffs „umschlossener Raum“ (= Gebäude, Dienst- und Geschäftsräume) sämtlich solche sind, die zumindest auch und wesentlich dem (sei es auch nur vorübergehenden) Aufenthalt von Menschen dienen. Ob man die Position des BGH auch aus teleologischer Sicht angreifen kann, hängt davon ab, wie man den Unrechtskern von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB versteht: Wenn die unrechtserhöhende Wirkung des Regelbeispiels vor allem darin gesehen wird, dass der Täter Abwehrvorrichtungen (Wände, Türen, Fenster etc.) überwindet, passt die Position des BGH zu diesem Telos. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB hätte nach dieser Lesart im Wesentlichen dieselbe Stoßrichtung wie § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB, wo es auch um die Überwindung von Abwehrvorrichtungen geht (in Gestalt von Wegnahme-Sicherungen). Erblickt man den unrechtserhöhenden Charakter des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB dagegen darin, dass der Täter eine besonders schutzwürdige Sphäre derjenigen Personen verletzt, die sich typischerweise in den Räumlichkeiten aufhalten, wäre es verfehlt, Frachtcontainer oder vergleichbare begehbare Behältnisse unter den Tatbestand zu fassen.
Allgemein anerkannt ist, dass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB jedenfalls dann nicht erfüllt ist, wenn der betroffene Raum von einem Menschen überhaupt nicht betreten werden kann (zB im Falle eines Handschuhfachs in einem Pkw). In solchen Fällen kommt aber § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in Betracht, wenn der Raum gewaltsam geöffnet wird (→ Rn. 25 ff.).
Ein Raum ist umschlossen, sobald es Hindernisse gibt, die dem Täter ein Eindringen nicht unerheblich erschweren (zB ein hoher Zaun, den man nicht einfach übersteigen kann).
Tathandlungen: Einbrechen, Einsteigen, Eindringen oder Sich-Verborgen-Halten
Der Täter muss zur Ausführung des Diebstahls in den umschlossenen Raum einbrechen, einsteigen, mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringen oder sich in dem Raum verborgen halten.
Einbrechen (Var. 1)
Einbrechen ist das gewaltsame Öffnen von Schutzvorrichtungen, die das Eindringen von Unbefugten verhindern sollen.
Beispiel: T hebelt die Wohnungstür von O mit einem Brecheisen auf.
Der Wortlaut setzt ein gewisses Maß an körperlicher Kraftentfaltung beim Täter voraus, so dass zB das bloße Entriegeln eines Tores
Anders als beim „Einsteigen“ (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB, dazu sogleich → Rn. 16 ff.) ist es für ein „Einbrechen“ nicht erforderlich, dass der Täter zur Wegnahme den Raum, in den eingebrochen wird, betritt.
Beispiel: Nach §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB macht sich strafbar, wer das Fenster eines Hauses von außen einschlägt und hineingreift, um eine Uhr, die auf dem Fensterbrett liegt, wegzunehmen.
Einsteigen (Var. 2)
Einsteigen ist das Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintreten nicht bestimmte Öffnung unter Überwindung eines entgegenstehenden Hindernisses.
Beispiel: T klettert die Fassade eines Bürogebäudes hoch, öffnet von außen ein Fenster und begibt sich zum Zwecke der Wegnahme von Laptops in die Büroräume.
Nach Auffassung des BGH kann § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB durch das Betreten einer zum ordnungsgemäßen Zugang bestimmten Tür nicht erfüllt werden, auch wenn der Täter die Tür auf ordnungswidrige Weise geöffnet hat.
Beispiel (nach BGH NJW 2016, 1897): T greift durch ein auf „Kipp“ stehendes Fenster eines Wohnhauses und löst die am oberen Fensterrahmen angebrachte Verriegelungsschiene. Dadurch ist es ihm möglich, das Fenster weiter nach hinten zu kippen und den Griff der danebenliegenden Terrassentür umzulegen. Durch die auf diese Weise geöffnete Tür verschafft er sich Zugang zum Gebäude, aus dem er Alkoholika stiehlt.
Die Auffassung des BGH, § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB in Konstellationen wie dem Beispielsfall nicht anzuwenden, ist richtig. Schon nach dem üblichen Sprachgebrauch setzt ein „Einsteigen“ voraus, dass der Täter seinen gesamten Körper durch „Hineinklettern“ in einen umschlossenen Raum verbringt und nicht bloß einzelne Körperteile. Ferner lässt sich die Auslegung auch durch einen Blick auf die innere Systematik von § 243 Abs. 1 S. 2 StGB absichern: Der Alternative des Eindringens (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB, → Rn. 19 ff.) ist zu entnehmen, dass das Betreten durch eine hierzu bestimmte Öffnung nur dann vom Regelbeispiel erfasst sein soll, wenn dies unter Nutzung eines falschen Schlüssels oder eines anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten, auf den Schließmechanismus einwirkenden Werkzeugs geschieht. Fälle der Überwindung sonstiger entgegenstehender Hindernisse werden wiederum (nur) dann von der Tathandlungsmodalität des Einbrechens (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB) erfasst, wenn der Täter entweder die Substanz der Umschließung verletzt oder nicht unerhebliche körperliche Kraft aufwenden muss (→ Rn. 14). Fehlt es – wie im Beispielfall – an einer dieser Voraussetzungen, kann dem nicht dadurch begegnet werden, dass das Vorgehen unter den Begriff des Einsteigens subsumiert wird.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB erst recht dann nicht erfüllt ist, wenn der Täter den umschlossenen Raum überhaupt nicht betritt. Vielmehr muss er wenigstens einen Fuß in den Raum gestellt und einen Stützpunkt gewonnen haben, der ihm die Wegnahme erlaubt.
Beispiel: Wer durch ein halb geöffnetes Fenster greift, um eine auf der Fensterbank liegende Sache zu nehmen, verwirklicht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB nicht.
Eindringen mit einem falschen Schlüssel oder einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug (Var. 3)
Ein Schlüssel ist ein Gegenstand, mit dem ein Verschlussmechanismus ordnungsgemäß in Gang gesetzt wird.
Unter den Begriff des Schlüssels kann bei elektronisch verschlossenen Türen zB auch ein Transponder fallen. Der Schlüssel ist falsch, wenn er aus Sicht des Berechtigten
Unabhängig vom Kenntnisstand des Berechtigten liegt ein „falscher Schlüssel“ dagegen bei Schlüsselkopien vor, die der Täter unbemerkt angefertigt hat bzw. hat anfertigen lassen.
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB kann auch erfüllen, wer statt mit einem falschen Schlüssel mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt. Hierunter fallen solche Werkzeuge, durch die der Mechanismus des Verschlusses ordnungswidrig in Bewegung gesetzt wird (etwa ein Dietrich), nicht aber Brechwerkzeuge, die zur gewaltsamen Öffnung eingesetzt werden sollen. Nicht erfüllt sein soll § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 3 StGB laut BGH ferner, wenn der Täter mit Hilfe eines Störsenders die (ferngesteuerte) Verriegelung eines Fahrzeugs verhindert, um daraus später Gegenstände entwenden zu können.
Sich-Verborgen-Halten (Var. 4)
In Fällen von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 4 StGB hält der Täter sich in einem Raum versteckt, um dadurch die Wegnahme des Diebesguts zu ermöglichen.
Beispiel: T versteckt sich im Museum, um sich einschließen zu lassen. Nachts begibt er sich aus seinem Versteck und stiehlt eine teure Vase.
Handeln „zur Ausführung“ der Tat
Der Täter muss die in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1-4 genannten Handlungen „zur Ausführung“ der Tat, d. h. zur Ausführung eines Diebstahls begehen. Daraus folgt, dass er im Zeitpunkt des Einbrechens, Einsteigens etc. bereits einen Diebstahlsvorsatz (zumindest im Sinne eines dolus generalis
Mit „Tat“ meint das Gesetz den gesetzlichen Tatbestand iSv § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, was den Zeitraum vom unmittelbaren Ansetzen zum Diebstahl bis zu seiner Vollendung in Gestalt der Wegnahme meint. Von der sog. Beendigungsphase
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB: durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme gesicherte Sache
Das in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB enthaltene Regelbeispiel ist erfüllt, wenn der Täter eine Sache wegnimmt, die durch ein verschlossenes Behältnis (zB einen Tresor) oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert war (etwa mit einem Kettenschloss oder – bei Fahrzeugen – Lenkrad- und Zündschloss). Hiermit will der Gesetzgeber das gesteigerte Unrecht erfassen, das in der Wegnahme einer Sache liegt, bei der der Eigentümer durch gezielte Sicherung zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm am Erhalt der Sache besonders gelegen ist.
Begriff des „verschlossenen Behältnisses“ iSv § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB und sein Verhältnis zum Terminus „Raum“ iSv § 243 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB
Nach allgemeiner Auffassung steht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB in einem Exklusivitätsverhältnis zu § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB, d. h. ein umschlossener Raum iSd Nr. 1 kann nicht zugleich ein Behältnis iSv Nr. 2 sein. Abgrenzungskriterium ist die Frage, ob das Tatobjekt von einem Menschen betreten werden kann (was bei einem Raum der Fall ist,
Beispiel: T bricht in ein Haus ein und verwirklicht dadurch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB. In der Küche findet er eine Geldkassette, die er ebenfalls aufbricht und daraus Geld wegnimmt (= § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB).
Andere Schutzvorrichtung
Unter einer „anderen Schutzvorrichtung“ versteht man jede von Menschenhand geschaffene Einrichtung, die ihrer Art nach geeignet und dazu bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache erheblich zu erschweren.
Als Beispiele für eine Schutzvorrichtung können (wie schon gesagt) etwa ein Kettenschloss oder – bei Fahrzeugen – das Lenkrad- und Zündschloss genannt werden.
Besondere Sicherung gegen die Wegnahme
Die weggenommene Sache muss durch das verschlossene Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert gewesen sein.
Diese Anforderung ist mangels Sicherungsabsicht nicht erfüllt, wenn die Schutzvorrichtung nicht einmal als Nebenzweck dazu dienen sollte, die Sache gegen Wegnahme zu sichern (wie es zB bei einer Halterung für ein Smartphone im Pkw der Fall ist).
Wenn eine Schutzvorrichtung zumindest auch mit dem Ziel, die Wegnahme der Sache zu erschweren, installiert worden ist, stellt sich gleichwohl oft die Frage, ob die Sicherung ausreicht, um das von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB genannte Attribut „besonders“ zu verdienen.
Unter diesem Gesichtspunkt verneint die hM beispielsweise § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB, wenn eine Schutzvorrichtung durch einen Schlüssel, eine Zugangskarte oder einen Zugangscode überwunden werden kann und das Zugangsmittel entweder für jedermann verfügbar ist (etwa: der Schlüssel zum Behältnis steckt im Schloss) oder jedenfalls dem Täter zur Verfügung gestellt wurde.
Beispiel: A und B teilen sich den Zugang zu einem Hotelsafe, was A zur Wegnahme von Sachen des B nutzt. Hier sichert der Safe die Sache nicht vor dem Zugriff des A, sodass § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB nicht greift.
Wer das Zugangsmittel dagegen stiehlt oder es unbefugt nutzt (wie etwa im Fall eines Autoschlüssels, der nur zur Verwahrung, nicht aber zur Benutzung an den Täter gegeben worden war), erfüllt § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB.
Ebenfalls mit Blick auf das Erfordernis der „besonderen“ Sicherung gegen Wegnahme werden Fälle diskutiert, in denen die Sache zwar in einem verschlossenen Behältnis (zB einem kleinen Tresor) verstaut oder anderweitig gesichert ist (wie etwa ein Fahrrad, das an einem Fahrradständer angeschlossen ist), der Täter aber schlichtweg die Sache samt Schutzvorrichtung wegnimmt (also etwa den Tresor, um ihn später zu knacken, oder das Fahrrad samt Fahrradständer). Die hM bejaht § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in diesen Fällen richtigerweise, weil die Schutzvorrichtung die Wegnahme zwar nicht unmöglich gemacht, aber doch wesentlich erschwert hat und der modus operandi des Täters den Unrechtsgehalt von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB mindestens erreicht, wenn nicht sogar nicht übertrifft.
Ob überhaupt eine Sicherung gegen die Wegnahme vorliegt, wird bei Schutzvorrichtungen diskutiert, die die Wegnahme der Sache zwar nicht physikalisch erschweren, jedoch den Gewahrsamsinhaber durch optische oder akustische Signale alarmieren, wenn er den Gewahrsam verloren hat.
Beispiel: T will eine Hose aus einem Kaufhaus stehlen. Zu diesem Zweck geht er mit der Hose in eine Umkleidekabine und reißt dort das elektronische Sicherheitsetikett aus dem Kleidungsstück. Nun kann er die Hose in seinem Rucksack verstauen und den Laden verlassen, ohne dass die am Ladenausgang platzierten Sensoren Alarm schlagen.
Die hM verneint § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB in solchen Fällen zurecht, da der Wortlaut der Norm darauf abhebt, dass die gestohlene Sache „gegen Wegnahme“ (also: gegen einen Gewahrsamsentzug) besonders gesichert sein muss.
Unter § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB subsumiert werden von der hM dagegen Konstellationen, in denen die Schutzvorrichtung die Warnsignale schon gibt, bevor die Wegnahme vollendet werden kann, um so den Eigentümer oder schutzbereite Dritte auf den Plan zu rufen.
Beispiele:
– Alarmanlage an einem Gebäude oder einem Kfz;
– sog. „Sicherungsspinnen“ im Kaufhaus, die Signale geben, wenn der Täter sie zur Vorbereitung der Wegnahme vom Diebesgut abtrennt;
– Sicherungsetiketten im Kaufhaus, wenn das Diebesgut unhandlich ist und die Wegnahme erst dadurch vollendet werden kann, dass der Täter den Laden ungestört mit der Sache verlässt.
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3: Gewerbsmäßigkeit
Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Diebstähle eine dauerhafte Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will.
Es genügt eine entsprechende Absicht, d. h. der Täter muss nicht tatsächlich schon mehrere Diebstähle begangen haben, sondern es genügt, wenn er bei der ersten Tat einen entsprechenden Plan verfolgt.
Nach hM wird die Gewerbsmäßigkeit in Analogie zu § 28 Abs. 2 StGB als persönliches strafschärfendes Merkmal behandelt, das im Falle einer Tatbeteiligung mehrerer Personen nur bei den Teilnehmern zur Anwendung kommt, die es selbst aufweisen.
Beispiel: A ist gewerbsmäßiger Dieb. Bei Diebstahl von Baumaterial hilft ihm ausnahmsweise sein Freund B, der davon keinen persönlichen Vorteil hat. In diesem Fall macht A sich gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB strafbar, während B (in einer durch § 28 Abs. 2 StGB analog bewirkten Durchbrechung der Akzessorietät der Teilnahme) nur nach § 242 Abs. 1 StGB bestraft wird.
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4-7 StGB im Überblick
Die in § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4-7 StGB genannten Regelbeispiele spielen in juristischen Prüfungen keine besonders große Rolle und lassen sich zu großen Teilen durch bloße Gesetzeslektüre erfassen. Dazu nur einige wenige Hinweise:
Bei § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 StGB genügt es nicht, dass die weggenommene Sache sich in einem Sakralbau befindet (wie etwa Info-Tafeln oder Sitzgelegenheiten), sondern sie müssen unmittelbar im Gottesdienst zum Einsatz kommen (wie zB der Altar in einer Kirche, die Rahle in einer Moschee oder die Menora in einer Synagoge) oder der religiösen Verehrung dienen (bspw. Reliquien).
§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 StGB erfasst nur Kunstwerke, die öffentlich zugänglich sind, und nicht solche, die sich in der Allgemeinheit unzugänglichen Privatsammlungen befinden.
Unter Hilflosigkeit iSv § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 Var. 1 StGB werden außergewöhnliche Schwächezustände wie Blindheit, Taubheit, Fieber, Trunkenheit etc. erfasst, nicht aber hohes Alter per se und auch nicht der Schlaf. Die Begriffe „Unglücksfall“ (Var. 2) und „gemeine Gefahr“ (Var. 3) werden wie bei § 323c StGB verstanden (→ BT I § 34 Rn. 5 ff.). Die Lage eines Hilflosen wird ausgenutzt, wenn dessen Selbstschutzmöglichkeit durch seine Hilflosigkeit herabgesetzt ist (zB wenn man dem auf Grund von Alkoholintoxikation kaum bewegungsfähigen Opfer das Handy aus der Hosentasche zieht). In Unglücksfällen oder bei gemeiner Gefahr kann auch eine notfallbedingte Gewahrsamslockerung von Helfern ausgenutzt werden.
Beispiel (nach OLG Hamm NStZ 2008, 218): T greift in einer Gaststätte das hinter der Theke liegende Kellnerportemonnaie und nimmt daraus Geldscheine im Wert von 100 EUR, während der Wirt selbst und weitere in der Gaststätte befindliche Personen einem vor der Gaststätte gestürzten Fahrradfahrer, der sich nicht unerheblich verletzt hat, zu Hilfe eilen.
Für § 243 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 StGB müssen Waffe oder Sprengstoff nicht sofort einsatzbereit sein. Wer sogar eine einsatzfähige Waffe stiehlt, erfüllt § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 1 StGB (→ § 3 Rn. 6 ff.), der den § 243 Abs. 2 S. 2 Nr. 7 StGB dann verdrängt (zum Konkurrenzverhältnis von § 243 StGB und § 244 StGB → Rn. 66).
Die Geringwertigkeits-Klausel in § 243 Abs. 2 StGB
Nach § 243 Abs. 2 StGB scheidet die Annahme eines besonders schweren Falls in den Fällen des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-6 StGB trotz Erfüllung eines Regelbeispiels aus, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht. Nach dem Wortlaut von § 243 Abs. 2 StGB wäre es in solchen Konstellationen gleichwohl möglich, einen unbenannten besonders schweren Fall des Diebstahls anzunehmen. Die hM interpretiert die enge Fassung des Wortlauts zurecht aber als Redaktionsversehen und hält auch einen unbenannten besonders schweren Fall des Diebstahls bei Wegnahme von geringwertigen Sachen für nicht möglich.
Bezug der Tat auf eine geringwertige Sache
Gering ist der Wert einer Sache, wenn er nach allgemeiner Verkehrsauffassung für Gewinn und Verlust als unerheblich anzusehen ist.
Maßgeblich ist der objektive Verkehrswert zur Tatzeit, unabhängig von den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten. Unerheblich ist dagegen das lucrum ex negotio cum re, also der Wert, der sich aus dem Umgang mit der Sache ziehen lässt (zB ist die Zutrittskarte zu einem Fitness-Studio geringwertig auch wenn sich damit der Zutritt zu einem Studio erlangen lässt, das 100 EUR im Monat kostet). Als Geringwertigkeitsschwelle werden zurzeit in der Rechtsprechung zumeist 50 EUR herangezogen.
Die Tat bezieht sich auf eine geringwertige Sache, wenn nicht nur Gegenstand der Wegnahme erstens eine objektiv geringwertige Sache ist, sondern sich zweitens auch der Vorsatz auf die Wegnahme einer geringwertigen Sache richtet (sog. Erfordernis der „doppelten Geringwertigkeit“).
Vorsatzwechsel
In der Praxis (und in der Folge auch in juristischen Prüfungen) tritt häufig das Problem auf, dass der Vorsatz des Täters bezüglich des von ihm anvisierten Diebesgutes im Tatverlauf wechselt.
Beispiel: T will dem O eine wertlose Puppe stehlen, um ihn zu verärgern. Als er den Schrank öffnet, in dem O die Puppe aufbewahrt, findet er zu seiner Überraschung 5000 EUR in bar. Er entscheidet spontan, neben der Puppe auch das Geld mitzunehmen.
Im Beispielfall erweitert der Täter seinen ursprünglich auf eine geringwertige Sache gerichteten Vorsatz nachträglich über die Grenzen der Geringwertigkeit hinaus. Die hM würde in diesem Fall § 243 Abs. 2 StGB nicht anwenden, weil letztlich nicht ausschließlich geringwertige Sachen weggenommen wurden.
Entsprechendes wird für die gegenteilige Konstellation vertreten, in der erst eine wertvolle Sache gestohlen werden soll, der Vorsatz sich dann aber auf eine wertlose Sache verengt: Die hM verneint auch hier § 243 Abs. 2 StGB,
Richtigerweise wird man hier mit Rengier anhand des Vorsatzes differenzieren müssen, ob noch von einer einheitlichen Tat auszugehen ist (dann ist § 243 Abs. 2 StGB nur anzuwenden, wenn der Vorsatz sich durchgehend auf eine geringwertige Sache bezog) oder ob der Wegnahmevorsatz zwischenzeitlich endgültig aufgegeben und dann neu gebildet wurde (sodass eine getrennte Beurteilung des ursprünglichen und des neuen Vorsatzes angebracht ist).
Besonders schwerer Fall und Versuch
Das Zusammenspiel von § 243 StGB und den Regeln über den Versuch gem. §§ 22 ff. StGB wirft Probleme auf, die vielfach in Prüfungen abgefragt werden. Es sind hier zwei Problemkreise zu unterscheiden:
Erstens wird diskutiert, ob die Regelungen über den Versuch zumindest dem Sinn nach auf die Regelbeispiele des § 243 StGB anzuwenden sind (→ I.).
Zweitens wird unterschiedlich beurteilt, ob und wie die Erfüllung eines Regelbeispiels sich auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zum versuchten Diebstahl auswirkt (→ II.).
Entfalten die Regelbeispiele des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB ihre Indizwirkung auch, wenn sie nur „versucht“ sind?
Zunächst zur Frage, inwieweit die dem Wortlaut von § 22 StGB nach nur auf Straftatbestände anwendbaren Regeln des Versuchs zumindest der Sache nach auch auf die Strafzumessungsregel des § 243 StGB Anwendung finden können. Hier werden üblicherweise drei Fallkonstellationen unterschieden.
Fallkonstellation 1: Versuchter Diebstahl, „vollendetes“ Regelbeispiel
Unstreitig ist die Lösung des Falls, in dem der Diebstahl versucht wird, ein Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 StGB aber zur Vollendung kommt.
Beispiel: A bricht in das Büro des B ein, findet aber keine Wertsachen und zieht ohne Beute davon.
Nach allgemeiner Ansicht wird A im Beispielfall wegen eines versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB) bestraft.
Fallkonstellation 2: Versuchter Diebstahl, „versuchtes“ Regelbeispiel
Umstritten (und in juristischen Prüfungen oft Thema) ist dagegen die Konstellation, in der weder der Diebstahl noch das Regelbeispiel zur Vollendung kommen.
Beispiel (nach BGHSt 33, 370): A will in eine Gaststätte einbrechen, um von dort Sachen wegzunehmen. Während er versucht, sich Zugang zu verschaffen, wird er jedoch von der Polizei gestellt.
In der Leitentscheidung BGHSt 33, 370 bejahte der BGH in einem solchen Fall die Regelwirkung des § 243 StGB.
Fallkonstellation 3: Vollendeter Diebstahl, „versuchtes“ Regelbeispiel
Ebenfalls sehr umstritten ist die Fallkonstellation, in der sowohl Grunddelikt als auch Regelbeispiel „versucht“ sind.
Beispiel: T will einen Zigarettenautomaten aufbrechen. Als er mit dem Brecheisen ansetzt, stellt er jedoch fest, dass der Automat bereits kaputt und der Inhalt für jedermann zugänglich ist. Er bedient sich reichlich.
Folgt man der Logik, die die Leitentscheidung BGHSt 33, 370 in der Konstellation „Diebstahl versucht, Regelbeispiel nicht vollendet“ entwickelt hat (→ Rn. 56), müsste der Beispielfall konsequenterweise genauso gelöst werden, dass das nur „versuchte“ Regelbeispiel seine Indizwirkung entfaltet und T gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB bestraft wird. Erstaunlicherweise hat der BGH aber in den Entscheidungen, die er zu dieser Fallgruppe bisher getroffen hat, gegenteilig entschieden und (zu Recht) angenommen, dass ein nur „versuchtes“ Regelbeispiel keine Indizwirkung für einen besonders schweren Fall entfaltet.
Klausurhinweis: In der Klausur ist es wenig zielführend (und wird auch nicht erwartet), Entwicklung und Widersprüche der BGH-Judikatur zum „versuchten“ Regelbeispiel herauszuarbeiten. Stattdessen empfehle ich, die einschlägige Fallkonstellation zunächst zu benennen und das aufgeworfene Rechtsproblem („Kann die Indizwirkung eines Regelbeispiels gegeben sein, obwohl das Regelbeispiel nicht vollendet ist?“) dann anhand der üblichen Auslegungsmethodik lösen. Dabei kann für die Fallkonstellationen 2 und 3 jeweils dieselbe Argumentation vorgetragen werden.
Auswirkungen der Erfüllung eines Regelbeispiels auf das unmittelbare Ansetzen zum Versuch des Diebstahls
Bei der Prüfung des versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall kommt es nach hM beim Prüfungspunkt „Unmittelbares Ansetzen“ auf das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme als Tathandlung von § 242 Abs. 1 StGB an und nicht darauf, ob der Täter bereits ein Regelbeispiel iSv § 243 Abs. 1 S. 2 StGB erfüllt hat.
Zumindest in Fällen von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB misst der BGH dem Regelbeispiel faktisch aber trotzdem Bedeutung für die Prüfung des unmittelbaren Ansetzens zur Wegnahme bei. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Der BGH ist der Auffassung, dass ein Täter zur Wegnahme unmittelbar ansetzt, wenn aus seiner Sicht die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht.
Nach den vorstehend umrissenen Maßstäben hat der BGH in seiner zT mäandernden
der Täter lediglich einen gewahrsamssichernden Schutzmechanismus mit einer Taschenlampe anleuchtet, um ihn zu untersuchen;
BGH NJW 2017, 1189. der Täter in der Nähe des Tatorts eintrifft, aber noch nicht sogleich mit der Benutzung des bereitgelegten Einbruchswerkzeugs beginnen will;
BGH NStZ 1989, 473. der Täter sich bisher lediglich zur Rückseite des Gebäudes begeben hat, in das eingebrochen werden soll;
BGH BeckRS 2016, 6455. der Täter mit Verzögerung erst noch umfangreiches Werkzeug herbeischaffen muss, um einen Bankautomaten aufbrechen zu können.
BGH NStZ 2015, 207.
Der 5. BGH-Strafsenat hatte das unmittelbare Ansetzen zur Wegnahme einst in einem Fall verneint, in dem Täter eine Terrassentür angebohrte, den Schließmechanismus aber noch nicht aufhebeln konnte,
Bejaht wurde ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme dagegen beispielsweise in einem Fall, in dem der Täter einen Zigarettenautomaten aufbrechen wollte und diesen bereits mit einem Handtuch und einer Plane verhüllt hat, um die Geräusche seines (noch nicht zum Einsatz gebrachten, aber schon parat liegenden) Aufbruchswerkzeugs zu dämpfen.
Konkurrenzen
Da § 243 Abs. 1 S. 1 StGB eine Strafzumessungsregel ist, die die Rechtsfolge von § 242 StGB modifiziert, besteht zwischen beiden Normen kein Konkurrenzverhältnis. Für die Frage, ob ein (§ 52 Abs. 1 StGB) oder mehrere (§ 53 Abs. 1 StGB) Diebstähle in einem besonders schweren Fall vorliegen, ist allein die Tathandlung des Diebstahls (d. h. die Wegnahme) entscheidend und nicht die Zahl der verwirklichten Regelbeispiele.
Auch § 243 StGB und § 244 StGB können niemals gemeinsam durch dieselbe Handlung verwirklicht werden. Denn wenn § 244 StGB erfüllt ist, verdrängt er im Wege der Spezialität den § 242 Abs. 1 StGB und damit automatisch auch § 243 StGB, der ja lediglich eine modifizierte Rechtsfolge von § 242 Abs. 1 StGB bereithält.
Sowohl in der Praxis als auch in juristischen Prüfungen kommen häufig Fälle vor, in denen ein Einbruchsdiebstahl (§ 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB) in Handlungseinheit mit einer Sachbeschädigung (§ 303 StGB) begangen wird.
Beispiel: A tritt das Fenster eines Bürogebäudes ein, klettert hindurch und erbeutet einen Computer.
Der BGH hat in solchen Konstellationen lange angenommen, dass § 303 StGB durch die Verwirklichung des §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB konsumiert wird, weil ein Einbruchsdiebstahl typischerweise mit der Beschädigung fremdem Eigentums einhergehe und ein auf Einbruchsdiebstahl lautender Schuldspruch das begangene Unrecht daher hinreichend klar abbilde. Davon ist das Gericht jedoch mittlerweile abgekommen
Mit Blick auf § 123 StGB hat der BGH bisher noch nicht denselben Rechtsprechungswechsel vollzogen, wie er in der vorstehenden Rn. für das Verhältnis von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB skizziert wurde. Hier dürfte es zumindest für § 123 Abs. 1 Alt. 1 StGB dabei bleiben, dass ein handlungseinheitlich mit § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB begangener Hausfriedensbruch durch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB konsumiert wird, weil das im Hausfriedensbruch enthaltene Unrecht im Wesentlichen schon durch § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB erfasst wird. Ein Fall des § 123 Abs. 1 Alt. 2 StGB kann wegen der zusätzlichen Verletzung des Hausrechts allerdings auch in Tateinheit zur Verwirklichung von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB stehen (zB wenn der Dieb vom Inhaber des Hausrechts erwischt wird und sich weigert, das Grundstück zu verlassen).
Prüfungsschema
Einleitungssatz: T könnte sich gem. §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 S. 2 Nr. [...] StGB strafbar gemacht haben, in dem er [...]
Tatbestand des § 242 StGB
Rechtswidrigkeit
Schuld
Strafzumessung: Besonders schwerer Fall des Diebstahls
Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-7 StGB
Vorsatz (§§ 15, 16 Abs. 1 S. 1 StGB analog)
Geringwertigkeits-Klausel des § 243 Abs. 2 StGB
Besondere Merkmale des Einzelfalls, die die Annahme eines besonders schweren Falles ausschließen, obwohl ein Regelbeispiel erfüllt ist
Besondere Merkmale des Einzelfalls, die einen besonders schweren Fall begründen, obwohl kein Regelbeispiel erfüllt ist (sog. unbenannter schwerer Fall)
Weiterführende Studienliteratur und Übungsfälle
Weiterführende Studienliteratur
Huber, Grundwissen – Strafrecht: Versuchter besonders schwerer Fall des Diebstahls?, JuS 2016, 597
Übungsfälle
Rönnau/Özcan, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: „Bruderliebe“ im kriminellen Milieu, JuS 2022, 843
Esser/Zitzelsberger, Anfängerklausur – Strafrecht: Diebstahl – Weinblätter auf Abwegen, JuS 2021, 135
Esser/Herz, Anfängerklausur – Strafrecht: Wohnungseinbruchdiebstahl – Home, sweet home, JuS 2017, 997
Schmitt-Leonardy, (Original-)Referendarexamensklausur – Strafrecht: Der „Bling-Bling-Ring“, JuS 2017, 436
Steinberg/Müller, Übungsfall: Der mutige Mitarbeiter, ZJS 2008, 807