Kilian Wegner Strafrecht AT 2: Übungsfälle Licensed under CC-BY-4.0

Einheit 13 – Lösungshinweise

Lösungshinweise zu Fall 1

Vorbemerkung: Der Hauptunterschied zwischen Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe, §§ 26, 27 StGB) und Täterschaft besteht darin, dass die Teilnehmer keine eigene Tat begehen, sondern an der Tat eines anderen – der sog. „Haupttat“ – teilnehmen. Die Strafbarkeit des Anstifters (und des Gehilfen) hängt von der Tat des Haupttäters ab, §§ 26, 27 StGB setzen eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat voraus. Man spricht von der „limitierten Akzessorietät“ der Teilnahme, was in etwa „begrenzte Abhängigkeit“ bedeutet; die Strafbarkeit des Teilnehmers hängt von einer Haupttat ab (Akzessorietät), die aber lediglich vorsätzlich und rechtswidrig, nicht schuldhaft sein muss (daher „limitierte“ Akzessorietät). Aufgrund der Akzessorietät sollte zunächst die Strafbarkeit des Tatnächsten, also des möglichen Haupttäters geprüft werden („Täterschaft vor Teilnahme“). Daraus ergibt sich für Anstiftung folgendes Aufbauschema:

A. Strafbarkeit des Haupttäters

B. Strafbarkeit des Anstifters

I. Tatbestandsmäßigkeit

1. Objektiver Tatbestand

a) Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttat eines anderen

b) „Bestimmen“ im Sinne des § 26 StGB (Teilnahmehandlung)

2. Subjektiver Tatbestand

a) Vorsatz in Bezug auf die Vollendung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat

b) Vorsatz in Bezug auf mauf die eigene Teilnehmerhandlung

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

Da laut Bearbeitervermerk die Strafbarkeit des Haupttäters vorausgesetzt werden kann, kann vorliegend direkt mit der Prüfung der Anstiftung begonnen werden.

Strafbarkeit der J gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung

J könnte sich wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB strafbar gemacht haben, indem sie den Baseballschläger neben das Paket stellte.

Tatbestandsmäßigkeit

Dazu müsste J tatbestandsmäßig gehandelt haben.

Objektiver Tatbestand

Zu prüfen ist zunächst, ob J den objektiven Tatbestand der Anstiftung verwirklichte. Dies wäre dann der Fall, wenn sie einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hätte (§ 26 StGB).

Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

Die von F begangene gefährliche Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB stellt eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat dar.

Teilnahmehandlung

Fraglich ist jedoch, ob J die F zu dieser Tat bestimmt hat. Bestimmen i.S.d. § 26 StGB bedeutet das zumindest mitursächliche Hervorrufen des Tatentschlusses beim Haupttäter. Dies könnte vorliegend jedoch fraglich erscheinen. Laut Sachverhalt stellte J nur den Baseballschläger neben das Paket, ohne mit F bezüglich der Tatbegehung zu kommunizieren. Sie hat lediglich eine tatanreizende Situation geschaffen. Die Frage, ob in jeder Verursachung des Tatentschlusses eine Anstiftung liegt, oder eine kommunikative Beeinflussung des Täters durch den Anstifter erforderlich ist, ist umstritten.

Nach einer Ansicht ist für die Annahme des Bestimmens i.S.d. § 26 StGB jede Verursachung des Tatentschlusses ausreichend. Die Schaffung einer bloßen Tatgelegenheit kann demnach die Anstiftung begründen. Nach dieser Auffassung hätte J die F durch das Platzieren des Baseballschlägers neben dem Paket zur gefährlichen Körperverletzung bestimmt.

Eine andere Ansicht bejaht erst dann die Anstiftung, wenn Anstifter und Haupttäter sich auf einen gemeinsamen Tatplan i.S.e. ,,Unrechtspaktes“ verständigt haben, in dessen Rahmen der Angestiftete dem Hintermann das Versprechen der Tatausführung gibt und sich diesem unterordnet. Der Haupttäter könne sich frei zur Tat entscheiden, er müsse demnach dem Anstifter die Tat zusagen, sodass es einer Verabredung zwischen beiden bedürfe. Eine solche Verabredung ist vorliegend nicht ersichtlich. Nach dieser Auffassung wäre also das Bestimmen der F zu verneinen.

Die herrschende Ansicht versteht unter Bestimmen das Hervorrufen des Tatentschlusses durch eine Willensbeeinflussung im Wege des offenen geistigen Kontakts, durch die der Täter zur Begehung der Haupttat zumindest angeregt wird. Es wird also mehr als ein Arrangieren einer tatanreizenden Situation gefordert. Vorliegend fand zwischen J und F kein geistiger Kontakt statt. Nach dieser Auffassung läge also kein Bestimmen seitens der J vor.

Die Auffassungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Stellungnahme ist mithin erforderlich. Lediglich die erste Ansicht bejaht das Bestimmen der F. Diese Auffassung überzeugt allerdings nicht. Das Gesetz stellt den Strafrahmen der Anstiftung mit dem der Täterschaft gleich und verlangt damit einen vergleichbaren Unrechtsgehalt der Verhaltensweisen. Eine Strafmilderung, wie in § 27 StGB, ist nicht vorgesehen. Jede vorsätzliche Verursachung einer Straftat kann aus diesem Grund nicht als Anstiftung pönalisiert werden. Anderenfalls würden auch Fälle minder schweren Unrechts aus dem für die Täterschaft vorgesehenen Strafrahmen bestraft. Die zuerst dargestellte Ansicht ist daher abzulehnen. Die beiden verbleibenden Auffassungen kommen zum selben Ergebnis, weshalb eine weitergehende Stellungnahme entbehrlich ist.

Der objektive Tatbestand der Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung wurde demnach nicht erfüllt.

Ergebnis

F hat sich nicht gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung strafbar gemacht.

Lösungshinweise zur Abwandlung von Fall 1

Strafbarkeit der J gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung

J könnte sich wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB strafbar gemacht haben, indem sie F durch ihren Zuruf aufforderte, M mit dem Baseballschläger zu schlagen.

Tatbestandsmäßigkeit

Fraglich ist, ob J tatbestandsmäßig gehandelt hat.

Objektiver Tatbestand

Dazu müsste sie einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt haben.

Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat

Eine vorsätzliche rechtswidrige Haupttat ist vorliegend gegeben (s.o.).

Teilnahmehandlung

Problematisch ist vorliegend jedoch, ob J die F zu der gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB bestimmt hat. Unter ,,Bestimmen“ i.S.d. § 26 StGB versteht man das Hervorrufen des Tatentschlusses. Nicht angestiftet werden kann, wer zur Tat bereits fest entschlossen ist (omnimodo facturus). Vorliegend war jedoch F fest dazu entschlossen, den M zu verprügeln und dadurch eine einfache Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB zu begehen. Fraglich ist, ob dies der Annahme eines Bestimmens entgegensteht. Man könnte zunächst daran denken, J hat die F zu einer völlig anderen Tat, einem sog. Aliud, angestiftet. Dann würde es sich um eine Umstiftung handeln, die problemlos nach den allgemeinen Regeln möglich wäre.

Hinweis: Dieser Ansicht sollten Sie in der Klausur schon deshalb nicht folgen, weil Sie sich dadurch die im Folgenden erörterten Probleme abschneiden.

Allerdings liegt bei jeder gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 StGB als Grunddelikt eine einfache Körperverletzung nach § 223 StGB vor. Damit ist vorliegend ein Bestimmen zur Qualifikation gegeben, was unter dem Terminus der ,,Aufstiftung“ oder auch ,,Überstiftung“ diskutiert wird. Die rechtliche Behandlung einer solchen Aufstiftung ist umstritten.

Nach einer Ansicht scheidet eine Anstiftung aus. Dem Anstifter würden damit Unrechtsteile angelastet, die nicht auf seine Initiative zurückgehen. § 26 StGB fordere allerdings gerade ein Hervorrufen des Tatentschlusses und kein bloßes Übersteigern. Hiernach hätte J die F nicht zur Tat bestimmt. Nach dieser Auffassung käme allerdings psychische Beihilfe zur Qualifikation bzw. zum Grunddelikt durch Bestärken des Tatentschlusses in Betracht.

Eine andere Auffassung nimmt Anstiftung an, wenn der Täter nicht nur ein Unrechtsplus, sondern eine die ganze Tatidentität verändernde Unrechtsmodifizierung verursacht hat. In der Veranlassung zu einem Qualifikationstatbestand ist demnach eine Anstiftung zu sehen, wenn der Haupttäter bezüglich des Grunddelikts bereits omnimodo facturus war. Vorliegend wurde nicht lediglich statt des Tatbestandes des § 223 StGB derjenige des § 224 StGB verwirklicht. Vielmehr wurde ein Delikt unteren Schweregrades, nämlich die intendierte körperliche Misshandlung, in eine wesentlich brutalere und gefährlichere Tat transformiert. Demzufolge läge nach dieser Ansicht ein Bestimmen seitens der J vor.

Nach der letzten dazu vertretenen Ansicht kommt Anstiftung immer dann in Betracht, wenn das Unrecht der Tat durch die Einwirkung konkret gesteigert wird. Ausschlaggebend ist also, ob der Unwertgehalt der Tat durch die Aufstiftung gegenüber dem ursprünglichen Tatplan erheblich erhöht worden ist. Das ist entsprechend den Ausführungen zur vorgenannten Meinung zu bejahen. Auch nach dieser Auffassung liegt ein Bestimmen der J vor.

Aufgrund der unterschiedlichen Resultate der genannten Positionen, ist ein Streitentscheid erforderlich. Lediglich die erste Ansicht verneint im vorliegenden Fall das Bestimmen seitens der J. Gegen diese Auffassung spricht jedoch Folgendes. Folgt man dieser Ansicht, wird dem Täter die obligatorische Strafmilderung des § 27 Abs. 2 S. 2 StGB auch dann zugesprochen, wenn der Hintermann aufgrund seiner Einflussnahme zu einem gravierend gesteigerten Unrechtsgehalt beigetragen hat. Der Anstifter hat durch die Aufstiftung zur Qualifikation eine Unwertsteigerung herbeiführt, für welche er allein verantwortlich ist. Wird anstatt der Grundtatbestandes die Qualifikation verwirklicht, hat der Anstifter neues Unrecht in die Welt gesetzt, das sich klar von der Tat abgrenzen lässt, die der Haupttäter ursprünglich begehen wollte. Damit ist die erste Ansicht als nicht sachgerecht abzulehnen. Dementsprechend war F hier nicht fest zur Tat entschlossen, sondern wurde zur Begehung des übersteigerten Tatganzen durch F bestimmt. (a.A. vertretbar)

Subjektiver Tatbestand

J handelte vorsätzlich bezüglich der Vollendung der Haupttat, wie auch hinsichtlich ihrer Anstifterhandlung. Es liegt mithin der erforderliche sog. „doppelte Anstiftervorsatz“ vor.

Rechtswidrigkeit und Schuld

Rechtswidrigkeit und Schuld sind gegeben.

Ergebnis

J hat sich wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2, 26 StGB strafbar gemacht.

Hinweis: Wenn Sie der ersten Ansicht folgen, scheidet die Strafbarkeit der J wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung aus. In diesem Fall müssten Sie aber auch noch die psychische Beihilfe prüfen. Die Beihilfe wird in der nächsten Einheit behandelt!

Lösungshinweise zu Fall 2

Strafbarkeit von Rose gem. § 212 Abs. 1 StGB durch den Schuss auf Harnisch

Rose könnte sich wegen Totschlags gem. § 212 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er auf Harnisch schoss.

Tatbestandsmäßigkeit

Objektiver Tatbestand

Harnisch ist tot, der Taterfolg des § 212 Abs. 1 StGB ist mithin eingetreten. Den Tod von Harnisch hat Rose ferner in objektiv zurechenbare Weise verursacht. Der objektive Tatbestand des Totschlags ist damit erfüllt.

Subjektiver Tatbestand

Fraglich ist, ob Rose im Hinblick auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale vorsätzlich gehandelt hat. Sein Ziel war es, einen Menschen zu töten. Er handelte insofern mit dolus directus 1. Grades.

Er befand sich zwar in einem Irrtum über die Identität des von ihm anvisierten Opfers. Ein solcher error in persona ist jedoch – bei hier gegebener tatbestandlicher Gleichwertigkeit der Tatobjekte – unbeachtlich und führt nicht zum Vorsatzausschluss nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB.

Der subjektive Tatbestand ist demnach erfüllt.

Rechtswidrigkeit

Rose handelte rechtswidrig.

Schuld

Rose handelte auch schuldhaft.

Ergebnis

Rose hat sich eines Totschlags gem. § 212 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

Strafbarkeit von Rosahl gem. §§ 212 Abs. 1, 26 StGB wegen Anstiftung zum Totschlag

Rosahl könnte sich gem. §§ 212 Abs. 1, 26 StGB wegen Anstiftung zum Totschlag strafbar gemacht haben, indem er Rose versprach, ihn reichlich zu belohnen, wenn er den Zimmermann Schliebe aus Lieskau erschösse.

Hinweis: In der Klausur könnten Sie auch mit der Strafbarkeit wegen Totschlags in Mittäterschaft beginnen, da dies eine gewichtigere Begehungsform darstellt. Jedoch liegt weder ein gemeinsamer Tatplan noch ein potenziell täterschaftsbegründender Tatbeitrag des Rosahl vor, weshalb Mittäterschaft (im Ergebnis eindeutig) nicht in Betracht kommt.

Tatbestandsmäßigkeit

Rosahl müsste tatbestandsmäßig gehandelt haben.

Objektiver Tatbestand

Die vorsätzliche rechtswidrige Haupttat liegt in dem von Rose begangenen Totschlag an Harnisch. Dazu hat Rosahl den Arbeiter Rose auch bestimmt, indem er ihm versprach, ihn reichlich zu belohnen, wenn er den Zimmermann Schliebe erschösse, wodurch der Tatentschluss hervorgerufen wurde.

Der objektive Tatbestand ist damit gegeben.

Subjektiver Tatbestand

Des Weiteren müsste Rosahl Vorsatz in Bezug auf die von Rose verübte Tat und auf seine eigene Anstifterhandlung gehabt haben. Der Vorsatz bezüglich der Anstifterhandlung ist unproblematisch zu bejahen. Zweifelhaft erscheint demgegenüber der Vorsatz in Bezug auf die von Rose verübte Tat. Nach Vorstellung von Rosahl sollte Rose nicht Harnisch, sondern den Zimmermann Schliebe töten. Die Frage, wie sich ein error in persona des Angestifteten auf die Strafbarkeit des Anstifters auswirkt, ist umstritten. Es könnte aufgrund der Identitätsverwechslung des Vordermannes am erforderlichen doppelten Anstiftervorsatz des Hintermannes fehlen.

Nach einer Ansicht wirkt sich ein error in persona des Vordermannes auf die Strafbarkeit des Hintermannes in keiner Weise aus. Hiernach ist der Irrtum generell unbeachtlich und der Vorsatz des Rosahl wäre zu bejahen. Der BGH hält demgegenüber den Irrtum nur dann für unbeachtlich, wenn sich die Verwechslung im Rahmen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren bewegt. Es wird also auf die Wesentlichkeit bzw. Unwesentlichkeit der Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf abgestellt. Die Möglichkeit einer Personenverwechslung durch Rose, der die Tat während der Dämmerung ausführte, liegt vorliegend nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung. Auch nach dieser Meinung steht der Annahme des subjektiven Tatbestandes der Anstiftung nichts entgegen und Rosahl handelte mit doppeltem Anstiftervorsatz.

Eine andere Ansicht geht stets von einer (beachtlichen) aberratio ictus des Hintermannes aus, wenn der Vordermann einer Identitätstäuschung unterliegt. Danach wäre im vorliegenden Fall eine vollendete Anstiftung zu verneinen und lediglich eine versuchte Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB und eine fahrlässige Tötung gem. § 222 StGB zu bejahen.

Hinweis: Innerhalb dieser Sichtweise wird auch die Meinung vertreten, der Anstifter sei wegen vollendeter Anstiftung zur versuchten Tat (anstatt versuchter Anstiftung) zu bestrafen. Dies ist dogmatisch allerdings zweifelhaft, da es an einer Haupttat fehlt. Ein Angriff auf die falsche Person ist nicht zugleich ein versuchter Angriff auf die abwesende richtige Person.

Eine vermittelnde Sichtweise differenziert – in der Sache ähnlich wieder BGH – danach, ob der Anstifter dem Haupttäter die Individualisierung des Opfers überlassen hat und jener bei Ausführung seiner Tat bestrebt war, die ihm erteilten Instruktionen und Weisungen zu befolgen. Diese Ansicht fragt also danach, ob die Objektverwechslung auf einem Planungsfehler des Hintermannes zurückgeht. Sofern dies gegeben ist, sei der error in persona auch für ihn unbeachtlich. Zu aberratio ictus gelangt diese Meinung, wenn der Haupttäter bewusst oder unbewusst von der Planung abweicht. Vorliegend hat Rosahl dem Rose gesagt, er solle Schliebe erschießen. Nach dieser Ansicht hat sich also Rose an die Weisungen von Rosahl gehalten. Der error in persona des Haupttäters wäre also auch danach für Rosahl unbeachtlich. Er hätte demnach mit doppelten Anstiftervorsatz gehandelt.

Die vorgetragenen Ansichten gelangen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Streitentscheid ist mithin erforderlich. Lediglich die dritte Ansicht verneint im vorliegenden Fall den doppelten Anstiftervorsatz. Diese Ansicht überträgt allerdings eine für die Täterschaft konstruierte Rechtsfigur auf den Bereich der Teilnahme. Dies vermag aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen. Bei einer aberratio ictus wird ein bestimmtes Objekt sinnlich wahrnehmbar anvisiert und der Erfolg tritt an einem anderen Objekt ein. An jener sinnlichen Wahrnehmung fehlt es jedoch beim Anstifter. Er hat lediglich eine geistig abstrakte Vorstellung vom Tatgeschehen. Außerdem führt diese Ansicht zu Strafbarkeitslücken, wenn die intendierte Haupttat lediglich Vergehenscharakter hat und eine versuchte Anstiftung gem. § 30 Abs. 1 StGB demnach ausscheiden muss. Somit ist die dritte Ansicht abzulehnen. Rosahl handelte mit doppeltem Anstiftervorsatz.

Rechtswidrigkeit

Rosahl handelte rechtswidrig.

Schuld

Rosahl handelte auch schuldhaft.

Ergebnis

Rosahl hat sich wegen Anstiftung zum Totschlag gem. §§ 212 Abs. 1, 26 StGB strafbar gemacht.