Notwendiges Vorwissen: Mit der Begünstigung wird die Beute aus einer zuvor begangenen Straftat eines anderen gesichert (bzw. der Täter beabsichtigt dies jedenfalls). Rudimentäre Kenntnisse der insoweit als „Beutequelle“ besonders relevanten Vermögensdelikte sind deshalb für das Verständnis der Beispiele erforderlich. Aufgrund der Nähe der Begünstigung zur Beihilfe sollte der Leser die Grundlagen der Teilnahmedogmatik beherrschen.
Die Begünstigung bildet gemeinsam mit der Strafvereitelung, der Hehlerei sowie der Geldwäsche den 21. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB. Diese Delikte werden gemeinhin als Anschlussdelikte bezeichnet. Sie unterscheiden sich von sonstigen Straftatbeständen durch ihr gemeinsames Tatbestandsmerkmal der rechtswidrig begangenen Vortat. Die Vortat, an die sich das Täterverhalten anschließt, muss eine andere Person begangen haben (Ausnahme: § 261 Abs. 7 StGB), die als „Vortäter“ bezeichnet wird. In ihren Voraussetzungen variieren die vier Anschlussdelikte ansonsten beträchtlich. Sie schützen kein einheitliches Rechtsgut, haben äußerst unterschiedliche Strafverfolgungsvoraussetzungen, Strafausschließungsgründe sowie Strafzumessungsregeln und sind verschiedenen Deliktstypen zuzuordnen.
Begünstigung und Strafvereitelung eint ihre traditionell altruistische Tatmotivation. Beide Tatbestände verlangen in subjektiver Hinsicht, dass der Täter mit dolus directus 1. bzw. 2. Grades entweder darauf abzielt, dem Vortäter die Früchte seiner Tat zu erhalten (§ 257 StGB, früher „sachliche Begünstigung“) oder Sanktionen von ihm abzuwehren (§ 258 StGB, früher „persönliche Begünstigung“). Sie stehen damit dem Gedanken einer Teilnahme nach der Tat (auxilium post delictum) deutlich näher als die typischerweise egoistisch begangene Hehlerei.
Das Paradebeispiel einer Begünstigung ist das Verstecken von Diebesgut. Dadurch entzieht der Täter die Beute dem Zugriff des Eigentümers und der Ermittlungsbehörden. Im Unterschied zu einem Gehilfen fördert der Begünstiger nicht mehr den Angriff auf das Rechtsgutsobjekt (die in fremdem Eigentum und Gewahrsam stehende Sache), sondern er verfestigt den bereits geschaffenen rechtswidrigen Zustand (Restitutionsvereitelung). Darin liegt das „Wesen“ der Begünstigung.
Als Tatbestand mit „überschießender Innentendenz“ muss die Vorteilssicherung dem Täter nicht gelingen, er muss sie nur beabsichtigen (zur insoweit vergleichbaren Struktur beim Diebstahl → § 1 Rn. 5).
In seinem zweiten und vierten Absatz regelt der § 257 StGB Details der Strafzumessung und der Strafverfolgungsvoraussetzungen. Der dritte Absatz enthält eine komplexe Sondervorschrift zur Strafbarkeit wegen Begünstigung von Vortatbeteiligten (näher → Rn. 61 ff.).
Der Tatbestand verfügt weder über eine Qualifikation noch über eine Privilegierung.
Der Versuch der Begünstigung ist mangels entsprechender Anordnung straflos (vgl. § 23 Abs. 1 Alt. 2 StGB).
Rechtsgut und Deliktsstruktur
Rechtsgut
Mit der Umschreibung des Wesens der Begünstigung (Restitutionsvereitelung), ist die Frage nach dem Rechtsgut des § 257 StGB noch nicht beantwortet. Denn es bleibt zu klären, welches Interesse durch die Restitutionsvereitelung beeinträchtigt wird, das den Schutz durch das Strafrecht als ultima ratio erfordert.
Rechtsprechung und Literatur ist es bislang nicht gelungen, eine allgemein anerkannte Antwort zu formulieren. Einzelne Autoren gehen sogar davon aus, dass es unmöglich sei, für den § 257 StGB ein Rechtsgut zu benennen, das sich widerspruchslos in die Gesetzessystematik einfügt.
Schutz der Rechtspflege und des Restitutionsanspruchs des Vortatopfers
Die Rechtsprechung akzentuiert als Unrechtkern von § 257 StGB die „Hemmung der der staatlichen Rechtspflege obliegenden Aufgabe, die Wirkungen von Straftaten zugunsten der Opfer durch Wiederherstellung des gesetzmäßigen, durch die Vortat gestörten Zustandes zu beseitigen oder wenigstens zu mildern.“
Der skizzierte zweispurige Ansatz, wonach § 257 StGB zum einen die Rechtspflege, zum anderen aber auch die Individualinteressen der Opfer der Vortaten schütze, zieht jedoch berechtigte Kritik auf sich. Führt die Begünstigung dazu, dass ein Anspruch gegen den Vortäter nicht durchgesetzt werden kann, beeinträchtigt dies nämlich nicht die Rechtspflege, sondern nur das Opfer der Vortat als Inhaber des Restitutionsanspruchs.
Die individualschützende Komponente kann bei § 257 StGB – anders als bei der Hehlerei (→ § 20 Rn. 4 ff.) – aber ebenfalls nicht im Vordergrund stehen. Als taugliche Vortat kommen sämtliche Straftaten in Betracht, aus denen der Vortäter einen Vorteil erlangen kann. Neben Vermögensdelikten wie dem Diebstahl können daher auch Universaldelikte wie die Vorteilsannahme (§ 331 StGB) erfasst sein, bei denen es kein „Opfer der Vortat“ gibt.
Rechtsgut der Vortat
Abzulehnen ist auch der Gedanke, dass die Begünstigung jeweils akzessorisch das durch die Vortat angegriffene Rechtsgut schützt.
Generalpräventiver Ansatz
Das mit dem Begünstigungstatbestand verfolgte Ziel ist vielmehr generalpräventiver Natur und ergänzt die Zwecksetzung des eigentlichen Verbotstatbestands („Primärnorm“, wie etwa § 242 StGB). Indem die Vorschrift den Vortäter nach der Tat von Hilfe „isoliert“,
Deliktsstruktur
Nach nahezu einhelliger Ansicht handelt es sich bei der Begünstigung um ein abstraktes Gefährdungsdelikt – unabhängig von den Nuancierungen beim Rechtsgut. Gleich ob man die Rechtspflege, die Ansprüche des Vortatopfers oder den Verstärkergedanken betont: Der Tatbestand des § 257 StGB setzt keine konkrete Gefährdung oder gar einen Verletzungserfolg voraus. In objektiver Hinsicht muss der Täter dem Vortäter lediglich „Hilfe leisten“.
Objektiver Tatbestand
Der objektive Tatbestand des § 257 StGB setzt sich aus drei Voraussetzungen zusammen: Erforderlich ist die rechtswidrige Vortat eines anderen (I.), aus der dieser Vorteile erlangt hat (II.) und bei deren Sicherung der Täter Hilfe leistet (III.).
Rechtswidrige Vortat eines anderen
Vortat
Der Begriff der rechtswidrigen Tat ist in § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB legaldefiniert. Demnach muss es sich bei der Vortat um eine Straftat handeln, Ordnungswidrigkeiten genügen nicht. Allerdings liegt eine taugliche Vortat auch dann vor, wenn Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe, Strafausschließungsgründe, Prozesshindernisse etc. eine Bestrafung hindern. Versuchte und fahrlässige Taten sind ebenfalls erfasst, wenngleich es bei ihnen im Regelfall an einem erzielten Vorteil fehlt. Die rechtswidrige Verwirklichung eines Straftatbestands muss das Gericht selbstständig feststellen, eine Verurteilung des Vortäters ist nicht erforderlich. Das Gericht ist nicht an vorherige Entscheidungen über die Strafbarkeit des Vortäters gebunden – weder bei einem Freispruch noch bei einer Verurteilung.
Aus einem Umkehrschluss zu § 259 StGB ergibt sich ferner, dass die Vortat kein Vermögensdelikt sein muss. Grundsätzlich kommt jede Straftat als Anknüpfungspunkt in Betracht. Eine gewisse faktische Begrenzung erfährt der Tatbestand aber dadurch, dass dem Vortäter aus der Tat ein Vorteil erwachsen sein muss, was etwa bei einem Hausfriedensbruch selten der Fall sein dürfte (zum Vorteilsbegriff → Rn. 35 ff.). In der Praxis bilden Vermögensdelikte den Regelfall der Vortaten, was auch der Gesetzgeber in § 257 Abs. 4 StGB implizit anerkennt, indem er auf Strafantragsregelungen des Diebstahls (sinngemäß) verweist.
Zeitliches Verhältnis von Vortat und Begünstigung
Allgemeines
Die Begünstigung muss der Vortat zeitlich nachfolgen. Diese Feststellung ist zu präzisieren: Der Begünstigungserfolg (= die Auswirkung der Hilfeleistung, → Rn. 41 ff.) muss eintreten, nachdem der Vortäter den Vorteil (→ Rn. 35 ff.) erlangt hat.
Beispiel: A erfährt zufällig, dass sein Bruder B einige Autos stehlen will. Damit die Fahrzeuge im Nachhinein schlechter gefunden werden können, legt A in die Garage des B einen Satz gefälschte Kennzeichen. Am Abend entwendet B die Autos und findet die Kennzeichen erst in der Nacht, als er in die Garage zurückkehrt.
A nimmt die Begünstigungshandlung in einem Zeitpunkt vor, in dem der Diebstahl des B noch nicht ins Versuchsstadium gelangt ist, sondern sich noch in der (straflosen) Vorbereitung befindet. Der Begünstigungserfolg tritt aber erst ein, als B nachts die Kennzeichen findet. Man spricht insoweit von einer vorgeleisteten bzw. antizipierten Begünstigung. Der Begriff des „Erfolgs“ darf nicht mit einem Unrechtserfolg verwechselt werden, den der § 257 StGB nicht kennt (→ Rn. 8 ff.). Der Begünstigungserfolg liegt schlicht darin, dass dem Vortäter die Hilfe zugutekommt, nicht etwa in einer endgültigen Restitutionsvereitelung.
Für die Tatbestandsmäßigkeit der vorgeleisteten Begünstigung spricht teleologisch das Wesen der Begünstigung. Die Vorteilsentziehung kann verhindert werden, sobald der Vortäter einen Vorteil erlangt. Der Wortlaut steht dem nicht entgegen. „Begangen“ hat der Vortäter die Tat, sobald er sich in einer strafbaren Phase der Deliktsverwirklichung befindet. Das ist in jedem Fall die Vollendung der Tat, kann aber auch der (strafbare) Versuch oder theoretisch die Vorbereitung (§ 30 StGB) sein, sofern der Vortäter aus ihr einen Vorteil erlangt (zB bei einer „Diebesfalle“, → § 1 Rn. 59 ff.). Jemandem, der eine rechtswidrige Tat begangen hat, hilft der Täter aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Begünstigungserfolg eintritt. Deshalb gebietet auch der Wortlaut nicht, dass die Begünstigungshandlung im Anschluss an die Vortat vorgenommen wird.
Die rechtliche Beurteilung ändert sich bei der vorgeleisteten Begünstigung aber erheblich, wenn der Vortäter von den Plänen des Täters vor Tatbegehung erfährt. In diesem Fall liegt regelmäßig eine psychische Beihilfe zur Vortat vor, die nach § 257 Abs. 3 S. 1 StGB die Strafbarkeit wegen Begünstigung ausschließt.
Abgrenzung von Begünstigung und „sukzessiver Beihilfe“
Wie bereits angedeutet, kann es zu Abgrenzungsproblemen zwischen Begünstigung und Beihilfe zur Vortat kommen. Wenn der Handelnde sowohl die Vortat fördert als auch bei der Vorteilssicherung Hilfe leistet, löst § 257 Abs. 3 S. 1 StGB diese Überschneidung zugunsten einer Beihilfestrafbarkeit auf. Die praktische Bedeutung der Regelung erschließt sich erst über einen kurzen Blick auf die Strafzumessung. Eine Begünstigung wird im Höchstmaß mit fünf Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert (zu § 257 Abs. 2 StGB → Rn. 71). Die Strafdrohung der Beihilfe richtet sich demgegenüber akzessorisch nach der Haupttat. Die Strafe muss allerdings gemäß § 27 Abs. 2 StGB zwingend über § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden. Ist die Vortat bspw. ein besonders schwerer Raub (§ 250 Abs. 2 StGB) beträgt der Strafrahmen demnach für die Beihilfe hierzu zwei Jahre bis elf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe. Bei der Teilnahme sind also deutlich höhere Strafen möglich als bei der Begünstigung.
Die Details der Abgrenzung von Begünstigung und Beihilfe sind umstritten; über die meisten Konstellationen herrscht aber Einigkeit. Fälle, in denen der Helfer den Haupt- bzw. Vortäter vor und nach der Tat unterstützt, führen nur zur Beihilfestrafbarkeit. Es verbleiben damit die Sachverhalte, in denen nur ein Hilfeleistungserfolg eintritt. Geschieht dies zeitlich vor der Erlangung des Vorteils, kommt nach einhelliger Auffassung nur Beihilfe zur Vortat in Betracht. Am anderen Ende des Zeitstrahls ist ebenso unumstritten, dass nach Beendigung der Vortat nur wegen Begünstigung bestraft werden kann, da sich die Vortat nicht mehr fördern lässt.
Der einzige echte Streitpunkt betrifft das Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Haupttat. Die Rechtsprechung und einige Autoren im Schrifttum nehmen an, dass in diesem Zeitraum eine sukzessive Beihilfe noch möglich ist. Dadurch kann ein einziger Hilfeleistungserfolg tatbestandlich sowohl Teilnahme als auch Begünstigung sein, sofern er eintritt, wenn die Vortat noch nicht beendet ist, der Täter aber schon einen Vorteil aus der begangenen Tat erlangt hat. Für die Vertreter dieses Lagers ist es zwingend notwendig, Abgrenzungskriterien zu formulieren.
Die Rechtsprechung will einzelfallabhängig nach der Willensrichtung des Handelnden entscheiden.
Literaturstimmen, die eine sukzessive Beihilfe akzeptieren, postulieren einen absoluten Vorrang der Teilnahme im Vollendungsstadium, den sie aus § 257 Abs. 3 S. 1 StGB ableiten.
Beide Ansätze sind schon aufgrund ihrer Prämisse – der Strafbarkeit sukzessiver Beihilfe – nicht überzeugend. Beihilfe ist das (vorsätzliche) Hilfeleisten zu einer (vorsätzlich begangenen) rechtswidrigen Tat. Mit dem Begriff der Tat meint der Gesetzgeber aber die Verwirklichung eines Straftatbestands (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Sobald der Täter alle Voraussetzungen eines Tatbestands erfüllt, ist „die Tat“ formell vollendet und lässt sich im Sinne des Gesetzes nicht mehr fördern.
Der Beendigungszeitpunkt ist von den geschriebenen Voraussetzungen des Delikts vollständig entkoppelt und sieht sich damit großen Bedenken in Hinblick auf den strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz ausgesetzt (Art. 103 Abs. 2 GG). Ohne gesetzlichen Anknüpfungspunkt lässt er sich nur „materiell“ für jedes Delikt individuell bestimmen. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der Beendigung im StGB deshalb auch nur äußerst zurückhaltend: in § 2 Abs. 2, Abs. 3 und in § 78a S. 1 StGB. Hierbei handelt es sich jeweils um strafbarkeitsbegrenzende Vorschriften. Die (wohl noch) hM verwendet die Phase zwischen Vollendung jedoch ohne gesetzliche Grundlage, um Strafe (in Form der sukzessiven Beihilfe) zu begründen.
Zu diesen grundsätzlichen Bedenken tritt weitere Kritik gegen das subjektive Kriterium der Rechtsprechung. Die Abgrenzung anhand der inneren Willensrichtung produziert schon für den Standardfall der Diskussion (Unterstützung bei der Sicherung von Diebesgut) keine klaren Ergebnisse. Wer dem Vortäter dabei hilft, die Beute abzutransportieren, fördert den Abschluss der Vortat, will aber zugleich die erlangten Vorteile sichern. Was ist jetzt vorrangig? Sollte es dennoch gelingen, diese Motivlagen voneinander abzuschichten, birgt dieses subjektive Kriterium die enorme Gefahr taktischer Einlassungen. Wie gezeigt, unterscheiden sich die Strafrahmen der Begünstigung und der Beihilfe zur Vortat teils beträchtlich. Ist die Vortat eine schwerere Straftat als die Begünstigung, wird sich ein Beschuldigter gegenüber den Ermittlungsbehörden dahingehend äußern, dass es ihm ausschließlich auf die Vorteilssicherung (iSd Begünstigung) ankam.
Vorzugswürdig ist es daher, mit der wohl überwiegenden Ansicht in der Literatur schon von einem tatbestandlichen Exklusivitätsverhältnis zwischen Beihilfe und Begünstigung auszugehen. Die Zäsur bildet der Vollendungszeitpunkt; danach kommt nur noch Begünstigung in Betracht, davor lediglich Beihilfe.
Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme, die sog. Dauerdelikte – wie etwa die Freiheitsberaubung – betrifft. Den § 239 Abs. 1 StGB vollendet der Täter in seiner ersten Variante bereits durch das Einsperren des Opfers. Der Tatbestand erfasst aufgrund seiner Natur als Dauerdelikt aber auch, dass der Täter den rechtswidrigen Zustand aufrechterhält. Bei diesen Tatbeständen kann so lange Beihilfe geleistet werden, bis die Tat beendet wird, also das Opfer die Freiheit wiedererlangt.
Klausurhinweis: Wenn in einer Klausur zwischen sukzessiver Beihilfe und Begünstigung abzugrenzen ist, stellt sich das Problem der Prüfungsreihenfolge. Vorzugswürdig erscheint es (selbstverständlich im Anschluss an die Erörterung der Vor- bzw. Haupttat), nach dem Grundsatz „Täterschaft vor Teilnahme“ mit der Begünstigung zu beginnen und die hier diskutierte Fragestellung bei der tauglichen Vortat aufzuwerfen.
Vortat eines anderen
Aus der Formulierung „einem anderen“ folgt die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung. Dieser Grundsatz lässt sich auf zwei Ursachen zurückführen.
Vorteil
Ein Vorteil ist jede wirtschaftliche, rechtliche oder tatsächliche Besserstellung, die dem Vortäter nach dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht wieder entzogen werden kann.
Vorteilsbegriff
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 257 StGB muss der Vortäter selbst („ihm“) aus der Tat einen sicherungsfähigen Vorteil erlangt haben. Dieser Vorteil muss auch im Zeitpunkt der Tat noch beim Vortäter vorhanden sein, anderenfalls könnte man objektiv keine Hilfe dabei leisten, ihm den Vorteil zu sichern. Sonst bestünde auch ein Widerspruch zum Wesen der Begünstigung, das in der Verfestigung eines rechtswidrigen Zustands besteht. Der Vorteilsbegriff ist nicht auf Vermögensvorteile oder gar Sachen beschränkt. Dies folgt sowohl aus dem systematischen Vergleich zu § 259 StGB als auch aus dem Rechtsgut der Begünstigung und den erfassten Vortaten. Wenngleich Diebesgut daher den klassischen Anwendungsfall darstellt, gehören bspw. auch Kontogutschriften, Titel, Bestechungslohn, Baugenehmigungen und sogar die physische Gewalt über ein entführtes Kind zu den tatbestandsmäßigen Vorteilen.
Entziehbarkeit
Ein Vorteil iSd § 257 StGB liegt aber immer nur dann vor, wenn er dem Vortäter von Rechts wegen entzogen werden kann. Den Anknüpfungspunkt stellen die Worte „Vorteile der Tat“ dar. Der Rechtsgrund für den Entzug der Vorteile muss daher die rechtswidrige Vortat sein.
Vertiefung: In BGHSt 57, 56 hat sich der 2. Strafsenat dafür ausgesprochen, auch den an einen Tatbeteiligten gezahlten Tatlohn als Vorteil der Tat anzusehen. Im Fahrwasser der hier vertretenen Rechtsgutsbestimmung (→ Rn. 8 ff.) erscheint dies nur konsequent.
Unmittelbarkeit
Ein weiteres wichtiges Problem betrifft den erforderlichen Konnex zwischen der Vortat und dem erlangten Vorteil. Während bei der Hehlerei strenge Sachidentität zwischen dem Tatobjekt der Vortat und dem des § 259 StGB notwendig ist (→ § 20 Rn. 35 ff.) und die Geldwäsche über das „Herrühren“ gerade auch auf Surrogate abzielt, nimmt die Begünstigung nach hM eine Zwischenposition ein. Ersatzvorteile sind grundsätzlich nicht tatbestandsmäßig; sie sind keine „Vorteile der Tat“.
Die herrschende Auffassung erkennt für das in der vorstehenden Randnummer beschriebene Unmittelbarkeitskriterium eine praktisch wichtige Ausnahme an. In BGHSt 36, 277 (282) führten die Richter des 1. Strafsenats aus, dass „rein finanztechnische Vorgänge“ das Unmittelbarkeitskriterium nicht in Frage stellen würden. Die Entscheidung betraf einen Sachverhalt, bei dem der Vortäter betrügerisch erlangte Verrechnungsschecks eingelöst, diese dann auf ein anderes Konto im Ausland überwiesen und darüber Aktien und Staatsanleihen erworben hat. Als der Vortäter befürchtete, entdeckt zu werden, löste er die Positionen auf und ließ einen Freund den gesamten Erlös von seinem Bankkonto abheben und ihm übergeben. Die ursprünglich erschwindelten Schecks hat der Vortäter also mehrfach umgewandelt, bevor der Freund – als möglicher Täter des § 257 StGB – aktiv wurde. Der BGH nahm eine wirtschaftliche Betrachtung vor, der zufolge der ursprünglich erlangte Vorteil im Tatzeitpunkt noch nachvollziehbar im Vermögen des Vortäters vorhanden war. Damit gab das Gericht implizit zu erkennen, dass es das Unmittelbarkeitskriterium nicht auf den Wortlaut zurückführt. Anderenfalls wäre eine Ausnahme auch bei „rein finanztechnischen Vorgängen“ unzulässig.
Vertiefung: Seit den jüngsten Erweiterungen des Geldwäschetatbestands wird mit Recht zunehmend bestritten, dass die skizzierte Aufweichung des Unmittelbarkeitskriteriums erforderlich ist.
Hilfeleisten
Begriff
Aufgrund des höchst uneindeutigen Gesetzeswortlauts sind die Anforderungen an das „Hilfeleisten“ als Tathandlung seit jeher umstritten. Sicher ist zumindest, dass der objektive Tatbestand nicht voraussetzt, dass der Vorteil des Vortäters tatsächlich endgültig vor Entziehung geschützt wird. Eine Ansicht aus dem älteren Schrifttum,
Die herrschende Auffassung vertritt einen Kombinationsansatz. Die Handlung des Täters müsse objektiv zur Vorteilssicherung geeignet sein und subjektiv mit dieser Intention vorgenommen werden.
Beispiel: K hat Schmuck bei einem Juwelier gestohlen. Einen Tag nach der Flucht mit der Beute übergibt ihm B einen Schlüssel. Der Schlüssel gehört zu einem Bankschließfach, in dem K seine Beute versteckt. Die Polizei hatte K aber durchgehend observiert und findet das Schließfach mit dem Diebesgut daher problemlos.
B nimmt seine Handlung zwar mit der subjektiven Tendenz zur Beutesicherung vor. Durch die Observation ist sie aber von vornherein objektiv ungeeignet, die Entziehung der Tatvorteile zu erschweren. Es handelt sich um einen straflosen untauglichen Versuch der Begünstigung.
Beispiel: X versteckt ein von Y gestohlenes Gemälde in seiner Wohnung, bis dieser einen Hehler findet. Durch einen Zufall sieht der Polizist P bei einem Spaziergang das Bild durch das Fenster der Wohnung und das Gemälde wird an den Eigentümer zurückgeführt.
Im Zeitpunkt der Tathandlung ist die Handlung des X unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls objektiv dazu geeignet, den Y besserzustellen. Dass das Gemälde ex post bei Y (anders als bei X) vielleicht nie gefunden worden wäre, spielt keine Rolle.
Über die objektive Eignung hinaus betont die hM eine subjektive Hilfeleistungstendenz. Nun ist es sicherlich richtig, Vorsatz hinsichtlich der Tathandlung zu verlangen (vgl. § 15 StGB). Fragwürdig erscheint es aber, in ein Merkmal des objektiven Tatbestands eine zusätzliche subjektive Komponente einzubeziehen, die keine über die Vorteilssicherungsabsicht (→ Rn. 56) hinausgehende Restriktionswirkung entfaltet.
Einzelne Verhaltensweisen, die als Hilfeleisten zu werten sind
Zu den klassischen Tathandlungen des § 257 StGB gehören das Verstecken oder Aufbewahren von Beute und das Umlackieren von Fahrzeugen.
Typische Gegenbeispiele für Tathandlungen, die nicht als Hilfeleisten zu werten sind, bilden insb. Sacherhaltungsmaßnahmen. Wer ein gestohlenes Tier füttert oder ein betrügerisch erlangtes Auto repariert bzw. vor einem Unwetter in Sicherheit bringt, reduziert nicht die Restitutionschancen des Vortatopfers. Gleiches gilt, wenn jemand einen Dritten niederschlägt, der das Diebesgut seinerseits stehlen wollte. Strafbar macht sich nur, wer dem rechtmäßigen Entzug der Vorteile entgegenwirkt.
Schon sprachlich widerspricht es dem Begriff der „Hilfe“, Tathandlungen zu erfassen, die zwar die Restitutionschancen des Vortatopfers senken, aber auch dem Vortäter den Vorteil entziehen. Wer einen gestohlenen Ring ins Meer wirft, nimmt keine Handlung vor, die objektiv geeignet ist, dem Vortäter seinen Vorteil zu sichern.
Einen Problemfall bildet die Unterstützung des Vortäters bei der Veräußerung der Tatbeute („Absatzhilfe“). Obwohl der Handelnde in diesem Fall dazu beiträgt, dass der Vortäter seinen Vorteil verliert, sieht die ganz hM in diesem Verhalten eine taugliche Tathandlung. Das Ergebnis begründen ihre Vertreter mit einer „begünstigungsbezogenen Sachwerttheorie“ (zur Sachwerttheorie beim Diebstahl (→ § 1 Rn. 85 ff.).
Wie auch bei der Teilnahme muss der Vortäter mit der Hilfeleistung nicht einverstanden sein oder sich seiner Begünstigung überhaupt bewusst sein.
Schließlich ist die Anstiftung oder „psychische Beihilfe“ durch einen Dritten tatbestandslos, wenn sie auf die Vorteilssicherung durch den Vortäter selbst gerichtet ist. Sie kann zum einen nicht als Beihilfe zur Begünstigung erfasst werden, da die Selbstbegünstigung straflos ist und es somit an einer Haupttat fehlt. Zum anderen liegt aber auch kein Fall täterschaftlicher (Fremd-)Begünstigung vor. Es mangelt an einem täterschaftlichen Tatbeitrag. In strafbares Verhalten schlagen Unterstützungshandlungen erst dann um, wenn der Täter nicht mehr bloß den Willen des Vortäters stärkt, sondern ihm „Rathilfe“ erteilt oder physische Beihilfe leistet.
Unterlassen
Die Begünstigung kann unter den Voraussetzungen des § 13 StGB auch als (unechtes) Unterlassungsdelikt begangen werden. Zu diesen zusätzlichen Anforderungen zählt insbesondere die Garantenstellung des Täters. Es macht sich also nicht jeder gemäß §§ 257, 13 StGB strafbar, der zufällig mitbekommt, dass ein anderer sein Diebesgut versteckt und dennoch untätig bleibt. Erforderlich ist eine qualifizierte Pflichtenstellung zur Abwehr eines Hilfeleistungserfolgs. Klassische Beispiele für Beschützergaranten stellen Polizisten und Wachleute dar (letztere nur bzgl. Tatvorteilen, die ihrem Auftraggeber zustehen). Als Überwachungsgaranten kommen insb. die Eltern minderjähriger Kinder in Betracht. Einen Grenzfall bildet die (Hehlerei-)Entscheidung RGSt 58, 299 (300), wo das Gericht über einen Gastwirt zu urteilen hatte, der den Verkauf von Diebesgut in seiner Gaststätte duldete. Anders als das RG wird man eine Garantenstellung aber noch nicht aus der bloßen Herrschaft über die Räume ableiten können, außer wenn diese aufgrund zusätzlicher Umstände besondere Gefahren für das tatbestandlich geschützte Rechtsgut erzeugt.
Subjektiver Tatbestand
In subjektiver Hinsicht setzt § 257 StGB Vorsatz und die Absicht, dem Vortäter die Vorteile der Tat zu sichern (Vorteilssicherungsabsicht), voraus.
Vorsatz
Bezüglich der rechtswidrigen Vortat, des entziehbaren Vorteils sowie der Eignung der Hilfeleistung genügt Eventualvorsatz des Begünstigenden. Ähnlich wie bei der Hehlerei (→ § 20 Rn. 73) stellt sich die Frage, wann Fehlvorstellungen über die Art der Vortat zu einem Tatumstandsirrtum führen, der nach § 16 Abs. 1 S. 1 StGB die Strafbarkeit ausschließt. Da der Begünstigungstatbestand aber nicht auf spezielle Vortaten beschränkt ist, muss der Täter des § 257 StGB nur nach seiner Laienwertung für möglich halten, dass das Vortatverhalten eine rechtswidrige Straftat darstellt. Irrtümer über die Schuld oder Strafverfolgungshindernisse sind hier ebenfalls unbeachtlich (vgl. → Rn. 17 f.).
Im Kontext der Begünstigungsstrafbarkeit „neutraler“ / beruflicher Verhaltensweisen stellt sich ein weiteres Problem, das klassischerweise schon im Rahmen daher Beihilfe erörtert wird und daher bereits aus dem Allgemeinen Teil bekannt sein dürfte.
Vorteilssicherungsabsicht
Weiterhin ist als überschießende Innentendenz des Begünstigers erforderlich, dass er in Vorteilssicherungsabsicht handelt. Diese Voraussetzung knüpft an das objektive Tatbestandsmerkmal des Hilfeleistens an. Während dort die ex-ante-Eignung zur Vorteilssicherung genügte (→ Rn. 41 ff.), muss es dem Täter subjektiv mit dolus directus 1. Grades darauf ankommen, dem Vortäter die Vorteile gegen (rechtmäßige) Entziehung zu sichern. Eine Minderheitsansicht in der Literatur lässt auch Wissentlichkeit, also dolus directus 2. Grades bezüglich der Vorteilssicherung genügen.
Rechtswidrigkeit
Eine Rechtfertigung kommt bei § 257 StGB vor allem durch eine Einwilligung des Vortatopfers und über einen rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) in Betracht.
Einwilligung
Die Möglichkeit einer rechtfertigenden (hM) Einwilligung hängt davon ab, ob der Begünstigungstatbestand ein disponibles Rechtsgut schützt. An dieser Stelle setzt sich die zu Beginn dargestellte Diskussion zum Rechtsgut des § 257 StGB fort. Konkret geht es um die Frage, wie sich die Zustimmung des Vortatopfers (bei Delikten mit Individualbezug) auf die Strafbarkeit wegen Begünstigung auswirkt.
Wer wie die Rechtsprechung in erster Linie auf den Schutz der Rechtspflege abstellt oder wie hier einen generalpräventiven Zweck in den Vordergrund rückt, muss die Einwilligungsfähigkeit verneinen. Innerhalb der hL, die einen kumulativen Schutz der Rechtspflege und des Vortatopfers vertritt, ist die Frage umstritten. Einige gehen davon aus, dass es an der erforderlichen Beeinträchtigung beider Schutzzwecke fehle, weshalb diese Teilrechtfertigung zur Straflosigkeit führe.
Rechtfertigender Notstand
Ein rechtfertigender Notstand kann – jedenfalls in der Theorie – in Betracht kommen, wenn ein Arzt das Leben des Vortäters auf der Flucht rettet und diesem dadurch die Tatvorteile sichert. Regelmäßig fehlt es dann aber schon an der Vorteilssicherungsabsicht.
Täterschaft und Teilnahme
Im Kontext des § 257 StGB treten zahlreiche Probleme im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Vortat und der Begünstigung auf. Davon zu trennen sind die Fragen, die ausschließlich die Mitwirkung an dem Anschlussdelikt betreffen (dazu bereits → Rn. 46 ff.).
§ 257 Abs. 3 S. 1 StGB
Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Selbstbegünstigung straflos ist. Wer als Vortäter seine eigenen Vorteile sichert, verwirklicht schon nicht den Tatbestand des § 257 Abs. 1 StGB, der die Vortat eines anderen fordert (→ Rn. 10 ff.). Der Vortäter ist hingegen für Mittäter und Teilnehmer der Vortat ein „anderer“, sodass deren Hilfeleistungen zu seinen Gunsten tatbestandsmäßig sind. Allerdings statuiert § 257 Abs. 3 S. 1 StGB für alle Beteiligten an der Vortat einen persönlichen Strafausschließungsgrund. Diesem liegt – wie schon dem Tatbestandsausschluss für die Selbstbegünstigung – der Gedanke der mitbestraften Nachtat zugrunde. Die Formulierung „strafbar ist“ erfordert, dass alle materiellen Strafbarkeitsvoraussetzungen (inkl. der Schuld und objektiven Bedingungen der Strafbarkeit) vorliegen müssen. Unbeachtlich sind prozessuale Hindernisse wie die Verjährung. Aufgrund der limitierten Akzessorietät der Teilnahme können sich jedoch andere Personen strafbar machen, die einen Vortatbeteiligten bei der Hilfeleistung unterstützen.
Beispiel: T hat ein Auto gestohlen, wozu ihn A angestiftet hat. In Kenntnis aller Umstände gibt F dem A Ausrüstung, mit der A das Fahrzeug umlackieren kann, damit es nicht gefunden wird.
A macht sich aufgrund von § 257 Abs. 3 S. 1 StGB nicht wegen Begünstigung strafbar. Es liegt aber eine vorsätzlich begangene und rechtswidrige Haupttat vor, an der sich F durch sein Verhalten als Gehilfe beteiligt (§§ 257 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB).
§ 257 Abs. 3 S. 2 StGB
Eine Besonderheit des Tatbestands stellt § 257 Abs. 3 S. 2 StGB dar, der eine – nach nahezu allgemeiner Auffassung – verfehlte Ausnahme des soeben skizzierten Strafausschließungsgrunds in § 257 Abs. 3 S. 1 StGB enthält. Der Grund für die teils heftige Kritik an der Vorschrift liegt darin, dass sie mit der Teilnahmesystematik des StGB unvereinbar ist. Das Unrecht der Teilnahme setzt sich aus dem Unrecht der geförderten Haupttat und dem eigenständigen Rechtsgutsangriff durch das Verhalten des Teilnehmers zusammen (Theorie des akzessorischen Rechtsgutsangriffs).
Der Rechtsanwender sieht sich mit einer missglückten Regelung konfrontiert, die er gleichwohl anwenden muss (Art. 20 Abs. 3 GG). Zumindest eine restriktive Auslegung erscheint aber sinnvoll.
Entscheidend spricht gegen die Anwendbarkeit des § 257 Abs. 3 S. 2 StGB auf den Vortäter die Systematik der Vorschrift. Die Ausnahmeregelung befindet sich im zweiten Satz des dritten Absatzes und bezieht sich daher ausschließlich auf den vorherigen Satz („dies gilt nicht“). Hätte die Vorschrift für den gesamten Tatbestand gelten sollen, hätte der Gesetzgeber sie in einem eigenen Absatz geregelt. Wegen der Anstiftung eines Unbeteiligten macht sich daher nur ein Vortatbeteiligter strafbar, der allein aufgrund von § 257 Abs. 3 S. 1 StGB eigentlich straflos wäre, also Mittäter und Teilnehmer der Vortat.
Beispiel: A ist bei einem Juwelier eingebrochen und hat Schmuck gestohlen. Für den Einbruch hatte ihm B sein Brecheisen geliehen. Anschließend bittet A seinen Freund F, den Schmuck zu verwahren, bis A einen Abnehmer gefunden hat. F willigt ein.
Abwandlung: Stattdessen bittet B den F, die Beute an sich zu nehmen.
Im Ausgangsfall liegt eine tatbestandslose Anstiftung mit dem Zweck der Selbstbegünstigung vor, die schon nicht dem Tatbestand des §§ 257 Abs. 1, 26 Abs. 1 StGB unterfällt oder konkurrenzrechtlich als mitbestrafte Nachtat anzusehen ist. Jedenfalls ergibt sich die Straflosigkeit aber nicht aus § 257 Abs. 3 S. 1 StGB, sodass auch der zweite Satz nicht anwendbar ist.
In der Abwandlung entfällt hingegen eigentlich die Strafbarkeit des B gemäß § 257 Abs. 3 S. 1 StGB, da er Gehilfe der Vortat war. Jedoch greift § 257 Abs. 3 S. 2 StGB und B ist wegen Anstiftung zur Begünstigung zu bestrafen.
In der Literatur werden teilweise weitere begrüßenswerte Restriktionsansätze vorgeschlagen, die etwa die Auslegung des „Unbeteiligten“ betreffen. Dadurch soll kein „Unbeteiligter“ iSd § 257 Abs. 3 S. 2 StGB sein, wenn jemand schuldlos an der Vortat mitwirkt.
Analoge Anwendung von § 258 Abs. 5, 6 StGB
Bei der Strafvereitelung gibt es im fünften und sechsten Absatz persönliche Strafausschließungsgründe, die jeweils an den Gedanken einer notstandsähnlichen Lage des Täters anknüpfen: Er befindet sich sprichwörtlich zwischen Skylla und Charybdis, wenn er zwischen der drohenden Strafverfolgung zulasten von Angehörigen bzw. sich selbst und der Strafbarkeit wegen Strafvereitelung wählen müsste. In der Literatur wird deshalb vorgeschlagen, § 258 Abs. 5, 6 StGB analog auf den Begünstigungstatbestand anzuwenden, wenn der Täter subjektiv davon ausgeht, die Strafvereitelung nicht ohne gleichzeitige Begünstigung begehen zu können.
Strafzumessung und tätige Reue
Strafzumessung
Im Regelfall kann das Gericht bei der Begünstigung auf Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe erkennen (§ 257 Abs. 1 StGB). Der zweite Absatz der Vorschrift enthält jedoch eine (ausschließlich) tätergünstige Regelung für den Fall, dass für die Vortat eine niedrigere Strafe angedroht ist. Dies fügt sich nahtlos in die hier vertretene Rechtsgutsbestimmung ein, denn die Begünstigung kann nicht schärfer bestraft werden als die von ihr abgesicherte Primärnorm.
Tätige Reue
Da der Begünstigungstatbestand keinen Sicherungserfolg voraussetzt, tritt der Vollendungszeitpunkt bereits in einem äußerst frühen Stadium ein, in dem noch kein „endgültiger Schaden“ eingetreten ist.
Beispiel: X verwahrt von A gestohlenes Diebesgut. Nach zwei Tagen bekommt er ein schlechtes Gewissen und übergibt die Beute der Polizei.
X verwirklicht den § 257 StGB, sobald er die Beute von A zur Sicherung übernimmt. Sein späteres lauteres Verhalten wirkt sich nach den Buchstaben des Gesetzes nur strafmildernd aus (vgl. § 46 Abs. 2 S. 2 StGB a.E.). Eine in der Literatur vertretene Auffassung schlägt daher vor, bei der Begünstigung Vorschriften zur tätigen Reue analog anzuwenden.
Konkurrenzen
Bei den Konkurrenzen ist zunächst zwischen mehreren potenziellen Begünstigungshandlungen und dem Verhältnis zu sonstigen Delikten zu differenzieren. Bezieht sich ein einziges Tatverhalten auf Vorteile aus verschiedenen Vortaten, liegt gleichwohl nur eine Begünstigung im Rechtssinne vor. Aufgrund des geschützten Universalrechtsguts spielt es auch keine Rolle, ob es sich um unterschiedliche Vortatopfer handelt.
Beispiel: P stellt fünf Autos bei sich unter, die A von verschiedenen Personen gestohlen hat.
Nach überwiegender Auffassung stehen mehrere selbstständige Hilfeleistungshandlungen auch dann in Tatmehrheit, wenn sie sich auf den gleichen Tatvorteil beziehen, sofern keine natürliche Handlungseinheit vorliegt.
Im Hinblick auf andere Tatbestände bedürfen die Strafvereitelung und die Hehlerei besondere Aufmerksamkeit. Zuvor wurde bereits angedeutet, dass kriminell erlangte Vorteile regelmäßig vom Staat eingezogen werden können (→ Rn. 36 f.). Da die Einziehung eine Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) ist und damit auch in den Anwendungsbereich der Strafvereitelung fällt, überschneiden sich beide Delikte erheblich. § 258 StGB und § 257 StGB haben den gleichen Strafrahmen, die Strafvereitelung ist aber an deutlich strengere Voraussetzungen geknüpft und setzt insbesondere einen Vereitelungserfolg voraus. Es ist daher davon auszugehen, dass § 258 StGB eine abschließende Sonderregelung darstellt, die den § 257 StGB sperrt, soweit die Tathandlung ausschließlich auf die Vereitelung der Einziehung gerichtet ist.
Aufbauschema
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Rechtswidrige Vortat eines anderen
aus der Vortat erlangter, entziehbarer und noch bestehender Vorteil
Hilfeleisten
Subjektiver Tatbestand
Vorsatz
Vorteilssicherungsabsicht
Rechtswidrigkeit
Schuld
Strafausschließungsgrund, § 257 Abs. 3 S. 1 StGB
Prozessuales
Strafantrag, Ermächtigung oder Strafverlangen
Die Begünstigung ist ein Offizialdelikt. Aufgrund ähnlicher Erwägungen wie beim Strafrahmen (Parallele zur Primärnorm, → Rn. 71) macht § 257 Abs. 4 StGB von diesem Grundsatz zwei Ausnahmen. Zunächst ist ein Strafantrag (§§ 77 ff. StGB), eine Ermächtigung oder ein Strafverlangen (§ 77e StGB) für die Strafverfolgung erforderlich, wenn dies auch zur Verfolgung des Täters als Beteiligter an der Vortat notwendig gewesen wäre (§ 257 Abs. 4 S. 1 StGB). Diese schwer verständlich formulierte Regelung bedeutet Folgendes: Wäre ein Strafantrag etc. erforderlich gewesen, wenn sich der Begünstiger als Täter oder Teilnehmer an der Vortat beteiligt hätte? Wenn ja, dann gilt dies auch für die Verfolgung wegen Begünstigung (zB wenn der Vortäter einen Angehörigen des Begünstigenden bestiehlt, § 247 StGB).
Die Klausurrelevanz dieser Vorschrift beschränkt sich im Wesentlichen auf den Strafantrag. Einige Staatsschutzdelikte (zB §§ 89a Abs. 4, 97 Abs. 3 StGB) und die Beleidigung von Gesetzgebungsorganen des Bundes oder der Länder (§ 194 Abs. 4 StGB) lassen sich nur mit Ermächtigung verfolgen. Ein Strafverlangen ist nur bei Delikten gegen ausländische Staaten nach den §§ 102–104 StGB erforderlich (§ 104a StGB).
Weiterhin ist nach § 257 Abs. 4 S. 2 StGB die Vorschrift zum Strafantrag beim Bagatelldiebstahl (§ 248a StGB) sinngemäß anzuwenden. Für Vortaten wie den Diebstahl, den Betrug oder die Hehlerei ergibt sich dies aber schon aufgrund von § 257 Abs. 4 S. 1 StGB (vgl. §§ 263 Abs. 4, 259 Abs. 2 StGB), sofern sich die Begünstigung nicht nur auf einen Teil der Beute bezieht.
Prozessuale Feststellung der Vortat
Im Hinblick auf die erforderlichen prozessualen Feststellungen hinsichtlich der Vortat sei auf die sinngemäß geltende Darstellung im Rahmen des § 259 StGB verwiesen (→ § 20 Rn. 88).
Wahlfeststellung und Postpendenz
Die Anschlussdelikte sind schließlich ein Einfallstor für tatsächliche Zweifelsfragen, da die Vortatbeteiligung die Strafbarkeit ausschließt. Das Paradebeispiel bilden Unsicherheiten über den Erwerb von Diebesgut, das entweder vom Täter gestohlen oder als Hehler erworben wurde. Die Probleme werden daher vertieft bei der Hehlerei dargestellt (→ § 20 Rn. 89 ff.); die Ausführungen gelten sinngemäß für die Begünstigung.
Weiterführende Studienliteratur und Übungsfälle
Weiterführende Studienliteratur
Bosch, Grundfragen der Begünstigung – Plädoyer für eine vermögensorientierte Restriktion des Tatbestands, Jura 2012, 270
Geppert, Begünstigung (§ 257 StGB), Jura 1980, 269
Geppert, Der Begriff der „Hilfeleistung“ im Rahmen von Beihilfe (§ 27 StGB) und sachlicher Begünstigung (§ 257 StGB), Jura 2007, 589
Zipf, Begünstigung durch Mitwirkung am Rückkauf der gestohlenen Sache, JuS 1980, 24
Jahn/ Reichart, Die Anschlussdelikte – Begünstigung (§ 257 StGB), JuS 2009, 209
Stoffers, Die entgeltliche Rückveräußerung einer gestohlenen Sache an deren Eigentümer durch einen Dritten, Jura 1995, 113
Übungsfälle
Rönnau/Golombek, Fortgeschrittenenklausur – Strafrecht: Vermögensdelikte, JuS 2007, 348