Kilian Wegner Strafrecht Besonderer Teil II: Eigentums- und Vermögensdelikte Licensed under CC-BY-4.0

§ 6: Schwerer Raub (§ 250 StGB)

Autorin: Kristina Peters

Notwendiges Vorwissen: Erforderlich ist die sichere Beherrschung der Diebstahlsdelikte (§§ 242 ff. StGB) sowie der Nötigung (§ 240 StGB) und des Raubes (§ 249 StGB).

Systematik und Rechtsgut

Systematik

Der schwere Raub (§ 250 StGB) beinhaltet zwei Qualifikationen: Den schweren Raub (§ 250 Abs. 1 StGB) mit einem Mindestmaß von drei Jahren und den besonders schweren Raub (§ 250 Abs. 2 StGB) mit einem Mindestmaß von fünf Jahren Freiheitsstrafe. § 250 Abs. 3 StGB ermöglicht in minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.

§ 250 StGB bildet einen Qualifikationstatbestand

  • zum Raub (§ 249 StGB),

  • zum räuberischen Diebstahl (§ 252 StGB, „ist gleich einem Räuber zu bestrafen“),

  • zur räuberischen Erpressung (§§ 253, 255 StGB, „ist gleich einem Räuber zu bestrafen“).

Rechtsgut

Die Schutzgüter des § 250 StGB sind Leib und Leben.Ausführlich Peters, GA 2022, 78. Es wird unmittelbar an den Unrechtsgehalt des Raubes angeknüpft: Dieser speist sich zu einem erheblichen Teil aus der Sorge, dass die Gewalt eskaliert beziehungsweise die Drohung wahrgemacht wird. Der Raub ist insoweit ein abstraktes Gefährdungsdelikt,Ausführlich Peters, GA 2022, 78 (79 f.). s. → § 5 Rn. 6. Im Rahmen des § 250 StGB tritt diese Sorge in den Vordergrund. Es ist umstritten, ob § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB insoweit eine Sonderrolle einnimmt, da er nach herrschender Auffassung auch völlig ungefährliche Gegenstände erfasst (s. u. → Rn. 11 ff.).

Häufig finden sich jedoch widersprüchliche Aussagen zum Schutzzweck. Zum Teil wird abweichend von der hier vertretenen Auffassung davon ausgegangen, dass § 250 StGB lediglich die im Vergleich zum Grundtatbestand des Raubes gesteigerte Verletzung der Rechtsgüter Eigentum und Willensfreiheit erfasse.BGH NJW 1975, 2214 (2215); allgemein auf eine nicht näher spezifizierte „gesteigerte Gefährlichkeit“ stellen Sander, in: MüKo-StGB, Bd. 4, 4. Aufl. (2021), § 250 Rn. 1, und Wittig, in: BeckOK-StGB, 51. Ed. (2021), § 250 Rn. 1 ab. Teilweise wird daneben auch auf Leib und Leben abgestellt.Kudlich, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier-StGB, 5. Aufl. (2021), § 250 Rn. 2; Mitsch, BT II, 3. Aufl. (2015), S. 491, für einen vorrangigen Personenschutz jedenfalls im Rahmen des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), 1 lit. c), Abs. 2 Nr. 1–3 Vogel, in: LK-StGB, Bd. 8, 12. Aufl. (2010), § 250 Rn. 3; in diese Richtung wohl auch Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 250 Rn. 2 f.; Wittig, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts, Bd. 5, Strafrecht Besonderer Teil II, 2020, § 30 Rn. 117 („die meisten Qualifikationstatbestände“). Derartige Unsicherheiten belasten die Auslegungsarbeit im Rahmen des § 250 StGB, der zahlreiche offene Fragen und Streitigkeiten beinhaltet, bei denen auch auf teleologische Argumente zurückgegriffen werden sollte. Die Arbeit an der Norm fällt – insbesondere unter Zeitdruck – wesentlich leichter, wenn das Schutzkonzept des § 250 StGB klar vor Augen steht: Nach richtiger Auffassung handelt es sich bei Leib und Leben um die alleinigen Schutzgüter des § 250 StGB, weil nur ein solches Verständnis das hohe Strafmaß erklären kann und in der oben beschriebenen Weise konsequent an den Unrechtsgehalt des § 249 Abs. 1 StGB anknüpft.Ausführlich Peters, GA 2022, 78.

Nach dem hier vertretenen Verständnis beziehen sich die Qualifikationstatbestände des § 250 StGB auf Umstände, die jeweils eine abstrakte, konkrete oder realisierte Gefährlichkeit für Leib und Leben beinhalten.Ausführlich wiederum Peters, GA 2022, (82 f.); zur abweichenden hM bzgl. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) s. u. zu dem entsprechenden Qualifikationstatbestand. § 250 StGB beinhaltet demnach

  • einen Verletzungstatbestand

    • „eine andere Person bei der Tat körperlich schwer mißhandelt“ (§ 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) StGB),

  • zwei konkrete Gefährdungstatbestände

    • „eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB),

    • „eine andere Person durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt (§ 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB),

  • fünf abstrakte Gefährdungstatbestände

    • „eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB),

    • „sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden“ (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB),

    • „als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds“ (§ 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB),

    • „bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet“ (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB),

    • „in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt“ (§ 250 Abs. 2 Nr. 2 StGB).

Objektiver Tatbestand

Schwerer Raub, § 250 Abs. 1 StGB

Für den schweren Raub in § 250 Abs. 1 StGB ist ein gegenüber dem Grundtatbestand deutlich erhöhtes Mindestmaß von Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren vorgesehen.

Beisichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB

Die Qualifikation entspricht § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB,Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 3; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 384, 385.§ 3 Rn. 6 ff. Insbesondere ist gleichermaßen problematisch, wann ein anderes gefährliches Werkzeug vorliegt; hier stehen sich eine subjektive Zwecklösung, eine objektive Beschaffenheitslösung sowie eine objektive Kombinationslösung gegenüber.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 3, § 4 Rn. 19 ff.

Beisichführen eines sonstigen Werkzeugs oder Mittels, § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB

Die Qualifikation entspricht § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB,Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 4; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 384, 388.§ 3 Rn. 28 ff. Sie setzt neben den objektiven Merkmalen subjektiv eine Verwendungsabsicht voraus (überschießende Innentendenz).

Wie § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB soll die Qualifikation zwei Gruppen von Gegenständen erfassen:

  • Gruppe 1: Gegenstände, die im Falle der Realisierung der beabsichtigen Verwendung tatsächlich gefährlich sind,Fischer, StGB, 69. Aufl. (2022), § 250 Rn. 9, § 244 Rn. 25; Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 250 Rn. 15, § 244 Rn. 14. ohne dass es sich um eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB handelt („sonst ein Werkzeug oder Mittel“),

  • Gruppe 2: Gegenstände, die auch im Falle ihres beabsichtigten Einsatzes völlig ungefährlich sind, sofern von ihnen nicht schon nach dem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich keine Gefahr ausgeht.S. die Bsp. etwa bei Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 4 ff.

Gegenstände unterfallen der Gruppe 1, wenn sie gefährlich sind, aber nicht schon § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB greift. Der Gegenstand ist mithin „an sich“ ungefährlich und daher weder Waffe noch sonstiges gefährliches Werkzeug. Erst infolge der Verwendungsabsicht wird er gefährlich.

Beispiel: Das Opfer wird mit einem Seidenstrumpf gewürgt, mit einem Stuhl geschlagen, mit Tüchern geknebelt.

Gegenstände der Gruppe 2 sind hingegen auch im Falle der beabsichtigten Verwendung ungefährlich.

Beispiel: Handschellen, Seile, Klebeband, sofern jeweils keine gefährliche Verwendungsart (zB Würgen, s. o.) geplant ist.

Zum Teil sind die Gegenstände der zweiten Gruppe für sich genommen völlig ungeeignet, als Nötigungsmittel eingesetzt zu werden. Sie sollen die Wegnahme mithilfe einer Täuschung ermöglichen. Diese Scheinwaffen werden nach der herrschenden Meinung ebenfalls von § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB erfasst.BGH NStZ 2007, 332 Rn. 7; Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 5; s. auch Wittig, in: BeckOK-StGB, 51. Ed. (2021), § 250 Rn. 6; Fischer, StGB, 69. Aufl. (2022), § 250 Rn. 10 f. Zur Begründung wird insbesondere auf den entsprechenden gesetzgeberischen WillenSo schon der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags, auf dessen Vorschlag die letztlich beschlossene heutige Fassung beruht, BT-Drs. 13/9064, 18; auch der ursprüngliche Entwurf nannte in der Begründung bereits die „Kinderpistole“ als Beispiel, BT-Drs. 13/8587, S. 44. sowie die Situation des Opfers verwiesen, welches die Täuschung nicht durchschaut und die Drohung daher ernst nimmt.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 6.

Beispiel: Dem Opfer wird eine Spielzeugpistole in den Rücken gedrückt, die es für eine echte Waffe hält.

Allerdings lässt sich die Einbeziehung solcher Gegenstände, die auch bei der konkreten Art der geplanten Verwendung völlig ungefährlich sind, teleologisch nicht rechtfertigen. Wieso sollte die Drohung, jemanden zu erschießen, wenn er oder sie sich der Wegnahme widersetzt, „nur“ gemäß § 249 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft werden, während auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren zu erkennen ist, wenn zur Bekräftigung der Drohung eine Spielzeugpistole eingesetzt wird? Das Opfer wird hier nicht derart gefährdet, dass dies die erhebliche Steigerung des Strafmaßes rechtfertigen würde. Die Qualifikation wird daher vielfach als teleologisch verfehlt kritisiert.Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 389 („systemwidriger Fremdkörper“); Sinn, in: SK-StGB, Bd. 5, 9. Aufl. (2019), § 250 Rn. 6; kritisch auch Fischer, StGB, 69. Aufl. (2022), § 250 Rn. 11a f.; Vogel; in: LK-StGB, Bd. 8, 12. Aufl. (2010), § 250 Rn. 5, 40; Wittig, in: Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts, Bd. 5, Strafrecht Besonderer Teil II, 2020, § 30 Rn. 117, 123 f.

Deshalb erscheint es vorzugswürdig, den Tatbestand restriktiver auszulegen. Nach diesem Verständnis werden allein Mittel und Werkzeuge erfasst, deren beabsichtigte Anwendung objektiv Gefahren für Leib und Leben hervorrufen kann.So Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), § 244 Rn. 30, § 250 Rn. 5; s. auch Hörnle, Jura 1998, 169 (173 f.); aA Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 389. Diese Auffassung, die auch im Rahmen des § 244 StGB vertreten wird, würde das Strafmaß von drei Jahren Freiheitsstrafe angemessener erscheinen lassen und die Gefährlichkeit des Tatbestands dem Gefährdungsmaß der übrigen Tatbestände des § 250 Abs. 1 StGB annähern.S. hierzu auch Peters, GA 2022, 78 (84 f.). Dagegen spricht freilich, dass schon die Gesetzesmaterialien Spielzeug- und Kinderpistolen als Anwendungsbeispiele des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB genannt haben. Doch ist fraglich, ob derartige konkrete Auslegungsvorgaben die Rechtsanwendung zwingend binden.Zu der schwierigen Frage, wie im Prozess der Rechtsanwendung mit expliziten Anwendungsbeispielen der Gesetzesmaterialien umzugehen ist, s. auch Hörnle, Jura 1998, 169 (174); offengelassen etwa von BGH NStZ 2007, 332 Rn. 7; grundlegend Wischmeyer, JZ 2015, 957.

Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung, § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB

Die „schwere Gesundheitsschädigung“ setzt einen Erfolg im Sinne des § 226 Abs. 1 StGB oder einen solchen von vergleichbarer Schwere voraus.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 12; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 393. Insoweit muss eine konkrete Gefahr vorliegen.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 11; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 392. Diese muss sich auf eine „andere Person“ beziehen. Erfasst sind neben dem Raubopfer auch unbeteiligte Dritte, nach herrschender Meinung jedoch keine Beteiligten des Raubes.Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 393; Fischer, StGB, 69. Aufl. (2022), § 250 Rn. 13; Maier, in: Matt/Renzikowski-StGB, 2. Aufl. (2020), § 250 Rn. 24; Kindhäuser, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), § 250 Rn. 12; Kudlich, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier-StGB, 5. Aufl. (2021), § 250 Rn. 14; Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 250 Rn. 22; Sinn, in: SK-StGB, Bd. 5, 9. Aufl. (2019), § 250 Rn. 39; Eisele, BT II, 6. Aufl. (2021), Rn. 355; zu § 251 s. BGH NJW 1992, 2103; für eine Einbeziehung der Tatbeteiligten etwa Wittig, in BeckOK-StGB, 51. Ed. (2021), § 250 Rn. 8.

Schließlich muss die Gefahr „durch die Tat“ hervorgerufen werden. Eine Gefährdung bloß „bei Gelegenheit“ reicht nicht aus. Vielmehr muss die Gefahr durch eine finale Nötigungshandlung – also etwa einen entsprechend gefährlichen Einsatz von Gewalt – hervorgerufen werden.S. etwa Kudlich, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier-StGB, 5. Aufl. (2021), § 250 Rn. 12, 14; ausführlich Peters, ZStW 134 (2022), 149. Die Wegnahmehandlung – beispielsweise die Wegnahme eines lebensnotwendigen Medikaments – kommt dagegen als Ursache der Gefahr nicht in Betracht,AA Sander, in: MüKo-StGB , Bd. 4, 4. Aufl. (2021), § 250 Rn. 52. da die spezifische Gefährlichkeit des Raubes für Leib und Leben in der Nötigungshandlung wurzelt.

Bandentat, § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB

Die Bandentat wird üblicherweise ebenso wie im Rahmen des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB verstanden; insoweit bestehen die entsprechenden Probleme,Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 13; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 384, 394. s. → § 3 Rn. 37 ff.

Als „Raub oder Diebstahl“, zu deren „fortgesetzter Begehung“ sich die Bande verbunden haben muss, kommen neben § 242 StGB und § 249 StGB auch die sonstigen „räuberischen“ Taten in den §§ 252, 255 und 316a StGB in Betracht.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 13.

Besonders schwerer Raub, § 250 Abs. 2 StGB

Für den besonders schweren Raub in § 250 Abs. 2 StGB ist ein nochmals erhöhtes Mindestmaß von Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren vorgesehen.

Verwenden einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB

Zum Waffenbegriff s. → § 3 Rn. 7 ff.

Die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB stellt den wohl wichtigsten, gleichzeitig aber auch schwierigsten Anwendungsfall des § 250 StGB dar. Der Anwendungsbereich des Verwendens einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs bei der Tat ist bis heute weitgehend kasuistisch geprägt und lässt ein ausgearbeitetes theoretisches Fundament vermissen.Grundlegend Peters, ZStW 134 (2022), 149; s. auch Vogel, in: LK-StGB, Bd. 8, 12. Aufl. (2010), § 250 Rn. 37. Grundsätzlich gilt: Das Verwenden ist eine Steigerung im Vergleich zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB, wo das bloße Bei-Sich-Führen erfasst wird. § 250 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB beinhalten wesentliche Zwischenschritte in Richtung eines Einsatzes einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges zur Verletzung des Opfers – dem Verletzungserfolg, dessen Eintritt § 250 StGB letztlich im Blick hat.S. auch BGH BeckRS 2004, 4279; BeckRS 2004, 10264; vgl. auch BGH NJW 2001, 2185 (2186) zu § 177 a. F.; Hannich/Kudlich, NJW 2010, 3475 (3476); für eine Restriktion des Drohens auf Fälle, in denen dieses bereits gefährlich ist, tritt etwa Mitsch, BT II, 3. Aufl. (2015), S. 531 ein; ausführlich zur Teleologie Peters, GA 2022, 78 (84 f.).

Einheitlicher Werkzeugbegriff des § 250 StGB?

Problematisch ist, ob der Begriff des anderen gefährlichen Werkzeugs in Absatz 2 ebenso wie in § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Alt. 2 StGB und § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Alt. 2 StGB zu verstehen ist.

Der Wortlaut und die Systematik des § 250 StGB legen ein solches Verständnis nahe.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 17. Hiernach besitzt § 250 StGB insgesamt einen einheitlichen Werkzeugbegriff. Folgt man dieser Auffassung, ist bei der Auslegung von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB dasselbe Verständnis zugrunde zu legen, das im Rahmen des Meinungsstreits der §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Alt. 2, 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Alt. 2 StGB für vorzugswürdig erachtet wird.

Die Rechtsprechung verfolgt jedoch eine andere Linie: Sie legt bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB einen anderen Werkzeugbegriff zugrunde als bei § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Alt. 2 StGB. Hiernach liegt ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB vor, wenn der Gegenstand nach der Art seiner konkreten Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.

Es wird also auf den Werkzeugbegriff des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB zurückgegriffen. Damit werden insbesondere auch neutrale Alltagsgegenstände erfasst, die bestimmungswidrig eingesetzt werden.

Beispiel: Ein Stuhl, der als Schlagwerkzeug eingesetzt wird.

Klausurhinweis: Aus diesem Grund ist § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch dann zu prüfen, wenn § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB verneint wurde. Dies gilt insbesondere für neutrale Alltagsgegenstände, die bestimmungswidrig eingesetzt werden.

Mit Blick auf Wortlaut und Systematik kann man diese Rechtsprechung kritisieren. Doch lassen sich durchaus teleologische Argumente für ihre Auffassung anführen. Immerhin wohnt diesen Situationen eine besondere Gefährlichkeit inne, die den übrigen erfassten Fällen – den Waffen und bereits unabhängig von einer Verwendung gefährlichen Werkzeugen – vergleichbar ist. Im Kern geht die Rechtsprechung davon aus, dass das Verwenden, welches § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB anders als §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB voraussetzt, die Situation – und den verwendeten Gegenstand – qualitativ verändert.Grundlegend Peters, ZStW 134 (2022), 149. Nach einem solchen Verständnis sind diese Gegenstände nur im Moment ihres Einsatzes gegen einen Menschen gefährliche Werkzeuge, im Übrigen nicht.S. auch Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 20: „Widmungsakt“. Der tatsächliche Einsatz eines Gegenstands erweitert nach der Rechtsprechung den Werkzeugbegriff – die handelnde Person stellt gewissermaßen für den Moment der Verwendung ein gefährliches Werkzeug her. Am Beispiel: Ein Stuhl, der dem Opfer auf den Kopf geschlagen wird, ist in diesem Moment ein gefährliches Werkzeug – er wird es jedoch erst durch die (gefährliche) Zweckentfremdung und bleibt es nur für deren Dauer, weshalb ein gefährliches Werkzeug verwendet (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB), nicht aber „bei sich geführt“ (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB) wird.

Verwenden bei der Tat

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug tatsächlich eingesetzt wird, um Gewalt anzuwenden oder zu drohen.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 15; Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 396; dafür, dass auch ein Drohen ausreicht, schon BT-Drucks. 13/8587, S. 45. Erforderlich ist damit ein gegenüber dem Grundtatbestand qualifizierter Einsatz von Nötigungsmitteln. Damit sind die Nötigungsmittel gegenüber § 240 Abs. 1 StGB doppelt qualifiziert.Peters, ZStW 134 (2022), 149 (175 f.).

Vertiefungshinweis: Der Streit um die Beendigungslösung (s. u. → Rn. 38) ist insoweit unerheblich: Sowohl nach Auffassung der Rechtsprechung als auch des herrschenden Schrifttums muss das Verwenden im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB Teil einer Nötigungshandlung, von Zueignungsabsicht getragen und final geprägt sein.Ausführlich Peters, ZStW 134 (2022), 149 (156 f.).

Weil § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nach übereinstimmender Auffassung nicht erst das Verwenden zur Anwendung von Gewalt, sondern bereits ein Verwenden zur Drohung erfasstSo schon BT-Drs. 13/8587, S. 45., stellt sich die Frage, inwieweit das Tatmittel tatsächlich eingesetzt werden muss.

Beispiel: A droht B damit, diese zu erschießen, wenn sie sich nicht ruhig verhält. A hält weder eine Waffe in der Hand, noch ist eine solche am Tatort zu sehen.

Hier wird zweifellos mit dem Verwenden einer Waffe gedroht. Doch reicht dies schon für ein Verwenden im Rahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB – oder muss die Waffe darüber hinaus tatsächlich mitgeführt, durch das Opfer wahrgenommen oder sogar etwas mit ihr getan werden? Dies betrifft die Frage danach, inwieweit ein Verwenden schon durch die „bloße“ Drohung mit einem Verwenden vorliegt oder aber der Verwendungsbegriff eine tatsächliche Komponente besitzt.

Beispiel (nach BGH BeckRS 2020, 10603): A sucht im Haus des B nach Wertgegenständen und hat ein Messer dabei. Als B erwacht, ruft sie ihm zu, dass sie ein Messer habe, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie dieses im Zweifel gegen ihn einsetzen werde. B versteht die Drohung entsprechend, kann aber aufgrund der Dunkelheit das Messer nicht sehen.

Diese Frage war lange umstritten. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist – parallel zu § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB – erforderlich, dass das gefährliche Werkzeug zum Zeitpunkt des Verwendens (also hier der Drohung) tatsächlich verfügbar ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Opfer dieses sinnlich wahrnimmt.Allerdings haben insoweit vor der erwähnten Entscheidung des BGH einige gerichtliche Entscheidungen für Unsicherheit gesorgt, ausführlich und mwN Peters, ZStW 134 (2022), 149 (175 f.).

Beispiel: Im o. g. Beispiel bejahte der BGH § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, obwohl das Opfer das Messer nicht sah, spürte oder sonst sinnlich wahrnahm und stellte entscheidend darauf ab, dass das Werkzeug tatsächlich verfügbar war.Ausführliche Würdigung bei Peters, ZStW 134 (2022), 149 (175 f.).

Demgegenüber verlangen einzelne Stimmen im Schrifttum, dass das Opfer das gefährliche Werkzeug wahrnehmen müsse.Kudlich, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier-StGB, 5. Aufl. (2021), § 250 Rn. 24; ähnlich Bosch, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2019), § 250 Rn. 29; Sinn, in: SK-StGB, Bd. 5,, 9. Aufl. (2019), § 250 Rn. 53; Bleicher, Waffen, gefährliche Werkzeuge, sonstige Werkzeuge und Mittel in §§ 177, 244, 250 StGB nach dem 6. StRG, 2014, S. 265; Mitsch, BT II, 3. Aufl. (2015), S. 531; Bosch, JURA 2018, 635; Nestler, JURA 2018, 962. Diese Auffassung beruht jedoch zumindest in Teilen auf einem Missverständnis hinsichtlich der Auffassung der Rechtsprechung.Peters, ZStW 134 (2022), 149 (175 f.). Eine noch restriktivere Auffassung, wonach das Tatmittel bei der Drohung bereits in gefährlicher Art und Weise eingesetzt werden muss,ZB indem ein Messer bei der Drohung dicht vor das Gesicht gehalten wird, Mitsch, BT II, 3. Aufl. (2015), S. 531; Schroth, NJW 1998, 2861 (2864). konnte sich ebenfalls nicht durchsetzen. Insgesamt sind die Anforderungen an ein Verwenden bislang noch nicht ausreichend konkretisiert worden, sodass das Tatbestandsmerkmal weiterhin gewisse Unschärfen aufweist.

Klausurhinweis: In der Klausur empfiehlt es sich, diese Problematik nur aufzuwerfen, wenn es – wie in dem erwähnten BGH-Fall – darauf ankommt, weil das Opfer die Waffe nicht sinnlich wahrgenommen hat. In solchen Fällen bietet es sich im Zweifel an, mit einer knappen Begründung – teleologisch gesehen ist die Situation bereits bei einem Bei-Sich-Führen entsprechend gefährlich, ohne dass es auf die Wahrnehmung ankommt – dem BGH zu folgen. In einer Hausarbeit oÄ könnte dieser Streit hingegen ausführlicher thematisiert werden.

Bandentat mit Bei-Sich-Führen einer Waffe, § 250 Abs. 2 Nr. 2 StGB

Wird bei der Bandentat im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Waffe mitgeführt, wird das Strafmaß über § 250 Abs. 2 Nr. 2 StGB nochmals angehoben.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 24.

Körperlich schwere Misshandlung, § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) StGB

Eine körperlich schwere Misshandlung setzt eine schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität mit erheblichen Folgen für die Gesundheit oder erheblichen Schmerzen voraus.BGH NStZ-RR 2007, 175; Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 25. Nicht erforderlich ist, dass der Tatbestand der schweren Körperverletzung (§ 226 StGB) erfüllt wird.BGH NStZ-RR 2007, 175.

Beispiel: Zahlreiche heftige und mit Schmerzen verbundene Schläge (BGH NStZ-RR 2007, 175).

Die körperlich schwere Misshandlung muss durch den Einsatz der Nötigungsmittel erfolgen.Ausführlich Peters ZStW 134 (2022), 149; unscharf BGH BeckRS 2009, 10768, Rn. 8; aA Sander in MüKo-StGB, Bd. 4, 4. Aufl. (2021), § 250 Rn. 52, 65. Das „bei der Tat“ des § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) StGB ist mithin ebenso wie im Rahmen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sowie gleichermaßen wie das „durch die Tat“ in § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB und § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB zu verstehen.Peters ZStW 134 (2022), 149.

Gefahr des Todes, § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB

§ 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB setzt die konkrete Gefahr des Todes voraus. Es handelt sich wie bei § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB um ein konkretes Gefährdungsdelikt.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 26.

Verwirklichung zwischen Vollendung und Beendigung

Ebenso wie im Rahmen des § 244 StGB ist umstritten, ob die Qualifikationsgründe auch noch in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung verwirklicht werden können.Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 30f., § 4 Rn. 48 f. Während die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Qualifikationen auch in der sogenannten Beendigungsphase noch verwirklicht werden können, sofern eine Beutesicherungsabsicht gegeben ist (sog. Beendigungslösung), beschränkt ein Großteil des Schrifttums den Anwendungsbereich auf die Phase bis zur Vollendung der Wegnahme (sog. Vollendungslösung). S. zu den Einzelheiten → § 3 Rn. 26.

Teilrücktritt

Umstritten ist, ob von den qualifizierenden Tatbeständen des § 250 StGB zurückgetreten werden kann, ohne dass ein Rücktritt vom Grunddelikt erfolgt (sog. Teilrücktritt).

Beispiel: A will B ausrauben und führt hierzu zunächst eine Pistole mit sich. Als ihn plötzlich ein „ekliges Gefühl“ durchfährt, wirft er die Waffe jedoch fort, um seinen Tatplan ohne sie zu verwirklichen. Der Plan misslingt jedoch.

Der BGH verneinte in einem vergleichbaren Fall einen (Teil-)Rücktritt mit der Begründung, dass ein Bei-Sich-Führen zu irgendeinem Zeitpunkt der Tatbestandsausführung genüge und es keinen Teilrücktritt von qualifizierenden Tatbestandsmerkmalen gebe.BGH NStZ 1984, 216. Die Gegenansicht spricht sich mangels Gefährlichkeit des Geschehens für eine teleologische Reduktion aus.Wessels/Hillenkamp/Schuhr, BT II, 44. Aufl. (2021), Rn. 387 mwN.

Subjektiver Tatbestand

Erforderlich ist Vorsatz hinsichtlich aller Merkmale des objektiven Tatbestands.

Klausurhinweis: Es genügt nicht, lediglich pauschal „Wissen und Wollen“ zu bejahen. Stattdessen müssen nacheinander sämtliche Qualifikationsmerkmale durchgeprüft werden, die im objektiven Tatbestand bejaht wurden, und ein entsprechender Vorsatz dargelegt werden. Wurde etwa der objektive Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) und Nr. 1 lit. c) StGB bejaht, so ist darzulegen, dass die betroffene Person 1) um das Vorhandensein der Waffe oder des anderen gefährlichen Werkzeuges wusste und 2) die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung erkannte.

Sofern § 250 Abs. 2 Nr. 1 lit. b) StGB bejaht wurde, darf zudem dessen überschießende Innentendenz nicht vergessen werden: Erforderlich ist, dass das Werkzeug oder Mittel mitgeführt wird, „um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden“. Erforderlich ist also eine entsprechende Verwendungsabsicht.

Klausurhinweis: Die Verwendungsabsicht kann auch schon im objektiven Tatbestand mitgeprüft werden.

Konkurrenzen

Innerhalb des § 250 StGB

  • schließen sich Absatz 1 Nr. 1 lit. a) und Nr. 1 lit. b) gegenseitig aus,

  • treten die Qualifikationstatbestände des Absatzes 1 gegenüber denjenigen des Absatz 2 zurück,

  • tritt der Versuch des Absatz 2 Nr. 1 gegenüber der Vollendung des Absatz 1 Nr. 1 lit. a) zurück,

  • stehen die Qualifikationstatbestände im Übrigen in Tateinheit.S. zu den Konkurrenzen insgesamt statt vieler Fischer, StGB, 69. Aufl. (2022), § 250 Rn. 30.

Klausurhinweis: Ob die Qualifikationstatbestände des Absatzes 1 in der Klausur ausführlich bearbeitet werden sollten, wenn auch Qualifikationstatbestände des Absatzes 2 vorliegen, lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt auch davon ab, wie viel Zeitdruck herrscht. IRd Streits um § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB kann es formulierungstechnisch einfacher sein, die Probleme um den Werkzeugbegriff darzustellen, wenn zuvor bereits § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB thematisiert wurde.

Tateinheit ist möglich

  • zwischen der schweren Körperverletzung und der Körperverletzung mit Todesfolge (§§ 226, 227 StGB) und § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) oder Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB.

Verdrängt werden

  • § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB durch den Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB),

  • die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) durch § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) und Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB,

  • die einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) durch § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) StGB,

  • die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB durch § 250 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) StGB.

Aufbauschema

Wie bei allen Qualifikationen kann entweder zunächst der Grundtatbestand und dann die Qualifikation geprüft werden oder es können beide Tatbestände gemeinsam geprüft werden. Beides ist zulässig, wobei der gemeinsame Aufbau freilich wertvolle Zeit sparen kann. Andererseits gilt: Je komplexer der Aufbau wird – insbesondere, wenn auch noch § 251 StGB hinzukommt oder beispielsweise ein Versuch geprüft wird –, desto eher kann es sich anbieten, getrennt zu prüfen, um den Überblick zu bewahren.Allgemein einen getrennten Aufbau empfehlend Rengier, BT I, 23. Aufl. (2021), § 8 Rn. 2.

Getrennter Aufbau

A. Strafbarkeit gemäß § 249 Abs. 1 StGB

Grunddelikt kann zudem § 252 StGB oder §§ 253, 255 StGB sein.

B. Strafbarkeit gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 StGB

  1. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand der Qualifikation

      1. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB

      2. usw.

    2. Subjektiver Tatbestand der Qualifikation

      1. Vorsatz bezüglich § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB

      2. usw. …

      3. ggf. Verwendungsabsicht im Rahmen des. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB

  2. Rechtswidrigkeit

  3. Schuld

Gemeinsamer Aufbau

Strafbarkeit gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 StGB

  1. Tatbestand

    1. Objektiver Tatbestand

      1. Objektiver Tatbestand des Grunddelikts, § 249 Abs. 1 StGB

      2. Objektiver Tatbestand der Qualifikation, § 250 StGB

        1. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB

        2. usw. …

    2. Subjektiver Tatbestand

      1. Subjektiver Tatbestand des Grunddelikts, § 249 Abs. 1 StGB

      2. Vorsatz bzgl. der Qualifikation

        1. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) StGB

        2. usw. …

        3. ggf. Verwendungsabsicht im Rahmen des. § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) StGB

  2. Rechtswidrigkeit

  3. Schuld

Weiterführende Studienliteratur und Übungsfälle

Weiterführende Studienliteratur

Rönnau/Wegner, Grundwissen – Strafrecht: Tatbeendigung, JuS 2019, 970

Übungsfälle

Peters, Anfängerklausur – Strafrecht: Der gut betuchte Professor, JuS 2020, 328