Näher Röthel, Güterrecht: Eine Einführung, JURA 2015, 242 ff.
Begriff und Funktion
Die unter A. dargestellten allgemeinen Ehewirkungen gelten für jede Ehe. Zu den allgemeinen Ehewirkungen gehören auch – wie gesehen – einige vermögensmäßigen Wirkungen (Eigentumsvermutung, Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs). Die Eheschließung kann aber noch weitreichendere Wirkungen auf das Vermögen der Ehegatten haben. Dies entscheidet sich danach, in welchem Güterstand die Ehegatten leben. Güterrecht ist also besonderes Ehevermögensrecht.
Das BGB legt die Ehegatten nicht auf ein bestimmtes Modell des Ehevermögensrechts fest. Es stellt vielmehr einen Güterstand als „dispositiven“, gesetzlichen Güterstand (sog. Zugewinngemeinschaft) zur Verfügung. Die Ehegatten können aber durch Ehevertrag den gesetzlichen Güterstand modifizieren (sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft) oder sich für ganz andere Konzepte entscheiden (vollständige Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Im ehelichen Güterrecht herrscht also Vertragsfreiheit (§ 1408 BGB).
Die Wahl des Güterstands ist ein bisschen vergleichbar der Frage, welche Rechtsform zwei Gesellschafter für ihre Unternehmung wählen: Gründen sie eine oHG oder eine KG, eine GmbH oder eine AG? – Anders als im Gesellschaftsrecht gilt im Ehevermögensrecht aber kein Typenzwang (näher Röthel, Kongruenz und Differenz im Güterrecht, FS für Brudermüller, 2014, S. 593 ff.).
Die Güterstände unterscheiden sich danach, in welchem Ausmaß die Ehe auch in Bezug auf das Vermögen als Gemeinschaft wirken soll: Bei der reinen Gütertrennung (§ 1414 BGB) hat die Ehe keine Auswirkungen auf die Vermögenslage, bei der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) entsteht eine echte Gemeinschaft am während der Ehe erworbenem Vermögen, und die Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) steht in der Mitte (Gütertrennung mit Zugewinnausgleich nach Beendigung des Güterstands, d.h. bei Aufhebung oder Scheidung der Ehe sowie Tod eines Ehegatten).
Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB)
Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren (§ 1363 Abs. 1 BGB).
Beachte: Ergibt sich aus dem Sachverhalt nur, dass M und F verheiratet sind, leben sie also gemäß § 1363 Abs. 1 BGB im gesetzlichen Güterstand! – Dies ist auch der praktische Regelfall.
Der Begriff „Zugewinngemeinschaft“ ist aber missverständlich: Denn während der Ehe entsteht gerade keine Vermögensgemeinschaft, auch nicht an dem Vermögen, das in dieser Zeit hinzugewonnen wird. Vielmehr verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbständig (§ 1364 BGB). Die Ehe hat also grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Eigentumszuordnung und die Verfügungsbefugnis (Ausnahmen: §§ 1365 ff. BGB, dazu noch eingehend FamR 4).
Beispiel: F ist steinreich und heiratet den armen Rechtsanwalt R. Mit einem Superdeal erzielt die F im ersten Jahr ihrer Ehe einen Rekordgewinn von 500.000 €. R meint, F solle ihm die Hälfte des Gewinns auf sein Konto überweisen. Schließlich lebten sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Zu Recht?
Nein. R hat während bestehender Ehe zwar Anspruch auf Familienunterhalt und ggf. Taschengeld (§ 1360 BGB). Anspruch auf Vermögensbeteiligung während der Ehe hat er nicht. Erst mit der Scheidung kann sich ein Anspruch auf Beteiligung am Zugewinn der F ergeben (sog. Zugewinnausgleich).
Merke: Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt also gerade nicht zu einer Gemeinschaft während der Ehe. Richtiger wäre der Begriff „Gütertrennung mit Anspruch auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstands“; hierzu Röthel, Plädoyer für eine echte Zugewinngemeinschaft, FPR 2009, 161 ff.
Verwaltungsbeschränkungen (§§ 1365 ff. BGB)
Im Grundsatz verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbst, d.h. jeder Ehegatte kann auch frei über sein Vermögen verfügen (§§ 1363 Abs. 2, 1364 BGB). Von diesem Grundsatz macht das BGB in § 1365 BGB und § 1369 BGB zwei wichtige Ausnahmen: Über das Vermögen im Ganzen (§ 1365 BGB) und über Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB) kann ein Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten wirksam verfügen (sog. vinkuliertes [gebundenes] Vermögen).
Die Vorschriften werden mit dem Schutz der vermögensmäßigen Grundlagen der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Verwirklichung eines möglichen späteren Zugewinnausgleichsanspruchs (BGHZ 35, 135, 137; 77, 293, 296) erklärt. Allerdings wird bei der Anwendung der §§ 1365 ff. BGB nicht danach gefragt, ob im konkreten Fall eine Gefährdung der Lebensgemeinschaft bzw. des Zugewinnausgleichs zu befürchten ist. Eine Berufung auf § 1365 BGB ist z.B. auch dann möglich, wenn absehbar ist, dass der nicht-verfügende Ehegatte bei einer Scheidung der Ehe gar nicht ausgleichsberechtigt wäre (vgl. BGHZ 143, 356, 359).
Beispiel: Ohne Wissen ihrer Ehefrau M erfüllt sich die F ihren Traum von einem Ferienhaus an der Nordsee. Um den Kaufpreis von 200.000 € aufbringen zu können, nimmt sie ein Darlehen in derselben Höhe auf. Zur Sicherung der Darlehensforderung räumt sie der Bank eine Grundschuld an einem ihr gehörenden, noch unbelasteten Grundstück ein; das Grundstück ist damit nicht weiter belastbar. Weiteres Vermögen besitzt die F nicht, was die Bank auch von Anfang an wusste. Als M davon erfährt, verlangt sie von der Bank Löschung der Grundschuld. Zu Recht?
Anspruch der M gegen B auf Erteilung der nach § 19 GBO erforderlichen Bewilligung zur Löschung der Grundschuld gemäß § 894 BGB (+), wenn das Grundbuch unrichtig und M von der Unrichtigkeit betroffen ist. Aktivlegitimation der M eigentlich (-), da wenn überhaupt nur F als Grundstücksinhaberin von der Eintragung der Grundschuld betroffen und daher aktivlegitimiert sein kann. Aber: M kann die sich aus der Unwirksamkeit ergebenden Rechte geltend machen, hier Ansprüche der F (§ 1368 BGB, sog. Revokation; hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Prozessstandschaft [BGHZ 143, 356, 359], d.h. die Geltendmachung eines fremden Rechts im eigenen Namen; a.A. [Ausübung eines eigenen Rechts] etwa vertreten von Dethloff FamR § 5 Rn. 87 a.E.]; dagegen spricht das Regel-Ausnahme-Verhältnis von § 1364 zu §§ 1365 ff. BGB).
Voraussetzung ist jedenfalls, dass das Grundbuch unrichtig ist. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die Bank nicht Inhaberin einer Grundschuld geworden ist. Zweifel an der wirksamen Bestellung des Grundpfandrechts ergeben sich hier aus § 1365 Abs. 1 S. 2 BGB.
Geschäfte über das Vermögen im Ganzen
Voraussetzungen
§ 1365 BGB ist anwendbar auf Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben (arg. systematische Stellung!) und die die Wirkung der §§ 1365 ff. BGB nicht ausgeschlossen haben.
Vertiefungshinweis: §§ 1365 ff. BGB sind ehevertraglich abdingbar (§§ 1363 Abs. 1, 1408 Abs. 1 BGB), ohne dass dadurch zugleich auch auf den späteren Zugewinnausgleich im Fall der Scheidung verzichtet werden muss. Es ist also möglich, die gesetzlichen Folgen der Zugewinngemeinschaft während der Ehe abzulösen von den gesetzlichen Folgen der Zugewinngemeinschaft nach der Ehe. Solche Individualvereinbarungen, die nur einen Teil der Regeln über den gesetzlichen Güterstand modifizieren, führen zu einer sog. modifizierten Zugewinngemeinschaft, die in der Praxis durchaus üblich ist.
Nach seinem Wortlaut ist § 1365 Abs. 1 BGB anwendbar auf (Verpflichtungen und) Verfügungen über das Vermögen im Ganzen. Gemeint waren zunächst nur Fälle, in denen ein Ehegatte sein gesamtes Vermögen übertragen will (sog. Gesamttheorie).
Beachte: Der Begriff „Verfügung über das Vermögen im Ganzen“ ist unscharf. Denn „das Vermögen“ kann nicht Gegenstand einer Verfügung sein, sondern nur die einzelnen Vermögensbestandteile (Spezialitätsgrundsatz).
Die Gesamttheorie hat sich nicht durchgesetzt. Der BGH hat sich vielmehr dafür ausgesprochen, dass auch die Verpflichtung bzw. Verfügung über einen einzelnen Gegenstand die Schutzzwecke des § 1365 BGB berührt und daher in dessen Anwendungsbereich fallen soll (sog. Einzeltheorie). Es muss sich allerdings um einen Gegenstand handeln, der nahezu das gesamte Vermögen ausmacht (st. Rspr. seit BGHZ 35, 135, 143). Danach ist eine Verpflichtung bzw. Verfügung über einen einzelnen Gegenstand dann zustimmungsfrei, wenn dem Inhaber mind. 10 % seines Ausgangsvermögens verbleibt (10 %-Grenze; BGHZ 77, 293, 299).
Diese 10 %-Grenze wendet der BGH bei „größeren Vermögen“ an; bei Vermögen geringer als 250.000 € gilt eine Verpflichtung bzw. Verfügung über einen einzelnen Gegenstand erst dann als zustimmungsfrei, wenn mind. 15 % verbleiben.
Die Berechnung bezieht sich auf das ursprüngliche Gesamtvermögen ohne Schulden (nur Aktivvermögen) und auch ohne Einrechnung einer etwaig versprochenen Gegenleistung für den Vertragsgegenstand. Auch derzeitiges oder künftiges Arbeitseinkommen wird nicht berücksichtigt (BGHZ 101, 225, 227).
Zweifelsfrage: Ist der Wert eines beim verfügenden Ehegatten verbliebenen Wohnrechts als Restvermögen zu bewerten? Der BGH hat „ja“ entschieden, weil das Wohnrecht Vermögenswert habe (BGHZ 196, 95 = Röthel JURA [JK] Heft 8/2013 § 1365/9). Dass der andere Ehegatte zur Befriedigung seines Anspruchs auf Zugewinnausgleich nicht im Wege der Vollstreckung auf das Wohnrecht zugreifen könne, stehe dessen Einbeziehung in den Vermögensvergleich nicht entgegen, so der BGH. Dahinter stehen Überlegungen zum Zweck von § 1365 BGB: Die Vorschrift dient also nicht allein der Sicherung des Zugewinnausgleichs, sondern auch dem Erhalt des Familienvermögens. In dem Sinne garantiere das Wohnungsrecht gerade, dass Grundvermögen weiterhin der Familie zu Wohnzwecken zur Verfügung stehe. Fazit also: alles eine Frage, worin man den Zweck von § 1365 BGB sieht.
Auch Belastungen können als Verfügungen über das Vermögen im Ganzen zustimmungspflichtig sein, wenn sie den wirtschaftlichen Wert des Gegenstands im Wesentlichen ausschöpfen (vgl. BGH NJW 2011, 3788 = Röthel JURA [JK] 2012 BGB § 1365/8 – Grundschuld; a.A. Muscheler FamR Rn. 348).
Angewendet auf den Beispielsfall: Da F kein weiteres Vermögen besitzt, liegt hier eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen vor, wenn man auch in der Belastung eine Verfügung i. S. des § 1365 BGB sieht.
Vertiefungshinweis: Bei Belastungen ist allerdings zu unterscheiden. Die Bestellung einer Eigentümergrundschuld stellt noch keine Belastung dar, die das Vermögen schmälert, und ist daher zustimmungsfrei. Bei Vorbelastungen ist entscheidend, ob die neue Belastung den verbliebenen „freien“ Grundstückswert ausschöpft (Staudinger/Thiele § 1365 Rn. 48). Außerdem sollen solche Belastungen nicht dem Schutzzweck des § 1365 BGB unterfallen, die einen Erwerb überhaupt erst ermöglichen und nur den Erwerbsgegenstand betreffen. Gemeint ist der Fall, dass ein Grundstück erworben wird mit Darlehensmitteln, zur deren Sicherung eine Grundschuld an dem Erwerbsgrundstück bestellt wird (Schwab FamR Rn. 255). – In unserem Beispielsfall hat F aber ein bisher noch nicht belastetes Grundstück belastet, so dass die Bestellung der Grundschuld eine Verfügung über das bis dahin bestehende Aktivvermögen darstellt.
Eine Verpflichtung bzw. Verfügung über einen einzelnen Gegenstand ist aber nur dann zustimmungspflichtig, wenn der Gläubiger weiß (= positive Kenntnis), dass es sich bei dem Gegenstand um das wesentliche Vermögen handelt. Argument: Wenn das ganze Vermögen „en bloc“ übertragen wird, weiß der Erwerber, dass es sich um sämtliches Vermögen handelt. Gleiches soll dann zum Schutz des Erwerbers bei der Verfügung über Einzelgegenstände gelten (= subjektive Einzeltheorie; st. Rspr. seit BGHZ 35, 135, 143).
Hier (+), denn die Bank wusste von Anfang an, dass das Grundstück nahezu das gesamte Vermögen der F ausmacht und dass durch die Belastung der wirtschaftliche Wert des Grundstücks voll ausgeschöpft würde. Die Belastung des Grundstücks war daher zustimmungspflichtig. Mangels vorheriger Einwilligung und wegen der endgültigen Verweigerung der Genehmigung ist die auf Bestellung der Grundschuld gerichtete Willenserklärung der F endgültig unwirksam geworden (§ 1366 Abs. 4 BGB).
Anmerkung: Dieses Erfordernis positiver Kenntnis stellt den einzigen Schutz des Erwerbers dar. Ein gutgläubiger, zustimmungsfreier Erwerb gemäß § 892 BGB ist nicht möglich, da § 1365 BGB als ein absolutes Veräußerungsverbot angesehen wird; dazu noch unten im Text.
M kann daher gemäß § 1368 BGB die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung (!) ergebenen Ansprüche geltend machen, hier Grundbuchberichtigung verlangen.
Abwandlung: Wie im Ausgangsfall, doch hat die Bank erst nach Abschluss des Darlehens- und Sicherungsvertrages, jedoch noch vor Eintragung der Grundschuld erfahren, dass das belastete Grundstück das gesamte Vermögen der F ausmacht.
Es bleibt zu überlegen, zu welchem Zeitpunkt die Kenntnis des Vertragspartners die Zustimmungspflicht auslöst. Der BGH stellt auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts ab: Spätere Kenntniserlangung soll nicht schaden. Vielmehr soll sich der Vertragspartner auf seinen „Kenntnisstand beim Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts“ verlassen können (BGHZ 106, 253, 256 ff.).
Die Gegenauffassung würde dazu führen, dass sich ein Ehegatte zwar ohne Zustimmung verpflichten könnte (da das Geschäft mangels Kenntnis des Vertragspartners wirksam wäre), dieses zustimmungsfreie Geschäft aber nicht ohne Zustimmung erfüllen könnte. Verweigert der andere Ehegatte die Zustimmung, so wäre der Verfügende wegen nachträglicher Unmöglichkeit schadensersatzpflichtig. Diese Schadensersatzpflicht würde aber die Lebensgrundlage der Familie vielleicht noch mehr belasten.
Fazit: Nur wenn der Erwerber bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts keine positive Kenntnis davon hatte, dass der einzelne Vertragsgegenstand das wesentliche Vermögen bildet, kann er wirksam ohne Zustimmung des anderen Ehegatten erwerben!
Wirkungen
Zustimmungsbedürftig kann sowohl das schuldrechtliche Geschäft (S. 1) als auch das Verfügungsgeschäft (S. 2) sein (§ 1365 Abs. 1 BGB). Aber: Wenn der Ehegatte dem Verpflichtungsgeschäft zugestimmt hat, bedarf die Verfügung keiner eigenen Zustimmung mehr. Denn der an sich zustimmungsberechtigte Ehegatte verhielte sich treuwidrig und widersprüchlich, die Zustimmung zur Verfügung zu verweigern, nachdem er die Zustimmung zum Verpflichtungsgeschäft erteilt hat.
Gleiches muss gelten, wenn das Verpflichtungsgeschäft nicht zustimmungsbedürftig war, etwa weil die Ehe erst später geschlossen wurde. Denn die Ausübung des Zustimmungsrechts „hilft“ nicht mehr: Kann der verpflichtete Ehegatte nicht verfügen, also nicht erfüllen, ist er schadensersatzpflichtig (§§ 280, 281 Abs. 1, Abs. 3 BGB). Dies belastet die wirtschaftlichen Grundlagen der ehelichen Lebensgemeinschaft genauso wie die Erfüllung. Außerdem stand der ehelichen Lebensgemeinschaft von vornherein nur das um die Verpflichtung geminderte Vermögen zur Verfügung.
Beispiel: A verkauft formgerecht ein Grundstück an die B. Weil B den Kaufpreis noch nicht parat hat, soll die Auflassung erst später erklärt werden. Das Grundstück ist das einzige Vermögen der A. Am nächsten Tag heiratet A die F. Zwei Monate später lässt A das Grundstück an die B auf. F meint, dass die Auflassung ohne ihre Zustimmung unwirksam sei. Ist das richtig?
Nein, denn das Verpflichtungsgeschäft war nicht zustimmungspflichtig (A und F waren noch nicht verheiratet). Die Erfüllung einer wirksam zustande gekommenen Verpflichtung unterfällt nicht der Zustimmungspflicht (a.A. vertretbar; wie hier Dethloff FamR § 5 Rn. 85).
Hat der Ehegatte keine Einwilligung erteilt, ist das betroffene Verpflichtungs- bzw. Verfügungsgeschäft schwebend unwirksam, kann aber genehmigt werden (§ 1366 BGB).
Vertiefungshinweis: Es genügt nicht, dass der Verfügende – nach der Scheidung – volle Rechtsmacht erlangt; § 185 Abs. 2 BGB gilt nicht analog, da weiterhin zu befürchten ist, dass der Zugewinnanspruch des anderen Ehegatten beeinträchtigt wird. Allerdings erlischt das Zustimmungserfordernis mit dem Tod des zustimmungspflichtigen Ehegatten (Dethloff FamR § 5 Rn. 82). Konvaleszenz tritt also nicht mit Scheidung, wohl aber mit dem Tod des zustimmungspflichtigen Ehegatten ein!
Während der Schwebezeit kann der Dritte den Vertrag widerrufen (§ 1366 Abs. 2 BGB). Mit der Verweigerung der Genehmigung wird der betroffene Vertrag endgültig unwirksam (§ 1366 Abs. 4 BGB). Die Unwirksamkeit kann sich sowohl auf das Verpflichtungs- als auch auf das Verfügungsgeschäft erstrecken.
Es handelt sich bei dieser Unwirksamkeit um eine gegenüber allen wirkende und nicht durch guten Glauben überwindbare Unwirksamkeit. In Bezug auf Verfügungen wird dies damit umschrieben, dass § 1365 BGB ein absolutes Verfügungsverbot sei (Schwab FamR Rn. 271; siehe auch das Argument von BGHZ 40, 218, 220: Aus § 1368 BGB [„auch“] folge, dass § 1365 BGB nicht nur ein Recht des anderen Ehegatten, sondern auch des verfügenden Ehegatten darstelle; demnach könne die Vorschrift nicht allein dem Schutz des anderen [nicht verfügenden] Ehegatten dienen). Damit ist gemeint, dass § 1365 BGB nicht gemäß § 135 Abs. 2 BGB durch redlichen Erwerb überwunden werden kann: Der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers, etwa in der Vorstellung, dass der Veräußerer nicht im gesetzlichen Güterstand lebe, ist daher unbeachtlich.
Einzig „nützt“ dem Erwerber nach der subjektiven Einzeltheorie bei einer Verfügung über einen einzelnen Gegenstand (Einzeltheorie) die Unkenntnis von Umständen, aus denen sich ergibt, dass der einzelne Gegenstand nicht das Vermögen im Ganzen ausmacht (s.o.).
Man kann die Wirkung des § 1365 BGB in Bezug auf Verfügungen aber auch so verstehen, dass damit nicht (nur) die Verfügungsbefugnis betroffen ist, sondern die Wirksamkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts. Dann bewirkt § 1365 Abs. 1 BGB für Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte gleichermaßen, dass ein ohne die erforderliche Zustimmung getroffenes Geschäft unwirksam ist.
Prüfungsstandort: Die Einordnung von § 1365 BGB hat dann wiederum Auswirkungen auf den Prüfungsstandort. Geht es um die Wirksamkeit eines Verfügungsgeschäfts, könnte § 1365 BGB sowohl als Unwirksamkeitsgrund der dinglichen Einigung (Prüfungspunkt: dingliche Einigung, Wirksamkeit?) als auch als Frage der Verfügungsberechtigung (Prüfungspunkt: Berechtigung) geprüft werden.
Tatsächlich ist die Einordnung der Wirkungen des § 1365 BGB zweifelhaft. Für die Berücksichtigung bereits auf der Ebene der dinglichen Einigung spricht, dass § 1366 BGB ersichtlich an die Einigung anknüpft. Andererseits geht das gesetzliche Konzept sonst eher von einem Mangel der Verfügungsberechtigung aus (vgl. § 135 Abs. 2 BGB i. V. mit den Regeln des gutgläubigen Erwerbs bei sog. relativen Verfügungsbeschränkungen).
Beachte: In der Praxis spielen §§ 1365 ff. BGB ohnehin nur noch „ex ante“ eine Rolle. Zumeist wird bei Grundstücksgeschäften vorsorglich die Zustimmung des Ehegatten durch Mitunterzeichnung eingeholt.
Revokationsbefugnis (§ 1368 BGB)
Die aus § 1365 BGB resultierende Unwirksamkeit kann auch von dem anderen Ehegatten geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Prozessstandschaft, d.h. dass der andere (nicht verfügende) Ehegatte die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung (!) ergebenden Rechte für den verfügenden Ehegatten im eigenen Namen geltend machen kann (BGHZ 143, 356, 359).
Beachte: Die Revokationsbefugnis wird beschränkt auf Klagen, die gestützt sind auf die Unwirksamkeit der Verfügung. Darunter fallen nicht bereicherungsrechtliche Klagen, die gestützt sind auf die Unwirksamkeit der Verpflichtung! Dahinter steht die Vorstellung, dass die dingliche Klage letztlich entscheidend ist für den Erhalt der Lebensgrundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft. Bezogen auf die Grundbuchberichtigung erfasst § 1368 BGB zwar den Anspruch aus § 894 BGB, nicht aber den gleichfalls auf Grundbuchberichtigung gerichteten bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB wegen rechtsgrundlos erlangter Grundbuchposition, sollte auch das Verpflichtungsgeschäft mangels Zustimmung unwirksam sein; vgl. Staudinger/Thiele § 1368 Rn. 6.
Prozessuale Vertiefungshinweise:
Prüfungsstandort ist die Zulässigkeit einer Klage des nicht-verfügenden Ehegatten; im Rahmen der Zulässigkeit genügt die Feststellung, dass der Ehegatte zur Geltendmachung einer aus § 1365 BGB resultierenden Unwirksamkeit gemäß § 1368 BGB prozessführungsbefugt ist. Ob im Einzelnen die Voraussetzungen der §§ 1365, 1368 BGB gegeben sind, ist eine Frage der Begründetheit.
Unterscheide Prozessstandschaft und Aktivlegitimation: Prozessstandschaft meint die Berechtigung, ein fremdes Recht gerichtlich geltend zu machen, Aktivlegitimation meint die materielle Inhaberschaft. Unterschiede ergeben sich, wenn der Dritte z.B. die Aufrechnung erklärt. Versteht man § 1368 BGB als Befugnis zur Geltendmachung eines fremden Rechts (= Prozessstandschaft), muss die gemäß § 387 BGB erforderliche Gegenseitigkeit in Bezug auf den verfügenden Ehegatten, nicht auf den sog. revozierenden Ehegatten gegeben sein (vgl. BGHZ 143, 356 ff.).
Geschäfte über eigene Haushaltsgegenstände (§ 1369 BGB)
Eine §§ 1365, 1366 BGB vergleichbare Regelung trifft § 1369 BGB für Geschäfte über Haushaltsgegenstände. Haushaltsgegenstände sind alle Gegenstände, die zum gemeinsamen Zusammenleben der Ehegatten bestimmt sind (Hausrat, Möbel, Auto). Nicht dazu zählen Gegenstände des persönlichen Gebrauchs (Schmuck) und beruflichen Zwecken dienende Gegenstände (Arbeitskleidung).
Beispiel: M veräußert ihren Fernseher an die X und erhält dafür 150 €. Als ihre Ehefrau F davon erfährt, will sie endgültig eigene Wege gehen und zieht zu ihrer Schwester. Diese rät ihr, den Fernseher von X herauszuverlangen, schließlich gehöre er doch zum gemeinsamen Hausrat und müsse dann in einem geordneten Verfahren verteilt werden. Zu Recht?
F könnte den Fernseher von X im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft (§ 1368 BGB) gemäß § 985 BGB herausverlangen, wenn die Verfügung der M an X wegen § 1369 BGB unwirksam ist.
Die Wirkungen des § 1369 BGB entsprechen § 1365 BGB: Es besteht ein Zustimmungserfordernis, das sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft betrifft. Wird die Zustimmung verweigert (§§ 1369 Abs. 3, 1366 Abs. 4 BGB), sind Verpflichtungs- bzw. Verfügungsgeschäft unwirksam. Die Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts kann nicht durch gutgläubigen Erwerb überwunden werden (absolute Unwirksamkeit).
Die Voraussetzungen des § 1369 Abs. 1 BGB liegen hier vor. M war zwar Eigentümerin des Fernsehers, doch konnte sie darüber nicht ohne Zustimmung der F wirksam verfügen. Allerdings leben M und F inzwischen getrennt. Daher könnte die Revokationsbefugnis der F durch § 1361a BGB verdrängt sein (vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen FamR § 34 Rn. 57−59). Dafür spricht, dass M und F keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen. Man könnte also daran zweifeln, ob überhaupt noch ein berechtigtes Interesse der F besteht, dass der Fernseher nun wieder in die frühere Ehewohnung (also zu M) verbracht wird. Folgt man dieser Auffassung, käme es darauf an, ob F den Fernseher für ihren abgesonderten Haushalt benötigt. Dann hätte sie einen eigenen (!) Anspruch gemäß § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB; § 1369 BGB wäre nicht einschlägig. – Nach anderer Auffassung soll es hingegen auch bei getrenntlebenden Ehegatten bei § 1369 BGB bleiben, da gerade die Trennung der Ehegatten ein besonderes Bedürfnis nach Verfügungsbeschränkungen hervorrufe (Schwab FamR Rn. 250).
Vertiefung: Daneben wäre noch ein Anspruch aus eigenem Recht gemäß § 861 BGB denkbar (Entziehung des unmittelbaren Mitbesitzes gegen den Willen der F). Hier stellt sich abermals die Frage nach dem Verhältnis zu § 1361a BGB; dazu bereits bei FamR 3.
Achtung: § 1369 BGB betrifft nur Verfügungen über eigene Haushaltsgegenstände!
Verfügt der Ehegatte über einen Gegenstand, der im Eigentum des anderen Ehegatten steht, ist § 1369 BGB nach seinem Wortlaut nicht anwendbar (sorgfältig lesen: kein „ihm gehöriger“ Haushaltsgegenstand). In diesen Fällen wird sich die Unwirksamkeit der Verfügung schon aus § 935 Abs. 1 BGB ergeben:
Beispiel: M veräußert den Fernseher ihrer Ehepartnerin F heimlich an die gutgläubige X. F ist damit nicht einverstanden und verlangt den Fernseher von X heraus.
Ihr Herausgabeanspruch stützt sich auf § 985 BGB, weil sie durch die Verfügung der M wegen § 935 Abs. 1 BGB ihr Eigentum nicht verloren hat. Auf §§ 1368, 1369 Abs. 1, Abs. 3 BGB kommt es also in Bezug auf die Verfügung gar nicht an.
Unterschiede ergeben sich aber im Hinblick auf das Verpflichtungsgeschäft. Die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts kann sich nur in analoger Anwendung des § 1369 Abs. 1 BGB ergeben (dafür etwa Gernhuber/Coester-Waltjen FamR § 34 Rn. 53 f.; Palandt/Brudermüller 79. Aufl. 2020 § 1369 Rn. 1; nun aber a.A. Palandt/Siede, 80. Aufl. 2021, § 1369 Rn. 1).
Zugewinnausgleich (Grundzüge)
Die eigentlichen Wirkungen entfaltet die Zugewinngemeinschaft mit Beendigung des Güterstands.
Der Zugewinnausgleich im Todesfall (§ 1371 BGB) ist Gegenstand der Vorlesung Erbrecht (gesetzliches Erbrecht des Ehegatten). Im Folgenden werden die Grundzüge des Zugewinnausgleichs dargestellt, wenn es zu Lebzeiten beider Ehegatten zur Beendigung des Güterstands kommt. Dies ist insbesondere der Fall infolge Scheidung (§§ 1564 ff. BGB) oder Aufhebung der Ehe (§§ 1313 ff., 1318 Abs. 3 BGB). Die Verwirklichung des Zugewinnausgleichs gehört damit (auch) zum Scheidungsfolgenrecht.
Exkurs Scheidungsfolgen (Überblick). Die Scheidung hat drei wesentliche Folgen: Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand, führt die Scheidung dazu, dass ggf. ein Zugewinnausgleich beansprucht werden kann (§§ 1373 ff., 1378 BGB, dazu sogleich). Zweite, zumeist bedeutsamste Folge der Scheidung ist der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt des Ehegatten (§§ 1567 ff. BGB). Schließlich kann drittens ein Ausgleich von Versorgungsanwartschaften (z.B. Rentenansprüchen) stattfinden (Versorgungsausgleich).
Zweck des Zugewinnausgleichs ist eine nachträgliche, schuldrechtliche Beteiligung an Vermögenszuwächsen des anderen Ehegatten.
Nochmals zur Verdeutlichung: Im gesetzlichen Güterstand verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbst, d.h. jeder Ehegatte kann – abgesehen von §§ 1365, 1369 BGB – frei über sein Vermögen verfügen. Die Ehe wirkt sich nur insofern aus, als jeder Ehegatte verpflichtet ist, auch durch sein Vermögen zum Familienunterhalt beizutragen (§ 1360 BGB), und insofern, als über das Vermögen im Ganzen sowie über Haushaltsgegenstände nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verfügt werden kann (§§ 1365, 1369 BGB). – Erst mit Beendigung des Güterstands, im Regelfall also mit der Scheidung, kommt es zu einer Ausgleichung von einseitigen Vermögenszuwächsen. Dahinter steht die Vorstellung, dass Zugewinne, die ein Ehegatte während der Ehe erzielt, wertungsmäßig beiden Ehegatten gleichmäßig zustehen, weil der andere Ehegatte diese Zugewinne mit ermöglicht hat. Wer den Haushalt führt oder Kinder erzieht, soll am Vermögensaufbau des verdienenden Ehegatten partizipieren. Der Zugewinnausgleich ist also die späte Verwirklichung des Leitbilds, dass Kindererziehung und Haushaltsführung im Verhältnis zur Erwerbsarbeit gleichwertig sind (BVerfGE 105, 1, 11 f.).
Vertiefungshinweis: Vielen erscheint die Legitimation der Halbteilung zweifelhaft. Das geltende Recht beruht auf der Vorstellung, dass der Zugewinn deshalb hälftig zu teilen sei, weil beide durch ihre Leistungen den Zugewinn ermöglicht haben (Teilung wegen Mitverursachung). Dies entspricht der verfassungsgerichtlichen Wertung, dass jeder Beitrag zur Familie (Erwerbsarbeit, Kindererziehung, Haushaltsführung) gleichwertig ist (BVerfGE 105, 1, 10 f.). Zu anderen Ergebnissen gelangt man, wenn man den Zugewinnausgleich auf einen Ausgleich ehebedingter Nachteile beschränkt (Teilung wegen Erwerbsverzicht), wie dies in jüngerer Zeit für richtig gehalten wird; vgl. Röthel, in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Die Zugewinngemeinschaft – ein europäisches Modell?, 2009, S. 57 ff. Hält man die Halbteilung indes für geboten als Ausdruck der Gleichwertigkeit der ehelichen Beiträge, erscheint die konzeptionelle Grundentscheidung, dass während der Ehe keine gleichberechtigte dingliche Teilhabe am Zugewinn besteht, bedenklich. Kritisch zu diesem „dinglichen Gefälle“ Röthel, Plädoyer für eine echte Zugewinngemeinschaft, FPR 2009, 273 ff.; dies., Institution und Intimität, in: Röthel/Löhnig/Helms, Ehe, Familie, Abstammung, 2010, S. 9 ff.
Berechnung des Zugewinnanspruchs (Überblick)
Anspruchsgrundlage ist § 1378 Abs. 1 BGB. Es handelt sich um einen schuldrechtlichen Anspruch gerichtet auf Geldzahlung („Ausgleichsforderung“). Der Zugewinn ist eine rein rechnerische Größe; es entsteht kein Sondervermögen wie bei der Erbengemeinschaft. Der Zugewinnanspruch entsteht mit der Beendigung des Güterstands (§§ 1378 Abs. 3, 1372 BGB).
Der Anspruch aus § 1378 Abs. 1 BGB ist gerichtet auf die Hälfte des Betrags, um den der Zugewinn des anderen Ehegatten den Zugewinn des anspruchstellenden Ehegatten übersteigt. Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen (§ 1375 BGB) eines Ehegatten sein Anfangsvermögen (§ 1374 BGB) übersteigt (Legaldefinition § 1373 BGB).
Beispiel: M und F sind im Zeitpunkt ihrer Eheschließung (= Eintritt in den Güterstand, § 1376 Abs. 1 BGB) ohne weiteres Vermögen. Am 1.3. stellen M und F einvernehmlich Scheidungsantrag. F hat inzwischen eine Arztpraxis aufgebaut mit einem Wert von 200.000 €. M hat nur ein wenig Erspartes (2.000 €). Bestehen Zugewinnansprüche?
Dem Zugewinn des M von 2.000 € steht ein Zugewinn der F von 200.000 € gegenüber. M hat einen Anspruch gegen F auf Zahlung von 99.000 € (198.000 € geteilt durch 2).
Berechnung des Zugewinnausgleichs (Einzelheiten)
Anfangsvermögen (§ 1374 BGB)
Zum Anfangsvermögen gehört in erster Linie das Vermögen, das der Ehegatte bereits im Zeitpunkt der Eheschließung (= Eintritt in den Güterstand i. S. von § 1374 Abs. 1 BGB) hatte. Hieran soll also der andere Ehegatte nicht im Wege des Zugewinnausgleichs partizipieren. Achtung: Nach § 1374 Abs. 3 BGB kann das Anfangsvermögen auch negativ sein.
Beispiel: Als M und F heiraten, hat F 100.000 € Schulden, die sie im Verlauf der Ehe abträgt. Bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hat F ein Vermögen von 50.000 €, M ist nach wie vor vermögenslos. Hat M einen Anspruch auf Zugewinnausgleich?
Ja. F hat einen Zugewinn von 150.000 € erzielt (Tilgung der Schulden [negatives Anfangsvermögen, § 1374 Abs. 3 BGB] und 50.000 € positives Endvermögen), während M keinen Zugewinn erzielt hat. Daraus resultiert eigentlich ein Anspruch des M gegen F in Höhe von 75.000 €. Da F aber nur ein Vermögen von 50.000 € hat, ist die Ausgleichsforderung gemäß § 1378 Abs. 2 S. 1 BGB auf das vorhandene Vermögen begrenzt. Dahinter steht die Wertung, dass der Zugewinnausgleich nicht dazu führen soll, dass sich ein Ehegatte verschuldet und ggf. auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen ist.
Darüber hinaus werden bestimmte Vermögenserwerbe, obwohl sie nach dem Eintritt des Güterstands erfolgen, zum Anfangsvermögen gezählt (§ 1374 Abs. 2 BGB). Darin liegt eine Privilegierung (sog. privilegierter Erwerb), denn Anfangsvermögen ist nicht ausgleichspflichtig, d.h. der andere Ehegatte kann daran nicht partizipieren. Privilegiert ist Erwerb von Todes wegen, Erwerb durch Schenkung und Erwerb als Ausstattung.
Beispiel: Die ansonsten vermögenslose F erbt von ihrem Vater ein Jahr nach ihrer Eheschließung 1 Mio. €.
Der Wert des Erbes (1 Mio. €) wird gemäß § 1374 Abs. 2 BGB rechnerisch zum Anfangsvermögen gezählt. Konsequenz ist, dass F insoweit keinen Zugewinn erzielt hat und M an dem Erwerb auch nicht partizipiert. Das Erbe wird also nicht „vergemeinschaftet“.
Zweifelhaft ist, ob die Privilegierung in § 1374 Abs. 2 BGB auch für andere als die ausdrücklich genannten Erwerbe gelten soll.
Beispiel: F gewinnt 100.000 € im Lotto, erhält eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 20.000 € und eine Auszahlung von einer Lebensversicherung ihres Vaters in Höhe von 50.000 €. Wie hoch ist ihr Anfangsvermögen?
Eine analoge Anwendung von § 1374 Abs. 2 BGB auf Lottogewinne wird in st. Rspr. mangels vergleichbarer Interessenlage abgelehnt (BGHZ 68, 43 ff.; bestätigt in BGH FamRZ 2013, 24 = JURA JK § 1374/3 [Röthel]: „Die Fälle des § 1374 Abs. 2 BGB, in denen ein Zugewinnausgleich nicht stattfinden soll, stellen Ausnahmen von dem gesetzlichen Prinzip dar, wonach es für den Zugewinnausgleich grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob und in welcher Weise der den Ausgleich fordernde Ehegatte zur Entstehung des Zugewinns beigetragen hat… Dabei sind die in § 1374 Abs. 2 BGB geregelten Ausnahmen nicht allein dadurch gerechtfertigt, dass der andere Ehegatte in diesen Fällen nicht zu dem Erwerb beigetragen hat. Ein wesentlicher Grund für die Ausnahmeregelung ist vielmehr, dass eine derartige Zuwendung meist auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden oder auf ähnlichen besonderen Umständen beruht … Da dieses kennzeichnende Merkmal bei einem durch Lottogewinn erzielten Vermögenszuwachs nicht gegeben ist, kommt eine erweiternde Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB in dem hier vorliegenden Fall nicht in Betracht.“
Versteht man den Sinn von § 1374 Abs. 2 BGB im soeben dargestellten Sinne, scheidet auch eine analoge Anwendung auf Schmerzensgeldzahlungen aus, weil sie nicht auf persönlichen Beziehungen eines Zuwendenden beruhen (dafür aber Schwab FamR Rn. 281). Hingegen wird der Erwerb aufgrund eines Bezugsrechts einer Lebensversicherung als „Erwerb von Todes wegen“ i. S. von § 1374 Abs. 2 BGB verstanden (BGHZ 130, 377 Lts.).
Faustregel: § 1374 Abs. 2 BGB ist eng zu verstehen als abschließende, nicht analogiefähige Aufzählung privilegierten Erwerbs. Privilegiert sind Zuwendungen von Dritten (nicht der Ehegatten untereinander: BGH NJW 2011, 72) sowie Erwerb von Todes wegen – nicht mehr und nicht weniger!
Vertiefungshinweis: In der Praxis kann zweifelhaft sein, was zum Anfangsvermögen gehört. Jeder Ehegatte wird im Nachhinein versuchen, so viel als möglich zum Anfangsvermögen zu rechnen. Dem können die Ehegatten begegnen, indem sie ein Verzeichnis über das Anfangsvermögen errichten (§ 1377 BGB). Wird kein Verzeichnis errichtet, so wird vermutet, dass das Endvermögen den Zugewinn darstellt, d.h. dass das Anfangsvermögen 0 ist (§ 1377 Abs. 3 BGB).
Die Anrechnung des privilegierten Erwerbs erfolgt auch, wenn der privilegierte Erwerb negativ ist, z.B. wenn der Ehegatte einen überschuldeten Nachlass übernimmt (§ 1374 Abs. 2 BGB: „nach Abzug der Verbindlichkeiten“). Die Ausgleichspflicht wird dadurch nicht gemindert.
Beispiel: M ist vermögenslos. F verfügte bei der Eheschließung über ein Vermögen von 60.000 €. Später nahm sie das Erbe seines Vaters an, ein in Höhe von 10.000 € überschuldeter Nachlass. Bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags verfügt sie über ein Vermögen von 100.000 €. Zugewinnanspruch des M?
M hat keinen Zugewinn erzielt. F hat ein Anfangsvermögen von 50.000 € (60.000 € abzgl. 10.000 €, § 1374 Abs. 2 BGB „nach Abzug der Verbindlichkeiten“) und ein Endvermögen von 100.000 €, also einen Zugewinn von 50.000 € erzielt. Der Ausgleichsanspruch des M beträgt 25.000 €.
Endvermögen
Die bedeutsamste Regelung im Zusammenhang mit dem Endvermögen ist die Bestimmung des Stichtages. Grundsätzlich ist der Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands maßgeblich (§§ 1375 Abs. 1, 1376 Abs. 2 BGB). Der gesetzliche Güterstand wird zu Lebzeiten durch Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie durch Abschluss eines Ehevertrags (§§ 1408, 1410 BGB) beendet. Für den Fall der Beendigung durch Scheidung wird der Bewertungsstichtag aber vorverlegt: Hier ist nicht die Rechtskraft des Scheidungsurteils (= Beendigung des Güterstands) maßgeblich, sondern der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit (= Zustellung) des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB).
Auch beim Endvermögen finden Korrekturen durch Hinzurechnungen statt (§ 1375 Abs. 2 BGB). Diese haben hier aber eine andere Funktion: Es geht darum zu verhindern, dass ein Ehegatte „in böser Absicht“ sein Endvermögen manipuliert, um den Zugewinnanspruch zu minimieren (§ 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BGB).
Beispiel: M und F heiraten ohne weiteres Vermögen. F baut sich im Zuge der Ehe ein kleines Vermögen auf. Als die Ehe in die Krise gerät, schenkt sie ihrer neuen Lebenspartnerin L eine Wohnung im Wert von 200.000 €. Als ihr vier Monate später der Scheidungsantrag des M zugestellt wird, hat F „nur“ noch ein Vermögen von 150.000 €. Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch des M?
M hat einen Zugewinn von 0 erzielt. F hat ein Anfangsvermögen von 0. Dem Endvermögen von 150.000 € ist allerdings der Wert der Wohnung im Zeitpunkt der Zuwendung an L (§ 1376 Abs. 2 Alt. 2 BGB) hinzuzurechnen. Daraus ergibt sich ein rechnerisches Endvermögen von 350.000 € und ein rechnerischer Zugewinnanspruch des M von 175.000 €. Achtung: Grundsätzlich ist der Zugewinnanspruch auf den Wert des vorhandenen Vermögens begrenzt (§ 1378 Abs. 2 BGB). Dies gilt aber nicht in den Fällen des § 1375 Abs. 2 BGB, so § 1378 Abs. 2 S. 2 BGB. F muss sich daher ggf. verschulden, um den Zugewinnanspruch des M zu realisieren.
Sollte der Anspruch bei F nicht einbringlich sein, kann sich M auch an L wenden gemäß § 1390 BGB. Sofern M die Benachteiligungsabsicht der F nachweisen kann, steht ihr gemäß §§ 1390 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 1 BGB ein Wertersatzanspruch gegen L in Höhe des Betrags, um den die Ausgleichsforderung das bei Beendigung des Güterstandes vorhandene Aktivvermögen des ausgleichspflichtigen Ehegatten übersteigt – d.h. 25.000 € – zu (vgl. MünchKommBGB/Koch § 1390 Rn. 12). Im Falle einer Inanspruchnahme könnte L im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs die F in Regress nehmen: Der Wertersatzanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten gemäß § 1390 Abs. 1 S. 1 BGB gegen den Beschenkten (hier L) tritt neben den Ausgleichsanspruch gegen den Ehepartner; beide sind Gesamtschuldner (§ 1390 Abs. 1 S. 4 BGB).
Daneben kann auch ein Ausgleichsanspruch des Schenkers gegen den Beschenkten gemäß § 528 Abs. 1 S. 1 BGB (Verarmung des Schenkers, Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht) bestehen. Denn F schenkte der L die Wohnung zu einem Zeitpunkt, als sich die Ehe bereits in der Krise befand und die spätere Ausgleichspflicht gegenüber dem M vorhersehbar war (alles Tat- und Argumentationsfrage). Diesen Anspruch müsste M allerdings selbst geltend machen; eine gesetzliche Prozessstandschaft wie in § 1369 BGB ist nicht vorgesehen.
Sonderfall: Anrechnung von Vorausempfängen (§ 1380 BGB)
Besonders geregelt ist die Berücksichtigung von Zuwendungen der Ehegatten untereinander. Hinter § 1380 BGB steht die Erwägung, dass der zum Zugewinnausgleich Verpflichtete keinen Nachteil erleiden soll, wenn er schon während des Güterstandes dem später Berechtigten eine Zuwendung gemacht hat.
Unterscheide also: Zuwendungen von Dritten „gelten“ als Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 2 BGB), Zuwendungen an Dritte können zum Endvermögen zählen (§ 1375 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB), und für Zuwendungen der Ehegatten untereinander gilt § 1380 BGB.
Eine vom anderen Ehegatten erhaltene Zuwendung ist gemäß § 1380 Abs. 1 BGB auf die Ausgleichsforderung (§ 1378 BGB) anzurechnen. In die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist also dasjenige einzubeziehen, was der Empfänger schon vorab erhalten hat. Umgekehrt ergibt sich aus einer solchen Zuwendung, dass der Zuwendende (!) eigentlich einen höheren Zugewinn erzielt hat, als dies im Endvermögen sichtbar ist.
Beachte: Eine Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch gemäß § 1380 BGB kann nur stattfinden, wenn der Zuwendende auch derjenige Ehegatte ist, der einen höheren Zugewinn erzielt hat und daher ausgleichspflichtig ist. Für die umgekehrte Situation – F schenkt an M und hat später Anspruch auf Zugewinnausgleich – gibt es keine Anrechnungsbestimmung. Hier bleibt es bei den §§ 1373 ff. BGB ohne Korrektur.
Beispiel: M und F sind ohne Anfangsvermögen. F hat ein Endvermögen von 80.000 €, M hat ein Endvermögen von 0 €. Allerdings hatte F dem M eine Uhr im Wert von 20.000 € geschenkt, die dem M aber inzwischen gestohlen wurde.
Ohne Berücksichtigung des § 1380 BGB ergäbe sich eine Ausgleichsforderung des M gegen F i.H. von 40.000 €. Dieses Ergebnis wird nun durch § 1380 BGB nach unten korrigiert: Bei Berücksichtigung des § 1380 BGB beträgt der „rechnerische“ Zugewinn der F 100.000 € (80.000 € zzgl. Geschenk von 20.000 €). M dagegen hat einen Zugewinn von 0 erzielt. Er muss sich allerdings auf den Ausgleichsanspruch (hier 50.000 €) den Wert des Geschenks anrechnen lassen (20.000 €) und hat also nur Anspruch auf Zahlung von 30.000 €. Konsequenz des § 1380 BGB ist daher, dass sowohl der Empfänger als auch der Zuwendende das wirtschaftliche Risiko des Geschenks tragen.
Gegenrechte des Verpflichteten (§ 1381 BGB)
Der ausgleichsverpflichtete Ehegatte kann die Erfüllung endgültig (!) verweigern, soweit der Ausgleich nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre (§ 1381 Abs. 1 BGB).
Klausurhinweis: Auf § 1381 BGB sollten Sie nur eingehen, wenn der Sachverhalt dafür besondere Anhaltspunkte gibt. Entscheidend ist dann Ihre Begründung. Dabei sollten Sie sich an § 1381 Abs. 2 BGB orientieren („insbesondere“-Beispiel).
Beispiel: Der Zugewinn besteht nahezu nur aus einer Schmerzensgeldforderung wegen eines Verkehrsunfalls (OLG Stuttgart FamRZ 2002, 99).
Gegenbeispiel: keine ungewöhnliche Härte, wenn Grundstücke während einer ungewöhnlich langen Trennungszeit erheblich an Wert gewonnen haben (hier 1,4 Mio. €), siehe BGH NJW 2013, 3642 = Röthel JURA (JK) 5/14 BGB § 1381/1.
Darüber hinaus kann das Familiengericht die Stundung aussprechen, wenn die sofortige Zahlung „zur Unzeit erfolgen würde“ (§ 1382 BGB).
Beispiel: Das Endvermögen besteht nahezu nur aus einer Unternehmensbeteiligung, dessen sofortige Veräußerung das Ende der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners bedeuten würde.
Andere Ausgleichsansprüche bei Scheidung?
Der Zugewinnausgleich stellt das gesetzliche Modell für den Ausgleich der Vermögensfolgen der Scheidung dar. Es gilt der sog. Ausschließlichkeitsgrundsatz, d.h. neben dem Zugewinnausgleich soll grundsätzlich kein weiterer Ausgleich stattfinden, der seinen inneren Grund in der Scheidung hat.
Denkbar wären Ansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) sowie bereicherungsrechtliche Ansprüche und Ansprüche wegen konkludenter Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft.
Vom Ausschließlichkeitsgrundsatz unberührt bleiben Ansprüche aus anderen Rechtsgründen, d.h. wenn sich die Ehegatten auf die vertragliche Ebene begeben haben, etwa Rückforderungsansprüche aus Darlehen.
Beispiel und Abgrenzung: M gewährt F ein Darlehen über 1.000 €. In der Darlehensurkunde ist eine Kündigungsfrist für das Darlehen von zwei Monaten vorgesehen. Nach der Scheidung kündigt M das Darlehen und verlangt Rückgewähr. Dieser Anspruch besteht unabhängig vom Zugewinnausgleich.Abgrenzung: F entnimmt das benötigte Geld der Haushaltskasse. Als sich M und F scheiden lassen, verlangt M Ausgleich, da die Ausgabe nur der F zugute gekommen sei. Zu Recht?
Nein; die „Entnahme“ geht indirekt in den Zugewinnausgleich ein, weil das Endvermögen entsprechend geschmälert ist. Ein weiterer Ausgleich findet daneben grundsätzlich nicht statt. Zu Ausnahmen in der nächsten Stunde, Stichwort „unbenannte Zuwendungen“.
Gütertrennung (§ 1414 BGB)
Vertiefungshinweis: Röthel, Güterrecht. Eine Einführung, JURA 2015, 246 ff.
Entstehung und Inhalt
Gütertrennung tritt ein, wenn die Ehegatten dies positiv durch Ehevertrag vereinbart haben (§§ 1408, 1410 BGB). Daneben tritt Gütertrennung nach der Auslegungsregel des § 1414 BGB ein, wenn sie den gesetzlichen Güterstand (= Zugewinngemeinschaft, §§ 1363 ff. BGB) aufheben bzw. ausschließen.
Was Gütertrennung eigentlich bedeutet, ergibt sich aus § 1414 BGB nur indirekt. Es ist ein Güterstand, in dem die §§ 1363 ff. BGB nicht gelten, d.h. erstens findet nach Beendigung des Güterstands kein Zugewinnausgleich statt (§ 1378 BGB), und zweitens entsteht auch während des Güterstands kein vinkuliertes Vermögen, d.h. die §§ 1365 ff. BGB gelten nicht.
Beachte: Es bleibt aber bei den allgemeinen Ehewirkungen. Auch im Güterstand der Gütertrennung gelten insbesondere § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB (Gestattung der Mitbenutzung von Hausrat und Ehewohnung), § 1357 BGB (Bedarfsdeckungsgeschäfte) sowie § 1362 BGB (Eigentumsvermutung).
Nochmals zum Verständnis: Auch bei der Zugewinngemeinschaft sind die Vermögensmassen der Ehegatten getrennt in dem Sinne, dass kein gemeinschaftliches Vermögen entsteht (§ 1363 Abs. 2 BGB!), auch nicht am Zugewinn. Gütertrennung i. S. von § 1414 BGB und in Abgrenzung zur Zugewinngemeinschaft meint also einen Güterstand, in dem weder vinkuliertes Vermögen entsteht noch ein Zugewinnausgleich erfolgt.
Vermögensmäßiger Ausgleich wegen Beendigung der Ehe
Gütertrennung muss aber nicht bedeuten, dass zwischen den Ehegatten niemals ein vermögensmäßiger Ausgleich stattfindet. Ein solcher Ausgleich ist dann unproblematisch, wenn die Ehegatten darüber Vereinbarungen getroffen haben.
In der Praxis geht es aber zumeist um die Fälle, in denen keine vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden. Gleichwohl soll in Einzelfällen ein Ausgleich geboten sein. In der Rspr. haben sich hierzu zwei Ausgleichsmechanismen herauskristallisiert: die Annahme einer konkludent begründeten Ehegatten-Innengesellschaft, wenn es sich um sog. eheübersteigende Beiträge handelt, und die Annahme einer auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützten Ausgleichspflicht für nicht eheübersteigende (= ehebedingte) Beiträge, wenn ein Nichtausgleich unzumutbar wäre.
Beispiel: M und F sind seit dem 1.1.2009 verheiratet. Am 1.3.2009 schließen sie einen Ehevertrag mit dem Inhalt: Wir schließen den gesetzlichen Güterstand aus. F gewährt dem M ein sofort kündbares Darlehen in Höhe von 100.000 € zum Aufbau seiner Zahnarztpraxis. Als sich M und F nach kurzer Ehe scheiden lassen, verlangt F die Rückgewähr der Darlehensvaluten. M ist empört und meint, es finde kein Ausgleich statt. Sie hätten schließlich Gütertrennung vereinbart. Wer hat Recht?
Zwar haben M und F Gütertrennung vereinbart (§ 1414 S. 1 BGB). Dadurch ist ein Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind aber Ansprüche aus anderen Rechtsgründen, wie hier gestützt auf § 488 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ausgleichsansprüche sind insbesondere denkbar, wenn ein Ehegatte im Betrieb des anderen mitgearbeitet hat (Ehegattenmitarbeit) oder wenn die Ehegatten einander Zuwendungen gemacht haben.
Für die rechtliche Beurteilung spielt es inzwischen keine Rolle mehr, um welche Art von Beitrag es sich handelt. In beiden Fällen kommt es nur darauf an, ob es sich um einen Beitrag zu einem eheübersteigenden Zweck gehandelt hat (dann: Ausgleich gemäß §§ 705 ff. BGB, Ehegatten-Innengesellschaft) oder ob die gegenwärtige Vermögenslage unzumutbar ist (dann: Ausgleich gemäß § 313 BGB).
Ehegattenmitarbeit
Dabei geht es um die Frage, ob ein Ehegatte, der während der Ehe im Betrieb des anderen mitgearbeitet hat, dafür nach Scheitern der Ehe einen finanziellen Ausgleich erhalten soll, obwohl die Ehegatten Gütertrennung vereinbart und einen besondere Vergütung nicht vorgesehen haben.
Beispiel: M und F sind verheiratet. Sie haben den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen. M hat im Jahr 1980 eine Bäckerei eröffnet, die er im Verlauf der Ehe zu einer größeren Backstubenkette ausgebaut hat und im Zeitpunkt der Scheidung einen Wert von 4 Mio. € hat. Die F hat neben der Erziehung von fünf gemeinsamen Kindern in der Bäckerei in den späten Abendstunden und in der Nacht mitgearbeitet (Backstube, Buchhaltung, Ladengeschäft). Als die Ehe geschieden wird, verlangt F Wertbeteiligung wegen ihrer Mitarbeit. Zu Recht?
Ob gleichwohl Ausgleichsansprüche bei Scheitern der Ehe entstehen, entscheidet die zunehmend gesicherte Rspr. nach folgenden Kriterien:
Bestand eine unterhaltsrechtliche Verpflichtung zur Mitarbeit?
Gemäß § 1360 S. 1 BGB ist jeder Ehegatte verpflichtet, auch durch seine Arbeit zum Familienunterhalt beizutragen. Heute wird eine (unentgeltliche!) Verpflichtung zur Mitarbeit im Betrieb oder Unternehmen des Ehegatten nur in sehr engen Grenzen angenommen.
Im Beispiel: Die jahrelange Mitarbeit in den Abend- und Nachtstunden dürfte das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß übersteigen (Tatfrage, Argumentationssache).
Dient die Mitarbeit eheübersteigenden Zwecken?
Verfolgen die Ehegatten einen die eheliche Lebensgemeinschaft übersteigenden Zweck, kommen Auseinandersetzungsansprüche wegen einer konkludent begründeteten Ehegatteninnengesellschaft in Betracht (eingehend BGHZ 142, 137 ff.).
Gemeint ist eine BGB-Gesellschaft i. S. der §§ 705 ff. BGB, die nicht nach außen in Erscheinung tritt, kein Gesamthandsvermögen bildet, sondern bei der lediglich im Innenverhältnis eine Beteiligungsgesellschaft entsteht. Bei Auflösung der Innengesellschaft (analog § 729 Abs. 1 BGB) infolge der Scheidung können (schuldrechtliche) Auseinandersetzungsansprüche gemäß § 728 Abs. 1 BGB analog entstehen (z. B. in Gestalt eines Anspruchs auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens für geleistete Beiträge, § 709 Abs. 1 BGB, siehe hierzu noch zu der Vorgängervorschrift § 706 Abs. 3 BGB: BGHZ 165, 1, 7; 142, 137, 155). Entscheidend ist, dass der mitarbeitende Ehegatte auf diese Weise am Wert z.B. des Unternehmens beteiligt wird. Die Höhe der Beteiligung hängt vom Gewicht der Beiträge ab. Bei gleichwertigen Beiträgen führt dies zu einer Halbteilung.
Die Rspr. nimmt eine konkludent begründete Ehegatteninnengesellschaft aber nur unter der Voraussetzung an, dass die Erreichung eines über die Ehe hinausgehenden Zwecks angestrebt ist (= eheübersteigende Zuwendung). Dies setzt einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck voraus. Darüber hinaus muss es sich um gleichwertige, gleichgeordnete oder jedenfalls um bedeutungsvolle Beiträge handeln (Überblick und Kritik zur Rspr. bei Röthel, Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich unter Ehegatten, FamRZ 2012, 1916 ff.).
Dies wird regelmäßig verneint beim Bau oder der Übertragung eines Eigenheims (siehe etwa OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1075), aber bejaht bei der Errichtung eines Mehrfamilienhauses zur Vermögensbildung (BGHZ 142, 137) oder bei dem gemeinsamen Aufbau eines Unternehmens.
Im Beispiel: Inzwischen dient der Betrieb der Bäckerei der gezielten Vermögensbildung. Die Mitarbeit der F erfolgte daher zu eheübersteigenden Zwecken. – Gegenbeispiel: F erbringt Eigenleistungen bei der Errichtung des Familienwohnhauses (nicht eheübersteigender Zweck).
Beachte: Gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungsansprüche entstehen unproblematisch, wenn sie vereinbart wurden. Dann kommt es nicht auf die Auslegungsregel an, ob die Ehegatten einen eheübersteigenden Zweck verfolgt haben.
Sonst: Stellt die Nichtabgeltung der Mitarbeit eine unzumutbare Härte dar?
Liegen die Voraussetzungen einer Innengesellschaft mangels eheübersteigenden Zwecks nicht vor, kommen Ansprüche wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Anbetracht. Grundlage ist ein „stillschweigend geschlossener familienrechtlicher Vertrag sui generis“, dem durch das Scheitern der Ehe die Geschäftsgrundlage entzogen sei (BGHZ 142, 137, 149; 155, 249, 254 ff.).
Dies ist der Fall, wenn die Mitarbeit zu einem noch vorhandenen messbaren Vermögensvorteil geführt hat und die Aufrechterhaltung des bestehenden Vermögenszustandes für den mitarbeitenden Ehegatten eine unzumutbare Härte darstellt.
Sog. unbenannte Zuwendungen
In Abgrenzung zur Ehegattenmitarbeit (oben a) geht es bei den sog. unbenannten Zuwendungen um die Frage, inwieweit gegenständliche Zuwendungen – Sach- und Geldmittel – nach Scheitern der Ehe zurückgefordert werden können.
Beispiel: M und F haben ehevertraglich wirksam den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen. F erbt ein unbebautes Grundstück. F und M errichten darauf ein Einfamilienhaus, in dem die Familie lebt. Von den Baukosten finanziert F 80.000 € und M 120.000 €. Zehn Jahre nach dem Hausbau werden M und F geschieden. M verlangt von F einen Ausgleich für seinen Beitrag zum Hausbau.
Rückgewähr als Schenkung gemäß §§ 530, 531 BGB?
Die unentgeltliche Zuwendung von Sach- und Geldmitteln kann eine Schenkung darstellen und unter den Voraussetzungen der §§ 530, 531 BGB rückforderbar sein.
Dazu müsste nicht nur ein Widerrufsgrund, sondern zunächst überhaupt eine Schenkung, d.h. ein objektiv und subjektiv unentgeltliches Geschäft vorliegen (§ 516 BGB). In der Rspr. (vgl. etwa BGH NJW 2006, 2330 ff.; NJW 2020, 2024 Rn. 29) hat sich allerdings die Vorstellung durchgesetzt, dass es bei Zuwendungen unter Ehegatten – soweit nichts anderes vereinbart ist – regelmäßig an der Einigung über die Unentgeltlichkeit fehlt: Es sei keine Freigiebigkeit gewollt, sondern die Verwirklichung ehebezogener Gründe (Ausgestaltung des ehelichen Zusammenlebens). Solche Zuwendungen werden als unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen bezeichnet.
Eine unbenannte und daher nicht vollständig unentgeltliche Zuwendung liegt auch im Beispiel vor. Denn M profitierte über lange Zeit von seinen Zuwendungen (er lebte in dem mitgebauten und mitfinanzierten Haus). Der andere Ehegatte soll also nicht einseitig und unentgeltlich bereichert werden, sondern es soll mit ihm zusammen auf der Basis der Zuwendung die Familiengemeinschaft gefördert werden (vgl. BGH NJW 2008, 3277 Rn. 15).
Abgrenzung: Nicht jede Zuwendung unter Ehegatten ist eine unbenannte (= ehebedingte, = nicht vollständig unentgeltliche) Zuwendung. Auch unter Ehegatten bleiben „echte“ unentgeltliche (freigiebige) Zuwendungen (= Schenkungen im Rechtssinne) denkbar. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach. Auch größere finanzielle Beiträge können als echte Freigiebigkeit gewollt sein; dies hat das OLG München FamRZ 2009, 1831 ff. angenommen für Zuwendungen zum Erwerb eines Hausgrundstücks. Das OLG München sah die Besonderheit darin, dass der Zuwendende sich einen Rückübertragungsanspruch ausdrücklich für den Fall der Veräußerung, nicht aber für den Fall der Scheidung vorbehalten hatte. – Im Zweifel also auslegen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles!
Allerdings sind auch auf eine „echte“, freigiebige, vollständig unentgeltliche Schenkung die allgemeinen Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage anwendbar. Zu dieser ungewöhnlichen Konstellation BGH NJW 2012, 2728 = JURA (JK) 2013 § 313/20 (Röthel): Geschäftsgrundlage einer Schenkung, so der BGH, kann auch die leibliche Abstammung eines Kindes vom Ehemann sein.
Zum Verständnis: Diese Zuwendungen werden „unbenannt“ genannt, weil das BGB sie nicht eigenständig erwähnt und sie deshalb keinen eigenen Namen tragen. „Unbenannt“ meint also „vom BGB unbenannt“.
Ziel dieser Unterscheidung zwischen unentgeltlichen und unbenannten Zuwendungen ist die Überwindung der starren Widerrufsgründe des § 530 BGB. Denn mit der Zuordnung von Zuwendungen als unbenannte Zuwendungen hat der BGH den Weg für eine an § 242 BGB orientierte Entscheidung über die Rückgewähr geöffnet. Ansonsten würde über den Widerrufsgrund des „groben Undanks“ wieder das Verschuldensprinzip in die Beurteilung nachehelicher Ausgleichsansprüche eingehen.
Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich (analog § 728 Abs. 1 BGB)
Auch bei gegenständlichen Zuwendungen kommt die konkludente Begründung einer Ehegatten-Innengesellschaft in Betracht (siehe schon oben, a). Entscheidende Voraussetzung ist, dass die Zuwendung einem eheübersteigenden Zweck dient.
Dies kann angenommen werden, wenn die Ehegatten gemeinsam ein Vermögen aufbauen oder gewerbliche Tätigkeiten ausüben. Dagegen scheidet eine konkludent geschlossene Ehegatteninnengesellschaft aus, wenn der Einsatz von Vermögen und Arbeit nur dem Bestreben gilt, die Voraussetzungen für die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu schaffen, etwa durch den Bau eines Familienheims. Unschädlich ist, dass der mit der Tätigkeit verfolgte Zweck im Wesentlichen in der Sicherung des Lebensunterhalts besteht; denn das ist letztlich der Zweck jeglicher Tätigkeit (BGHZ 142, 137, 144 ff.).
Im Beispiel: Dazu müssten M und F – ggf. konkludent – einen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben, also einen Vertrag, in dem sie sich verpflichtet haben, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zu fördern. Hier scheidet die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Ehegatten-Innengesellschaft aus, da die Ehegatten nur ein Familienheim schaffen wollten und daher keinen eheübersteigenden Zweck verfolgten. Auch ausdrücklich haben die Ehegatten keinen Gesellschaftsvertrag geschlossen, so dass M kein gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch zusteht.
Ausgleich wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
Denkbar sind schließlich Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage. Ein Ausgleichsanspruch besteht, wenn durch die Zuwendung ein Vermögensvorteil entstanden ist und dem Zuwendenden das unveränderte Festhalten an der mit der Zuwendung geschaffenen Vermögenslage unzumutbar ist.
Lösung Beispiel: M könnte einen Ausgleichsanspruch gegen F nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage haben, wenn es sich bei seinem Beitrag zum Hausbau um eine ehebezogene (unbenannte) Zuwendung handeln würde, ihre Geschäftsgrundlage weggefallen wäre und dem M das unveränderte Festhalten an der durch diese Zuwendung geschaffenen Vermögenslage unzumutbar wäre. – Eine unbenannte Zuwendung liegt hier vor. M ging es darum, das Haus als Grundlage des ehelichen Zusammenlebens zu schaffen, und er hatte die Erwartung, dass er durch das eheliche Zusammenleben im Haus von diesem profitieren könne. Die Geschäftsgrundlage von unbenannten Zuwendungen liegt im Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft. Sie fällt mit dem Scheitern der Ehe weg. Spätestens mit der Scheidung der Ehe ist die Geschäftsgrundlage für die unbenannte Zuwendung des M damit entfallen.
Entscheidende Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs des M ist, dass ihm die Beibehaltung der durch die Zuwendung geschaffenen Vermögenslage nicht zumutbar ist (§ 313 Abs. 1 BGB). Art und Höhe des Billigkeitsanspruchs hängen von einer Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände ab, wie der Ehedauer, der Frage, wie lange und mit welchem Erfolg die Zuwendung ihrem Zweck gedient hat, dem Alter der Ehegatten, der Art und dem Umfang der vom Zuwendungsempfänger innerhalb seines Aufgabenbereichs erbrachten Leistungen, dem Einsatz eigenen Vermögens, der Höhe der noch vorhandenen Vermögensmehrung und dem dem Zuwendenden verbliebenen Vermögen. Obergrenze ist der Betrag, um den das Vermögen des Zuwendungsempfängers bei Trennung der Ehegatten infolge der Zuwendung noch gemehrt ist (BGHZ 142, 137, 148 f.).
Ohne einen Ausgleich würde M hier die 120.000 €, die er zu den Baukosten beigesteuert hat, und den Wert seiner Arbeitsleistung verlieren. Leistungen in derartiger Höhe nach dem Scheitern der Ehe dem anderen Ehegatten zu belassen, ist in aller Regel unzumutbar. Die Höhe des Anspruchs hängt von einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ab. Da M und F bis zur Trennung immerhin zehn Jahre im Haus gelebt haben, dürfte eine Rückgewähr in voller Höhe nicht in Betracht kommen. Insbesondere muss M einen eventuellen Wertverlust des Hauses während der Zeit, in der die Familie darin gewohnt hat, mittragen.
Vertiefungshinweis: Vor dem Jahr 2002 hatte der BGH den Rückgewähranspruch unmittelbar aus der Lehre vom „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ abgeleitet (d.h. gestützt auf § 242 BGB). Wie sich die Kodifikation dieser Lehre in § 313 BGB auswirkt, ist noch nicht abschließend geklärt. Konsequent wäre, nach § 313 BGB bei teilweiser Aufrechterhaltung (= Vertragsanpassung) ein rechtsgestaltendes Urteil zu verlangen, bei vollständiger Rückabwicklung (= Vertragsaufhebung) eine Rücktrittserklärung. Jedenfalls muss der zuwendende Ehegatte aber auf (teilweise) Rückgewähr klagen können. Der Rückgewähranspruch ergibt sich aus § 346 BGB.
Vertiefungshinweis: Die vielfältigen Ausgleichsmechanismen bei Gütertrennung nach den Regeln der Innengesellschaft und der Störung der Geschäftsgrundlage sind inzwischen zu einem „Nebengüterrecht“ geworden. Vielfach wird dafür plädiert, diese unsystematisch gewachsenen Mechanismen wieder in das Güterrecht zurückzuholen. Der Sache nach läuft dies auf eine Beschränkung der Gütertrennung hinaus. Diskutiert wird, diese Fälle, in denen trotz Vereinbarung der Gütertrennung Vermögensbeiträge geflossen sind, über eine Inhaltskontrolle zu bewältigen: Die Berufung auf die Gütertrennungsvereinbarung könnte als missbräuchlich (§ 242 BGB) angesehen werden, wenn gleichwohl Vermögensbeiträge geflossen sind. Insoweit würden dann die Regeln des gesetzlichen Güterstands gelten, also Wertteilhabe am gemeinsam Geschaffenen. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik. In diese Richtung Dauner-Lieb AcP 210 (2010), 591 ff.; Röthel FamRZ 2012, 1259 ff.
Zusammenfassung der Rspr. bei BGH NJW 2012, 3374 = Röthel JURA (JK) § 313/20.
Nachtrag: Bereicherungsrechtlicher Ausgleich?
Heute besteht weitgehend Einigkeit, dass über die Ausgleichspflichtigkeit nicht das Bereicherungsrecht entscheiden soll. Als Rechtsgrund für erbrachte Beiträge (Mitarbeit oder Zuwendungen) wird ein familienrechtlicher Vertrag sui generis angesehen; das eigentliche Ziel – die Ausgestaltung der Ehe – sei erreicht worden (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1/Alt. 2 sowie S. 2 Alt. 1 BGB), und die darüber hinausgehende Vorstellung, dass die Ehe nicht geschieden werde, sei lediglich ein einseitiges Motiv (d.h. kein Zweck i. S. von § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB). Anderes gilt nur, wenn der Zuwendungsempfänger die Zweckbestimmung – Beitrag in Erwartung des Fortbestandes der Ehe – positiv kennt und durch Annahme der Leistung billigt (Beweisfrage!); bloßes Kennenmüssen genügt jedenfalls nicht (BGHZ 115, 261, 263).
Vertiefungshinweis: Diese Argumentationen können „gekünstelt“ und postulierend wirken. Der Eindruck täuscht nicht. Dahinter steht das Ziel, über einen möglichen Ausgleich an anderer Stelle zu entscheiden. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der §§ 812 ff. BGB „passen“ nicht recht auf die Frage, ob ein Ausgleich nach der Scheidung stattfinden soll. Dies zeigt sich vor allem mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen: Die bei § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB angezeigte Prüfung des § 815 Alt. 2 BGB würde die Rückkehr zum Verschuldensprinzip (= Rechtslage bis zum Jahr 1977: Scheidung setzt die Feststellung eines Verschuldens voraus; inzwischen abgelöst durch das sog. Zerrüttungsprinzip, siehe dazu noch UE FamR 6) bedeuten.
Im Beispiel: Anspruch des M gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB? Dann müsste M eine Leistung an F erbracht haben, und der mit der Leistung nach dem Inhalt des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg dürfte nicht eingetreten sein. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB setzt eine tatsächliche, wenn auch nur konkludente Einigung über die Zweckbestimmung voraus. Die Zweckbestimmung darf nicht bloßes Motiv sein. Eine solche Einigung wird vom BGH in Fällen von Zuwendungen unter Ehegatten (sog. unbenannte Zuwendungen) verneint.
Exkurs: Übertragung dieser Grundsätze auf die Zugewinngemeinschaft?
Die hier dargestellten Grundsätze über den Vermögensausgleich von Beiträgen sind für den Güterstand der Gütertrennung entwickelt worden. Dort stellt sich die Ausgleichsfrage besonders dringlich, weil die Ehegatten ja den Zugewinnausgleich ausgeschlossen haben. Geht man aber davon aus, dass der gesetzliche Güterstand eine größere Gemeinschaft der Ehegatten auch in Vermögensdingen bewirken soll als der Güterstand der Gütertrennung, liegt die Frage nicht fern, ob auch im gesetzlichen Güterstand neben den §§ 1373 ff. BGB ein Ausgleich nach den Regeln der Innengesellschaft oder der Störung der Geschäftsgrundlage stattfinden soll.
Abwandlung: Würde sich etwas ändern, wenn M und F im gesetzlichen Güterstand lebten?
Lösung: Gesellschaftsrechtliche Ansprüche scheiden aus denselben Gründen wir im Grundfall aus: Die Errichtung eines Familienhauses erfolgt nicht zu einem eheübersteigenden Zweck. Schenkungsrecht ist nicht anwendbar mangels Einigung über eine unentgeltliche Zuwendung; § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB scheidet aus mangels Einigung über den weitergehenden Zweck.
Exkurs: Auch eheübersteigende Beiträge begründen nur ausnahmsweise konkludent eine Ehegatteninnengesellschaft. Denn die Vorstellung der Ehegatten, über den Zugewinnausgleich an dem gemeinsam Erarbeiteten teilzuhaben, wird vielfach dagegen sprechen, ihr Verhalten hinsichtlich ihrer gemeinsamen Arbeit oder Wertschöpfung als Abschluss eines Gesellschaftsvertrags auszulegen. Dass Ehegatten im gesetzlichen Güterstand leben, ist deshalb als gewichtiges Indiz gegen die konkludente Begründung einer Innengesellschaft anzusehen; ausgeschlossen ist dies indessen nicht (BGHZ 165, 1, 5 f.).
Falls ein gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsanspruch besteht, ist er nicht subsidiär zum Anspruch auf Zugewinnausgleich; er kommt also nicht nur in Betracht, wenn der Zugewinnausgleich nicht zu einem angemessenen Ergebnis führt. Denn bei dem Ausgleichsanspruch nach § 728 Abs. 1 BGB analog besteht anders als bei § 313 BGB für Zumutbarkeitserwägungen kein Raum (BGHZ 155, 249, 255).
Eine andere Beurteilung ergibt sich aber im Rahmen von § 313 BGB. In der Zugewinngemeinschaft können unbenannte Zuwendungen nach dem Scheitern der Ehe normalerweise nicht nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage rückabgewickelt werden, weil die damit verbundenen Vermögensveränderungen bereits in den Zugewinnausgleich eingehen (insbes. § 1380 BGB, dazu bereits UE FamR 4). Deshalb ist der Ausschluss der Rückabwicklung für den Zuwendenden normalerweise nicht unzumutbar i. S. von § 313 BGB. Nur zur Korrektur schlechthin unangemessener und untragbarer Ergebnisse in extremen Ausnahmefällen kann auf § 313 BGB zurückgegriffen werden. Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere vorliegen, wenn ein Ehegatte ein schutzwürdiges Interesse an der Rückübertragung des Eigentums am zugewendeten Vermögensgegenstand hat und es unerträglich scheint, wenn der andere Ehegatte auf dem Eigentum beharrt, statt es – gegen Zahlung eines angemessenen Ausgleichs – auf den Zuwendenden zurückzuübertragen. Geht es um rein finanzielle Interessen, kann ein Ausnahmefall etwa vorliegen, wenn einerseits der Zuwendungsempfänger keinen Zugewinn hat, weil er die Zuwendung zur Bewahrung des Anfangsvermögens (insbesondere bei negativem realen Anfangsvermögen!) einsetzte, und andererseits der Zuwendende in seinem Auskommen beeinträchtigt ist, weil er mit den ihm verbliebenen Mitteln seinen angemessenen Unterhalt nicht bestreiten kann (vgl. § 528 BGB; BGHZ 115, 132, 135 ff.). Hier liegt kein Ausnahmefall vor; M ist daher auf den Zugewinnausgleich verwiesen.
Exkurs: Anwendungsbeispiel für § 313 BGB im gesetzlichen Güterstand
Beispiel (nach OLG Köln NJW 2002, 3784): M und F bewohnen ein Einfamilienhaus, das im Grundbuch auf F eingetragen ist. Als M und F am 19.12.1990 heiraten, war das Haus bereits fertiggestellt. M hatte zu dem Hausbau 200.000 € beigesteuert. Nach der Scheidung verlangt F Zugewinnausgleich. M ist empört, jedenfalls solle F dann auch die 200.000 € zurückzahlen. Zu Recht?
§ 1301 BGB (-), Eheschließung ist nicht unterblieben; §§ 530, 531, (§ 812), 818 Abs. 2 BGB (-), entweder mangels Einigung über die Unentgeltlichkeit (keine Freigiebigkeit), jedenfalls aber kein Widerrufsgrund. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB? (-), da das eigentliche Ziel – die Ausgestaltung der Ehe – erreicht wurde; die Ehe selbst ist nicht der Rechtsgrund für das Behaltendürfen von Vermögenswerten, daher auch kein Wegfall des Rechtsgrundes; § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB – Fortbestand der Ehe – nur einseitiges Motiv; der Zuwendungsempfänger muss die Zweckbestimmung positiv kennen und mit Annahme der Leistung billigen; bloßes Kennenmüssen genügt nicht (BGHZ 115, 261, 263).
Ausgleich nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)? Voraussetzung: Beim Empfänger ist eine dauernde Vermögensmehrung eingetreten, deren Behaltendürfen eine unzumutbare Härte für den Leistenden darstellt. (-), grundsätzlich fehlt es an der Unzumutbarkeit, wenn ein Zugewinnausgleich stattfindet. Dabei werden Zuwendungen unter den Ehegatten auf den Ausgleichsanspruch angerechnet. Der Ausgleichsanspruch des Zuwendungsempfängers mindert sich um den Wert der Zuwendung (§ 1380 BGB).
Allerdings liegt hier eine voreheliche Zuwendung vor, die ganz dem Anfangsvermögen zugerechnet werden müsste (§ 1374 Abs. 1 BGB) und daher völlig aus dem Zugewinnausgleich herausfiele. Lösung OLG Köln: Wenn die Zuwendung während der Ehe zu einer hälftigen Anrechnung geführt hätte, erscheint es als unzumutbare Härte, dass ein Ausgleich nun gänzlich entfallen soll. Daher Gewährung eines Ausgleichsanspruchs (hier gestützt auf § 242 BGB) in Höhe der Hälfte der Zuwendung. A.A. gut vertretbar mit Blick auf die gesetzlichen Wertungen; voreheliche Solidarität geringer (grundsätzlich kritisch Staudinger/Thiele § 1380 Rn. 10). Die Entscheidung beruht auf einem Extremfall, da die Zuwendung einen Tag vor der Eheschließung beurkundet wurde!
Gütergemeinschaft (§§ 1415−1482 BGB)
Die Gütergemeinschaft kommt in der Praxis nur noch selten vor. Sie ist unpraktikabel und kompliziert. Eine gewisse Examensbedeutung hat sie aber, weil sie zu den drei Gesamthandsgemeinschaften des BGB zählt.
Typische Frage in der mündlichen Prüfung: Welche Gesamthandsgemeinschaften kennen Sie? – Die BGB-Gesellschaft (§§ 705, 713 BGB), die Gütergemeinschaft (§§ 1416, 1419 BGB) und die Erbengemeinschaft (§§ 2032, 2040 BGB).
Die Gütergemeinschaft ist der einzige Güterstand, der zu einer echten, dinglichen Vermögensgemeinschaft während der Ehe führt. Es entstehen dabei fünf Vermögensmassen:
Die Vermögen der Ehegatten verschmelzen mit Beginn des Güterstandes von Gesetzes wegen durch Universalsukzession zu einem Gesamthandsvermögen (Gesamtgut, §§ 1416, 1419 BGB).
Hinweis: Der Übergang in das Gesamtgut geschieht „von selbst“, also ohne weiteren Übertragungsakt (§ 1416 Abs. 2 BGB, vgl. auch § 1922 BGB). Das Gesamtgut wird, wenn im Ehevertrag nichts anderes bestimmt ist, gemeinschaftlich verwaltet (§§ 1421 S. 2, 1450 ff. BGB). Zur Einzelverwaltung siehe §§ 1422 ff. BGB.
Vom Gesamtgut kraft Gesetzes ausgenommen ist das Sondergut jedes Ehegatten. Es umfasst diejenigen Rechte und Gegenstände, die nicht rechtsgeschäftlich übertragbar sind (§ 1417 Abs. 2 BGB), z.B. unpfändbare Ansprüche (Gehalt) und Nießbrauch. Sondergut steht im Eigentum des jeweiligen Ehegatten und wird von ihm allein verwaltet.
Vorbehaltsgut jedes Ehegatten ist, was durch Ehevertrag oder durch Bestimmung eines Dritten in letztwilliger Verfügung oder bei unentgeltlicher Zuwendung zum Vorbehaltsgut erklärt worden ist (§ 1418 BGB). Vorbehaltsgut steht im Eigentum des jeweiligen Ehegatten und wird von ihm allein verwaltet.